Freitag in der Arena - der oekostrom AG-Talk

Freitag in der Arena - der oekostrom AG-Talk

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00:00:07: Herzlich willkommen in der Wiener Arena.

00:00:09: Es ist wieder einmal Freitag.

00:00:11: Und Freitag in der Arena, das hat ja quasi schon Tradition.

00:00:16: Freitag in der Arena, das ist der Öko-Talk der oekostrom AG.

00:00:21: Mein Name ist Tom Rottenberg, aber ich bin hier nur der Navigator,

00:00:25: denn der Kapitän sitzt neben mir: Ulrich Streibl.

00:00:28: Ich begrüße euch wieder

00:00:30: zu einem spannenden Talk hier am Freitag in der Arena.

00:00:34: Wie immer geht es um Klima, um Umwelt, um Nachhaltigkeit und um Zukunft.

00:00:39: Und ich freue mich besonders,

00:00:40: dass wir heute den Adam Pawloff hier haben von Greenpeace,

00:00:43: mit dem ich mich vor allem über Finanzthemen unterhalten werde.

00:00:47: Hallo, mein Name ist Adam Pawloff.

00:00:50: Ich mache den großartigsten Job der Welt.

00:00:52: Ich bin bei Greenpeace in Österreich für Klima und Finanzen zuständig.

00:00:58: Großartig deswegen, weil ich mit ganz tollen Menschen

00:01:02: mich jeden Tag der größten Herausforderung stellen darf,

00:01:05: nämlich die Begrenzung der globalen Erhitzung, der Bekämpfung der Klimakrise.

00:01:11: Und mich einfach für eine bessere Welt einsetzen darf.

00:01:16: Adam, auch von mir ein herzliches Hallo

00:01:18: hier bei Freitag in der Arena in der Arena.

00:01:21: Du bist von Greenpeace

00:01:22: und Greenpeace steht für mich tradiert für die Rettung von Walen,

00:01:26: für spektakuläre Aktionen, für Menschenketten vor Atomendlagern.

00:01:33: Und dann machst du so wie Finanzpolitik.

00:01:36: Wie geht das zusammen? Und wie kriegt man sowas über die Rampe?

00:01:40: Ja also einerseits muss man sagen, die Zeiten ändern sich.

00:01:44: Sie ändern sich nicht total.

00:01:46: Also ich glaube, die vorherige Aufzählung gilt im Großen und Ganzen nach wie vor.

00:01:52: Ich glaube, bei Greenpeace sind wir einfach immer

00:01:55: auf der Suche nach dem größten Hebel der Veränderung.

00:01:59: Und manchmal ist das die Politik.

00:02:01: Manchmal sind es die Konzerne direkt zu adressieren

00:02:04: und manchmal geht es einfach um einen Umweg.

00:02:07: Das kann sein, über die Menschen Druck auszuüben.

00:02:10: Aber es kann auch genauso sein, über den Finanzmarkt,

00:02:13: der ja immerhin dafür sorgt, dass die zerstörerischen Systeme

00:02:18: der fossilen Energie, der Regenwaldzerstörung etc.

00:02:22: nach wie vor viel Finanzmittel erhalten - über diesen Weg zu gehen.

00:02:25: Und in dem Fall, ja, ist da schon sehr viel zu holen meiner Meinung nach.

00:02:30: Bevor ich Ulrich jetzt zu Wort kommen lasse.

00:02:34: Ich verstehe das inhaltlich. Ich bin Journalist.

00:02:36: Es geht auch immer darum, wie transportiert man Botschaften?

00:02:39: Die Tochter meiner Freundin ist 14 Jahre alt, die geht auf jede Klimademo.

00:02:44: Wenn ich das Wort Finanzpolitik erwähne, dann schlafen ihr die Zehennägel ein.

00:02:48: Geht's nur dieser jungen Dame so oder ist es ein Problem,

00:02:51: mit dem ihr euch auch auseinandersetzt?

00:02:53: Es ist auf jeden Fall ein Thema, das hoch komplex ist. Das ist keine Frage.

00:03:00: Ich glaube, man muss es ein bisschen trennen.

00:03:03: Und die Frage: Was ist die Rolle der jeweiligen Organisationen, der jeweiligen Akteure?

00:03:09: Es gibt viele Akteure, die in der ganzen Umweltszene unterwegs sind,

00:03:15: die, sag ich mal, eher eine bewusstseinsbildende Rolle haben.

00:03:18: Die würde ich allerdings nicht zwingend an erster Stelle Greenpeace zuschreiben.

00:03:23: Unsere Rolle ist ein bisschen eine andere.

00:03:27: So gesehen ist es für mich ein bisschen ungewohnt, die Dinge unbedingt runterzubrechen,

00:03:33: weil die primären Adressaten unserer Arbeit Akteure am Finanzmarkt sind.

00:03:39: Da muss man es nicht runterbrechen.

00:03:42: Wenn ich es aber jetzt mal in ein paar kurzen Sätzen erzählen müsste,

00:03:47: dann würde er einfach sagen: Geld regiert die Welt.

00:03:53: Die Wirtschaft, um zu funktionieren, braucht Geld.

00:03:57: Sie braucht viel Geld.

00:03:59: Und Unternehmen sind von Natur aus Großteils einfach durch Schulden finanziert.

00:04:06: Und wenn man diese Schulden zudrehen kann oder teurer machen kann -

00:04:10: und darauf zielt unsere Arbeit bei der fossilen Energie im Wesentlichen ab-

00:04:15: dann macht man dieses Geschäftsmodell nach und nach einfach schwieriger.

00:04:19: Man macht einfach das Fördern von Kohle, Öl und Gas schwieriger und teurer.

00:04:25: Und so im Wesentlichen ist das Ziel der Arbeit.

00:04:29: Ulrich, womit wir bei dir gelandet wären.

00:04:31: Geld regiert die Welt.

00:04:33: Und es ist die Wirtschaft, die durch große Projekte,

00:04:36: durch große Geldmengen auch sehr viel bewegen kann.

00:04:39: Ist das der Grund, warum Menschen wie der Adam bei dir

00:04:43: und nicht bei mir mehr Verständnis finden?

00:04:49: Also Geld regiert die Welt. Ja.

00:04:51: Vor allem in der Energiewirtschaft, aber auch grundsätzlich in der Wirtschaft

00:04:54: werden Investitionsentscheidungen sehr langfristig getroffen.

00:04:58: Und da sind die Kapitalströme ganz wichtig.

00:05:00: Und es ist wichtig zu verstehen, dass im Pariser Klimaabkommen

00:05:04: eines der drei Hauptziele die Umlenkung der Finanzströme

00:05:08: auf nachhaltige Investitionen ist.

00:05:10: Es gibt das Zwei-Grad-Ziel, dann die Anpassung an den Klimawandel

00:05:13: und die Umlenkung der Finanzströme.

00:05:15: Deswegen ist es so spannend, mit dem Adam zu reden,

00:05:18: weil es natürlich schon faszinierend ist, dass eine Umweltschutzorganisation,

00:05:24: die eigentlich eher bekannt ist durch die spektakulären Aktionen,

00:05:27: jetzt die Finanzakteure treibt.

00:05:29: Das ist wichtig, glaube ich, um in der Wirtschaft etwas zu bewegen.

00:05:34: Denn diese Signale: Wohin kann ich investieren?

00:05:36: Wofür kriege ich als Unternehmen Geld?

00:05:39: Wofür kriege ich kein Geld? Wo wird es teurer?

00:05:41: Das wird unsere Welt ganz, ganz stark verändern.

00:05:43: Und was ich beim Adam und der Studie, die ihr jetzt macht,

00:05:46: diese neue Initiative, so spannend finde, ist,

00:05:49: dass ihr nicht nur bei den privaten Unternehmen ansetzt,

00:05:51: sondern auch auf staatlichen Institutionen

00:05:56: oder sogar supranationalen Institutionen

00:05:58: wie der Europäischen Zentralbank oder der Nationalbank.

00:06:01: Vielleicht kannst du uns dahin ein bisschen was dazu erzählen.

00:06:03: Warum haben die so eine große Rolle? Und wie geht ihr mit denen um?

00:06:08: Also vielleicht kurz, wie wir dazu gekommen sind.

00:06:11: Wir beschäftigen uns schon lang mit dem Thema Finanzmarkt,

00:06:17: Finanzmarktakteure in unterschiedlichen Kontexten, in unterschiedlichen Ländern.

00:06:23: Was wir gemerkt haben, ist, dass alles zu langsam geht.

00:06:26: Ich glaube, dass es in der Klimapolitik generell so.

00:06:30: Aber so ein bisschen die Erkenntnis, dass am Ende des Tages,

00:06:32: wenn wir wirklich Bank für Bank, Versicherung für Versicherung,

00:06:35: Finanzmarktakteure nur langsam verändern,

00:06:38: dann werden wir nicht rechtzeitig am Ziel ankommen.

00:06:42: Das Ziel, das du schon erwähnt hast,

00:06:44: nämlich die Einhaltung der Ziele des Pariser Abkommens

00:06:47: und die Begrenzung der Klimakrise.

00:06:50: Deswegen haben wir uns so ein bisschen auf die Metaebene

00:06:53: und die Metainstitutionenebene begeben.

00:06:56: Einfach weil die für die Spielregeln verantwortlich sind

00:06:59: und weil sich der Finanzmarkt als Ganzes einfach an jenen Akteuren auch orientiert.

00:07:06: Deswegen im europäischen Kontext die Europäische Zentralbank.

00:07:10: Also die Europäische Zentralbank hat jetzt verschiedene Aufgaben.

00:07:13: Die eine Aufgabe ist, was man als die Geldpolitik versteht.

00:07:18: Das sind im Wesentlichen die Zinssätze zu setzen - üblicherweise.

00:07:24: Es gibt aber auch sehr viel andere,

00:07:26: weniger konventionelle Formen, wie die EZB Geld betreibt.

00:07:29: Und das andere ist die Bankenaufsicht.

00:07:32: Sie sorgt dafür, dass die Banken und das Bankenwesen stabil bleiben.

00:07:38: Und da gibt es einige Hebel, die man ansetzen kann, womit wir uns beschäftigen

00:07:44: und worüber ich denke, wir jetzt auch im Detail reden werden.

00:07:47: Mein Verständnis ist, dass natürlich die Rolle der EZB

00:07:50: auch da ganz bedeutend ist und der Nationalbanken an sich,

00:07:54: dass sie als große Anleihekäufer auftreten.

00:07:57: Jetzt eigentlich schon beginnend mit 2008 Finanzkrise, jetzt natürlich Corona-Krise.

00:08:03: Die Nationalbanken sowie die EZB stützen ja die Wirtschaft

00:08:07: durch das Ankaufen von Anleihen,

00:08:09: die Staaten begeben und auch die Unternehmen begeben.

00:08:12: Das heißt, ich setze hier unglaubliche Geldflüsse in Gang.

00:08:16: Ist es jetzt so, dass dieser Ankauf von Anleihen von Unternehmen

00:08:23: eher gerichtet ist auf die nachhaltige Wirtschaft?

00:08:26: Oder ist es undifferenziert?

00:08:28: Oder kriegen eben auch nicht nachhaltige, tatsächlich umweltverschmutzende

00:08:33: und ressourcenübernutzende Unternehmen dort Geld?

00:08:35: Man muss sagen, der Kauf von Anleihen durch die EZB ist undifferenziert.

00:08:41: Das Problem dabei ist, dass der Markt, vor allem der Kapitalmarkt

00:08:46: sehr, sehr stark in Richtung der großen Unternehmen

00:08:49: und somit im Energiebereich der fossilen Unternehmen gerichtet ist.

00:08:53: Das heißt, wenn sie undifferenziert handeln, dann heißt es de facto,

00:08:57: dass sie die fossilen Konzerne berücksichtigen.

00:09:00: Vielleicht so einen Schritt zurück.

00:09:02: Also prinzipiell ist die Rolle der EZB hier, die Preisstabilität zu wahren.

00:09:08: Also ein gewisses Preisniveau zu halten.

00:09:10: Was sie üblicherweise mit den Zinssätzen macht.

00:09:14: Das Problem ist: Seit der Wirtschaftskrise ist der Zinssatz nahe bei null.

00:09:18: D.h. es gibt einfach keine Möglichkeit, mehr Investitionen anzustoßen,

00:09:22: als dass es die Unternehmen nichts kostet, Geld zu borgen.

00:09:25: Weniger als nichts gibt es zwar für die Banken schon, aber für die Unternehmen nicht.

00:09:31: Und deswegen gibt's diese von dir angesprochene

00:09:34: unkonventionelle Art der Geldpolitik, nämlich Anleihen zu kaufen.

00:09:37: Und man muss dazu sagen: Der wesentliche Teil sind die Staatsanleihen.

00:09:42: Aber der zweite Teil sind die Unternehmensanleihen.

00:09:45: Für eine Größenordnung: Seit 2016 hat die EZB -

00:09:50: also derzeit hält sie ungefähr 280 Milliarden Euro an Unternehmensanleihen.

00:09:57: Das haben wir uns im Detail angeschaut.

00:10:00: Und es stellt sich heraus, dass um die 65 Prozent von diesen Unternehmensanleihen

00:10:07: entweder fossile Energiekonzerne, Autokonzerne, Fluglinien, energieintensive Produktionen sind.

00:10:15: Und somit begünstigt die EZB einfach ganz massiv diese Branchen gegenüber anderen Branchen.

00:10:22: Und das muss sich ändern.

00:10:23: Du hast…also nicht du, aber Greenpeace hat…

00:10:26: (warte, ich hab's gleich. Ich habe mir so kleine Täfelchen, die man herzeigen kann)

00:10:30: …hat angeprangert, dass die Europäische Zentralbank seit dem Beginn der covid19-Krise

00:10:36: 7 Milliarden Euro in fossile Energieträger investiert hat.

00:10:44: Wie kann man das ändern? Wie kann Greenpeace das ändern?

00:10:47: Wie können wir das ändern? Was für einen Einfluss haben wir?

00:10:50: Ich habe auch ein Zitat von der EZB Präsidentin Christine Lagarde aufgetrieben:

00:10:55: “Die Tatsache, dass wir nicht auf dem Fahrersitz sitzen, bedeutet nicht,

00:10:58: dass wir den Klimawandel einfach ignorieren können

00:11:00: und dass wir keine Rolle bei seiner Bekämpfung spielen.”

00:11:03: Das klingt nach einem Politikerinnen-Statement.

00:11:05: Dass man sagt: Wir sind eh total aktiv. Ist eh alles super.

00:11:08: Also Greenpeace und EZB eh voll auf einer Linie, oder?

00:11:11: Da gibt's ein paar Sachen.

00:11:13: Also vielleicht zunächst zu diesem Bericht, den ja tatsächlich ich auch geschrieben habe.

00:11:18: Damals… das wurde letztes Jahr im Mai geschrieben.

00:11:22: Da haben wir uns wirklich die ersten zwei Monate der Corona-Bekämpfung uns angeschaut.

00:11:27: Also das war wirklich nur ein Zeitfenster.

00:11:28: Mittlerweile haben sie viel, viel mehr gekauft

00:11:31: und somit auch viel, viel mehr in die fossile Energie gesteckt.

00:11:36: Ich würde sagen, die Christine Lagarde, die haben wir mittlerweile überzeugt.

00:11:44: Es gibt einige Akteure in diesem Notenbanksystem, die noch zu überzeugen sind.

00:11:50: Sowas geht aber auch nicht von heute auf morgen.

00:11:52: Da gibt's ganz klare Regeln. Die EZB hat ein ganz klares Mandat.

00:11:56: Und die Frage ist: Innerhalb dessen - Was kann man verändern?

00:12:00: Im Moment geht es eben um die Frage:

00:12:03: Darf sich die EZB angesichts der Klimakrise,

00:12:06: angesichts dieser massiven Risiken, die sich auch im Finanzwesen aufstauen,

00:12:12: immer noch neutral verhalten?

00:12:14: Vor allem, wenn neutral bedeutet, den aktuellen Markt widerzuspiegeln.

00:12:20: Und beim aktuellen Markt, stellen eigentlich alle Ökonominnen und Ökonomen fest,

00:12:25: dass es von einem massiven Marktversagen handelt,

00:12:28: weil eben diese Klimarisiken, dass die Kosten der Emissionen nicht eingepreist werden.

00:12:34: Es ist die Frage, ob das Marktversagen ist oder Politikversagen.

00:12:38: Weil ich glaube sehr stark, dass wir natürlich

00:12:41: zur Steuerung Bepreisungsinstrumente brauchen für Umweltverschmutzung im Allgemeinen.

00:12:46: CO2 ist immer das typische Beispiel.

00:12:48: Aber da gibt's viele Stoffe, die wir nicht in die Umwelt emittieren sollten.

00:12:52: Ich glaube, da ist die Politik mehr gefragt als das Marktmodell.

00:12:58: Aber vielleicht zurück zur EZB und das mal heruntergebrochen aufs ganz Einfache.

00:13:04: Also ich habe meinem Patenkind zum 18. Geburtstag

00:13:08: ein ganz kleines Portfolio an Finanzanlagen geschenkt, so als Start ins Studium.

00:13:15: Und es war ziemlich schwierig, ein Portfolio zu finden,

00:13:18: das nachhaltig auf eine bessere Umwelt gerichtet ist.

00:13:24: Und das war ja das Ziel, einem jungen Menschen genau so etwas zu finden.

00:13:28: Also da habe ich lange gesucht nach Fonds,

00:13:30: die möglichst moderne, innovative, umweltschonende Unternehmen beinhalten.

00:13:36: Das war schwierig.

00:13:37: Jetzt stelle ich mir das für die EZB,

00:13:39: die einfach wahnsinnige Finanzportfolien managt, noch viel, viel schwieriger vor.

00:13:44: Abgesehen von dem Mandat, das sie hat,

00:13:46: dass sie ja wahrscheinlich gar nicht selektieren darf,

00:13:47: ist es überhaupt möglich, diese Veranlagungen so zu steuern,

00:13:51: dass die EZB das lenken würde, diese enormen Geldströme?

00:13:55: Ja, absolut. Und das haben wir uns ganz genau angeschaut.

00:13:59: Was würde denn passieren, wenn die EZB von dieser Neutralität weggehen würde?

00:14:03: Wenn sie fossile Energie ausschließen würde,

00:14:05: wenn sie andere CO2 intensive Branchen ausschließen würde?

00:14:12: Und es gibt tatsächlich mehr als genug Unternehmen am Markt,

00:14:16: die jetzt sozusagen aus der Klimasicht eher “neutral” sind.

00:14:22: Was weiß ich… im Telekommunikationsbereich, im Gesundheitsbereich.

00:14:26: Nicht so unbedingt zwingend per se nachhaltig,

00:14:30: nur nicht massiv Klima schädigend, wie es halt die anderen Branchen sind.

00:14:34: Und da draußen am Finanzmarkt gibt's mehr als genug Anleihen von Unternehmen,

00:14:39: die die EZB kaufen könnte,

00:14:40: um nach wie vor im selben Ausmaß diese Wirtschaftsstützungspolitik zu betreiben,

00:14:46: die sie heute betreibt und sogar noch mehr. Also daran hapert es nicht.

00:14:51: Die Frage nach einem nachhaltigen Finanzprodukt

00:14:56: scheitert in der Regel an der Frage, einerseits der Transparenz

00:15:01: und andererseits einfach, dass sich die Banken bis heute

00:15:05: und die Vermögensberater wenig damit auseinandergesetzt haben.

00:15:09: Es ist ja nicht so, dass es nicht genug da draußen gäbe.

00:15:13: Also wenn man sozusagen einen Teil des Businessmodell der oekostrom AG nimmt,

00:15:19: die Windenergie. Hast du die Vestas zum Beispiel aus Dänemark.

00:15:22: Das ist wirklich ein großer börsennotierter Konzern.

00:15:25: Und von denen gibt's auf der ganzen Welt mehr als genug.

00:15:27: Auch im Elektromobilitätsbereich… in ganz unterschiedlichen Sektoren.

00:15:31: Nur das Problem, glaube ich, dass die Menschen feststellen ist,

00:15:35: sie gehen dann halt zur Bank oder zum Vermögensberater und sagen:

00:15:38: Ja, sie hätten gerne was Nachhaltiges.

00:15:41: Und entweder der Vermögensberater oder die Beraterin kennt sie nicht aus.

00:15:46: Oder, und das ist ein anderes Problem in dem Bereich, sie sagen etwas:

00:15:50: Ja, man könnte dieses oder jenes Produkt nehmen, das ein grünes Label hat.

00:15:54: Aber grün bedeutet dann halt oft leider nicht unbedingt grün.

00:15:58: Also wenn man sich diese Produkte anschaut,

00:16:00: dann findet man halt oft doch noch fossile Energie und derartige Dinge drin.

00:16:06: Dafür gibt's unterschiedliche Erklärungen.

00:16:10: Würde ins Detail führen können. Können wir gerne besprechen.

00:16:13: Aber ich glaube, daran scheitert es, nicht an der Verfügbarkeit.

00:16:17: Ich habe da einen ganz anderen, vollkommenen Laienansatz dazu.

00:16:21: Das sagen aber auch Kommentatoren,

00:16:24: die sich mit Wirtschaft deutlich besser auskennen als ich.

00:16:27: Wenn ich jetzt Green Finance Produkte kaufe, ist das ungefähr so,

00:16:31: wie wenn ich mich zu einer Radfahrergruppe setze und drüber jammere,

00:16:34: wie schlimm es ist, dass so viele Dieselautos in der Stadt fahren.

00:16:37: Ich trage da Eulen nach Athen.

00:16:40: Es gibt auch Kommentatoren, die sagen:

00:16:43: Nett, wenn man Green Finance Produkte kauft, aber damit ändert man nichts,

00:16:47: weil die Bösen bleiben dann auch unter sich.

00:16:50: Kann ich durchaus auch etwas abgewinnen dem Argument prinzipiell.

00:16:55: Nur durch den Kauf von nachhaltiger Finanzprodukte

00:16:58: werden wir weder die Welt, noch den Finanzmarkt verändern.

00:17:02: Das ist absolut keine Frage.

00:17:04: Ich glaube trotzdem, dass ein gewisser Wert drin liegt.

00:17:07: Also einerseits einfach für sich selbst das Richtige zu tun

00:17:11: und andererseits aber auch gehts um das Bewusstsein.

00:17:14: Also die Divestment-Bewegung da draußen,

00:17:17: also große Investoren, die auch davon abgesehen haben,

00:17:21: in fossile Energiekonzerne zu investieren -

00:17:24: und da geht es um Billionen Euro mittlerweile -

00:17:28: haben auch noch nicht die Welt verändert.

00:17:30: Aber sie haben etwas in Gang gesetzt und zu einem Bewusstsein geführt.

00:17:33: Und ich glaube, vor allem darum geht's.

00:17:37: Unser Ansatz bei Greenpeace, wenn es um die Frage der Investorinnen und Investoren geht

00:17:41: und ich meine jetzt nicht, wie du oder ich investieren,

00:17:45: sondern wirklich die ganz großen Fondsmanager investieren, ist ein anderer.

00:17:50: Wir sagen nicht: Geht's da raus! Sondern: Nutzt die Tatsache,

00:17:55: dass ihr diese Unternehmensanteile besitzt,

00:17:57: dass ihr die Möglichkeit habt, bei der Generalversammlung Fragen zu stellen,

00:18:04: mitzustimmen, selbst auch Entscheidungsbeschlüsse reinzunehmen.

00:18:09: Nützt es, um dafür zu sorgen, dass die tatsächliche Unternehmenspolitik,

00:18:13: die Investitionen und die Unternehmensstrategien

00:18:16: der fossilen und anderen Konzerne sich verändert.

00:18:20: Und ich glaube, dieser Weg ist der, den wir einschlagen.

00:18:23: Ich glaube, es braucht alle möglichen Ansätze

00:18:26: und es braucht genauso auch die Menschen,

00:18:28: die in nachhaltige Finanzprodukte investieren.

00:18:31: Ulrich, das heißt, ich darf nach wie vor Kunde bei dir bleiben

00:18:35: und muss jetzt nicht einen Atomstromkonzern suchen, wo ich meine Energie beziehe,

00:18:39: um dort dann bei der Hauptversammlung böse Fragen zu stellen.

00:18:41: Ich fühle mich einfach wohler, wenn ich als Konsument,

00:18:44: als Konsumentin das Gefühl habe, mein Geld geht dorthin,

00:18:48: wo ich auch irgendwie mich wohlfühle.

00:18:52: Vielleicht noch ein Satz dazu.

00:18:55: Ich besitz von den meisten österreichischen börsennotierten Konzernen genau eine Aktie.

00:19:00: Das kostet mich nicht wahnsinnig viel Geld

00:19:03: und damit habe ich kein wahnsinniges Stimmrecht gewonnen.

00:19:06: Aber ich habe das Recht gewonnen,

00:19:09: mich zur Hauptversammlung hinzusetzen und meine Fragen zu stellen.

00:19:13: Und das ist etwas, was ein jeder auch machen kann.

00:19:17: Also sozusagen sich eine Aktie besorgen

00:19:20: und somit sozusagen auch als aktivistische Shareholder:in tätig zu sein.

00:19:25: Gleichzeitig kann man sozusagen das Geld,

00:19:29: sofern man eins hat zum Anlegen, dann auch bei der oekostrom AG

00:19:33: oder bei irgendeinem anderen nachhaltigen Unternehmen oder Produkt auch anlegen.

00:19:37: Sehr spannend.

00:19:38: Ich will nochmal auf die EZB zurückkommen.

00:19:41: Nehmen wir mal an, die EZB hätte überhaupt das Mandat und das Recht,

00:19:45: dass sie selektiv Anleihen kauft

00:19:49: und sie würde ihre Geldströme letztlich weg lenken von umweltverschmutzenden Unternehmen.

00:19:57: Dann würde das ja dazu führen,

00:19:59: dass diese Unternehmen entweder stark in ihren Geschäftsmodellen verlieren

00:20:02: oder vielleicht auch komplett vom Markt verschwinden.

00:20:06: Was würde denn das bedeuten im Umkehrschluss?

00:20:10: Habt ihr euch damit auseinandergesetzt?

00:20:12: Ja, es geht am Ende des Tages weniger darum,

00:20:17: diese Anleihen gar nicht mehr zu kaufen,

00:20:20: sondern es geht am Ende des Tages -

00:20:24: und im Übrigen, vielleicht kann man auch dazu kommen,

00:20:26: geht es nicht nur um Anleihekäufe. Es geht da um verschiedene andere Dinge auch.

00:20:30: Aber ich glaube, am Ende des Tages und das ist auch der Weg, den die EZB wählen wird,

00:20:37: ist zu sagen: Man muss sich einerseits die Unternehmen “Stand: jetzt” anschauen,

00:20:43: aber andererseits ganz klar anschauen:

00:20:45: Was für Ziele und was für Unternehmensstrategien legen diese an den Tag.

00:20:51: Dafür gibt's verschiedene Ansätze zu messen,

00:20:56: ob denn ein Unternehmen “Paris-konform”,

00:20:59: also eine Unternehmensstrategie an den Tag legt,

00:21:03: die zur Erreichung der Pariser Klimaziele beiträgt oder nicht.

00:21:07: Und ich glaube, nach diesem Schema wird sie dann entscheiden,

00:21:09: welche Anleihen sie kauft und welche nicht.

00:21:12: Damit es einen ganz klaren Anreiz gibt für diese Unternehmen,

00:21:15: ihre Kapitalströme umzulenken, ihre Strategien zu verändern in die richtige Richtung.

00:21:21: Und ja, diejenigen, die es nicht tun, werden über kurz oder lang sich schwertun,

00:21:26: am Finanzmarkt irgendwann mal zu finanzieren

00:21:29: und werden dann auch irgendwann mal nicht mehr existieren.

00:21:32: Aber Unternehmen, die rein an einem fossilen Geschäftsmodell festhalten,

00:21:39: die kann man in Zukunft eh nicht brauchen, wenn wir die Klimakrise retten wollen.

00:21:42: So gesehen müssen sie sich verändern oder langfristig verschwinden.

00:21:45: Ich höre da übrigens einen ganz interessanten Aspekt.

00:21:47: Ich weiß nicht, ob du den bestätigen kannst.

00:21:49: Dass vor allem die Wirtschaftsprüfer,

00:21:52: die ja letztlich die Jahresabschlüsse der Unternehmen testieren müssen,

00:21:56: inzwischen sehr stark darauf drängen,

00:21:58: dass ressourcenübernutzende und umweltschädliche Geschäftsmodelle

00:22:07: tatsächlich einer Abschreibungsbewertung unterzogen werden.

00:22:13: Habt ihr das gesehen oder schaut ihr euch das auch an?

00:22:15: Ist tatsächlich auch etwas, mit dem wir uns auseinandersetzen.

00:22:18: Ich glaube, am Ende des Tages ist die Bilanz eines Unternehmens entscheidend.

00:22:25: Also sozusagen schöne Statements und schöne Ziele,

00:22:28: die man dann vielleicht erreicht oder vielleicht auch nicht, sind das eine.

00:22:34: Am Ende des Tages muss es sich tatsächlich auch in den Bilanzen

00:22:37: und in den Finanzenentscheidungen der Konzerne niederschlagen.

00:22:42: Das heißt, es geht darum, wirklich die Investitionsströme umzulenken.

00:22:47: Und am Ende des Tages geht's auch um die Frage…

00:22:51: also ein wesentlicher Teil einer Bilanz eines Öl- und Gaskonzerns

00:22:56: sind die Reserven an Öl und Gas und auch die Lizenzen, diese zu fördern,

00:23:01: die die Unternehmen besitzen, die sie in Zukunft beabsichtigen zu fördern

00:23:06: und den Wert, den sie dem beimessen.

00:23:09: Und da treffen die Unternehmen verschiedene Annahmen.

00:23:11: Und diese Annahmen: Wie viel werde ich in Zukunft für das Öl kriegen?

00:23:15: Wie viel von dem Öl werde ich wann fördern?

00:23:17: Beeinflussen natürlich auch den Wert dieser Bilanz.

00:23:20: Und da schauen die Bilanzprüfer, die Wirtschaftsprüfer mittlerweile ganz genau drauf:

00:23:26: Welche Annahmen werden da getroffen?

00:23:28: Und stimmen die einigermaßen mit einer halbwegs guten Klimapolitik überein?

00:23:37: Und die haben sich letztes Jahr von zwei der größten Konzerne der Welt

00:23:41: die Bilanzen angeschaut. Von Shell und BP.

00:23:43: Haben festgestellt: Nein, das stimmt eigentlich nicht überein.

00:23:46: Und das hat zu Abschreibungen von 40 Milliarden Dollar geführt.

00:23:50: Das war ungefähr etwas mehr als 10 Prozent des Buchwert dieser Unternehmen.

00:23:56: Und wir schauen uns jetzt die Tätigkeit der Wirtschaftsprüfung,

00:24:00: da wir merken, das hat einen sehr, sehr großen Effekt,

00:24:02: einen sehr, sehr großen Einfluss, sehr genau an und schauen,

00:24:05: ob sie das dann auch bei anderen Unternehmen machen,

00:24:08: dieses Genau-Schauen auf die Bücher.

00:24:12: Diese Zahlen machen mich immer so ein bisschen verlegen.

00:24:16: Ich verstehe intellektuell, wovon du da redest.

00:24:18: Aber ich zähle so: eins, zwei, drei, viele.

00:24:22: Diese Milliardenwerte, die geben mir immer das Gefühl,

00:24:25: ich bin ja eigentlich als Konsument, als Konsumentin, eh nur ein kleiner Passagier.

00:24:30: Und es ist vollkommen wurscht, wie ich mich verhalte.

00:24:33: Ich habe da keinen Einfluss drauf.

00:24:34: Das passiert alles in einer Sphäre, die ganz weit weg ist von mir.

00:24:38: Wie bringt man das jetzt wieder runter zu mir?

00:24:41: Jetzt nicht zum Ulrich. Der versteht die Zusammenhänge.

00:24:43: Aber was hat das alles mit mir zu tun?

00:24:46: Was hat die Bilanzprüfung, die Wirtschaftsprüfer, die Shell und BP anschauen,

00:24:50: Abschreibungen von 40 Milliarden Euro… Was hat das mit meinem Leben zu tun?

00:24:53: Es ist natürlich sehr, sehr, sehr, sehr abstrakt.

00:24:57: Es ist kompliziert und es sind auch einfach Dimensionen, unfassbare Dimensionen.

00:25:03: Ich bin da auch immer wieder baff.

00:25:06: Ich lese gerade ein Buch über die Wirtschafts- und Finanzkrise.

00:25:10: Gestern Abend eine Zahl gelesen, wo es darum ging,

00:25:14: wie viel Liquidität die Europäische Zentralbank

00:25:17: in der Finanzkrise zur Verfügung gestellt haben.

00:25:19: Und es waren mehr als 10 Billionen Euro.

00:25:21: Was ist das für eine Zahl?

00:25:22: Die können wir gar nicht greifen. Das ist klar.

00:25:27: Es hat aber sehr, sehr wohl mit unserem Leben zu tun, nämlich an dieser Stelle…

00:25:34: Natürlich geht es um politische Entscheidungen.

00:25:37: Aber auch an der Stelle des Finanzmarktes wird schlussendlich darüber entschieden,

00:25:43: ob wir die Klimakrise begrenzen werden oder auch nicht.

00:25:47: Es ist natürlich abstrakt,

00:25:48: aber am Ende des Tages hängen diese Dinge auch zusammen.

00:25:52: Es gibt auch viele Bereiche der Politik,

00:25:54: die hier einwirken und die die Regeln bestimmen.

00:25:57: Und ich glaube, wie immer, das Wichtigste, was wir in unserem Alltag machen können,

00:26:03: ist möglichst uns politisch in irgendeiner Form zu engagieren,

00:26:08: uns als mündige Bürgerinnen und Bürger zu verhalten.

00:26:11: Wir alle haben politische Ansprechpartnerinnen und politische Ansprechpartner.

00:26:15: Und es ist relativ wurscht, ob das jetzt der Bürgermeister im Dorf ist,

00:26:19: der Landtagsabgeordnete oder Nationalratsabgeordnete, wen auch immer,

00:26:24: die irgendwo Einfluss auf diese Welt haben.

00:26:29: Und sich mit denen auseinanderzusetzen und zu fordern,

00:26:33: dass sie sich für klimagerechte Regeln in allen Lebensbereichen,

00:26:38: auch am Finanzmarkt, einsetzen, ist etwas, was man tun kann,

00:26:42: wo man auch ganz konkret diese Welt selbst beeinflussen kann,

00:26:45: wenn man nicht selbst in die Politik gehen will, auf eine Klimademo, wie auch immer.

00:26:50: Aber ich glaube, man kann sich einfach immer politisch aktiv einbringen und hier mitmischen.

00:26:54: Auch wenn die Welt, die wir jetzt gerade besprechen, eine sehr abstrakte ist.

00:26:58: Ulrich. Das ist alles abstrakt. Politische Zeitläufe dauern lang.

00:27:03: Aber sich selbst einbringen ist auch etwas ganz Zentrales.

00:27:05: Du bist bei den CEOs for Future,

00:27:08: die nicht zufällig sich nach Fridays for Future ähnlich benannt haben.

00:27:13: Wie zufrieden oder unzufrieden bist du denn mit der Geschwindigkeit,

00:27:16: in der Politik auf existentielle Nöte reagiert?

00:27:21: Wir sind viel, viel, viel zu langsam.

00:27:24: Weil wir haben ja je nach Rechenmodell und Anschauung dieser Themen,

00:27:29: wenn wir das Zwei-Grad-Ziel einhalten wollen von Paris,

00:27:32: dann haben wir maximal, maximal 20 Jahre Zeit, um bei CO2 Null zu sein.

00:27:37: Und wenn wir das 1,5 Grad Ziel einhalten wollen,

00:27:40: dann haben wir zehn Jahre, zehn Jahre.

00:27:42: Das ist gleich vor der Haustür.

00:27:43: Also wir sind viel zu langsam.

00:27:45: Und ich wundere mich auch ein bisschen darüber.

00:27:49: Denn ich habe schon den Eindruck,

00:27:51: dass inzwischen in der Gesellschaft und auch in der Politik angekommen ist,

00:27:55: dass die Klimakrise die größte Bedrohung ist,

00:27:57: die wir überhaupt haben und dass da zu handeln ist.

00:28:00: Aber dann schaue ich auf ganz banale Dinge.

00:28:03: Trotz größtem Bemühen des Klimaministeriums,

00:28:09: kommt das Erneuerbare Ausbau Gesetz nicht in den Nationalrat.

00:28:14: Ich kann es nicht verstehen.

00:28:16: Und wenn ich nach Brüssel schaue, der Green Deal der Ursula van der Leyen.

00:28:20: Ein großes, großes Wirtschaftsprogramm,

00:28:24: das letztlich den Umbau Europas Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit anschieben soll.

00:28:30: Von dem höre ich auch ziemlich wenig.

00:28:33: Siehst du das anders?

00:28:34: Nein, ich sehe das ähnlich.

00:28:36: Die Politik ist im Großen und Ganzen nach wie vor irgendwie im Dornröschenschlaf.

00:28:43: Ich glaube, es gibt schon viele Akteure, die sich bemühen.

00:28:47: Ich glaube auch, dass es Menschen in der Regierung

00:28:52: und in der Verwaltung auch in Österreich gibt, die sich bemühen.

00:28:56: Aber es gibt leider auch sehr, sehr destruktive Kräfte

00:28:59: und Kräfte, die an dieser alten Welt noch festhalten wollen und darin stark verharren.

00:29:09: Also man merkt immer wieder, wer die großen Bremser bei der Klimapolitik in Österreich sind.

00:29:16: Die Wirtschaftskammer, die Industriellenvereinigung.

00:29:18: Immer wieder treten sie aufs Tapet.

00:29:21: Jetzt auch wieder, wie es um die europäische Klimaziel-Debatte gegangen ist im Dezember.

00:29:26: Gab's wieder eine Pressekonferenz, wo sie sagen:

00:29:29: Ja, ja, ja, Klima finden wir alles wichtig.

00:29:30: Paris unterschreiben wir sofort.

00:29:32: Aber höhere Klimaziele wollen wir bitteschön nicht, weil wie kommen wir dazu?

00:29:37: Österreichischer Wirtschaftsstandort und so.

00:29:39: Und natürlich gibt's da starke Verflechtungen.

00:29:42: Und man muss sagen: Ich finde, das muss man auch offen ansprechen.

00:29:45: Die ÖVP, seit 35 Jahren an der Macht in diesem Land.

00:29:50: 32 davon haben sie das Umweltministerium innegehabt.

00:29:54: Das Wirtschaftsministerium, wo die Energieagenden angesiedelt waren.

00:29:59: Auch viel das Finanzministerium.

00:30:02: Und es geht einfach nichts weiter.

00:30:04: Und hier muss man das auch ganz klar benennen, wer die Bremser sind.

00:30:09: Dazu will ich vielleicht eine kurze Geschichte erzählen.

00:30:11: Genau diese Thematik, die du angesprochen hast.

00:30:14: Im Dezember, dass sich die Wirtschaftskammer hingestellt hat und gesagt hat:

00:30:17: Die Ziele dürfen nicht verschärft werden,

00:30:20: das gefährdet unsere Wirtschaft und wir müssen schauen,

00:30:22: dass wir möglichst da keine stärkeren Ziele kriegen.

00:30:26: Und also wirklich inakzeptabel, weil in jedem Wort gegen das Pariser Klimaabkommen,

00:30:34: das die Republik Österreich unterschrieben hat.

00:30:35: Das muss man sich mal vorstellen.

00:30:36: Daraufhin habe ich dem Präsidenten der Wirtschaftskammer geschrieben

00:30:40: und dem Generalsekretär der Wirtschaftskammer.

00:30:42: Der Präsident der Wirtschaftskammer hat mir einen Brief geschrieben,

00:30:44: in dem drinsteht: Vielen Dank für Ihr Schreiben.

00:30:47: Und wir sind ja eh so unglaublich aktiv

00:30:51: im Hinblick auf die Gestaltung der Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit.

00:30:55: Und deswegen wird sich mein Referent, Abteilungsleiter XY bei Ihnen melden.

00:31:01: Diesen Referenten kennen wir alle.

00:31:04: Der ist ein Bewahrer des alten Systems

00:31:06: und ungefähr so beweglich im Hinblick auf den Umbau der Wirtschaft

00:31:11: wie ein Kubikmeter Stahlbeton.

00:31:14: Das habe ich bekommen.

00:31:16: Aber immerhin eine Antwort.

00:31:18: Immerhin eine Antwort.

00:31:19: Aber die Antwort sagt: Geh dich Brausen.

00:31:22: Das heißt es.

00:31:24: Ich bleibe kurz bei der Politik.

00:31:25: Nämlich du sagst, welche politischen Player also quasi sich bewegen müssten,

00:31:29: zu wenig machen.

00:31:30: Ulrich, du sagst, dass die da irgendwie flexibel sind wie ein Hydrant,

00:31:34: um es höflich zu formulieren.

00:31:37: Adam, du bist der Enkel von Freda Meissner-Blau.

00:31:40: Das ist eine Ikone der österreichischen Umwelt-, Anti-Atom-, Umweltschutzbewegung gewesen,

00:31:47: die mich massiv politisiert hat.

00:31:49: Auf Twitter schreibst du, dass sie dir abgeht.

00:31:52: Wir reden hier über extrem komplexe Themen.

00:31:55: Und was mir abgeht in der Diskussion, sind Integrations- und Gallionsfiguren

00:31:59: wie deine Großmutter. Die einfach sich hinstellen und wo man weiß:

00:32:03: Das ist jemand, auf die kann ich mich verlassen.

00:32:06: Wie geht's dir denn mit dieser Rolle des Enkels

00:32:08: und gehen dir die Gallionsfiguren auch ab?

00:32:10: Ja. Mit der Rolle des Enkels geht's mir gut.

00:32:13: Weil am Ende des Tages war die Freda für mich in erster Linie

00:32:16: nicht eine Politikerin, eine Gallionsfigur oder sonst irgendwas,

00:32:20: sondern eine Großmutter,

00:32:21: mit der ich im Waldviertel spazieren gegangen bin,

00:32:25: Schwammerl suchen gegangen bin,

00:32:27: die sich ja einfach für mich wie eine Großmutter verhalten hat damals.

00:32:35: So gesehen kommt da immer wieder die Frage:

00:32:38: Sind das nicht große Schuhe zu füllen oder so.

00:32:40: Das sehe ich nicht. Also das ist für mich kein Stress.

00:32:44: Aber ja, sie gehen mir massiv ab.

00:32:47: Ich meine, so dieser Werdegang der Grünen ist…

00:32:52: Es ist aber auch ein verständlicher am Ende des Tages, ja.

00:32:54: Das Ganze hat natürlich extrem aktivistisch als Umweltbewegung begonnen.

00:33:00: Gegen das Atomkraftwerk in Zwentendorf, gegen die Verbauung der Hainburger Au damals.

00:33:06: Dann ist man angetreten.

00:33:10: Nationalrat… also zuerst Präsidentschaftswahl, dann Nationalratswahl.

00:33:13: Dann kommt man rein.

00:33:14: Und nach 35 Jahren, wie ich finde, gute aktive Oppositionspolitik,

00:33:19: die die Grünen Großteils betrieben haben, meiner Meinung nach -

00:33:26: Ja, natürlich gibt's da einen Gestaltungswillen und einen Willen auch,

00:33:30: wie man das z.B. in Wien zehn Jahre lang gemacht hat,

00:33:34: mitzuregieren und die Politik mitzugestalten.

00:33:38: In der Rolle sind sie jetzt.

00:33:40: Am Ende des Tages wissen wir aber auch alle,

00:33:42: dass Politik irgendwo mit Kompromiss zu tun hat.

00:33:45: Und sie sind nun halt der kleine Partner in einer Koalition.

00:33:49: Ja, es gibt im Moment, finde ich, diese große Gallionsfigur,

00:33:55: so wie es meine Großmutter damals war,

00:33:57: die da vielleicht wieder ein bisschen Dynamik reinbrächte, gerade nicht.

00:34:03: Und ja, ich glaube, es bräuchte wahrscheinlich auch wieder ein bisschen mehr Aktivismus

00:34:09: und ein bisschen mehr sozusagen zurück zu diesen Wurzeln.

00:34:11: Durchaus auch bei den Grünen.

00:34:15: Weil ich glaube, wenn man irgendwann mal feststellt,

00:34:17: dass politisch wenig weitergeht,

00:34:18: dann muss man auch ein bisschen schauen,

00:34:21: ob die Taktiken und Ansätze gerade die richtigen sind.

00:34:24: Ulrich, bist du da d’accord?

00:34:26: Mehr Aktionismus, mehr David McTaggart, dem Gründer von Greenpeace

00:34:29: quasi auch wieder zurück bei den Grünen?

00:34:32: Auch Aktivismus braucht es.

00:34:33: Aber was ich mir wünsche von der Politik ist,

00:34:37: dass die Politik verstanden wird als Dienst an den Menschen.

00:34:43: Und das vermisse ich.

00:34:45: Weil ich sehe jetzt, vor allem in einigen Teilen der Politik, Strömungen,

00:34:51: die Politik versteht als das Lesen von Meinungsumfragen am Montag früh,

00:34:57: dann nachplappern eine Woche lang, was da drinsteht

00:35:00: und dann am nächsten Montag früh wieder die Meinungsumfragen lesen

00:35:04: und dann wieder den Leuten nach dem Mund legen.

00:35:07: Einfach nur zum eigenen Machterhalt.

00:35:09: Und das ist aus meiner Sicht keine Politik.

00:35:12: Das ist nicht die Aufgabe der Politik.

00:35:14: Die Politik muss der öffentlichen Sache dienen, der Res publica.

00:35:20: Und sie muss den Menschen dienen.

00:35:22: Und da sehe ich leider zu wenige Politiker.

00:35:26: Es gibt solche. Wenn ich jetzt z.B. in unser Nachbarland schaue.

00:35:30: Die Frau Merkel, das finde ich, ist so eine Politikerin,

00:35:32: die sich vom Dienst am Menschen leiten lässt, sehr nüchtern in ihrer Art.

00:35:37: Und es gibt eben auch charismatische Menschen,

00:35:39: die das mit Aktivismus verbinden, wie es deine Großmutter war.

00:35:43: Und ich glaube, es wäre schön und ich würde es mir wünschen,

00:35:47: es gäbe mehr dieser Menschen, die sich aus diesen Beweggründen,

00:35:51: nämlich dem Dienst am Menschen, wieder in der Politik engagieren.

00:35:55: Ich komme jetzt zum Dienst am Menschen,

00:35:58: zum Dienst an unseren ZuseherInnen, Zusehern, Zuhörerinnen, Zuhörern.

00:36:04: Ich bitte immer die Gäste hier gegen Ende dieses Gesprächs,

00:36:08: einen Tipp am Freitag abzugeben.

00:36:11: Ein möglichst konkrete Handlungsanweisung,

00:36:13: die jetzt eben nicht so David McTaggart -

00:36:15: ist mit der Rainbow Warrior nach Neuseeland gefahren, hat Atomtests behindert.

00:36:20: Also etwas, was jeder von uns und jede von uns machen kann.

00:36:24: Die einen kleinen, aber doch effizienten Klimaimpact hat.

00:36:28: Adam, was wäre denn dein Tipp am Freitag hier für Freitag in der Arena?

00:36:34: Mein Tipp am Freitag, da geht es um die Mobilität. Ganz klar.

00:36:41: Ich bin leidenschaftlicher Zugfahrer und auch leidenschaftlicher Nachtzugfahrer.

00:36:47: Und mein Tipp ist wirklich, wenn ihr das nächste Mal in den Urlaub fahrt.

00:36:52: Vor allem wenn es in ein Nachbarland, Italien z.B., gehen sollte.

00:36:58: Es gibt nichts Herrliches, als mit dem Nachtzug zu reisen.

00:37:03: Man kann natürlich auch untertags mit dem Zug nach Italien

00:37:07: oder in andere Nachbarländer reisen.

00:37:10: Erstens klimaschonend und zweitens -

00:37:13: und das finde ich einen sehr interessanter Aspekt damit:

00:37:17: Ich habe den Eindruck, wenn man fliegt und sehr schnell von A nach B transportiert wird,

00:37:21: kommt irgendwie die Seele erst später nach.

00:37:25: Weil das ist einfach abstrahiert von dieser Realität,

00:37:29: wie schnell sich der Körper bewegt.

00:37:31: Und mit dem Zug fahren, da kommt man einfach nach einigen Stunden,

00:37:34: nach einer Nacht, nach einem Tag an der Destination an.

00:37:38: Und man hat auch tatsächlich den Eindruck, angekommen zu sein.

00:37:40: Ulrich, die letzte Frage in diesem Gespräch geht immer an dich.

00:37:45: Mit dem Zug hat man das Gefühl, dass Körper und Seele gemeinsam wo ankommen.

00:37:50: Wo sind wir denn in diesem Gespräch,

00:37:52: wo es sehr viel um Meta-Ebene, um große Finanzpolitik gegangen ist,

00:37:56: wo sind wir denn hier angekommen?

00:37:58: Was nimmst du aus dem Gespräch mit Adam mit?

00:38:00: Ich nehme mit das große Engagement von Menschen, wie dem Adam bei Greenpeace.

00:38:06: Und was mir bei Greenpeace immer schon aufgefallen ist, ist,

00:38:09: dass Greenpeace unglaublich kraftvolle, wahnsinnig durchdachte,

00:38:15: sehr intelligente Studien schreibt und damit sehr viel bewegt.

00:38:18: Neben dem Aktivismus, den wir sehen,

00:38:20: also das Hinaufklettern auf Ölplattform, Schiffe, was auch immer,

00:38:25: haben wir hier einen wirklichen Denk-Pool auch.

00:38:29: Und ich glaube, das drückt der Adam ja auch an dem Zugbeispiel aus.

00:38:32: Es geht ja immer darum, dann da in sich zu sein und bei sich zu sein,

00:38:36: mit den Dingen, die man tut und damit etwas zu bewegen.

00:38:39: Und das finde ich stark an Menschen wie dem Adam,

00:38:43: dass die ihr Können, ihr Wissen, ihre Intelligenz

00:38:47: und ihren Enthusiasmus, ihre Zeit einsetzen, um so etwas zu bewegen.

00:38:51: Und das Finanzthema, das ihr da gerade anpackt, ist ja kein unkomplexes.

00:38:55: Also da kann ich immer nur sagen: Kompliment,

00:38:56: sich da reinzuarbeiten und zu sehen,

00:38:59: wie kann man daraus was machen für eine Gestaltung einer besseren Welt,

00:39:04: die nachhaltig und umweltfreundlich und ein gutes Leben für uns alle bietet.

00:39:09: Das finde ich toll.

00:39:10: Dann sage ich: Danke für diese Schlussworte.

00:39:13: Danke Adam, dass du bei uns warst.

00:39:15: Und ich bedanke mich bei euch, dass ihr diesmal wieder dabei wart,

00:39:18: bei Freitag in der Arena, mit einem Zitat,

00:39:20: das ich auf dem Lebenslauf von Adam gefunden habe:

00:39:24: Give me the strength to change the things I can,

00:39:26: the humility to accept the things I cannot

00:39:29: and the wisdom to know the difference.

00:39:32: Ein gutes, ein schönes Motto.

00:39:34: Ich bedanke mich, dass ihr wieder mit bei Freitag in der Arena dabei wart.

00:39:38: Vielleicht hat es euch was zum Nachdenken gebracht heute.

00:39:42: Schreibt uns, was ihr von uns wissen wollt,

00:39:44: was ihr euch denkt, wenn ihr uns hört oder seht.

00:39:46: Und ich freue mich, wenn wir uns bald wiedertreffen.

00:39:49: Danke und Ciao.

Über diesen Podcast

Wie können wir die Klimakrise bewältigen, ökologisch nachhaltig leben und die erneuerbare Energiezukunft vorantreiben?
Mit dieser Frage beschäftigen sich die oekostrom AG-Vorstände Hildegard Aichberger und Ulrich Streibl in diesem Podcast. Jeden Monat sprechen die beiden in der Arena Wien mit jeweils einer/einem Gesprächspartner:in über neue Ideen und Lösungsansätze rund um Klimaschutz und Nachhaltigkeit.
Die oekostrom AG setzt sich als Anbieterin und Produzentin von Strom aus erneuerbaren Energiequellen aktiv für eine ökologische, zukunftsfähige Energieversorgung ein und treibt den Energiewandel voran. Durch den Dialog mit Expert:innen und Entscheidungsträger:innen der Energiewirtschaft wird laufend ein Blick über den Tellerrand geworfen.

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