Freitag in der Arena - der oekostrom AG-Talk

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00:00:07: Herzlich willkommen in der Wiener Arena.

00:00:10: Freitag in der Arena, so heißt, aber das wisst ihr ja schon,

00:00:14: der Öko- und Klimatalk der oekostrom AG, zu dem wir euch ganz herzlich begrüßen.

00:00:21: Wir, das bin ich, der Tom Rottenberg und der Ulrich Streibl.

00:00:24: Hallo, wir sind wieder in der Wiener Arena am Freitag.

00:00:27: Wir sprechen wieder über Klima, über Umwelt, über Nachhaltigkeit und über Zukunft.

00:00:32: Wir machen das draußen. Es ist Corona.

00:00:35: Wir wollen möglichst gut darauf achten, dass sich niemand anstecken kann.

00:00:39: Deswegen sind wir draußen und frieren ein bisschen.

00:00:42: Aber ich glaube, es wird ein spannendes Gespräch mit der Henriette Spyra,

00:00:46: der wissenschaftlichen Leiterin des Umweltbundesamtes.

00:00:49: Mein Name ist Henriette Spyra.

00:00:50: Ich bin die fachliche Leiterin des österreichischen Umweltbundesamts und Mobilitätsexpertin.

00:00:56: Ich arbeite an einer schadstoffarmen Zukunft, die Ressourcen erhält und Abfall vermeidet,

00:01:02: ein Mehr biologischer und genetischer Vielfalt

00:01:04: und an einer Transformation in eine Zukunft ohne fossile Energien.

00:01:08: Letztlich geht es um ein gutes Leben für uns alle und unsere Ökosysteme auf diesem Planeten.

00:01:14: Dafür ist mir das Wichtigste: Mut zum Tun und Freude daran.

00:01:19: Henriette, schön, dass du da bist.

00:01:21: Es freut mich besonders,

00:01:23: weil wir haben über lange Zeit zusammengearbeitet im Umweltbundesamt.

00:01:28: Dort an vielen spannenden Themen gemeinsam gearbeitet.

00:01:31: Jetzt muss man sagen, das Umweltbundesamt, dessen wissenschaftliche Leiterin du bist,

00:01:34: ist ja eine besondere Institution.

00:01:37: Ihr habt 500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

00:01:40: Ihr forscht, ihr arbeitet, ihr kommuniziert.

00:01:43: Ihr seid mit Unternehmen in Kontakt und mit Institutionen

00:01:48: und arbeitet an allen Klima und Umwelt relevanten Themen.

00:01:51: Jetzt mit deinem Wissen, wenn du dich in die Zukunft versetzt, in 2040

00:01:57: wie würdest du denn dann die Welt sehen, aus klima- und umweltpolitischer Sicht?

00:02:01: Ja, das ist tatsächlich eine sehr spannende Frage.

00:02:04: In der Wissenschaft nennen wir das immer so einen back casting Ansatz.

00:02:07: Österreich hat sich vorgenommen, bis 2040 klimaneutral zu werden.

00:02:12: Und tatsächlich hab ich mir genau diese Frage auch im Sommer gestellt in Alpbach,

00:02:17: wo wir mit der Bundesministerin Gewessler und einigen Forscherinnen

00:02:21: uns genau diese Frage gestellt haben.

00:02:22: Rückblickend von 2040: Was ist denn passiert?

00:02:26: Und das Bild, was wir dort gemalt haben, hat ganz viele Facetten gehabt.

00:02:29: Meine Lieblingsfacetten waren so was wie: jede Innovation zählt

00:02:33: - auch eine Entmystifizierung der Digitalisierung -,

00:02:36: Experimentierräume, Mut, mehr Caring, mehr Fürsorge, ein gerechtes Steuersystem.

00:02:45: Die drei wichtigsten Dinge aber, das war so ein bisschen das Motto,

00:02:48: unter dem wir das diskutiert haben, und das ist mir auch

00:02:51: für unsere Arbeit am Umweltbundesamt total wichtig, sind drei Dinge.

00:02:56: Einmal: sturer Optimismus.

00:02:59: Bei dem, was wir vorhaben, kann man ja manchmal verzweifeln

00:03:03: und sagen: Oh Gott, wie werden wir das jemals hinkriegen? Da ist ja so viel zu tun?

00:03:07: Ich glaube, nur mit Freude und mit Optimismus kriegt man das hin.

00:03:11: Das zweite ist das Thema endloser Überfluss.

00:03:16: Eigentlich ein bisschen komisch in dieser Umwelt- und Klimadebatte.

00:03:18: Aber ja, als Menschen haben wir einen endlosen Überfluss an Kreativität, an Ideen.

00:03:23: Und ich bin hier bei der oekostrom AG, endloser Überfluss an erneuerbaren Energien. Großartig.

00:03:28: Und das dritte ist das Thema radikale Regeneration.

00:03:32: Dass wir um uns selbst uns sorgen, um unsere nächsten uns sorgen und auch um die Umwelt sorgen.

00:03:37: Und das ist tatsächlich so eine Art Refokussierung unserer Werte.

00:03:41: Wenn wir das irgendwie hinkriegen, mit dieser Haltung, stehen wir 2040, glaube ich, ganz gut da.

00:03:47: Du bist immer immer so optimistisch und das schätze ich an dir,

00:03:52: weil du immer so gut auch diese Bilder vermitteln kannst.

00:03:56: Jetzt ist aber 2040 ja gar nicht mehr so weit weg.

00:03:59: Was müssen wir denn konkret tun, dass wir wirklich in Österreich

00:04:02: und hoffentlich in ganz Europa und der Welt in 2040 wirklich klimaneutral sind?

00:04:07: Zunächst müssen wir uns fragen: Was heißt eigentlich Klimaneutralität?

00:04:11: Klimaneutralität heißt tatsächlich, dass wir den größten Teil

00:04:16: unserer Treibhausgas-Emissionen reduzieren oder vermeiden.

00:04:19: Und dann wird ein bisschen was übrig bleiben, weil nicht überall können wir das machen.

00:04:23: Da wird ein bisschen was übrig bleiben in der Landwirtschaft, auch in der energieintensiven Industrie.

00:04:27: Und das müssen wir kompensieren.

00:04:30: Und ganz oft diskutieren wir das Thema ja technisch.

00:04:33: Und ich würde das gerne auf diese unterschiedlichen Ebenen bringen,

00:04:36: auf denen wir das diskutieren müssen. Aus technischer Perspektive kriegen wir das hin.

00:04:39: Ja, kriegen wir hin. In der Mobilität, im Gebäudesektor kriegen wir das hin.

00:04:46: In Österreich haben wir uns vorgenommen, bis 2030 Strom nur noch aus erneuerbaren Energien zu produzieren.

00:04:51: Werden wir auch hinkriegen. Mit ganz vielen Rahmenbedingungen, die dazugehören.

00:04:55: Ich unterbreche jetzt kurz das Gespräch, wo es quasi um die Diskussion geht und sage:

00:05:01: Ich komme von der Straße, von da draußen.

00:05:03: Wir hören dahinten eine Baustelle. Es wird gearbeitet.

00:05:08: Kriegen die Menschen, die auf der Baustelle arbeiten, irgendetwas von dem mit,

00:05:11: was das Umweltbundesamt an Theorien, an Diskurs, an Diskussionen da in die Welt hinaus setzt?

00:05:18: Bekommen die etwas von dieser geplanten Dekarbonisierung mit, von diesem radikalen Optimismus?

00:05:24: Ich spüre davon, wenn ich durch die Stadt geh, nämlich relativ wenig.

00:05:27: Aber wenn ich dann die gescheiten und auch sehr interessanten Thesen lese,

00:05:31: denke ich mir: Mhm, so könnte es funktionieren.

00:05:33: Die Wirklichkeit schaut für mich in der Wahrnehmung ganz anders aus.

00:05:37: Da kommt dann wieder wahrscheinlich der Optimismus bei mir durch,

00:05:40: den Ulrich mir gerade auch gegeben hat.

00:05:42: Denn gerade in einer Stadt wie Wien tut sich ja wahnsinnig viel.

00:05:46: Also in Wien haben wir das gerade in den letzten Jahren gesehen.

00:05:49: Als ich nach Wien gekommen bin - man hört, ich komme ursprünglich aus Berlin -

00:05:52: war die Mariahilfer Straße beispielsweise noch eine,

00:05:55: wo Tag für Tag 15 000 Autos durchgebrettert sind.

00:05:58: Mittlerweile ist das alles umgebaut. Dort gehen und begegnen sich Menschen.

00:06:01: Wir haben eine Begegnungszone. Also da tut sich tatsächlich sichtbar was im Straßenraum.

00:06:06: Und wo du natürlich recht hast, ist dieser Aspekt,

00:06:09: dass Menschen erst etwas mitbekommen, wenn tatsächlich sichtbar sich etwas ändert.

00:06:13: Wenn wir beispielsweise – ich bin Mobilitätsexpertin - wenn wir mehr Fahrräder auf der Straße sehen.

00:06:18: Wenn wir mehr … wir haben ja viel Mikro-Mobilität. Diese E-Roller sind ein Phänomen,

00:06:24: was sich in den letzten Jahren total ausgebreitet hat, was ganz viele Menschen sehen.

00:06:28: Wenn wir mehr E-Autos sehen, mehr öffentlichen Verkehr sehen.

00:06:31: All das bekommen Menschen mit. Was sie nicht mitbekommen ist,

00:06:34: ich nenne es mal dieses Engineering im Hintergrund,

00:06:37: diese Arbeit an allem, was da rechtlich dazugehört, was technisch dazugehört.

00:06:41: Das ist tatsächlich der Hauptteil unserer Arbeit,

00:06:43: der allergrößte Teil unserer Arbeit, der nicht so sichtbar ist.

00:06:46: Was wir aber auch machen, und mir ist das auch total wichtig:

00:06:49: Eines meiner Lieblingsprojekte gerade beispielsweise Tales of Tomorrow.

00:06:52: Wo wir mit Jungen und Jugendlichen daran arbeiten, auch Zukunftsvisionen zu entwickeln,

00:06:57: die die dann wieder in ihre Institutionen tragen, die die dann auch auf die Straße tragen.

00:07:01: Und das bekommen die Menschen mit.

00:07:03: Aber das Dilemma dabei ist, das hast du gerade angeschnitten,

00:07:06: die Leute bekommen erst den Change tatsächlich mit, wenn er auf der Straße ist.

00:07:10: Wäre es nicht eine unglaubliche Herausforderung zu schauen,

00:07:12: wie man die Diskussion auch für den oder die Normalbürger*in transparent macht?

00:07:18: Alpbach klingt schon für mich als etwas, das ganz weit weg und ganz, ganz Elfenbeinturm ist.

00:07:23: Wie kriegt man diesen Diskurs in dieses Mindset, in die Leute hinein,

00:07:28: damit sie nicht erst auf den Scooter steigen, aufs Fahrrad steigen, wenn es mal da ist?

00:07:32: Wenn die Mariahilfer Straße nicht mehr 15 000 Autos am Tag hat?

00:07:35: Wie funktioniert das? Wie macht man das?

00:07:37: Wie kriegt man Leute zum Mitdenken?

00:07:40: Das ist wirklich eine der absoluten Hauptfragen, die mich wirklich Tag für Tag umtreibt.

00:07:46: Und ich glaube, der erste wichtige Schritt ist gar nicht so sehr, sich hinzustellen,

00:07:51: wie wir das aus der Wissenschaft und Forschung gerne machen und sagen:

00:07:54: Du musst! Man muss!

00:07:56: Sondern vielleicht auch, sich erstmal zu überlegen:

00:07:59: Wie kommuniziere ich denn selber? Was sag ich denn selber?

00:08:02: Was möchte ich denn selber? Und anerkenne ich das, was andere Menschen bewegt?

00:08:08: Da ist für mich die Frage: Nehme ich andere Menschen ernst?

00:08:12: Und das ist, glaube ich, der erste wichtige Schritt.

00:08:14: Denn niemand, der beispielsweise … ich komme mit meinen Beispielen immer aus der Mobilität.

00:08:21: Niemand, der in einer kleinen Gemeinde im Waldviertel lebt,

00:08:25: wo er keinen öffentlichen Verkehrsanschluss hat und vielleicht keinen super Job hat,

00:08:30: wo er sich kein teures Elektroauto leisten kann, fährt mit Absicht mit einem alten Dieselstinker.

00:08:35: Deswegen ist für mich nicht unbedingt immer die große Frage:

00:08:39: Wie kann ich jetzt jeden einzelnen davon überzeugen, was Gutes zu tun und die Welt zu retten?

00:08:44: Sondern natürlich auch: Wie kann ich die Bedingungen in einer Gesellschaft

00:08:49: hier bei uns in Österreich, aber auch weltweit so gestalten,

00:08:52: dass es das Einfache ist und das Natürliche ist,

00:08:55: sich so zu entscheiden, letztlich nachhaltig zu leben?

00:08:58: Ich finde nicht, dass wir das von jedem Einzelnen, jeder Einzelnen verlangen können,

00:09:02: sich die ganze Zeit darüber Gedanken zu machen.

00:09:05: Kannst du dich noch erinnern Tom?

00:09:06: Wir haben einmal gesprochen mit Anita Malli über Klimakommunikation

00:09:09: und was die Henriette so toll macht.

00:09:11: Die Henriette hat eine Position geschaffen im Umweltbundesamt,

00:09:14: die heißt Chief Storytelling Officer.

00:09:17: Ich fand es total faszinierend, weil es eben darum geht,

00:09:21: Geschichten erzählen zu können, Bilder zu vermitteln.

00:09:24: Und das ist das, was man bei Henriette immer lernen kann:

00:09:27: Bilder der Zukunft zu haben, die uns zeigen, wie kann es aussehen

00:09:32: und die uns vor allem zeigen, dass die Zukunft ja sehr positiv sein kann.

00:09:35: Weil natürlich ist viel schöner in so einer Stadt wie Wien,

00:09:38: wenn die Diesel-Autos nimmer die Stadt verstinken und die Häuser schwarz machen.

00:09:44: Natürlich ist es viel schöner, wenn dann über autonomes Fahren vielleicht

00:09:47: diese Autos auch noch automatisch in die Garage fahren und dann weg sind

00:09:51: und wir Bäume pflanzen können, mehr Parks, mehr Spielplätze.

00:09:54: Und sowas kann Henriette ganz exzellent gut.

00:09:58: Jetzt hast du schon gesagt: Mobilität ist dein Thema.

00:10:01: Du warst ja auch im Verkehrsministerium,

00:10:03: du warst vorher im AIT, also Austrian Institut for Technology.

00:10:07: Hast dich sehr, sehr viel mit Verkehr auseinandergesetzt

00:10:10: und deswegen würde ich das Thema gerne mit dir ein bisschen vertiefen.

00:10:13: Weil Verkehr ist ja im Moment tatsächlich derjenige Sektor,

00:10:17: der bei der CO2 Thematik der problematischste ist.

00:10:21: Also wir haben ständig steigende oder zumindest stagnierende CO2-Ausstöße.

00:10:25: Dort sinkt nichts, so wie es in anderen Sektoren tatsächlich schon der Fall ist.

00:10:30: Dort sind wir ja besser unterwegs. Was können wir beim Verkehr machen?

00:10:34: Was ist deine Perspektive für den Verkehr? Wie kriegen wir den klimaneutraler?

00:10:38: Ja, Verkehr ist tatsächlich das, was wir immer als das große Sorgenkind bezeichnen?

00:10:43: Da hat sich quasi seit 1990, was immer so ein bisschen eine Referenzjahr in der Klimapolitik ist,

00:10:48: in Österreich eigentlich das getan, wo wir gar nicht hinwollen.

00:10:52: Wir hatten eine massive Steigerung an CO2-Emissionen.

00:10:55: Wir hatten eine massive Steigerung an Verkehr, besonders im Güterverkehr.

00:10:59: Auch der Besetzungsgrad in den einzelnen Autos ist niedriger geworden seitdem.

00:11:06: Und das Wichtigste für mich ist auch da wieder:

00:11:10: Wir haben die Tendenz, das, was wir jetzt erleben, als gegeben hinzunehmen.

00:11:15: Dabei stimmt das ja gar nicht.

00:11:16: Wir hatten 1970 in Österreich eine Million PKW, 1980 zwei Millionen PKW.

00:11:21: Jetzt haben wir über fünf Millionen PKW.

00:11:23: Etwas wie so ein Städtetrip am Wochenende nach Barcelona im Flugzeug,

00:11:28: das war in den 90er Jahren überhaupt nicht normal.

00:11:30: Das war vor einem oder zwei Jahren auf einmal total normal.

00:11:33: Ganz viele Dinge sind ständig im Fluss.

00:11:37: Das ist so ein bisschen so diese Grundhaltung, die mir ganz wichtig ist.

00:11:40: Und wir sind hier gerade draußen, weil es Corona ist und frieren miteinander.

00:11:43: Auch jetzt, in dieser Pandemie haben wir wieder ganz neue Sachen erlebt in der Mobilität.

00:11:48: Also es ist ständig was in Veränderung und das muss man positiv nutzen.

00:11:54: Natürlich, am Ende geht es bei der Dekarbonisierung darum,

00:11:58: in erster Linie mal den Energieeinsatz zu halbieren.

00:12:01: Das heißt irgendwo weniger Verkehr, mehr Mobilität, sag ich mal.

00:12:05: Natürlich mehr öffentlicher Verkehr, mehr Radfahren, mehr aktiv zu Fuß unterwegs sein.

00:12:10: Güterverkehr ist ein riesiges Thema. Und da geht es aber auch immer darum,

00:12:13: dahinter zu fragen: Warum ist es da? Warum ist der ganze Verkehr da?

00:12:17: Das ist ja nicht, weil das irgendwelche Fahrer lustig finden, durch die Gegend zu fahren,

00:12:21: sondern das hat auch etwas mit unserem eigenen Wertesystem und Haltung zu tun.

00:12:27: Ein super Beispiel, wenn ich das noch bringen darf, was ich dafür halte.

00:12:30: Vor ein paar Jahren mal hat die US-Regierung

00:12:33: Wissenschaftler aus Österreich, Europa und Amerika zusammengebracht

00:12:38: und die haben sich darüber unterhalten, Dekarbonisierung des Verkehrs.

00:12:41: Und das Beispiel war, dass eine aus L.A. sich fünf Packen Schuhe bestellt hat bei Zalando.

00:12:47: Und dann ist man im akribisch akribischsten Detail durchgegangen,

00:12:51: wie man diese ganze Kette, die Schuhe aus China und so weiter, dekarbonisieren könnte.

00:12:54: Und dann behält die eine und vier schickt sie wieder zurück.

00:12:58: Und niemand hat die Frage gestellt: Warum bestellt die sich fünf Packen Schuhe nach Haus?

00:13:03: Ist doch Quatsch.

00:13:04: Und in dieses Warum-Fragen, was tun wir, um Mobilität zu verursachen

00:13:11: oder um Verkehr zu verursachen und hin zur Mobilität zu kommen,

00:13:14: das wird sich garantiert verändern.

00:13:16: Und die ganzen Einzeldetails, die dazugehören - da gehören ganz, ganz viele dabei dazu -

00:13:20: an denen wird natürlich intensiv gearbeitet.

00:13:23: Ich sage jetzt trotzdem...

00:13:25: Du hast es aufgezählt, was sich alles an unserer Mobilität,

00:13:27: allein an den Mengen an Fahrzeugen, an den Kilometern verändert hat.

00:13:32: Ich als Berufspessimist sag: Das wird nicht mit guten Worten gehen.

00:13:36: Da wird man sagen müssen: Ihr dürft das nicht mehr.

00:13:38: Du darfst einfach nicht fünf Paar Schuhe bei Zalando bestellen.

00:13:41: Du darfst halt nicht nach Barcelona fliegen.

00:13:44: Du darfst nicht mit dem Auto in die Stadt hineinfahren.

00:13:47: Da ist dann sehr rasch die individuelle Freiheit auch in Gefahr.

00:13:52: Wird es mit Verboten gehen oder wird es auch anders funktionieren?

00:13:57: Als fachliche Leiterin hab ich ja immer ein bisschen die Freiheit,

00:14:01: darauf jetzt auch ein bisschen philosophisch an erster Stelle zu antworten.

00:14:05: Der Kernbegriff in deiner Frage ist Freiheit.

00:14:07: Und zu Freiheit hat Isaiah Berlin etwas sehr Schlaues geschrieben Anfang der 50er Jahre.

00:14:14: Der hat zwei Arten von Freiheit definiert: eine Freiheit, die Freiheit von etwas.

00:14:19: Also da wird etwas eingeschränkt. Ich darf nicht mehr in die Stadt reinfahren,

00:14:22: ich muss irgendwo zahlen für meinen Parkplatz usw.

00:14:25: Und das andere: Die Freiheit zu etwas. Die Freiheit für eine gute Lebensqualität.

00:14:29: Die Freiheit für Luft. Die Freiheit nach Platz zum Spielen auf der Straße für Kinder.

00:14:34: Und ich glaube, da müssen wir so ein bisschen unseren Freiheitsbegriff auch redefinieren.

00:14:39: Wenn du sagst, Verbot oder Einschränkung.

00:14:41: Na ja, wir haben eine Straßenverkehrsordnung, beispielsweise in Österreich,

00:14:45: die uns sagt, in Wohngebieten fahren wir nur 30kmh. Da gibt's gute Gründe dafür.

00:14:50: Oder auf der Autobahn gibt's auch ne Höchstgeschwindigkeit.

00:14:53: Und über nichts anderes reden wir ja jetzt.

00:14:55: Wir haben festgestellt, wenn wir jetzt so weiter tun in der Mobilität, im Verkehr,

00:14:59: in vielen anderen Bereichen, dann hat man ein bisschen ein Problem mit einer gewissen Klimakrise.

00:15:05: Also überlegen wir uns gemeinsam: Wie können da neue Regeln aussehen?

00:15:09: Und ja, tatsächlich, wenn wir sagen: Klimaneutralität 2040 in Österreich,

00:15:15: dann muss das heißen, dass ab einem gewissen Zeitpunkt relativ nah in der Zukunft

00:15:20: gar keine fossilbetriebenen PKW mehr neu zugelassen werden dürfen.

00:15:23: Sicher. Sonst geht das einfach nicht.

00:15:26: Und dann muss es natürlich bezahlbar werden.

00:15:28: Dann muss es Angebote geben, dann muss es Möglichkeiten geben.

00:15:31: Und da reden wir letztlich über einen Mix an unterschiedlichen “Maßnahmen” nennen wir das immer.

00:15:36: Man kann es genauso Anreize nennen. Anreize sind dann beispielsweise Preise.

00:15:40: Das heißt aber auch: Du brauchst eine Politik,

00:15:42: die keine Angst davor hat, unpopuläre Maßnahmen zu setzen.

00:15:45: Die Frage ist immer: “die Politik”. Das finde ich immer so ein bisschen einfach.

00:15:50: Wir sagen, die Politik muss tun und die Politik muss machen und so weiter und so fort.

00:15:54: Die Politik sind Menschen.

00:15:56: Das sind Politikerinnen und Politiker, die in ihren Büros sitzen

00:15:59: und zu denen ziemlich viele Menschen kommen und ihnen sehr, sehr Gegensätzliches erzählen.

00:16:04: Und da muss quasi eine Entscheidung darin getroffen werden. Und natürlich braucht es Mut.

00:16:10: Aber oftmals ist es ja so, dass mein Gefühl das ist,

00:16:13: dass die Menschen da teilweise schon viel weiter sind.

00:16:16: Es ist ja nicht so… In der Mobilität haben wir immer dieses wunderschöne Bild:

00:16:21: Wir fahren im großen Auto, in der Zukunft halt im schönen großen Elektroauto,

00:16:25: auf einer Bergstraße in die untergehende Sonne.

00:16:29: Niemand hat das Bild, auf der Tangente im Stau zu stehen, was ja die Wahrheit ist.

00:16:33: Das macht ja keinem Spaß.

00:16:36: Und diese Bilder sozusagen auch mit zu aktivieren und zu sagen:

00:16:38: Da geht's ja gar nicht um unpopuläre Maßnahmen, sondern da geht es darum,

00:16:42: Mobilität eigentlich attraktiver und bequemer zu machen für die, die es nutzen.

00:16:47: Auch in einem Tiroler Tal, wo im Sommer sich alles zustaut von Touristen

00:16:51: und die Einwohner gar nicht mehr zum Bäcker fahren können,

00:16:53: was sie vielleicht sonst auch mit ihrem Auto machen.

00:16:55: Da geht's ja um die Schaffung eines viel attraktiveren Systems.

00:16:58: Und da braucht es ein Rahmenwerk drumherum.

00:17:01: Das finde ich die wichtigere Frage, als zu sagen:

00:17:03: Brauchen wir jetzt Verbote oder Einschränkungen oder Verzicht?

00:17:07: Stichwort Verzicht. Ist die neue Welt dann verzichtsvoller?

00:17:11: Also dürfen wir weniger reisen, werden wir weniger fahren?

00:17:15: Das ist ja quasi gerade Transformation by Desaster.

00:17:18: Und ich finde ja, wir müssen rein in Transformation by Design.

00:17:22: Eine Sache aber, über die wir ja zumindest jetzt nachdenken können, ist:

00:17:27: Hm, früher sind wir vielleicht aus einem Ministerium oder aus so einem Umweltbundesamt heraus

00:17:32: 10x im Jahr nach Brüssel gefahren zu irgendwelchen Arbeitsgruppen.

00:17:36: Und jetzt haben wir innerhalb weniger Monate unglaublich schnell gelernt,

00:17:39: dass wir das auch virtuell machen können.

00:17:42: Und natürlich kann virtuell nicht alles ersetzen. Nicht den persönlichen Kontakt,

00:17:47: nicht den persönlichen Austausch, nicht den Corridor Talk ersetzen.

00:17:50: Aber wenn ich 10 von diesen Flugreisen durch 5 ersetze und den Rest virtuell mache,

00:17:57: worauf habe ich da eigentlich verzichtet?

00:17:59: Ich habe verzichtet auf 5 Uhr morgens aufstehen, mich müde ins Flugzeug quetschen,

00:18:04: total gestresst in Brüssel mit dem Bus fahren und dann am Abend total geschlaucht wieder nach Hause zu kommen.

00:18:10: Darauf habe ich verzichtet. Das ist doch ein feiner Verzicht.

00:18:16: Das ist Henriette. So kenne ich sie. Du hast immer so tolle, schöne Bilder. Das ist gut.

00:18:23: Wie sieht’s in anderen Sektoren aus, außerhalb der Mobilität?

00:18:26: Wie kommen wir da zu CO2 Neutralität?

00:18:30: Die ganz großen Sektoren, über die wir nachdenken, ist ja neben der Mobilität,

00:18:34: was so ein wahnsinnig großes Stück des Kuchens ausmacht, auch der Gebäudesektor.

00:18:39: Da haben wir seit 1990 uns wesentlich verbessert, müssen aber auch uns noch viel mehr verbessern.

00:18:45: Das lässt sich auf jeden Fall machen, auch technisch, technologisch bis 2040.

00:18:51: Die Landwirtschaft hatte ich vorhin schon mal erwähnt, ist eine,

00:18:54: wo man auf ein gewisses Level noch runter kommt.

00:18:58: Irgendwo wird es dann einfach schwierig. Weil wenn ich Flüge…

00:19:02: Also das ist ein Sektor, wo es wo es nicht vermeidbare Emissionen gibt.

00:19:06: In der Abfallwirtschaft stehen wir ganz gut da.

00:19:08: Industrie ist ein sehr, sehr großes Thema. In Österreich natürlich die Stahlindustrie.

00:19:13: VÖST Alpine als eines der großen Unternehmen, die da momentan extrem intensiv drüber nachdenken,

00:19:20: wie man auch die Stahlindustrie dekarbonisiert.

00:19:22: Weil natürlich kann es nicht unser Interesse sein,

00:19:25: als Österreich klimaneutral 2040, aber ohne Industrie dazustehen.

00:19:29: Das sollte überhaupt nicht Sinn und Zweck der Sache sein.

00:19:33: Aber wir wollen als Österreich 2040 klimaneutral dastehen

00:19:36: und hoffentlich mit die innovativste Stahlindustrie auf dieser Welt haben,

00:19:40: weil die sich schon jetzt super Gedanken darüber machen:

00:19:42: Wie kann ich denn mit erneuerbaren Wasserstoff beispielsweise zukünftig so Stahl produzieren,

00:19:48: dass ich es schaffe, vielleicht nicht bis 2040 klimaneutral zu werden,

00:19:51: weil wir da in der Forschung noch viel mehr tun müssen, aber hoffentlich 2050.

00:19:56: Ich habe in den Unterlagen, die ich gefunden habe, wie ich mich auf das Gespräch mit der vorbereitet habe,

00:20:02: eine sehr schöne Devise gefunden. Die do-no-harm Devise, das do-no-harm Motto.

00:20:09: Klingt total eingängig, aber was bedeutet das

00:20:14: im konkreten gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Handeln?

00:20:19: Do-no-harm principle ist etwas, was bei der Runde, die wir im Sommer in Alpbach gemacht haben,

00:20:26: mit dem Ziel klimaneutrales Österreich 2040, Maja Göpel, eine Transformationsforscherin

00:20:32: - dazu wird dann auch mein Tipp sein - gebracht hat.

00:20:35: Und das heißt tatsächlich, dass wir einfach uns bemühen sollten,

00:20:40: alle miteinander auf so einer ganz grundlegenden Ebene, uns so zu verhalten

00:20:45: - ist eigentlich etwas, was wir unseren Kindern auch beibringen -,

00:20:47: dass wir möglichst niemanden anderen schaden.

00:20:49: Und das erfordert natürlich ein bisschen Nachdenken darüber,

00:20:52: wo ich mein Essen kaufe, was ich esse, wo ich meine Kleidung kaufe, was ich anziehe usw.

00:21:00: Also für jeden einzelnen Menschen ist das ein ganz schön schwierig zu befolgendes Motto.

00:21:06: Aber man kann sich gut was drunter vorstellen.

00:21:07: Aber genau das meinte ich. Das klingt so unheimlich einfach,

00:21:11: um nicht zu sagen, banal: Tu keinem weh.

00:21:14: Und trotzdem wird daraus ein ganz, ganz komplexer Prozess,

00:21:18: wo ich mein eigenes Leben in Frage stellen muss.

00:21:22: Wie ist es dir ergangen? Du hast das erste Mal gesagt: Okay, do-no-harm.

00:21:25: Was ändert sich da im Leben einer ganz normalen Leiterin des Umweltbundesamtes?

00:21:31: Wo gibt's da Knackpunkte? Was verändert sich da?

00:21:34: Da gibt es tatsächlich viele Knackpunkte.

00:21:36: Ich habe es ja vorher gesagt, ich komme ursprünglich aus Berlin.

00:21:38: Und ich hatte den Luxus sozusagen mir selber genommen,

00:21:42: weil ich aus Ost-Berlin komme und meine Eltern sozusagen nicht die große, weite Welt kennenlernen durften,

00:21:47: ich habe mir den Luxus genommen, habe in England gelebt, habe in Italien gelebt, habe in Amerika gelebt,

00:21:53: habe dadurch Freunde, die auf der ganzen Welt verteilt sind.

00:21:57: Und wenn man dann schon sozusagen gemäß seines Mottos leben möchte,

00:22:02: dann fliegt man beispielsweise nicht mehr.

00:22:04: Und dann sieht man seine Freunde in Amerika beispielsweise nicht mehr.

00:22:07: Das heißt, ich hoffe auf supertolle technologische Entwicklungen bei emissionsarmen Fliegen,

00:22:13: damit ich irgendwann wieder nach Amerika komme. Weil das möchte ich unbedingt ganz gerne.

00:22:16: Das ist eine Sache. Dann tatsächlich auch das Thema Einkaufen.

00:22:21: Auch etwas, wo mein Mann lustigerweise viel strenger ist als ich.

00:22:24: Also ich bin so ein bisschen nachlässig manchmal.

00:22:26: Aber mein Mann ist derjenige, der wirklich mit dem Rad und dem Kasten dahinter

00:22:31: jeden Samstag zum Naschmarkt fährt. Ist übrigens auch nichts, was teuer ist.

00:22:35: Muss man auch ganz wichtig sagen, finde ich.

00:22:37: Also wenn man am Naschmarkt sozusagen vom regionalen Bauern sich sein Gemüse und Obst kauft,

00:22:42: dann ist es wirklich billiger für eine vierköpfige Familie, als wenn man das im Supermarkt tut.

00:22:47: Ist ja manchmal so ein gängiges Vorurteil.

00:22:50: Und dann nimmt man jede Woche die gleiche Eierpackung mit

00:22:53: und nimmt jede Woche die drei gleichen Beutel mit und solche Dinge.

00:22:56: Ich meine, heute hört sich das teilweise total komisch an.

00:22:58: Ich hab neulich im Nationalrat eine Abgeordnete völlig entrüstet sagen hören,

00:23:04: man könne den Menschen doch nicht zumuten, ihre Flaschen zurück zum Supermarkt zu bringen.

00:23:08: Wo kämen wir denn da hin?

00:23:10: Aber letztlich, wenn ich mich so reden höre, wenn man mit unserer Oma oder unserem Opa darüber geredet haben,

00:23:15: wie die denn so einkaufen waren...

00:23:18: Ich glaube, dass beides nicht so wahnsinnig unterschiedlich ist.

00:23:20: Also es ist ein bisschen Rückbesinnung auch.

00:23:23: Auf was, was wir als Kinder wahrscheinlich noch als völlig normal erlebt haben.

00:23:28: Die letzten paar Jahre haben so ein bisschen so eine Entfesselung im Konsum gebracht,

00:23:32: wenn man mal nachdenkt, die so einfach nicht haltbar ist.

00:23:38: Ich komme jetzt trotzdem auf diese Nationalratsabgeordnete zurück, die gesagt hat:

00:23:41: Das ist den Menschen nicht zumutbar. Ich finde das ganz toll.

00:23:44: Der Ulrich sitzt hier zwischen uns und muss eine Münze werfen.

00:23:49: Du bist eine radikale Optimistin und sagst:

00:23:51: Es ist eine Freiheit, die mich von diesem Konsumwahnsinn befreit.

00:23:54: Ich nehme jetzt die andere Rolle ein und sage:

00:23:56: Ja, es ist eine Freiheit von Dingen, die für mich unheimlichen Komfort bedeuten.

00:24:01: Ich kann nach Amerika fliegen, ich darf es tun.

00:24:04: Ulrich, wer von uns beiden hat recht?

00:24:06: Mein Bild der Zukunft ist eines, dass wir tatsächlich ein wenig der Entfesselung,

00:24:10: von der Henriette gesprochen hat, zurückfahren. Vieles ist nicht notwendig.

00:24:14: Kleider, die wir drei Wochen brauchen, weil sie nur 9,99 Euro kosten und dann wegwerfen.

00:24:20: Ich glaube, solche Dinge, die werden wir tatsächlich zurückfahren und sinnvollerweise zurückfahren.

00:24:25: Aber ich glaube auch, dass die neue erneuerbare Welt und klimaneutrale Welt keine Verzichtswelt sein wird.

00:24:32: Weil wir werden Technologien finden. Und ich bin überzeugt, wir werden es schaffen,

00:24:36: Flugzeuge zu bauen, die CO2 neutral über den Atlantik fliegen.

00:24:39: Und wir werden Technologien haben, wie wir unsere Gebäude beheizen, die CO2 neutral sind.

00:24:44: Ich glaube, dass das alles kommen wird.

00:24:47: Und insofern ist es eine Kombination der Dinge.

00:24:49: Es ist ein großer technologischer Fortschritt, den wir schaffen werden.

00:24:54: Aber es ist auch ein Stück Rückbesinnen auf Vernunft, auf Normalsein.

00:25:00: Also diese Wegwerfgesellschaft, wo wir alles nur noch kurz benutzen,

00:25:04: weg, nichts mehr zu reparieren ist, wird weggeschmissen.

00:25:07: Ich glaube, die wird sich tatsächlich zurückbilden und es wird wieder dahin gehen,

00:25:11: wo wir vernünftiger mit den Ressourcen des Planeten umgehen.

00:25:15: Denn auch die sind endlich. Wir haben ja nur über CO2 gesprochen.

00:25:19: Aber wir müssen ja insgesamt die Ressourcen dieses Planeten schützen, bewahren und im Maße einsetzen.

00:25:27: Und insofern ist es eine Kombination aus euch beiden.

00:25:30: Sehr, sehr optimistisch, glaube ich, und deine Zweifel, die kann ich gut verstehen,

00:25:35: die haben den Menschen. Wird es eben eine ganz schreckliche Verzichtwelt sein?

00:25:38: Nein, das wird es nicht sein. Ich glaube, das wird eine gute Welt sein mit Vernunft und Maß.

00:25:43: Und ich will ja auch nach Amerika fliegen.

00:25:47: Ich spiele jetzt trotzdem noch einmal weiter den Jean Provocateur und sag:

00:25:50: Was auch sehr viele Menschen da draußen, wie es immer so schön heißt, sagen ist:

00:25:55: Ja, ihr seid alle Auguren oder Propheten der Apokalypse.

00:26:00: Es wird schon nicht so schlimm werden. Es ist ja nicht heiß. Es ist ja kalt sogar.

00:26:05: Wo ist der Klimawandel? Ich leugne den Klimawandel nicht,

00:26:07: aber so schlimm wie alles sagen, wird es doch schon nicht werden.

00:26:12: Das ist ja auch ein sehr, sehr gängiges Ding.

00:26:14: Gerade bei Corona gibt es ja die Coronaleugner, aber auch Leute, die sagen: Naja, eine Grippe halt.

00:26:20: Wie geht man damit um, mit dieser Skepsis, mit dem Pessimismus,

00:26:25: der grad uns Wienern auch irgendwie in der DNA drin ist.

00:26:28: Und auch der Renitenz: Naja, eh schon wurscht.

00:26:31: Ja, man kann ja auch gerne. Die Berliner haben das ja auch an sich, gar kein Thema.

00:26:36: Ich meine, gerade jetzt. Wir sitzen hier draußen und frieren

00:26:39: und sehen, dass da einfach Menschen sterben.

00:26:43: Da sagen Menschen, das ist vielleicht nur eine Grippe, aber da sterben hunderttausende Menschen.

00:26:50: Und ein sehr lieber Kollege von mir hat zu diesem ganzen Thema Klimakrise mal gesagt:

00:26:55: Der Fichte ist es ja wurscht, ob sie irgendwie stirbt oder nicht.

00:26:58: Das würden jetzt unsere Ökologen überhaupt nicht goutieren, dass ich dieses Beispiel bringe.

00:27:02: Aber ich sage es mal trotzdem. Der Fichte ist es ja wurscht.

00:27:05: Die Frage ist, ob unsere Wirtschafts- und Sozialsysteme damit klarkommen, was da passiert.

00:27:11: Wir können uns an alles Mögliche anpassen.

00:27:13: Also gibt's ja super Apokalypse Filme,

00:27:16: wo dann halt nur noch ein paar Menschen irgendwo unter der Erde leben oder so.

00:27:19: So schlimm muss es sowieso nicht kommen.

00:27:21: Aber letztlich ist die Frage: Halten das unsere Sozial- und Wirtschaftssysteme aus,

00:27:26: so wie sie gerade funktionieren?

00:27:28: Und wenn wir sehen, durch die Klimakrise haben wir Schäden

00:27:32: im Ausmaß von 20 Milliarden Euro pro Jahr mittlerweile.

00:27:37: Dann kann man das natürlich jetzt langsam mal aufwiegen.

00:27:39: Was ist letztlich billiger für uns als Gesellschaft?

00:27:43: Wir investieren uns rein in eine Zukunft, die mit erneuerbarer Energie arbeitet.

00:27:50: Wir sind nachhaltig mobil, wir haben eine erneuerbare Industrie und so weiter und so fort.

00:27:54: Wir investieren uns letztlich rein in diese Richtung, was ja auch Arbeitsplätze bringt,

00:27:58: was Lebensqualität bringt und so weiter und so fort.

00:28:01: Oder wir sagen: Auch, ist uns jetzt irgendwie zu kompliziert und alles irgendwie schwierig.

00:28:06: Machen wir lieber nüscht. Wird schon nicht so warm werden.

00:28:09: Und kommen dann letztlich einfach mit diesen Folgen nicht klar als Gesellschaft.

00:28:13: Es ist ja ähnlich wie bei Pensionssystemen, Gesundheitssystemen und so weiter und so fort.

00:28:18: Da ist einfach eine Art rationale Wahl, die wir treffen können als Gesellschaft.

00:28:23: Und das verlange ich natürlich schon von Politikerinnen und Politikern.

00:28:27: Und wir beraten da auch mit Verve, diese Wahl tatsächlich rational im Sinne der Menschheit zu treffen.

00:28:34: Ulrich, die Frage an dich: Du hast vorher gesagt, du bist überzeugt,

00:28:39: dass die technischen Methoden kommen werden, dass wir wieder nach Amerika fliegen, beamen, was auch immer können.

00:28:44: Dass alles gut wird. Woher nehmt ihr beide diese Zuversicht?

00:28:50: Helft mir, auch Optimist zu sein.

00:28:53: Bei mir ist das Glas halb leer,

00:28:57: Ihr beide strahlt mich an und sagt: Nein, wir schaffen das.

00:29:01: Erkläre mir, woher kommt dieser Optimismus? Erklärt mir das bitte, beide.

00:29:07: Also man kann vielleicht ein Beispiel machen.

00:29:10: Als die industrielle Revolution begonnen hat,

00:29:13: haben die Menschen vor allem Holz verwendet, um die Prozesse zu befeuern.

00:29:18: Dann war irgendwann das Holz weg. Dann haben sie nach Kohle gegraben.

00:29:24: Also den nächsten technischen Evolutionsschritt gemacht sozusagen.

00:29:28: Dann waren irgendwann die Häuser schwarz von der Kohle. Es war auch keine Lösung.

00:29:33: Und dann haben sie irgendwann tiefer gegraben und sind auf Öl gestoßen.

00:29:36: Und mit diesem Öl haben wir dann das 20. Jahrhundert befeuert und unsere Prozesse getrieben.

00:29:41: Und wir wissen, das ist zu Ende.

00:29:43: Und genauso wie diese Kette gegangen ist, wird es einen nächsten Schritt geben.

00:29:48: Und dieser nächste Schritt wird nicht fossil sein.

00:29:50: Der wird einer sein, der auf Technologien basiert, die unser Klima und unsere Umwelt schützen.

00:29:57: Und diese Technologien gibt es ja schon.

00:30:00: Die sind nur zum Teil noch relativ teuer. Die sind technisch aufwendig.

00:30:05: Und nachdem wir ja die alte Welt nicht fortsetzen können,

00:30:08: es ist ja völlig klar, wird eine neue Welt kommen.

00:30:11: Wie die Ingenieure immer sagen: Naja, wenn man es noch nicht haben, dann erfinden wir es eben.

00:30:15: Und die werden das erfinden. Und der Druck ist so groß.

00:30:18: Das was die Henriette gesagt hat vorher, dass unsere Gesellschaftssysteme,

00:30:22: unsere Sozialsysteme und auch unser Wirtschaftssystem, das nicht aushält, das ist genau das Thema.

00:30:26: Wir werden es nicht aushalten, wenn sich die Erde so erwärmt,

00:30:30: dass man in manchen Regionen dieser Erde nicht mehr leben kann.

00:30:33: Dann haben wir Migrationsströme. Wir verlieren Ackerflächen.

00:30:39: Wir können keine landwirtschaftliche Erzeugung mehr in diesem Maße fortsetzen.

00:30:44: Da gibt es so große Verwerfungen, dass das etwas ist, was ja nicht sein kann.

00:30:50: Und dann sind Menschen immer erfinderisch und immer innovativ.

00:30:53: Und deswegen werden wir als Menschheit auch für diese Thematik wieder eine gute Lösung finden.

00:30:58: Also ich bin da sehr optimistisch. Aber es ist ein harter und vielleicht noch

00:31:02: ein paar Jahre, Jahrzehnte andauernde Weg, bis man wirklich da sind.

00:31:05: Haben wir die Zeit noch, die paar Jahrzehnte?

00:31:08: Nein, die haben wir tatsächlich nicht mehr.

00:31:10: Und das ist wirklich die große Herausforderung.

00:31:12: Weil letztlich hat diese ganze Thematik diese unterschiedlichen Dimensionen.

00:31:17: Die technologische, haben wir drüber gesprochen, das wird alles irgendwie hinhauen.

00:31:21: Eine wirtschaftliche. Können wir volkswirtschaftlich die Anreize so setzen,

00:31:26: dass es irgendwie funktioniert? Können wir in Wirklichkeit auch. Wissen wir auch, wie das geht.

00:31:30: Und dann gibt es noch die institutionelle und die kulturelle letztlich.

00:31:33: Schaffen wir das als Menschen? Haben wir sozusagen diese positive Energie, da reinzugehen,

00:31:39: in dieses gesellschaftliche Gespräch zu gehen mit Mut und Zuversicht, die es wirklich braucht,

00:31:44: um doch sehr, sehr schnell - wir reden wirklich eigentlich von den nächsten 4 bis 7 Jahren,

00:31:50: wir reden von dieser Legislaturperiode dieser Bundesregierung - hier was zu tun.

00:31:55: Also nein, wir haben tatsächlich nicht mehr die Zeit,

00:31:57: da jetzt uns ganz ewig lang noch den Kopf darüber zu zerbrechen.

00:32:00: Ich finde deine Frage nach dem “Woher nehmt ihr den Optimismus?”

00:32:05: und eigentlich ist das total zach und nervt mich irgendwie auch, diese ganze, komische Gutmenschen Debatte,

00:32:13: die finde ich total wichtig. Weil das ist genau der Punkt, den ich vorher gesagt habe,

00:32:17: den man halt so ernst nehmen muss.

00:32:19: Weil vielleicht sind 3 Prozent unserer Gesellschaft - und Uli und ich gehören offenbar dazu -

00:32:25: so ein bisschen diese Umwelt- und Klimabewegten, die das alles super finden und großartig.

00:32:29: Und die anderen 97 Prozent müssen aber letztlich auch alle.

00:32:33: Und mir ist dann lieber, wir schaffen es mit kleinen inperfekten Schritten in die richtige Richtung.

00:32:37: Es muss nicht jeder irgendwie alles in seinem Leben durchperfektionieren.

00:32:42: Wir schaffen es mit kleinen inperfekten Schritten in die richtige Richtung,

00:32:45: als drei Prozent der Leute denken 20 Jahre lang drüber nach, was jetzt die perfekte Innovation sein könnte.

00:32:51: Dann hab ich zum Schluss jetzt noch eine ganz direkte Frage.

00:32:56: Nicht in drei Jahren, in 30 Jahren, sondern vielleicht in drei oder vier Minuten

00:33:00: für unsere ZuseherInnen, Zuhörer, Zuhörerinnen.

00:33:03: Wir nennen es immer Tipp am Freitag.

00:33:06: So zwei kleine Hinweise, wie man durch marginale Änderungen des eigenen Verhaltens

00:33:12: doch einen Impact auf sein und anderer Menschen Leben haben kann.

00:33:16: Was wäre denn dein Tipp am Freitag?

00:33:20: Mein Tipp am Freitag - marginale Änderung: Einkaufen.

00:33:25: Kauft einfach jetzt keine Erdbeeren. Kauft einfach jetzt keine Heidelbeeren ein.

00:33:30: Achtet einfach ein bisschen drauf. Was wächst denn jetzt da draußen? Und was kann ich kaufen?

00:33:35: Tut es vielleicht sogar auf dem Markt, wenn ihr einen in der Nähe habt

00:33:37: - hat nicht jeder in der Nähe. Gibt aber auch ein Kist’l zu bestellen.

00:33:42: Das ist etwas, was relativ einfaches, wo man ein bisschen ändern kann und schon viel Gutes tut.

00:33:48: Dann bedanke ich mich bei euch beiden für euren hemmungslosen Optimismus.

00:33:54: Hoffe, dass ihr infektiös seid auf dieser Ebene für mich.

00:33:58: Dass ich es vielleicht auch lerne, so optimistisch in eine Zukunft,

00:34:02: die wir alle hoffentlich haben, zu sehen.

00:34:05: Dass auch ihr diesen Optimismus von den beiden hier übernehmt.

00:34:10: Ich bedanke mich, dass ihr beide hier mit mir in der Arena gesessen, geplaudert und gefroren habt.

00:34:16: Und bedanke mich auch, dass ihr wieder dabei wart.

00:34:19: Das war Freitag in der Arena. Der Talk der oekostrom AG.

00:34:23: Bis zum nächsten Mal. Danke. Ciao. Baba.

Über diesen Podcast

Wie können wir die Klimakrise bewältigen, ökologisch nachhaltig leben und die erneuerbare Energiezukunft vorantreiben?
Mit dieser Frage beschäftigen sich die oekostrom AG-Vorstände Hildegard Aichberger und Ulrich Streibl in diesem Podcast. Jeden Monat sprechen die beiden in der Arena Wien mit jeweils einer/einem Gesprächspartner:in über neue Ideen und Lösungsansätze rund um Klimaschutz und Nachhaltigkeit.
Die oekostrom AG setzt sich als Anbieterin und Produzentin von Strom aus erneuerbaren Energiequellen aktiv für eine ökologische, zukunftsfähige Energieversorgung ein und treibt den Energiewandel voran. Durch den Dialog mit Expert:innen und Entscheidungsträger:innen der Energiewirtschaft wird laufend ein Blick über den Tellerrand geworfen.

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