00:00:07: Herzlich willkommen in der Wiener Arena.
00:00:10: Freitag in der Arena, so heißt, aber das wisst ihr ja schon,
00:00:14: der Öko- und Klimatalk der oekostrom AG, zu dem wir euch ganz herzlich begrüßen.
00:00:21: Wir, das bin ich, der Tom Rottenberg und der Ulrich Streibl.
00:00:24: Hallo, wir sind wieder in der Wiener Arena am Freitag.
00:00:27: Wir sprechen wieder über Klima, über Umwelt, über Nachhaltigkeit und über Zukunft.
00:00:32: Wir machen das draußen. Es ist Corona.
00:00:35: Wir wollen möglichst gut darauf achten, dass sich niemand anstecken kann.
00:00:39: Deswegen sind wir draußen und frieren ein bisschen.
00:00:42: Aber ich glaube, es wird ein spannendes Gespräch mit der Henriette Spyra,
00:00:46: der wissenschaftlichen Leiterin des Umweltbundesamtes.
00:00:49: Mein Name ist Henriette Spyra.
00:00:50: Ich bin die fachliche Leiterin des österreichischen Umweltbundesamts und Mobilitätsexpertin.
00:00:56: Ich arbeite an einer schadstoffarmen Zukunft, die Ressourcen erhält und Abfall vermeidet,
00:01:02: ein Mehr biologischer und genetischer Vielfalt
00:01:04: und an einer Transformation in eine Zukunft ohne fossile Energien.
00:01:08: Letztlich geht es um ein gutes Leben für uns alle und unsere Ökosysteme auf diesem Planeten.
00:01:14: Dafür ist mir das Wichtigste: Mut zum Tun und Freude daran.
00:01:19: Henriette, schön, dass du da bist.
00:01:21: Es freut mich besonders,
00:01:23: weil wir haben über lange Zeit zusammengearbeitet im Umweltbundesamt.
00:01:28: Dort an vielen spannenden Themen gemeinsam gearbeitet.
00:01:31: Jetzt muss man sagen, das Umweltbundesamt, dessen wissenschaftliche Leiterin du bist,
00:01:34: ist ja eine besondere Institution.
00:01:37: Ihr habt 500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
00:01:40: Ihr forscht, ihr arbeitet, ihr kommuniziert.
00:01:43: Ihr seid mit Unternehmen in Kontakt und mit Institutionen
00:01:48: und arbeitet an allen Klima und Umwelt relevanten Themen.
00:01:51: Jetzt mit deinem Wissen, wenn du dich in die Zukunft versetzt, in 2040
00:01:57: wie würdest du denn dann die Welt sehen, aus klima- und umweltpolitischer Sicht?
00:02:01: Ja, das ist tatsächlich eine sehr spannende Frage.
00:02:04: In der Wissenschaft nennen wir das immer so einen back casting Ansatz.
00:02:07: Österreich hat sich vorgenommen, bis 2040 klimaneutral zu werden.
00:02:12: Und tatsächlich hab ich mir genau diese Frage auch im Sommer gestellt in Alpbach,
00:02:17: wo wir mit der Bundesministerin Gewessler und einigen Forscherinnen
00:02:21: uns genau diese Frage gestellt haben.
00:02:22: Rückblickend von 2040: Was ist denn passiert?
00:02:26: Und das Bild, was wir dort gemalt haben, hat ganz viele Facetten gehabt.
00:02:29: Meine Lieblingsfacetten waren so was wie: jede Innovation zählt
00:02:33: - auch eine Entmystifizierung der Digitalisierung -,
00:02:36: Experimentierräume, Mut, mehr Caring, mehr Fürsorge, ein gerechtes Steuersystem.
00:02:45: Die drei wichtigsten Dinge aber, das war so ein bisschen das Motto,
00:02:48: unter dem wir das diskutiert haben, und das ist mir auch
00:02:51: für unsere Arbeit am Umweltbundesamt total wichtig, sind drei Dinge.
00:02:56: Einmal: sturer Optimismus.
00:02:59: Bei dem, was wir vorhaben, kann man ja manchmal verzweifeln
00:03:03: und sagen: Oh Gott, wie werden wir das jemals hinkriegen? Da ist ja so viel zu tun?
00:03:07: Ich glaube, nur mit Freude und mit Optimismus kriegt man das hin.
00:03:11: Das zweite ist das Thema endloser Überfluss.
00:03:16: Eigentlich ein bisschen komisch in dieser Umwelt- und Klimadebatte.
00:03:18: Aber ja, als Menschen haben wir einen endlosen Überfluss an Kreativität, an Ideen.
00:03:23: Und ich bin hier bei der oekostrom AG, endloser Überfluss an erneuerbaren Energien. Großartig.
00:03:28: Und das dritte ist das Thema radikale Regeneration.
00:03:32: Dass wir um uns selbst uns sorgen, um unsere nächsten uns sorgen und auch um die Umwelt sorgen.
00:03:37: Und das ist tatsächlich so eine Art Refokussierung unserer Werte.
00:03:41: Wenn wir das irgendwie hinkriegen, mit dieser Haltung, stehen wir 2040, glaube ich, ganz gut da.
00:03:47: Du bist immer immer so optimistisch und das schätze ich an dir,
00:03:52: weil du immer so gut auch diese Bilder vermitteln kannst.
00:03:56: Jetzt ist aber 2040 ja gar nicht mehr so weit weg.
00:03:59: Was müssen wir denn konkret tun, dass wir wirklich in Österreich
00:04:02: und hoffentlich in ganz Europa und der Welt in 2040 wirklich klimaneutral sind?
00:04:07: Zunächst müssen wir uns fragen: Was heißt eigentlich Klimaneutralität?
00:04:11: Klimaneutralität heißt tatsächlich, dass wir den größten Teil
00:04:16: unserer Treibhausgas-Emissionen reduzieren oder vermeiden.
00:04:19: Und dann wird ein bisschen was übrig bleiben, weil nicht überall können wir das machen.
00:04:23: Da wird ein bisschen was übrig bleiben in der Landwirtschaft, auch in der energieintensiven Industrie.
00:04:27: Und das müssen wir kompensieren.
00:04:30: Und ganz oft diskutieren wir das Thema ja technisch.
00:04:33: Und ich würde das gerne auf diese unterschiedlichen Ebenen bringen,
00:04:36: auf denen wir das diskutieren müssen. Aus technischer Perspektive kriegen wir das hin.
00:04:39: Ja, kriegen wir hin. In der Mobilität, im Gebäudesektor kriegen wir das hin.
00:04:46: In Österreich haben wir uns vorgenommen, bis 2030 Strom nur noch aus erneuerbaren Energien zu produzieren.
00:04:51: Werden wir auch hinkriegen. Mit ganz vielen Rahmenbedingungen, die dazugehören.
00:04:55: Ich unterbreche jetzt kurz das Gespräch, wo es quasi um die Diskussion geht und sage:
00:05:01: Ich komme von der Straße, von da draußen.
00:05:03: Wir hören dahinten eine Baustelle. Es wird gearbeitet.
00:05:08: Kriegen die Menschen, die auf der Baustelle arbeiten, irgendetwas von dem mit,
00:05:11: was das Umweltbundesamt an Theorien, an Diskurs, an Diskussionen da in die Welt hinaus setzt?
00:05:18: Bekommen die etwas von dieser geplanten Dekarbonisierung mit, von diesem radikalen Optimismus?
00:05:24: Ich spüre davon, wenn ich durch die Stadt geh, nämlich relativ wenig.
00:05:27: Aber wenn ich dann die gescheiten und auch sehr interessanten Thesen lese,
00:05:31: denke ich mir: Mhm, so könnte es funktionieren.
00:05:33: Die Wirklichkeit schaut für mich in der Wahrnehmung ganz anders aus.
00:05:37: Da kommt dann wieder wahrscheinlich der Optimismus bei mir durch,
00:05:40: den Ulrich mir gerade auch gegeben hat.
00:05:42: Denn gerade in einer Stadt wie Wien tut sich ja wahnsinnig viel.
00:05:46: Also in Wien haben wir das gerade in den letzten Jahren gesehen.
00:05:49: Als ich nach Wien gekommen bin - man hört, ich komme ursprünglich aus Berlin -
00:05:52: war die Mariahilfer Straße beispielsweise noch eine,
00:05:55: wo Tag für Tag 15 000 Autos durchgebrettert sind.
00:05:58: Mittlerweile ist das alles umgebaut. Dort gehen und begegnen sich Menschen.
00:06:01: Wir haben eine Begegnungszone. Also da tut sich tatsächlich sichtbar was im Straßenraum.
00:06:06: Und wo du natürlich recht hast, ist dieser Aspekt,
00:06:09: dass Menschen erst etwas mitbekommen, wenn tatsächlich sichtbar sich etwas ändert.
00:06:13: Wenn wir beispielsweise – ich bin Mobilitätsexpertin - wenn wir mehr Fahrräder auf der Straße sehen.
00:06:18: Wenn wir mehr … wir haben ja viel Mikro-Mobilität. Diese E-Roller sind ein Phänomen,
00:06:24: was sich in den letzten Jahren total ausgebreitet hat, was ganz viele Menschen sehen.
00:06:28: Wenn wir mehr E-Autos sehen, mehr öffentlichen Verkehr sehen.
00:06:31: All das bekommen Menschen mit. Was sie nicht mitbekommen ist,
00:06:34: ich nenne es mal dieses Engineering im Hintergrund,
00:06:37: diese Arbeit an allem, was da rechtlich dazugehört, was technisch dazugehört.
00:06:41: Das ist tatsächlich der Hauptteil unserer Arbeit,
00:06:43: der allergrößte Teil unserer Arbeit, der nicht so sichtbar ist.
00:06:46: Was wir aber auch machen, und mir ist das auch total wichtig:
00:06:49: Eines meiner Lieblingsprojekte gerade beispielsweise Tales of Tomorrow.
00:06:52: Wo wir mit Jungen und Jugendlichen daran arbeiten, auch Zukunftsvisionen zu entwickeln,
00:06:57: die die dann wieder in ihre Institutionen tragen, die die dann auch auf die Straße tragen.
00:07:01: Und das bekommen die Menschen mit.
00:07:03: Aber das Dilemma dabei ist, das hast du gerade angeschnitten,
00:07:06: die Leute bekommen erst den Change tatsächlich mit, wenn er auf der Straße ist.
00:07:10: Wäre es nicht eine unglaubliche Herausforderung zu schauen,
00:07:12: wie man die Diskussion auch für den oder die Normalbürger*in transparent macht?
00:07:18: Alpbach klingt schon für mich als etwas, das ganz weit weg und ganz, ganz Elfenbeinturm ist.
00:07:23: Wie kriegt man diesen Diskurs in dieses Mindset, in die Leute hinein,
00:07:28: damit sie nicht erst auf den Scooter steigen, aufs Fahrrad steigen, wenn es mal da ist?
00:07:32: Wenn die Mariahilfer Straße nicht mehr 15 000 Autos am Tag hat?
00:07:35: Wie funktioniert das? Wie macht man das?
00:07:37: Wie kriegt man Leute zum Mitdenken?
00:07:40: Das ist wirklich eine der absoluten Hauptfragen, die mich wirklich Tag für Tag umtreibt.
00:07:46: Und ich glaube, der erste wichtige Schritt ist gar nicht so sehr, sich hinzustellen,
00:07:51: wie wir das aus der Wissenschaft und Forschung gerne machen und sagen:
00:07:54: Du musst! Man muss!
00:07:56: Sondern vielleicht auch, sich erstmal zu überlegen:
00:07:59: Wie kommuniziere ich denn selber? Was sag ich denn selber?
00:08:02: Was möchte ich denn selber? Und anerkenne ich das, was andere Menschen bewegt?
00:08:08: Da ist für mich die Frage: Nehme ich andere Menschen ernst?
00:08:12: Und das ist, glaube ich, der erste wichtige Schritt.
00:08:14: Denn niemand, der beispielsweise … ich komme mit meinen Beispielen immer aus der Mobilität.
00:08:21: Niemand, der in einer kleinen Gemeinde im Waldviertel lebt,
00:08:25: wo er keinen öffentlichen Verkehrsanschluss hat und vielleicht keinen super Job hat,
00:08:30: wo er sich kein teures Elektroauto leisten kann, fährt mit Absicht mit einem alten Dieselstinker.
00:08:35: Deswegen ist für mich nicht unbedingt immer die große Frage:
00:08:39: Wie kann ich jetzt jeden einzelnen davon überzeugen, was Gutes zu tun und die Welt zu retten?
00:08:44: Sondern natürlich auch: Wie kann ich die Bedingungen in einer Gesellschaft
00:08:49: hier bei uns in Österreich, aber auch weltweit so gestalten,
00:08:52: dass es das Einfache ist und das Natürliche ist,
00:08:55: sich so zu entscheiden, letztlich nachhaltig zu leben?
00:08:58: Ich finde nicht, dass wir das von jedem Einzelnen, jeder Einzelnen verlangen können,
00:09:02: sich die ganze Zeit darüber Gedanken zu machen.
00:09:05: Kannst du dich noch erinnern Tom?
00:09:06: Wir haben einmal gesprochen mit Anita Malli über Klimakommunikation
00:09:09: und was die Henriette so toll macht.
00:09:11: Die Henriette hat eine Position geschaffen im Umweltbundesamt,
00:09:14: die heißt Chief Storytelling Officer.
00:09:17: Ich fand es total faszinierend, weil es eben darum geht,
00:09:21: Geschichten erzählen zu können, Bilder zu vermitteln.
00:09:24: Und das ist das, was man bei Henriette immer lernen kann:
00:09:27: Bilder der Zukunft zu haben, die uns zeigen, wie kann es aussehen
00:09:32: und die uns vor allem zeigen, dass die Zukunft ja sehr positiv sein kann.
00:09:35: Weil natürlich ist viel schöner in so einer Stadt wie Wien,
00:09:38: wenn die Diesel-Autos nimmer die Stadt verstinken und die Häuser schwarz machen.
00:09:44: Natürlich ist es viel schöner, wenn dann über autonomes Fahren vielleicht
00:09:47: diese Autos auch noch automatisch in die Garage fahren und dann weg sind
00:09:51: und wir Bäume pflanzen können, mehr Parks, mehr Spielplätze.
00:09:54: Und sowas kann Henriette ganz exzellent gut.
00:09:58: Jetzt hast du schon gesagt: Mobilität ist dein Thema.
00:10:01: Du warst ja auch im Verkehrsministerium,
00:10:03: du warst vorher im AIT, also Austrian Institut for Technology.
00:10:07: Hast dich sehr, sehr viel mit Verkehr auseinandergesetzt
00:10:10: und deswegen würde ich das Thema gerne mit dir ein bisschen vertiefen.
00:10:13: Weil Verkehr ist ja im Moment tatsächlich derjenige Sektor,
00:10:17: der bei der CO2 Thematik der problematischste ist.
00:10:21: Also wir haben ständig steigende oder zumindest stagnierende CO2-Ausstöße.
00:10:25: Dort sinkt nichts, so wie es in anderen Sektoren tatsächlich schon der Fall ist.
00:10:30: Dort sind wir ja besser unterwegs. Was können wir beim Verkehr machen?
00:10:34: Was ist deine Perspektive für den Verkehr? Wie kriegen wir den klimaneutraler?
00:10:38: Ja, Verkehr ist tatsächlich das, was wir immer als das große Sorgenkind bezeichnen?
00:10:43: Da hat sich quasi seit 1990, was immer so ein bisschen eine Referenzjahr in der Klimapolitik ist,
00:10:48: in Österreich eigentlich das getan, wo wir gar nicht hinwollen.
00:10:52: Wir hatten eine massive Steigerung an CO2-Emissionen.
00:10:55: Wir hatten eine massive Steigerung an Verkehr, besonders im Güterverkehr.
00:10:59: Auch der Besetzungsgrad in den einzelnen Autos ist niedriger geworden seitdem.
00:11:06: Und das Wichtigste für mich ist auch da wieder:
00:11:10: Wir haben die Tendenz, das, was wir jetzt erleben, als gegeben hinzunehmen.
00:11:15: Dabei stimmt das ja gar nicht.
00:11:16: Wir hatten 1970 in Österreich eine Million PKW, 1980 zwei Millionen PKW.
00:11:21: Jetzt haben wir über fünf Millionen PKW.
00:11:23: Etwas wie so ein Städtetrip am Wochenende nach Barcelona im Flugzeug,
00:11:28: das war in den 90er Jahren überhaupt nicht normal.
00:11:30: Das war vor einem oder zwei Jahren auf einmal total normal.
00:11:33: Ganz viele Dinge sind ständig im Fluss.
00:11:37: Das ist so ein bisschen so diese Grundhaltung, die mir ganz wichtig ist.
00:11:40: Und wir sind hier gerade draußen, weil es Corona ist und frieren miteinander.
00:11:43: Auch jetzt, in dieser Pandemie haben wir wieder ganz neue Sachen erlebt in der Mobilität.
00:11:48: Also es ist ständig was in Veränderung und das muss man positiv nutzen.
00:11:54: Natürlich, am Ende geht es bei der Dekarbonisierung darum,
00:11:58: in erster Linie mal den Energieeinsatz zu halbieren.
00:12:01: Das heißt irgendwo weniger Verkehr, mehr Mobilität, sag ich mal.
00:12:05: Natürlich mehr öffentlicher Verkehr, mehr Radfahren, mehr aktiv zu Fuß unterwegs sein.
00:12:10: Güterverkehr ist ein riesiges Thema. Und da geht es aber auch immer darum,
00:12:13: dahinter zu fragen: Warum ist es da? Warum ist der ganze Verkehr da?
00:12:17: Das ist ja nicht, weil das irgendwelche Fahrer lustig finden, durch die Gegend zu fahren,
00:12:21: sondern das hat auch etwas mit unserem eigenen Wertesystem und Haltung zu tun.
00:12:27: Ein super Beispiel, wenn ich das noch bringen darf, was ich dafür halte.
00:12:30: Vor ein paar Jahren mal hat die US-Regierung
00:12:33: Wissenschaftler aus Österreich, Europa und Amerika zusammengebracht
00:12:38: und die haben sich darüber unterhalten, Dekarbonisierung des Verkehrs.
00:12:41: Und das Beispiel war, dass eine aus L.A. sich fünf Packen Schuhe bestellt hat bei Zalando.
00:12:47: Und dann ist man im akribisch akribischsten Detail durchgegangen,
00:12:51: wie man diese ganze Kette, die Schuhe aus China und so weiter, dekarbonisieren könnte.
00:12:54: Und dann behält die eine und vier schickt sie wieder zurück.
00:12:58: Und niemand hat die Frage gestellt: Warum bestellt die sich fünf Packen Schuhe nach Haus?
00:13:03: Ist doch Quatsch.
00:13:04: Und in dieses Warum-Fragen, was tun wir, um Mobilität zu verursachen
00:13:11: oder um Verkehr zu verursachen und hin zur Mobilität zu kommen,
00:13:14: das wird sich garantiert verändern.
00:13:16: Und die ganzen Einzeldetails, die dazugehören - da gehören ganz, ganz viele dabei dazu -
00:13:20: an denen wird natürlich intensiv gearbeitet.
00:13:23: Ich sage jetzt trotzdem...
00:13:25: Du hast es aufgezählt, was sich alles an unserer Mobilität,
00:13:27: allein an den Mengen an Fahrzeugen, an den Kilometern verändert hat.
00:13:32: Ich als Berufspessimist sag: Das wird nicht mit guten Worten gehen.
00:13:36: Da wird man sagen müssen: Ihr dürft das nicht mehr.
00:13:38: Du darfst einfach nicht fünf Paar Schuhe bei Zalando bestellen.
00:13:41: Du darfst halt nicht nach Barcelona fliegen.
00:13:44: Du darfst nicht mit dem Auto in die Stadt hineinfahren.
00:13:47: Da ist dann sehr rasch die individuelle Freiheit auch in Gefahr.
00:13:52: Wird es mit Verboten gehen oder wird es auch anders funktionieren?
00:13:57: Als fachliche Leiterin hab ich ja immer ein bisschen die Freiheit,
00:14:01: darauf jetzt auch ein bisschen philosophisch an erster Stelle zu antworten.
00:14:05: Der Kernbegriff in deiner Frage ist Freiheit.
00:14:07: Und zu Freiheit hat Isaiah Berlin etwas sehr Schlaues geschrieben Anfang der 50er Jahre.
00:14:14: Der hat zwei Arten von Freiheit definiert: eine Freiheit, die Freiheit von etwas.
00:14:19: Also da wird etwas eingeschränkt. Ich darf nicht mehr in die Stadt reinfahren,
00:14:22: ich muss irgendwo zahlen für meinen Parkplatz usw.
00:14:25: Und das andere: Die Freiheit zu etwas. Die Freiheit für eine gute Lebensqualität.
00:14:29: Die Freiheit für Luft. Die Freiheit nach Platz zum Spielen auf der Straße für Kinder.
00:14:34: Und ich glaube, da müssen wir so ein bisschen unseren Freiheitsbegriff auch redefinieren.
00:14:39: Wenn du sagst, Verbot oder Einschränkung.
00:14:41: Na ja, wir haben eine Straßenverkehrsordnung, beispielsweise in Österreich,
00:14:45: die uns sagt, in Wohngebieten fahren wir nur 30kmh. Da gibt's gute Gründe dafür.
00:14:50: Oder auf der Autobahn gibt's auch ne Höchstgeschwindigkeit.
00:14:53: Und über nichts anderes reden wir ja jetzt.
00:14:55: Wir haben festgestellt, wenn wir jetzt so weiter tun in der Mobilität, im Verkehr,
00:14:59: in vielen anderen Bereichen, dann hat man ein bisschen ein Problem mit einer gewissen Klimakrise.
00:15:05: Also überlegen wir uns gemeinsam: Wie können da neue Regeln aussehen?
00:15:09: Und ja, tatsächlich, wenn wir sagen: Klimaneutralität 2040 in Österreich,
00:15:15: dann muss das heißen, dass ab einem gewissen Zeitpunkt relativ nah in der Zukunft
00:15:20: gar keine fossilbetriebenen PKW mehr neu zugelassen werden dürfen.
00:15:23: Sicher. Sonst geht das einfach nicht.
00:15:26: Und dann muss es natürlich bezahlbar werden.
00:15:28: Dann muss es Angebote geben, dann muss es Möglichkeiten geben.
00:15:31: Und da reden wir letztlich über einen Mix an unterschiedlichen “Maßnahmen” nennen wir das immer.
00:15:36: Man kann es genauso Anreize nennen. Anreize sind dann beispielsweise Preise.
00:15:40: Das heißt aber auch: Du brauchst eine Politik,
00:15:42: die keine Angst davor hat, unpopuläre Maßnahmen zu setzen.
00:15:45: Die Frage ist immer: “die Politik”. Das finde ich immer so ein bisschen einfach.
00:15:50: Wir sagen, die Politik muss tun und die Politik muss machen und so weiter und so fort.
00:15:54: Die Politik sind Menschen.
00:15:56: Das sind Politikerinnen und Politiker, die in ihren Büros sitzen
00:15:59: und zu denen ziemlich viele Menschen kommen und ihnen sehr, sehr Gegensätzliches erzählen.
00:16:04: Und da muss quasi eine Entscheidung darin getroffen werden. Und natürlich braucht es Mut.
00:16:10: Aber oftmals ist es ja so, dass mein Gefühl das ist,
00:16:13: dass die Menschen da teilweise schon viel weiter sind.
00:16:16: Es ist ja nicht so… In der Mobilität haben wir immer dieses wunderschöne Bild:
00:16:21: Wir fahren im großen Auto, in der Zukunft halt im schönen großen Elektroauto,
00:16:25: auf einer Bergstraße in die untergehende Sonne.
00:16:29: Niemand hat das Bild, auf der Tangente im Stau zu stehen, was ja die Wahrheit ist.
00:16:33: Das macht ja keinem Spaß.
00:16:36: Und diese Bilder sozusagen auch mit zu aktivieren und zu sagen:
00:16:38: Da geht's ja gar nicht um unpopuläre Maßnahmen, sondern da geht es darum,
00:16:42: Mobilität eigentlich attraktiver und bequemer zu machen für die, die es nutzen.
00:16:47: Auch in einem Tiroler Tal, wo im Sommer sich alles zustaut von Touristen
00:16:51: und die Einwohner gar nicht mehr zum Bäcker fahren können,
00:16:53: was sie vielleicht sonst auch mit ihrem Auto machen.
00:16:55: Da geht's ja um die Schaffung eines viel attraktiveren Systems.
00:16:58: Und da braucht es ein Rahmenwerk drumherum.
00:17:01: Das finde ich die wichtigere Frage, als zu sagen:
00:17:03: Brauchen wir jetzt Verbote oder Einschränkungen oder Verzicht?
00:17:07: Stichwort Verzicht. Ist die neue Welt dann verzichtsvoller?
00:17:11: Also dürfen wir weniger reisen, werden wir weniger fahren?
00:17:15: Das ist ja quasi gerade Transformation by Desaster.
00:17:18: Und ich finde ja, wir müssen rein in Transformation by Design.
00:17:22: Eine Sache aber, über die wir ja zumindest jetzt nachdenken können, ist:
00:17:27: Hm, früher sind wir vielleicht aus einem Ministerium oder aus so einem Umweltbundesamt heraus
00:17:32: 10x im Jahr nach Brüssel gefahren zu irgendwelchen Arbeitsgruppen.
00:17:36: Und jetzt haben wir innerhalb weniger Monate unglaublich schnell gelernt,
00:17:39: dass wir das auch virtuell machen können.
00:17:42: Und natürlich kann virtuell nicht alles ersetzen. Nicht den persönlichen Kontakt,
00:17:47: nicht den persönlichen Austausch, nicht den Corridor Talk ersetzen.
00:17:50: Aber wenn ich 10 von diesen Flugreisen durch 5 ersetze und den Rest virtuell mache,
00:17:57: worauf habe ich da eigentlich verzichtet?
00:17:59: Ich habe verzichtet auf 5 Uhr morgens aufstehen, mich müde ins Flugzeug quetschen,
00:18:04: total gestresst in Brüssel mit dem Bus fahren und dann am Abend total geschlaucht wieder nach Hause zu kommen.
00:18:10: Darauf habe ich verzichtet. Das ist doch ein feiner Verzicht.
00:18:16: Das ist Henriette. So kenne ich sie. Du hast immer so tolle, schöne Bilder. Das ist gut.
00:18:23: Wie sieht’s in anderen Sektoren aus, außerhalb der Mobilität?
00:18:26: Wie kommen wir da zu CO2 Neutralität?
00:18:30: Die ganz großen Sektoren, über die wir nachdenken, ist ja neben der Mobilität,
00:18:34: was so ein wahnsinnig großes Stück des Kuchens ausmacht, auch der Gebäudesektor.
00:18:39: Da haben wir seit 1990 uns wesentlich verbessert, müssen aber auch uns noch viel mehr verbessern.
00:18:45: Das lässt sich auf jeden Fall machen, auch technisch, technologisch bis 2040.
00:18:51: Die Landwirtschaft hatte ich vorhin schon mal erwähnt, ist eine,
00:18:54: wo man auf ein gewisses Level noch runter kommt.
00:18:58: Irgendwo wird es dann einfach schwierig. Weil wenn ich Flüge…
00:19:02: Also das ist ein Sektor, wo es wo es nicht vermeidbare Emissionen gibt.
00:19:06: In der Abfallwirtschaft stehen wir ganz gut da.
00:19:08: Industrie ist ein sehr, sehr großes Thema. In Österreich natürlich die Stahlindustrie.
00:19:13: VÖST Alpine als eines der großen Unternehmen, die da momentan extrem intensiv drüber nachdenken,
00:19:20: wie man auch die Stahlindustrie dekarbonisiert.
00:19:22: Weil natürlich kann es nicht unser Interesse sein,
00:19:25: als Österreich klimaneutral 2040, aber ohne Industrie dazustehen.
00:19:29: Das sollte überhaupt nicht Sinn und Zweck der Sache sein.
00:19:33: Aber wir wollen als Österreich 2040 klimaneutral dastehen
00:19:36: und hoffentlich mit die innovativste Stahlindustrie auf dieser Welt haben,
00:19:40: weil die sich schon jetzt super Gedanken darüber machen:
00:19:42: Wie kann ich denn mit erneuerbaren Wasserstoff beispielsweise zukünftig so Stahl produzieren,
00:19:48: dass ich es schaffe, vielleicht nicht bis 2040 klimaneutral zu werden,
00:19:51: weil wir da in der Forschung noch viel mehr tun müssen, aber hoffentlich 2050.
00:19:56: Ich habe in den Unterlagen, die ich gefunden habe, wie ich mich auf das Gespräch mit der vorbereitet habe,
00:20:02: eine sehr schöne Devise gefunden. Die do-no-harm Devise, das do-no-harm Motto.
00:20:09: Klingt total eingängig, aber was bedeutet das
00:20:14: im konkreten gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Handeln?
00:20:19: Do-no-harm principle ist etwas, was bei der Runde, die wir im Sommer in Alpbach gemacht haben,
00:20:26: mit dem Ziel klimaneutrales Österreich 2040, Maja Göpel, eine Transformationsforscherin
00:20:32: - dazu wird dann auch mein Tipp sein - gebracht hat.
00:20:35: Und das heißt tatsächlich, dass wir einfach uns bemühen sollten,
00:20:40: alle miteinander auf so einer ganz grundlegenden Ebene, uns so zu verhalten
00:20:45: - ist eigentlich etwas, was wir unseren Kindern auch beibringen -,
00:20:47: dass wir möglichst niemanden anderen schaden.
00:20:49: Und das erfordert natürlich ein bisschen Nachdenken darüber,
00:20:52: wo ich mein Essen kaufe, was ich esse, wo ich meine Kleidung kaufe, was ich anziehe usw.
00:21:00: Also für jeden einzelnen Menschen ist das ein ganz schön schwierig zu befolgendes Motto.
00:21:06: Aber man kann sich gut was drunter vorstellen.
00:21:07: Aber genau das meinte ich. Das klingt so unheimlich einfach,
00:21:11: um nicht zu sagen, banal: Tu keinem weh.
00:21:14: Und trotzdem wird daraus ein ganz, ganz komplexer Prozess,
00:21:18: wo ich mein eigenes Leben in Frage stellen muss.
00:21:22: Wie ist es dir ergangen? Du hast das erste Mal gesagt: Okay, do-no-harm.
00:21:25: Was ändert sich da im Leben einer ganz normalen Leiterin des Umweltbundesamtes?
00:21:31: Wo gibt's da Knackpunkte? Was verändert sich da?
00:21:34: Da gibt es tatsächlich viele Knackpunkte.
00:21:36: Ich habe es ja vorher gesagt, ich komme ursprünglich aus Berlin.
00:21:38: Und ich hatte den Luxus sozusagen mir selber genommen,
00:21:42: weil ich aus Ost-Berlin komme und meine Eltern sozusagen nicht die große, weite Welt kennenlernen durften,
00:21:47: ich habe mir den Luxus genommen, habe in England gelebt, habe in Italien gelebt, habe in Amerika gelebt,
00:21:53: habe dadurch Freunde, die auf der ganzen Welt verteilt sind.
00:21:57: Und wenn man dann schon sozusagen gemäß seines Mottos leben möchte,
00:22:02: dann fliegt man beispielsweise nicht mehr.
00:22:04: Und dann sieht man seine Freunde in Amerika beispielsweise nicht mehr.
00:22:07: Das heißt, ich hoffe auf supertolle technologische Entwicklungen bei emissionsarmen Fliegen,
00:22:13: damit ich irgendwann wieder nach Amerika komme. Weil das möchte ich unbedingt ganz gerne.
00:22:16: Das ist eine Sache. Dann tatsächlich auch das Thema Einkaufen.
00:22:21: Auch etwas, wo mein Mann lustigerweise viel strenger ist als ich.
00:22:24: Also ich bin so ein bisschen nachlässig manchmal.
00:22:26: Aber mein Mann ist derjenige, der wirklich mit dem Rad und dem Kasten dahinter
00:22:31: jeden Samstag zum Naschmarkt fährt. Ist übrigens auch nichts, was teuer ist.
00:22:35: Muss man auch ganz wichtig sagen, finde ich.
00:22:37: Also wenn man am Naschmarkt sozusagen vom regionalen Bauern sich sein Gemüse und Obst kauft,
00:22:42: dann ist es wirklich billiger für eine vierköpfige Familie, als wenn man das im Supermarkt tut.
00:22:47: Ist ja manchmal so ein gängiges Vorurteil.
00:22:50: Und dann nimmt man jede Woche die gleiche Eierpackung mit
00:22:53: und nimmt jede Woche die drei gleichen Beutel mit und solche Dinge.
00:22:56: Ich meine, heute hört sich das teilweise total komisch an.
00:22:58: Ich hab neulich im Nationalrat eine Abgeordnete völlig entrüstet sagen hören,
00:23:04: man könne den Menschen doch nicht zumuten, ihre Flaschen zurück zum Supermarkt zu bringen.
00:23:08: Wo kämen wir denn da hin?
00:23:10: Aber letztlich, wenn ich mich so reden höre, wenn man mit unserer Oma oder unserem Opa darüber geredet haben,
00:23:15: wie die denn so einkaufen waren...
00:23:18: Ich glaube, dass beides nicht so wahnsinnig unterschiedlich ist.
00:23:20: Also es ist ein bisschen Rückbesinnung auch.
00:23:23: Auf was, was wir als Kinder wahrscheinlich noch als völlig normal erlebt haben.
00:23:28: Die letzten paar Jahre haben so ein bisschen so eine Entfesselung im Konsum gebracht,
00:23:32: wenn man mal nachdenkt, die so einfach nicht haltbar ist.
00:23:38: Ich komme jetzt trotzdem auf diese Nationalratsabgeordnete zurück, die gesagt hat:
00:23:41: Das ist den Menschen nicht zumutbar. Ich finde das ganz toll.
00:23:44: Der Ulrich sitzt hier zwischen uns und muss eine Münze werfen.
00:23:49: Du bist eine radikale Optimistin und sagst:
00:23:51: Es ist eine Freiheit, die mich von diesem Konsumwahnsinn befreit.
00:23:54: Ich nehme jetzt die andere Rolle ein und sage:
00:23:56: Ja, es ist eine Freiheit von Dingen, die für mich unheimlichen Komfort bedeuten.
00:24:01: Ich kann nach Amerika fliegen, ich darf es tun.
00:24:04: Ulrich, wer von uns beiden hat recht?
00:24:06: Mein Bild der Zukunft ist eines, dass wir tatsächlich ein wenig der Entfesselung,
00:24:10: von der Henriette gesprochen hat, zurückfahren. Vieles ist nicht notwendig.
00:24:14: Kleider, die wir drei Wochen brauchen, weil sie nur 9,99 Euro kosten und dann wegwerfen.
00:24:20: Ich glaube, solche Dinge, die werden wir tatsächlich zurückfahren und sinnvollerweise zurückfahren.
00:24:25: Aber ich glaube auch, dass die neue erneuerbare Welt und klimaneutrale Welt keine Verzichtswelt sein wird.
00:24:32: Weil wir werden Technologien finden. Und ich bin überzeugt, wir werden es schaffen,
00:24:36: Flugzeuge zu bauen, die CO2 neutral über den Atlantik fliegen.
00:24:39: Und wir werden Technologien haben, wie wir unsere Gebäude beheizen, die CO2 neutral sind.
00:24:44: Ich glaube, dass das alles kommen wird.
00:24:47: Und insofern ist es eine Kombination der Dinge.
00:24:49: Es ist ein großer technologischer Fortschritt, den wir schaffen werden.
00:24:54: Aber es ist auch ein Stück Rückbesinnen auf Vernunft, auf Normalsein.
00:25:00: Also diese Wegwerfgesellschaft, wo wir alles nur noch kurz benutzen,
00:25:04: weg, nichts mehr zu reparieren ist, wird weggeschmissen.
00:25:07: Ich glaube, die wird sich tatsächlich zurückbilden und es wird wieder dahin gehen,
00:25:11: wo wir vernünftiger mit den Ressourcen des Planeten umgehen.
00:25:15: Denn auch die sind endlich. Wir haben ja nur über CO2 gesprochen.
00:25:19: Aber wir müssen ja insgesamt die Ressourcen dieses Planeten schützen, bewahren und im Maße einsetzen.
00:25:27: Und insofern ist es eine Kombination aus euch beiden.
00:25:30: Sehr, sehr optimistisch, glaube ich, und deine Zweifel, die kann ich gut verstehen,
00:25:35: die haben den Menschen. Wird es eben eine ganz schreckliche Verzichtwelt sein?
00:25:38: Nein, das wird es nicht sein. Ich glaube, das wird eine gute Welt sein mit Vernunft und Maß.
00:25:43: Und ich will ja auch nach Amerika fliegen.
00:25:47: Ich spiele jetzt trotzdem noch einmal weiter den Jean Provocateur und sag:
00:25:50: Was auch sehr viele Menschen da draußen, wie es immer so schön heißt, sagen ist:
00:25:55: Ja, ihr seid alle Auguren oder Propheten der Apokalypse.
00:26:00: Es wird schon nicht so schlimm werden. Es ist ja nicht heiß. Es ist ja kalt sogar.
00:26:05: Wo ist der Klimawandel? Ich leugne den Klimawandel nicht,
00:26:07: aber so schlimm wie alles sagen, wird es doch schon nicht werden.
00:26:12: Das ist ja auch ein sehr, sehr gängiges Ding.
00:26:14: Gerade bei Corona gibt es ja die Coronaleugner, aber auch Leute, die sagen: Naja, eine Grippe halt.
00:26:20: Wie geht man damit um, mit dieser Skepsis, mit dem Pessimismus,
00:26:25: der grad uns Wienern auch irgendwie in der DNA drin ist.
00:26:28: Und auch der Renitenz: Naja, eh schon wurscht.
00:26:31: Ja, man kann ja auch gerne. Die Berliner haben das ja auch an sich, gar kein Thema.
00:26:36: Ich meine, gerade jetzt. Wir sitzen hier draußen und frieren
00:26:39: und sehen, dass da einfach Menschen sterben.
00:26:43: Da sagen Menschen, das ist vielleicht nur eine Grippe, aber da sterben hunderttausende Menschen.
00:26:50: Und ein sehr lieber Kollege von mir hat zu diesem ganzen Thema Klimakrise mal gesagt:
00:26:55: Der Fichte ist es ja wurscht, ob sie irgendwie stirbt oder nicht.
00:26:58: Das würden jetzt unsere Ökologen überhaupt nicht goutieren, dass ich dieses Beispiel bringe.
00:27:02: Aber ich sage es mal trotzdem. Der Fichte ist es ja wurscht.
00:27:05: Die Frage ist, ob unsere Wirtschafts- und Sozialsysteme damit klarkommen, was da passiert.
00:27:11: Wir können uns an alles Mögliche anpassen.
00:27:13: Also gibt's ja super Apokalypse Filme,
00:27:16: wo dann halt nur noch ein paar Menschen irgendwo unter der Erde leben oder so.
00:27:19: So schlimm muss es sowieso nicht kommen.
00:27:21: Aber letztlich ist die Frage: Halten das unsere Sozial- und Wirtschaftssysteme aus,
00:27:26: so wie sie gerade funktionieren?
00:27:28: Und wenn wir sehen, durch die Klimakrise haben wir Schäden
00:27:32: im Ausmaß von 20 Milliarden Euro pro Jahr mittlerweile.
00:27:37: Dann kann man das natürlich jetzt langsam mal aufwiegen.
00:27:39: Was ist letztlich billiger für uns als Gesellschaft?
00:27:43: Wir investieren uns rein in eine Zukunft, die mit erneuerbarer Energie arbeitet.
00:27:50: Wir sind nachhaltig mobil, wir haben eine erneuerbare Industrie und so weiter und so fort.
00:27:54: Wir investieren uns letztlich rein in diese Richtung, was ja auch Arbeitsplätze bringt,
00:27:58: was Lebensqualität bringt und so weiter und so fort.
00:28:01: Oder wir sagen: Auch, ist uns jetzt irgendwie zu kompliziert und alles irgendwie schwierig.
00:28:06: Machen wir lieber nüscht. Wird schon nicht so warm werden.
00:28:09: Und kommen dann letztlich einfach mit diesen Folgen nicht klar als Gesellschaft.
00:28:13: Es ist ja ähnlich wie bei Pensionssystemen, Gesundheitssystemen und so weiter und so fort.
00:28:18: Da ist einfach eine Art rationale Wahl, die wir treffen können als Gesellschaft.
00:28:23: Und das verlange ich natürlich schon von Politikerinnen und Politikern.
00:28:27: Und wir beraten da auch mit Verve, diese Wahl tatsächlich rational im Sinne der Menschheit zu treffen.
00:28:34: Ulrich, die Frage an dich: Du hast vorher gesagt, du bist überzeugt,
00:28:39: dass die technischen Methoden kommen werden, dass wir wieder nach Amerika fliegen, beamen, was auch immer können.
00:28:44: Dass alles gut wird. Woher nehmt ihr beide diese Zuversicht?
00:28:50: Helft mir, auch Optimist zu sein.
00:28:53: Bei mir ist das Glas halb leer,
00:28:57: Ihr beide strahlt mich an und sagt: Nein, wir schaffen das.
00:29:01: Erkläre mir, woher kommt dieser Optimismus? Erklärt mir das bitte, beide.
00:29:07: Also man kann vielleicht ein Beispiel machen.
00:29:10: Als die industrielle Revolution begonnen hat,
00:29:13: haben die Menschen vor allem Holz verwendet, um die Prozesse zu befeuern.
00:29:18: Dann war irgendwann das Holz weg. Dann haben sie nach Kohle gegraben.
00:29:24: Also den nächsten technischen Evolutionsschritt gemacht sozusagen.
00:29:28: Dann waren irgendwann die Häuser schwarz von der Kohle. Es war auch keine Lösung.
00:29:33: Und dann haben sie irgendwann tiefer gegraben und sind auf Öl gestoßen.
00:29:36: Und mit diesem Öl haben wir dann das 20. Jahrhundert befeuert und unsere Prozesse getrieben.
00:29:41: Und wir wissen, das ist zu Ende.
00:29:43: Und genauso wie diese Kette gegangen ist, wird es einen nächsten Schritt geben.
00:29:48: Und dieser nächste Schritt wird nicht fossil sein.
00:29:50: Der wird einer sein, der auf Technologien basiert, die unser Klima und unsere Umwelt schützen.
00:29:57: Und diese Technologien gibt es ja schon.
00:30:00: Die sind nur zum Teil noch relativ teuer. Die sind technisch aufwendig.
00:30:05: Und nachdem wir ja die alte Welt nicht fortsetzen können,
00:30:08: es ist ja völlig klar, wird eine neue Welt kommen.
00:30:11: Wie die Ingenieure immer sagen: Naja, wenn man es noch nicht haben, dann erfinden wir es eben.
00:30:15: Und die werden das erfinden. Und der Druck ist so groß.
00:30:18: Das was die Henriette gesagt hat vorher, dass unsere Gesellschaftssysteme,
00:30:22: unsere Sozialsysteme und auch unser Wirtschaftssystem, das nicht aushält, das ist genau das Thema.
00:30:26: Wir werden es nicht aushalten, wenn sich die Erde so erwärmt,
00:30:30: dass man in manchen Regionen dieser Erde nicht mehr leben kann.
00:30:33: Dann haben wir Migrationsströme. Wir verlieren Ackerflächen.
00:30:39: Wir können keine landwirtschaftliche Erzeugung mehr in diesem Maße fortsetzen.
00:30:44: Da gibt es so große Verwerfungen, dass das etwas ist, was ja nicht sein kann.
00:30:50: Und dann sind Menschen immer erfinderisch und immer innovativ.
00:30:53: Und deswegen werden wir als Menschheit auch für diese Thematik wieder eine gute Lösung finden.
00:30:58: Also ich bin da sehr optimistisch. Aber es ist ein harter und vielleicht noch
00:31:02: ein paar Jahre, Jahrzehnte andauernde Weg, bis man wirklich da sind.
00:31:05: Haben wir die Zeit noch, die paar Jahrzehnte?
00:31:08: Nein, die haben wir tatsächlich nicht mehr.
00:31:10: Und das ist wirklich die große Herausforderung.
00:31:12: Weil letztlich hat diese ganze Thematik diese unterschiedlichen Dimensionen.
00:31:17: Die technologische, haben wir drüber gesprochen, das wird alles irgendwie hinhauen.
00:31:21: Eine wirtschaftliche. Können wir volkswirtschaftlich die Anreize so setzen,
00:31:26: dass es irgendwie funktioniert? Können wir in Wirklichkeit auch. Wissen wir auch, wie das geht.
00:31:30: Und dann gibt es noch die institutionelle und die kulturelle letztlich.
00:31:33: Schaffen wir das als Menschen? Haben wir sozusagen diese positive Energie, da reinzugehen,
00:31:39: in dieses gesellschaftliche Gespräch zu gehen mit Mut und Zuversicht, die es wirklich braucht,
00:31:44: um doch sehr, sehr schnell - wir reden wirklich eigentlich von den nächsten 4 bis 7 Jahren,
00:31:50: wir reden von dieser Legislaturperiode dieser Bundesregierung - hier was zu tun.
00:31:55: Also nein, wir haben tatsächlich nicht mehr die Zeit,
00:31:57: da jetzt uns ganz ewig lang noch den Kopf darüber zu zerbrechen.
00:32:00: Ich finde deine Frage nach dem “Woher nehmt ihr den Optimismus?”
00:32:05: und eigentlich ist das total zach und nervt mich irgendwie auch, diese ganze, komische Gutmenschen Debatte,
00:32:13: die finde ich total wichtig. Weil das ist genau der Punkt, den ich vorher gesagt habe,
00:32:17: den man halt so ernst nehmen muss.
00:32:19: Weil vielleicht sind 3 Prozent unserer Gesellschaft - und Uli und ich gehören offenbar dazu -
00:32:25: so ein bisschen diese Umwelt- und Klimabewegten, die das alles super finden und großartig.
00:32:29: Und die anderen 97 Prozent müssen aber letztlich auch alle.
00:32:33: Und mir ist dann lieber, wir schaffen es mit kleinen inperfekten Schritten in die richtige Richtung.
00:32:37: Es muss nicht jeder irgendwie alles in seinem Leben durchperfektionieren.
00:32:42: Wir schaffen es mit kleinen inperfekten Schritten in die richtige Richtung,
00:32:45: als drei Prozent der Leute denken 20 Jahre lang drüber nach, was jetzt die perfekte Innovation sein könnte.
00:32:51: Dann hab ich zum Schluss jetzt noch eine ganz direkte Frage.
00:32:56: Nicht in drei Jahren, in 30 Jahren, sondern vielleicht in drei oder vier Minuten
00:33:00: für unsere ZuseherInnen, Zuhörer, Zuhörerinnen.
00:33:03: Wir nennen es immer Tipp am Freitag.
00:33:06: So zwei kleine Hinweise, wie man durch marginale Änderungen des eigenen Verhaltens
00:33:12: doch einen Impact auf sein und anderer Menschen Leben haben kann.
00:33:16: Was wäre denn dein Tipp am Freitag?
00:33:20: Mein Tipp am Freitag - marginale Änderung: Einkaufen.
00:33:25: Kauft einfach jetzt keine Erdbeeren. Kauft einfach jetzt keine Heidelbeeren ein.
00:33:30: Achtet einfach ein bisschen drauf. Was wächst denn jetzt da draußen? Und was kann ich kaufen?
00:33:35: Tut es vielleicht sogar auf dem Markt, wenn ihr einen in der Nähe habt
00:33:37: - hat nicht jeder in der Nähe. Gibt aber auch ein Kist’l zu bestellen.
00:33:42: Das ist etwas, was relativ einfaches, wo man ein bisschen ändern kann und schon viel Gutes tut.
00:33:48: Dann bedanke ich mich bei euch beiden für euren hemmungslosen Optimismus.
00:33:54: Hoffe, dass ihr infektiös seid auf dieser Ebene für mich.
00:33:58: Dass ich es vielleicht auch lerne, so optimistisch in eine Zukunft,
00:34:02: die wir alle hoffentlich haben, zu sehen.
00:34:05: Dass auch ihr diesen Optimismus von den beiden hier übernehmt.
00:34:10: Ich bedanke mich, dass ihr beide hier mit mir in der Arena gesessen, geplaudert und gefroren habt.
00:34:16: Und bedanke mich auch, dass ihr wieder dabei wart.
00:34:19: Das war Freitag in der Arena. Der Talk der oekostrom AG.
00:34:23: Bis zum nächsten Mal. Danke. Ciao. Baba.