Freitag in der Arena - der oekostrom AG-Talk

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00:00:07: Herzlich willkommen in der Wiener Arena.

00:00:10: Es ist wieder einmal Freitag und Freitag in der Arena,

00:00:14: das ist der Talk der oekostrom AG, in der Ulrich Streibl und ich

00:00:20: über Klima, Klimarettung und nachhaltige Energiepolitik plaudern.

00:00:25: Hallo Ulrich, schön, dass du, wir wieder hier sind.

00:00:28: Aber es geht ja nicht um uns heute, oder?

00:00:41: Hallo Tom.

00:00:31: Ja, es geht um den Leo Zirwes,

00:00:33: einen sehr engagierten jungen Menschen,

00:00:35: der sich bei Fridays for Future engagiert.

00:00:38: Der sich sehr stark in der Anti-Atom-Bewegung engagiert.

00:00:41: Und mit dem wollen wir heute mal sprechen und schauen,

00:00:45: was du uns zu erzählen hast über dein Engagement.

00:00:47: Also erstmal willkommen hier.

00:00:49: Mein Name ist Leo Zirwes. Ich bin Klimaaktivist.

00:00:52: Seit Anfang 2019 engagiere ich mich bei Fridays for Future.

00:00:56: Ich setze mich für Klimapolitik in Übereinstimmung mit dem Pariser Klimaabkommen ein.

00:01:01: Die Klimakrise muss öffentlich als Aufgabe höchster Priorität anerkannt werden.

00:01:05: Dafür sind wir freitags laut.

00:01:08: Leo, du bist an vorderster Front bei Fridays for Future engagiert.

00:01:12: Erzähl uns ein bisschen was drüber.

00:01:13: Wie bist du als junger Mensch dazugekommen? Was tust du da?

00:01:18: Erzähl uns einfach: Wie ist Fridays for Future live,

00:01:20: wenn man in der Organisation dabei ist.

00:01:22: Das ist eigentlich ganz spannend, wie ich zu Fridays for Future gekommen bin.

00:01:25: Ich habe im Februar 2019 mein einwöchiges Praktikum in einem Wiener Krankenhaus gemacht.

00:01:31: Und ich wusste da, dass es Fridays for Future gibt.

00:01:34: Und am Freitag hatte ich früher aus.

00:01:36: Und ich habe das mit einem Freund gemacht und wir waren so:

00:01:38: Ja. Warum gehen wir nicht mal zu einer Demo am Heldenplatz?

00:01:41: Und ja, ich bin dann da das erste Mal hingegangen

00:01:45: und ich war total begeistert davon, wie sich das anfühlt

00:01:48: und was es da für eine Atmosphäre gibt.

00:01:50: Und bin dann sehr schnell in die Organisationsstruktur von Fridays for Future reingerutscht.

00:01:55: Und habe dann damit begonnen, die Demos in Wien zu organisieren

00:01:59: und zu planen und habe dann Stück für Stück verschiedene andere Tätigkeitsfelder ausprobiert.

00:02:06: Ich habe dann mal Pressearbeit gemacht

00:02:09: und dann hab ich den Newsletter geschrieben

00:02:11: und hab da sehr viele verschiedene Felder ausprobiert.

00:02:14: Ihr ward ja unglaublich erfolgreich mit den Demonstrationen,

00:02:18: eigentlich in ganz Österreich - in Wien, glaube ich, 30 000 einmal.

00:02:23: Ich war selbst dabei mit meinem Sohn, der ist jetzt 13 -

00:02:26: der natürlich hingehen wollte. Aber wir sind beide keine erfahrenen Demonstrationsgänger,

00:02:32: deswegen sind wir beide sehr nervös dahin marschiert.

00:02:34: Aber was ich so toll fand an den Demonstrationen, ist,

00:02:36: dass es eigentlich so eine bunte Mischung von verschiedenen Menschen ist,

00:02:41: auch von verschiedenen Generationen.

00:02:43: Weil natürlich verbindet man Fridays for Future mit den Jungen.

00:02:46: Aber ihr habt uns ja sehr viel mitgenommen.

00:02:51: Empfindest du das als was Positives, dass so eine breite Gesellschaftsbewegung entstanden ist?

00:02:56: Oder hättest du das lieber gerne für euch Jungen reserviert gehalten?

00:02:59: Ich finde es ganz wichtig, dass die Bewegung so breit ist.

00:03:02: Wenn man jetzt nur ein Thema für die Jungen draus machen würde,

00:03:05: hätte das glaube ich nicht diesen politischen Impact,

00:03:08: den es hier in Österreich gegeben hat.

00:03:09: Also das finde ich total wichtig und total wertvoll.

00:03:12: Wie geht es euch denn jetzt? Weil jetzt sind wir ja im März 2021.

00:03:16: Jetzt haben wir de facto ziemlich genau ein Jahr Corona mit allen möglichen Lockdowns.

00:03:21: Da ist es ja dann doch ein bisschen schwieriger,

00:03:23: die Leute auf die Straße zu bringen.

00:03:25: Geht ja zum Teil gar nicht. Wie tut ihr im Moment?

00:03:27: Derzeit fokussieren wir uns sehr viel auf Bewusstseinsbildung.

00:03:30: Das heißt, wir schauen, dass wir über Social Media arbeiten,

00:03:32: dass wir über Presseartikel, über Interviews oder Podcast wie hier arbeiten

00:03:37: und so Bewusstsein schaffen und uns jetzt darauf vorbereiten,

00:03:41: wie es dann weitergeht, wenn die Corona-Pandemie sich dann wieder gemäßigt hat

00:03:46: und wenn wir wieder wirklich demonstrieren können.

00:03:48: Also das funktioniert jetzt natürlich nicht und wäre auch total sinnfrei,

00:03:52: jetzt zwei Krisen gegeneinander auszuspielen sozusagen.

00:03:55: Wir haben hier eine Gesundheitskrise, da die Klimakrise

00:03:57: und wir spielen das gegeneinander aus.

00:03:59: Das würde keinen Sinn machen.

00:04:00: Also müssen wir uns jetzt darauf fokussieren:

00:04:02: Wie geht es dann weiter, wenn die Impfungen wirken

00:04:05: und wenn sich das Ganze wieder beruhigt hat?

00:04:08: Aber ich höre da raus, es geht kräftig weiter.

00:04:10: Es geht kräftig weiter.

00:04:11: Und wir haben jetzt vor kurzem eine neue Onboarding Kampagne gestartet

00:04:14: und wir hatten über 100 neue interessierte Menschen,

00:04:18: die wir jetzt in unserer Organisationsstruktur einbauen

00:04:21: und auch effektiv schauen, wie geht es jetzt im Sommer weiter für uns.

00:04:25: Und das ist etwas, das sehe ich nicht nur in Österreich.

00:04:27: Das passiert in allen Fridays for Future Gruppen in Europa und das freut mich wirklich.

00:04:32: Was für mich, bevor wir in die Zukunft schauen, schon noch interessant ist:

00:04:36: Du bist als Schüler zu den Fridays gekommen.

00:04:40: Da war ich schon irgendwie begeistert, wenn ich es geschafft habe,

00:04:43: zu einem Fußballmatch irgendwie drei Leute zusammenzubringen.

00:04:45: Dann bist du für die Demos verantwortlich gewesen.

00:04:48: Wie geht man damit um, dass man quasi in einem so jungen Alter

00:04:52: auf einmal da ganz vorne steht, wenn da 20-30000 Menschen hinter einem herdackeln.

00:04:59: Sag ich jetzt mal ein bisschen respektlos.

00:05:01: Wie ist das emotional? Was ist das für ein Push? Was ist das für ein Gefühl?

00:05:04: Und wie gehst du auch mit dieser Verantwortung um?

00:05:07: Das war für mich sehr emotional.

00:05:08: Ich war nämlich bei den Großdemos - einerseits im Mai und im September 2019 -

00:05:13: war ich tatsächlich mit Megafon vorne in der Demospitze.

00:05:17: Verantwortung? Ja, insofern, als da natürlich viele Menschen da sind

00:05:21: und man schauen muss, wie plant man das -

00:05:23: wie plant man das auch für medizinische Notfälle, wenn da jemand zusammenbricht.

00:05:26: Das gab's nämlich auch.

00:05:28: Aber das freut mich einerseits,

00:05:30: dass so viele Menschen ein Bewusstsein und ein Gespür für dieses Thema haben.

00:05:34: Aber zum anderen ist es natürlich auch sehr notwendig, dass da demonstriert wird.

00:05:39: Also da ist sehr viel Freude.

00:05:42: Aber reflektieren oder reflektiert habe ich das im Normalfall dann immer erst am Abend danach,

00:05:46: was da eigentlich abgelaufen ist und wie viele schöne und auch emotionale Augenblick es da gab.

00:05:51: Aber dieses Gefühl:

00:05:53: Der Schuh ist mir jetzt fünf Nummern zu groß, den ich mir da gerade anziehe.

00:05:55: Hattest du das nie? Das wäre so mein...

00:05:57: das wäre auch heute, wo ich 52 bin, denke ich mir:

00:06:01: So viel Menschen...das ist mir einfach zu groß.

00:06:04: Du gehst hin: Ach, ich bin 18 Jahre alt. Das mache ich jetzt einfach. Oder?

00:06:07: Ja. Also das klingt vielleicht unreflektiert,

00:06:09: aber ich hab mir da nie so die Gedanken drüber gemacht.

00:06:12: Ich hab das gemacht, was ich für richtig empfunden habe.

00:06:14: Das, was mir Freude gemacht hat. Und das hat dann sehr gut funktioniert.

00:06:18: Du hast nie Schule geschwänzt vorher?

00:06:19: Nein, nie. Das war tatsächlich das erste Mal mit Fridays.

00:06:22: Also nicht einmal diese Routine war bei dir.

00:06:24: Nein, überhaupt nicht.

00:06:25: Ich war ein total braver Schüler, der alles gemacht hat,

00:06:28: was in der Schule an Aufgaben angestanden hat.

00:06:32: Und warum war Fridays for Future genau dieses Ding, das dich dann getriggert hat?

00:06:36: Was war der inhaltliche Kick, der gesagt hat:

00:06:40: Okay, ich muss da jetzt etwas tun.

00:06:42: Das war einerseits sicher das Klimathema.

00:06:45: Und zum anderen war es sicher diese Dynamik,

00:06:47: dass da sehr viele junge Menschen sind, dass viele junge Menschen ein politisches Thema haben,

00:06:51: das sie interessiert, das sie brennend betrifft.

00:06:54: Und das war dann diese Dynamik, die dazu geführt hat,

00:06:56: dass ich da das erste Mal zum Heldenplatz gegangen bin.

00:06:59: Jetzt haben wir vorher schon mal drüber geredet, dass ihr es ja geschafft habt,

00:07:03: doch viele Menschen mitzunehmen, verschiedenste Herkünfte,

00:07:06: verschiedenste Professionen, verschiedenste Altersgruppen.

00:07:11: Jetzt stellt ihr ja Forderungen. Ihr sagt: Es muss was passieren.

00:07:16: Jetzt bin ich in einem Alter,

00:07:18: wo wir eher die Möglichkeiten haben, was zu gestalten.

00:07:21: Was genau würdest du uns raten?

00:07:24: Meiner Generation, denjenigen, die vielleicht schon ein bisschen mehr Einfluss haben

00:07:28: auf Wirtschaft und vielleicht Politik?

00:07:30: Was genau müssen wir tun? Was ist euer Anliegen?

00:07:33: Was natürlich für Fridays for Future ein Hauptanliegen ist,

00:07:35: dass man in politischen und wirtschaftlichen Prozessen

00:07:38: ein stärkeres Bewusstsein für wissenschaftliche Themen hat.

00:07:42: Dass da eine stärkere Einbindung stattfindet.

00:07:44: Ich meine, ich bin jetzt 19, ich studiere.

00:07:48: Ich habe de facto keine wissenschaftliche Expertise in diesen Feldern,

00:07:51: das bilde ich mir auch nicht ein.

00:07:53: Was ich aber für wichtig empfinde, ist,

00:07:56: dass man eine stärkere Verbindung zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik herstellt

00:08:00: und auf Klimafragen die wissenschaftlich richtigen Antworten findet.

00:08:05: Was studierst du eigentlich?

00:08:06: Ich studiere Rechtswissenschaften.

00:08:08: Also gar nichts, das irgendwie mit Klima zu tun hat, in dem Sinne.

00:08:11: Aus welchen Beweggründen? Ich frage jetzt einfach.

00:08:13: Weil du schaust nicht aus wie der typische Jus-Student.

00:08:17: Das höre ich tatsächlich oft. Ja, das war eine Bauchentscheidung.

00:08:22: Also ich habe gemerkt, das ist etwas, das mich einerseits interessiert.

00:08:26: Mich interessiert Umweltrecht, mich interessiert Völkerrecht.

00:08:28: Mich interessieren diese großen Fragen, wie auch im Aktivismus.

00:08:31: Und ich habe mir gedacht, ich schau mir das an.

00:08:34: Und jetzt merke ich so am Ende des ersten Semesters, das ist das.

00:08:38: Und da möchte ich bleiben.

00:08:39: Es gab da in der Wiener Zeitung einen Tagebuch Artikel von dir,

00:08:45: in dem du auch ein bisschen drüber erzählst, wie dieses letzte Schuljahr,

00:08:49: das Fridays for Future Jahr, aber auch das Corona Jahr für dich abgelaufen ist.

00:08:53: Und da kommt für mich ganz am Schluss ein ganz zentraler Satz.

00:08:58: Und jetzt? Was will ich studieren? Und warum? Verdammt. Warum?

00:09:02: Was hat Sinn und was lockt mich?

00:09:05: Ist Jus da die Antwort drauf.

00:09:07: Oder ist die Arbeit am Klima, die Arbeit mit den Fridays die Antwort drauf?

00:09:13: Ich glaube, das ist eine Antwort, die sich aus beiden Teilen zusammensetzt.

00:09:16: Also ich hab das geschrieben, das war irgendwann ganz frühmorgens.

00:09:20: Ich konnte irgendwie nicht schlafen und ich war in diesem Modus:

00:09:23: Was mache ich jetzt? Ich hab meine Schulausbildung abgeschlossen.

00:09:26: Was mache ich jetzt? Und da hab ich lange nachgedacht.

00:09:30: Ich hab mir die ganzen Curricula angesehen von verschiedenen Studiengängen.

00:09:33: Und ich habe gemerkt, Jus ist etwas,

00:09:36: da sehe ich zum einen eine Chance für meinen Aktivismus, den ich betreibe

00:09:39: und zum anderen auch einen Sinn für mich in einer etwas weiteren Perspektive.

00:09:44: Und so ist es dann zustande gekommen,

00:09:46: dass ich mich für das Jus-Studium eingeschrieben habe.

00:09:49: Ulrich. Du hast ja auch Kinder. Ich hab keine.

00:09:53: Ist der Leo so der typische Repräsentant der sogenannten heutigen Jugend.

00:09:59: Er ist zumindest einer, der glaub ich, auch meinen Kindern Vorbild ist.

00:10:04: Das Engagement – das ist einfach Wahnsinn.

00:10:07: Weil der Leo - und ich kenne ja jetzt auch viele deiner Kollegen und Kolleginnen

00:10:11: im Organisationsteam von Fridays for Future -

00:10:14: das sind schon Menschen, junge Menschen, die was tun.

00:10:17: Und das finde ich großartig.

00:10:19: Und meine Kinder finden es ebenfalls großartig, weil die eben sehen,

00:10:22: es passiert nur etwas, wenn irgendjemand aufsteht und sagt:

00:10:25: Ich pack‘s halt an.

00:10:26: Und deswegen ist es toll, was Leo und seine Kolleginnen und Kollegen da machen.

00:10:31: Und ja, das ist Inspiration. Ist Vorbild.

00:10:36: Nicht nur für meine Kinder. Es ist auch Inspiration für mich.

00:10:39: Ich finde es unglaublich, was da passiert ist

00:10:41: in den letzten 2 Jahren, 3 Jahren mit der Klima- und Umweltbewegung.

00:10:45: Die ist ganz stark getrieben durch euch, durch euch Junge,

00:10:50: die auch Dynamik hineingebracht haben.

00:10:52: Und ganz ehrlich uns etwas Älteren vielleicht einmal in den Hintern getreten haben

00:10:56: und gesagt haben: So. Wir wissen es alle. Jetzt tun wir endlich was da drüber.

00:11:00: Weil wissen tun wir es schon lange. Aber die Dynamik, etwas zu tun, war nicht da.

00:11:04: Und die ist jetzt da und die kommt. Und ich spüre es überall.

00:11:08: Ob in der Diskussion jetzt mit dem Leo und Jüngeren

00:11:12: oder auch in der Diskussion mit Kolleginnen und Kollegen in der Wirtschaft,

00:11:15: die vielleicht eher in meiner Alterskategorie sind.

00:11:18: Da passiert richtig, richtig viel.

00:11:21: Also das ist schon ein Zeitpunkt, wo etwas kippt.

00:11:26: Also ich glaube, dass diese Transition von der vorherigen fossil geprägten Welt

00:11:32: zu einer erneuerbaren Welt jetzt einfach mit einer unglaublichen Dynamik

00:11:35: und so richtig wie so eine Welle startet und Kraft kriegt.

00:11:40: Wie ist denn das jetzt quasi:

00:11:42: die alten Silberrücken, die Generation, die es eigentlich verbockt hat.

00:11:48: Du diskutierst mit uns.

00:11:50: Aber ist da nicht ab und zu auch eine gewisse Wut

00:11:52: gegenüber der älteren Generation, gegen Menschen in unserem Alter,

00:11:57: weil wir es nicht geschafft haben, das zu machen, was ihr jetzt aufräumen müsst?

00:12:02: Ich halte es für ganz falsch, stets zu schauen,

00:12:04: dass man da irgendwie eine Schuld-Debatte aus der Klimafrage macht

00:12:08: und da versucht zu polarisieren.

00:12:09: Das würde sicherlich die Dynamik des Wandels und dessen,

00:12:13: dass man Prozesse möglichst klimafreundlich gestaltet, nur schaden.

00:12:17: Es gab gewisse systemische Probleme, die dazu geführt haben,

00:12:21: dass sehr, sehr viele Treibhausgase ausgestoßen wurden.

00:12:25: Aber ich denke, das muss man separieren.

00:12:27: Und man muss sagen, es passiert viel.

00:12:28: Es gibt eine Bewegung in die richtige Richtung.

00:12:33: Und das ist es dann auch.

00:12:34: Also da jetzt irgendwie Vergangenes aufzumachen,

00:12:38: halte ich eher für problematisch und schädigend.

00:12:40: Die systemischen Probleme oder Hindernisse, die gibt's übrigens immer noch.

00:12:45: Also bei aller Dynamik, über die wir sprechen und über die ich mich ja auch so freue.

00:12:50: Es gibt tatsächlich systemische Probleme.

00:12:53: Also man muss immer wieder nur sich anhören,

00:12:55: welche Meldungen da von sehr führenden Politikvertretern kommen,

00:12:59: auch von Wirtschaftsvertretern, gerade von den Wirtschaftsverbänden.

00:13:03: Wo ich schon der Meinung bin: Die haben den Schuss noch nicht gehört.

00:13:07: Wie gewinnen wir auch die? Wie kommen wir da drüber,

00:13:09: dass die uns nicht blockieren in dem Vorwärts-Marschieren?

00:13:13: Ich denke, da kommt man weiter, indem man Bewusstsein schafft,

00:13:17: indem man dieses Thema noch mehr Leuten näher bringt

00:13:22: und vielleicht auch Menschen, die Klima- und Umweltthemen bisher nicht beschäftigt haben.

00:13:26: Also ich glaube, Klimaaktivismus muss sich jetzt darauf fokussieren,

00:13:31: dass man auch diese Menschen anspricht,

00:13:32: die bisher noch kein Bewusstsein für das Thema haben.

00:13:35: Und ich denke, umso breiter dieses Thema auch in der Gesellschaft diskutiert wird,

00:13:38: auf umso vielfältigere Lösungen kommt man

00:13:40: und auf umso vielfältigere politische Einsichten.

00:13:43: Wie schafft man es eigentlich, nicht nur ernst genommen zu werden,

00:13:48: sondern mit den Menschen umzugehen, die einen nicht ernst nehmen?

00:13:50: Bei Greta Thunberg wissen wir diese bekannten Statements

00:13:53: von irgendwie „eine verzogene Göre“ oder was auch immer.

00:13:56: Wo man einfach quasi die Botschaft über die Alterklippe stoßen möchte.

00:14:02: Ist dir auch so irgendwas passiert,

00:14:03: dass jemand dich einfach aufgrund deines Jungseins nicht ernst nimmt?

00:14:06: Ja ganz ganz oft.

00:14:08: Also ich habe in den letzten zwei Jahren alle möglichen Gesprächspartner gehabt.

00:14:13: Also von betrunkenen Menschen am Reumannplatz bis hin zu Menschen im Forum Alpbach.

00:14:20: Also da waren bei mir in den letzten zwei Jahren alle möglichen Personen

00:14:24: und Charaktere irgendwie in einem Gesprächsprozess verwickelt.

00:14:28: Da habe ich auch sehr viel negative Resonanz bekommen, oftmals wegen meinem Alter.

00:14:33: Aber ich weiß es nicht. Das passiert.

00:14:37: Aber ich glaube, da muss man drüberstehen.

00:14:40: Das ist so einfach?

00:14:41: Ulrich, hättest du das im Alter von nicht einmal 20 Jahren geschafft, zu sagen:

00:14:45: Da muss man halt drüber stehen, wenn man nicht ernst genommen wird.

00:14:47: Ich weiß es nicht.

00:14:50: Also ich finde, das ist ja genau das, was man braucht.

00:14:53: Nicht irritieren lassen, in die richtige Richtung marschieren, die Dinge tun und machen.

00:14:57: Das finde ich einfach cool, wenn es viele Leute gibt,

00:15:00: die das tun, ganz unabhängig von ihrem Alter,

00:15:04: die Jungen natürlich ganz vorne im Moment, auch unabhängig von den Professionen.

00:15:08: Wichtig ist, dass es viele gibt, die da mitmachen und den Karren nach vorne ziehen.

00:15:12: Jetzt will ich auf ein Thema kommen, nämlich deine vorwissenschaftliche Arbeit,

00:15:17: die du gemacht hast zur Matura.

00:15:20: Da hast du über das Atomthema geschrieben.

00:15:23: Vielleicht erklärst du uns ein bisschen was. Was hast du da gemacht?

00:15:27: Und was war der Beweggrund, ausgerechnet dieses Thema zu nehmen?

00:15:30: Ich habe mich für meine vorwissenschaftliche Arbeit

00:15:32: mit dem GAU von Tschernobyl und dem GAU von Fukushima auseinandergesetzt.

00:15:38: Das heißt, ich habe mir angeschaut,

00:15:39: was gab es da an physikalischen Prozessen, die da abgelaufen sind.

00:15:43: Und habe das dann gegenübergestellt und mir angesehen,

00:15:46: was lief da anders, was lief da besser, was lief schlechter bei diesen zwei Vorfällen?

00:15:52: Und habe dann ganz kurz nochmal diese ökologische Komponente umrissen.

00:15:57: Sehr cool.

00:15:58: Wir haben nämlich heute oder gestern den 11jährigen Jahrestag der Katastrophe von Fukushima.

00:16:04: Also es ist genau jetzt im März passiert, mit enormen Folgen.

00:16:10: Wie alt warst du damals, als es passiert ist?

00:16:13: Da war ich neun Jahre alt, zehn Jahre.

00:16:18: Okay. Also Ende Volksschule.

00:16:20: Ich war in der vierten Klasse Volksschule.

00:16:22: Ich war gerade krank. Ich hatte Scharlach. Da erinnere ich mich noch gut dran.

00:16:25: Und war da zu Hause und hab dann ab und an

00:16:30: immer irgendwie die Zeit im Bild oder die Tagesschau geschaut.

00:16:33: Und dann waren da natürlich überall Bilder von Fukushima.

00:16:36: Ich hab das damals ja nicht verstanden, wie ich es heute tue. Was ist da passiert?

00:16:40: Sondern wusste halt: Gut. Da gibt's so ein Kraftwerk. Da ist irgendetwas Giftiges.

00:16:44: Das sieht man nicht, das riecht man nicht, das schmeckt man nicht.

00:16:47: Und das ist ganz, ganz gefährlich und lange gefährlich.

00:16:50: Und ich… ja, diese Bilder von diesem rauchenden Reaktor und von diesen Menschen,

00:16:55: die da irgendwie panisch herumrennen in diesen komischen Schutzanzügen,

00:16:58: die haben sich bei mir sicher irgendwo festgesetzt.

00:17:02: Und dann gab's viele Jahre später, als ich überlegt habe,

00:17:06: was ich für eine vorwissenschaftliche Arbeit schreibe, einen ganz ähnlichen Augenblick.

00:17:09: Und zwar bin ich frühmorgens heimgekommen und hab mich auf die Couch gesetzt.

00:17:13: Und dann kamen irgendwann um zwei, drei Uhr früh bei ZDFneo Dokus über Tschernobyl.

00:17:19: Und da haben mich dann wieder diese Bilder so beeindruckt.

00:17:22: Da hab ich natürlich verstanden: Oh. Was ist da abgelaufen.

00:17:24: Dass ich mir gedacht habe, ich schreib jetzt eine vorwissenschaftliche Arbeit drüber.

00:17:28: Das ist echt spannend.

00:17:30: Jetzt habe ich so ein bisschen den Eindruck, als wären wir uns in Österreich ja alle einig,

00:17:33: dass wir die Atomkraft nicht wollen.

00:17:37: Und weil es auch bei uns keine gibt,

00:17:39: scheint mir das Thema manchmal gar nicht so präsent bei den Jungen.

00:17:43: Schätze ich das falsch ein? Oder wie erlebst du das?

00:17:46: Ganz sicher.

00:17:47: Ich denke, dass dieses Thema in Europa und in Österreich für junge Menschen kaum Relevanz hat,

00:17:55: weil Tschernobyl und Harrisburg 79 und 86, das ist nicht da im Gedächtnis.

00:18:04: Und Fukushima? Es ist zu früh.

00:18:08: Also es ist…da war man zu jung, das hat man nicht so mitbekommen.

00:18:11: Es wurde bei mir jedenfalls in der Schule eigentlich nicht behandelt. Natürlich, familiär schon.

00:18:17: Ich denke, dadurch hat das einfach keine Relevanz.

00:18:19: Wenn man schulisch und medial oft mitbekommt:

00:18:22: Ja, Atomenergie gibt es in Österreich nicht, ist kein Thema.

00:18:26: Was natürlich so nicht ganz stimmt.

00:18:29: Und ich glaube, dadurch gibt es einfach keine Sensibilisierung für das Thema.

00:18:33: Aber ist den Menschen aus deiner Sicht bewusst,

00:18:37: dass wir letztlich in diese Richtung hinter mir, gar nicht weit weg,

00:18:42: in Tschechien Atomkraftwerke stehen haben, deren Strom nach Österreich fließt,

00:18:46: der von Stromanbietern verkauft wird?

00:18:50: Entweder gleich als Atomstrom oder er wird halt umgebrandet über irgendwelche Zertifikate,

00:18:55: die da auf dem Weltmarkt zugekauft werden, dann wird der umgebrandet in grünen Strom.

00:19:00: Wissen die Menschen das?

00:19:03: Ich denke nicht.

00:19:04: Die Sache mit den RECS-Zertifikaten war mir bis vor wenigen Monaten auch nicht bekannt.

00:19:10: Ich glaube nicht, dass das in einem kollektiven Bewusstsein vorhanden ist.

00:19:14: Weil die Gefahr unterschätzt wird,

00:19:17: weil in diesen Kraftwerken lange nichts Massives passiert ist.

00:19:23: Wenn ich das so zynisch sagen darf.

00:19:26: Ja, und weil es in Österreich eben diese lange Geschichte davon gibt,

00:19:30: dass Atomstrom nicht existent ist.

00:19:33: Ich glaube, man verdrängt das einfach,

00:19:34: weil man es vielleicht zum Teil auch nicht sehen will,

00:19:36: dass diese Atomkraftwerke so nah an der österreichischen Grenze stehen.

00:19:40: Jetzt ist ja der neueste Schmäh der Atomlobby zu sagen:

00:19:45: Naja, Atom ist CO2 frei und deswegen ist es der Beitrag zur Rettung der Klimakrise.

00:19:49: Was sagst du dazu?

00:19:50: Ihr hattet da schon einen netten Podcast mit Global 2000 zu dieser Lieferkette des Urans.

00:19:56: Die ist alles, nur nicht CO2 frei.

00:19:59: Also da jetzt eine Renaissance der Atomenergie anzupeilen,

00:20:02: halte ich jedenfalls für falsch und völlig überzogen.

00:20:05: Ich unterbreche jetzt kurz, weil

00:20:07: hier sprechen zwei Bekehrte, eigentlich drei Bekehrte.

00:20:10: Aber ich sehe es doch auch als meinen Job, zu sagen:

00:20:13: Moment mal, da draußen sind sehr viele Menschen, die auf solche Propagandaarbeit doch ansprechen.

00:20:20: Das Narrativ: Österreich ist von der Atomkraft komplett unbefleckt.

00:20:24: Wir sind die Guten, wir sind die Sauberen, ist das eine.

00:20:27: Und das zweite ist einfach zu sagen:

00:20:29: Naja, Atomkraft. Da gibt's keine CO2 Emissionen. Ist doch eh super.

00:20:34: Wir brauchen es uns gegenseitig nicht zu erklären.

00:20:36: Aber wie bringt man diese Botschaft über die Rampe?

00:20:39: Gerade jemand wie du, der zig 1000 Menschen bewegen kann?

00:20:42: Wie kann man diese Geschichte so erzählen,

00:20:44: dass sie auch junge Menschen, alte Menschen so spüren,

00:20:47: wie sie auch die Fridays for Future, die ganz andere Klimadiskussion gespürt haben?

00:20:52: Es geht ja nicht nur ums Verstehen.

00:20:53: Das ist eine schwierige Frage, denke ich,

00:20:56: weil Aktivismus immer sehr flexibel ist und auf ganz vielfältige soziale Tendenzen eingehen muss.

00:21:02: Ich denke, wo man ansetzen müsste und auch ansetzen könnte, wäre,

00:21:05: dass man die Gefahren ganz klar aufzeigt.

00:21:07: Man sagt: Einerseits sind diese Kraftwerke steinalt im Vergleich zu vielen anderen,

00:21:11: sie sind extrem risikobehaftet. Es gibt unglaublich viele Störfälle in diesen Kraftwerken -

00:21:17: die kann man auch online sehr gut einsehen -

00:21:20: bei denen auch radioaktives Material teils freigesetzt wird.

00:21:24: Und dann muss man sagen, die stehen ganz nah an unserer Grenze und wir nutzen sie.

00:21:28: Wir profitieren von diesen Kraftwerken und wir unterstützen sie finanziell.

00:21:32: Und diese Verbindung muss man aufzeigen

00:21:35: und dann muss man darüber sprechen, ob man das will.

00:21:38: Ich glaube, das ist bei uns in der Runde sehr klar, wie die Entscheidung ausfällt.

00:21:42: Und dann muss man natürlich schauen, wie geht man damit um.

00:21:45: Das wäre jetzt ein Ansatz. Wie siehst du das, Ulrich?

00:21:48: Sehr ähnlich.

00:21:49: Also ich habe ja Tschernobyl schon sehr bewusst damals erlebt, Harrisburg weniger.

00:21:56: Vielleicht liegt es auch daran, dass Harrisburg und Fukushima so unglaublich weit weg sind.

00:22:00: Tschernobyl ist ja gerade mal ein bisschen weiter weg als Paris oder Rom.

00:22:03: Das ist ja überhaupt nicht weit. Muss man sie mal ins Bewusstsein rufen.

00:22:07: Und es war tatsächlich ja damals so, dass diese Atomwolken über Europa gezogen sind

00:22:13: und sehr stark damals Österreich betroffen haben.

00:22:16: Also ein Zug dieser Wolke ging ja sehr, sehr stark über Österreich hinweg.

00:22:20: Ich habe damals in Köln studiert, in Deutschland -

00:22:23: auch da gab es Wolken, die da drübergezogen sind.

00:22:26: Und das war dann ständig in den Medien, wieviel Becquerel da jetzt ankommen.

00:22:31: Und wir sind tatsächlich damals aufgefordert worden, alle Milch weg zu kippen,

00:22:35: weil die Kühe das Gras aufgenommen haben und dadurch die Radioaktivität in die Milch gelangt ist.

00:22:40: Und vor allem alle Pilze wegzuwerfen oder keine mehr zu essen.

00:22:43: Also das hat schon spürbar was verändert. Also da war das merkbar.

00:22:47: Bei Fukushima und Harrisburg war das ja nicht so,

00:22:49: weil die Wolken waren bei uns ja nicht.

00:22:50: Also ich hab das schon sehr stark erlebt.

00:22:53: Und ich glaube, dass in meiner Generation dieses Anti-Atom Thema sogar dadurch stärker verhaftet ist.

00:23:00: Zumindest hier. Also ich glaube, jeder der diese beiden Katastrophen,

00:23:05: vor allem Tschernobyl erlebt hat, wird wissen,

00:23:07: das ist eine Technologie, die beherrschen wir schon im Betrieb nicht.

00:23:10: Es passiert ja doch alle zehn, 15 Jahre ein großer Unfall.

00:23:15: Und wir beherrschen ja überhaupt nicht, was wir mit diesem Atommüll machen,

00:23:18: der dann - wie der Reinhard Urik von Global 2000 uns erzählt hat -

00:23:22: 240 000 Jahre strahlend dann irgendwo herumliegt.

00:23:26: Also ich glaube, es ist ein Boden für die Bewusstheit da.

00:23:31: Aber wir müssen es immer wieder bringen, dieses Thema.

00:23:34: Weil der Glaube, Österreich ist Atomstromfrei und wir haben damit nichts zu tun.

00:23:39: Der ist ja so in der Realität nicht korrekt.

00:23:42: Sondern: ja, wir nutzen den Atomstrom, wie du sagst.

00:23:44: Das Geld fließt zu Atomstrombetreibern.

00:23:46: Die versuchen, mit diesem Geld weitere Atomkraftwerke zu bauen.

00:23:49: Das ist ja gerade Anliegen…

00:23:51: dieser Herr Pompeo da, aus USA, Aussenminister, der stopft dann da in Tschechien rum

00:23:56: und will seine Atomkraftwerke da verkaufen.

00:23:59: Also das ist eine präsente Gefahr.

00:24:02: Ich glaube konkret, dass es nicht kommen wird.

00:24:04: Die Dinge sind nicht wirtschaftlich. Wir brauchen sie technologisch gar nicht.

00:24:07: Wir sind heute längst in einer anderen Technologiekurve,

00:24:10: wo wir das auch ohne Atomkraft sehr gut schaffen werden, den Klimawandel zu bewältigen.

00:24:17: Es geht einfach nur darum, die Schritte möglichst schnell zu machen.

00:24:21: Und zwar in allen Lebensbereichen. Das ist bei uns in der Gesellschaft.

00:24:25: Wir müssen lernen, uns ein wenig anders zu verhalten.

00:24:28: Und das meine ich nicht, dass wir so viel verzichten müssen.

00:24:30: Wir müssen die Dinge nur anders tun und anders leben.

00:24:33: Und in der Wirtschaft ist es gleich.

00:24:34: Die Wirtschaft hat so wahnsinnig viel Potenzial zu Veränderung.

00:24:39: Und es gibt viele Mutige, die gehen voran.

00:24:41: Es gibt aber leider auch viele, die bremsen ganz aktiv.

00:24:45: Und dann gibt es so ein paar in der Mitte, die mehr und mehr draufkommen,

00:24:49: dass in der CO2 freien Welt unglaubliche Chancen liegen für die Wirtschaft,

00:24:53: vor allem für die österreichische Wirtschaft.

00:24:55: Also ich bin da sehr zuversichtlich, dass, wie ich vorher gesagt habe,

00:24:59: dass da auch ein Kipppunkt erreicht ist,

00:25:01: an dem das Ganze eine Dynamik kriegt und auf einmal wirklich eine große Bewegung wird.

00:25:07: Du bist zuversichtlich.

00:25:09: Der Optimismus ist etwas, was du jedes Mal hier versprühst und ausstrahlst.

00:25:15: Wie ist es mit dir?

00:25:16: Wenn du siehst, was passiert. Wenn du siehst, was alles nicht passiert.

00:25:20: Treibt dich die Verzweiflung oder der Optimismus?

00:25:23: Ersteres, denke ich.

00:25:25: Wenn man jetzt, glaube ich, in einen übermäßigen Optimismus verfällt und sagt:

00:25:29: Oh, alles ist super und diese Bewegung gibt es und es wird schon alles gut.

00:25:34: Ich denke, dann verfällt man irgendwo in ein Nicht-Handeln

00:25:37: oder in ein „irgendwie wird das schon“.

00:25:39: Also ich glaube, dass ein gesundes Maß an Pessimismus,

00:25:46: vielleicht nicht Verzweiflung, vielleicht ist das zu negativ,

00:25:48: aber ein gesundes Maß an Pessimismus sehr hilfreich ist, um da weiterzumachen.

00:25:55: Und Aktivismus und auch im wirtschaftlichen Bereich ökologische Prozesse weiter voranzutreiben.

00:26:03: Heißt aber nicht, dass man sich nicht freuen darf,

00:26:05: wenn es gewisse Prozesse gibt, die gut laufen.

00:26:08: Wenn es einen Green New Deal gibt.

00:26:09: Wenn es das Pariser Klimaabkommen gibt und es auch umgesetzt wird.

00:26:13: Ich denke, man muss da irgendwie eine Balance zwischen diesen zwei Punkten halten oder wahren.

00:26:18: Ein gesunder Pessimismus.

00:26:20: Willst du das dem jungen Mann irgendwie durchgehen lassen?

00:26:23: Ich sage es jetzt mal ganz bewusst wie ein Oberlehrer.

00:26:26: Nein, Tom. Ich will ihn jetzt eigentlich fragen:

00:26:28: Wann Leo, glaubst du, ist eigentlich eure Arbeit bei Fridays for Future beendet?

00:26:33: Wann ist diese Welt da, dass wir sagen können:

00:26:37: So, wir haben es geschafft und jetzt können wir uns einem anderen Thema widmen.

00:26:44: Ich glaube, die Arbeit von Fridays for Future

00:26:49: hat insofern vielleicht einen Endpunkt oder Wendepunkt erreicht,

00:26:55: wenn das Pariser Klimaabkommen umgesetzt wurde.

00:26:57: Daraus erwächst dieser Aktivismus.

00:26:59: Wenn man sagt, wir haben es als Weltgemeinschaft, Weltgesellschaft geschafft,

00:27:05: die globale Klimaerwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken.

00:27:09: Ich glaube, dann kann man sagen: Wir haben es.

00:27:12: Und? Schaffen wir das?

00:27:14: Ja.

00:27:15: Ich glaube das auch.

00:27:16: Weil die Schäden, die entstehen, die sind so gewaltig.

00:27:22: Wir machen uns darüber ja gar keine Gedanken.

00:27:24: Also würden wir dieses 1 Grad Ziel nicht halten können weltweit -

00:27:28: das bedeutet in Österreich eh 2,5 Grad,

00:27:30: weil es ja auf den Landmassen immer stärker steigt -

00:27:33: dann kriegen wir Unwetterereignisse,

00:27:37: da spült es ganze Infrastrukturen, Eisenbahnschienen, Straßen weg.

00:27:40: Wir kriegen Hochwasser, wir kriegen Trockenheiten.

00:27:44: Wir kriegen einen Rückgang der Artenvielfalt,

00:27:46: weil viele Pflanzen und Tiere nicht mehr leben können, weil es zu warm ist.

00:27:50: Das sind ja massive Veränderungen.

00:27:52: Und die können wir nicht wollen. Und die können auch nicht entstehen.

00:27:56: Und das darf nicht sein.

00:27:58: Deswegen bin ich absolut der Meinung, das wird funktionieren.

00:28:01: Wir werden das ein Grad Ziel halten können.

00:28:03: Und ich gehe sogar darüber hinaus.

00:28:04: Ich glaube, dass wir in der Folge sogar Technologien haben werden,

00:28:08: die der Atmosphäre wieder CO2 entziehen,

00:28:11: sodass wir längerfristig sogar es wieder dahin bewegen,

00:28:15: wo wir gewesen wären, ohne diese Klimaerwärmung.

00:28:18: Es ist sicherlich noch ein ganzes Stück weit.

00:28:20: Aber ich glaube, dass dieses 2040 Ziel von Österreich,

00:28:23: 2050 der EU und das Parisziel, dass die erreichbar sind.

00:28:28: Leo. Ich habe hier noch einen Artikel ausgegraben.

00:28:31: Die Kronenzeitung, Österreichs auflagenstärkste Tageszeitung,

00:28:35: hat vergangenes Jahr, „Wir sind die Klimakämpfer“, eine Doppelseite gemacht.

00:28:40: Da kommst du auch vor. Und da ist noch etwas ganz Spannendes dabei.

00:28:44: Etwas, was ich bei vielen Leuten, die sich in Klimafragen engagieren, bemerkt habe.

00:28:49: Du bist nicht nur auf dieser einen Front aktiv.

00:28:51: Du wirst da vor einem foodsharing Kühlschrank gezeigt und sagst:

00:28:55: Okay, also es geht ja quasi nicht nur darum, das Klima zu retten,

00:28:58: sondern es geht ja auch um andere Dinge. Ernährungsgerechtigkeit.

00:29:02: Da hast du ja auch auf dem Blog der oekostrom AG

00:29:04: zum Thema Lebensmittelverschwendung auch schon etwas geschrieben.

00:29:09: Das heißt du bist eigentlich an vielen Kampfplätzen aktiv.

00:29:13: Kann man das so sagen?

00:29:14: Genau.

00:29:14: Also ich glaube, bei Klima- und Umweltthemen gilt es immer zu beachten,

00:29:19: dass alles irgendwo vernetzt ist und dass es ganz viele Ansatzpunkte gibt,

00:29:24: das Klima zu schützen oder die Umwelt zu schützen.

00:29:27: Und einer davon ist natürlich Foodsharing.

00:29:30: Aber es gibt hunderttausende andere Möglichkeiten.

00:29:33: Da ist natürlich die Bezugsquelle von Strom ein Punkt, Mobilität und und und und und.

00:29:38: Das bringt mich jetzt zu einem unserer wichtigsten Punkte dieser Gesprächsrunde.

00:29:44: Wir bitten unsere Gäste hier immer, auch einen konkreten Tipp zu geben.

00:29:49: Den Tipp am Freitag.

00:29:50: Eine Handlungsanweisung, die jetzt nicht nur in der Theorie funktioniert.

00:29:54: Sondern wo jeder von uns, jeder Zuhörer, jede Zuseherin etwas machen kann,

00:29:59: was ein kleiner Schritt für den Einzelnen,

00:30:01: aber ein großer Schritt für die Menschheit sein könnte,

00:30:04: um es mit der Mondlandung zu vergleichen.

00:30:06: Was ist dein Tipp am Freitag?

00:30:09: Nachdem ich Student bin, bin ich ein unglaublich großer Fan

00:30:12: von Bildungsangeboten, von Büchern und von Podcasts.

00:30:14: Und es gibt einen Podcast im Umweltbereich, den kann ich wärmstens empfehlen.

00:30:18: Diesen hier.

00:30:19: Diesen hier und einen zweiten.

00:30:21: Und zwar haben die deutsche Fridays for Future Aktivistin auf Spotify einen wunderbaren Podcast.

00:30:27: Der heißt 1,5 Grad.

00:30:29: Der ist von Luisa Neubauer. Der ist klasse.

00:30:32: Ulrich. Ist das Konkurrenz zu uns?

00:30:35: Oder ist das irgendwie eine Erweiterung des Portfolios?

00:30:37: Das ist eine willkommene Unterstützung.

00:30:41: Ich höre die Podcasts von der Luisa Neubauer nämlich.

00:30:44: Und es ist wirklich spannend, was man da auch lernt und erfährt.

00:30:48: Und ich finde, alle, die in die gleiche Richtung arbeiten

00:30:51: und aus dieser Idee einer besseren Welt heraus agieren,

00:30:56: in welcher Rolle auch immer.

00:30:57: Egal ob jetzt als Aktivist. Ob als jemand in der Wirtschaft tätig.

00:31:04: Wenn wir in die gleiche Richtung agieren, dann werden wir das schaffen.

00:31:08: Weil am Ende braucht es nicht einige wenige, die alles ganz perfekt tun im Hinblick auf die Klimakrise,

00:31:15: sondern es braucht ganz, ganz viele, die ist unperfekt machen,

00:31:21: aber die es zum größten Teil einfach tun.

00:31:23: Je mehr wir mitnehmen können und je mehr Leute da Podcasts machen

00:31:26: und sich äußern, schreiben, reden, sprechen. Sehr willkommen.

00:31:31: Find ich super, dass da jetzt was passiert.

00:31:33: Dem hab ich nichts mehr hinzuzufügen.

00:31:36: Ich sage: Danke, Ulrich. Danke, Leo.

00:31:39: Und auch wenn du zu höflich bist, um zu sagen,

00:31:41: dass deine Generation unserer Generation vielleicht doch ein bisschen in den Hintern treten möchte.

00:31:45: Ich finde diesen, ich sage es flapsig, Arschtritt genau gerechtfertigt.

00:31:50: Ich bedanke mich, dass du hier warst.

00:31:52: Ich bedanke mich auch für deine Arbeit, stellvertretend für alle, die bei Fridays for Future arbeiten.

00:31:56: Und ich bedanke mich bei euch, dass ihr auch heute wieder bei Freitag in der Arena mit dabei ward.

00:32:01: Wir werden weiterreden, aber reden allein das nutzt nichts.

00:32:04: Tu doch etwas.

00:32:06: Danke, dass ihr diesmal dabei ward.

Über diesen Podcast

Wie können wir die Klimakrise bewältigen, ökologisch nachhaltig leben und die erneuerbare Energiezukunft vorantreiben?
Mit dieser Frage beschäftigen sich die oekostrom AG-Vorstände Hildegard Aichberger und Ulrich Streibl in diesem Podcast. Jeden Monat sprechen die beiden in der Arena Wien mit jeweils einer/einem Gesprächspartner:in über neue Ideen und Lösungsansätze rund um Klimaschutz und Nachhaltigkeit.
Die oekostrom AG setzt sich als Anbieterin und Produzentin von Strom aus erneuerbaren Energiequellen aktiv für eine ökologische, zukunftsfähige Energieversorgung ein und treibt den Energiewandel voran. Durch den Dialog mit Expert:innen und Entscheidungsträger:innen der Energiewirtschaft wird laufend ein Blick über den Tellerrand geworfen.

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