00:00:07: Herzlich willkommen in der Wiener Arena.
00:00:10: Es ist wieder mal Freitag und Freitag in der Arena,
00:00:13: das ist der Öko-, Klima- und Nachhaltigkeitstalk der oekostrom AG.
00:00:18: Ich begrüße euch ganz, ganz herzlich hier.
00:00:20: Mein Name ist Tom Rottenberg
00:00:22: und mit mir gemeinsam sagt Ulrich Streibl: Hallo!
00:00:25: Herzlich willkommen!
00:00:26: Heute sprechen wir wieder bei Freitag in der Arena
00:00:29: über Klima, über Umwelt, über Nachhaltigkeit und über Zukunft.
00:00:33: Und heute tue ich das mit einem Umwelt-Journalisten: Benedikt Narodoslawsky.
00:00:39: Willkommen Benedikt. Schön, dass du da bist.
00:00:41: Hallo, mein Name ist Benedikt Narodoslawsky.
00:00:43: Ich schreibe für die Wochenzeitung Falter und leite das Naturressort.
00:00:47: Und habe vor einem Jahr das Buch geschrieben „Inside Fridays for Future“,
00:00:51: um die österreichische Klimabewegung zu porträtieren.
00:00:56: Meine Aufgabe als Journalist ist es, auf die zwei größten Krisen,
00:00:59: die wir momentan haben, aufmerksam zu machen und die Leute aufzurütteln.
00:01:04: Das ist die Klimakrise und die Biodiversitätskrise.
00:01:06: Wenn wir die beiden Krisen nicht in den Griff kriegen,
00:01:09: dann haben wir wirklich ein Problem.
00:01:11: Hi Naro. Schön, dass du da bist.
00:01:14: Dass ich Naro sage, liegt daran,
00:01:16: dass es auch die größten Profis beim Namen Narodoslawsky
00:01:19: immer wieder aufhaut.
00:01:21: Unter Naro kennt man dich im österreichischen Journalistenumfeld.
00:01:25: Und da muss ich jetzt auch gleich mal eines sagen:
00:01:27: Wir haben jahrelang beim Falter gemeinsam gearbeitet.
00:01:30: Das klingt jetzt ein bisschen inzestuös.
00:01:32: Du redigierst, wenn ich für den Falter noch etwas schreibe, meine Geschichten.
00:01:35: Ich habe dich, wie du dein Buch geschrieben hast –
00:01:37: über das wir gleich reden werden -
00:01:38: für den Falter auch vor der Videokamera interviewt.
00:01:41: Ist es so ein typisches Wiener Journalisten Ding,
00:01:45: dass da Freunde mit Freunden reden?
00:01:47: Ist dir das ein bisschen unangenehm?
00:01:48: Nein, du bist mir nicht unangenehm.
00:01:50: Wir sind ja im selben Zimmer gesessen.
00:01:51: Ich fühle mich sehr wohl. Danke.
00:01:53: Aber inhaltlich ist das schon noch etwas,
00:01:55: was man thematisieren muss.
00:01:57: Und deswegen hat Ulrich heute ein bisschen die Aufgabe, die ich sonst habe.
00:02:01: Er wird schauen, dass wir uns nicht zu sehr umarmen.
00:02:04: Ulrich, wie geht es dir so, zwischen zwei Freunden zu sitzen?
00:02:07: Ihr werdet euch schon was zu sagen haben.
00:02:09: Und wenn ihr zu sehr in eure Journalisten-Blase verfallt,
00:02:13: dann melde ich mich schon.
00:02:15: Auf jeden Fall ist es ja mal spannend.
00:02:16: Ihr seid beide bekannte, tolle Journalisten.
00:02:19: Schreibt beide für den Falter und andere tolle Medien.
00:02:24: Der Falter ist ja insgesamt eine interessante Publikation.
00:02:27: Weil noch vor vielen Jahren, als ich so wirklich in meiner neoliberalen Blase war,
00:02:31: da hätte ich das so als linkslinkes Kampf-Pamphlet eingeordnet.
00:02:35: Aber inzwischen lese ich ihn total gerne.
00:02:36: Ihr habt jetzt auch ein Naturressort.
00:02:38: Das finde ich total spannend.
00:02:39: Reden wir sicher noch drüber.
00:02:41: Insofern – ich komm schon zurecht mit euch zwei.
00:02:43: Naro, du hast nicht nur beim Falter dieses Umwelt-, Klima-, Naturressort
00:02:47: gerade gegründet, gerade aus der Taufe gehoben,
00:02:49: sondern du hast auch ein Buch geschrieben.
00:02:52: Freitag in der Arena redet über Inside Fridays for Future,
00:02:56: geschrieben von Benedikt Narodoslawsky.
00:02:58: Ein Buch, in dem du den Fridays auf die Finger
00:03:02: und auf die Lippen geschaut hast.
00:03:05: Das haben schon viele getan.
00:03:06: Aber in diesem Buch ist man doch sehr, sehr nah an diesen jungen Menschen,
00:03:10: die die Klimabewegung massiv nach vorne getrieben haben.
00:03:14: Warum schreibt man sowas?
00:03:16: Da muss ich ein bisschen ausholen.
00:03:17: Ich bin damals 2018 in Karenz gegangen.
00:03:21: Das war ein Monat, bevor dieses schwedische Mädel
00:03:24: sich vor das schwedische Parlament gesetzt hat.
00:03:27: Und in der Zeit habe ich mir gedacht,
00:03:31: ich habe jetzt sehr viel übers Klima geschrieben,
00:03:34: aber jetzt kümmere ich mich mal um die Familie.
00:03:37: Und ich habe immer im Journalismus das Problem gehabt,
00:03:39: mit dem Thema durchzukommen, weil es klingt total sperrig.
00:03:41: Es ist kompliziert, eigentlich passiert es dauernd.
00:03:46: Die Klimakrise passiert ja dauernd.
00:03:47: Nicht so wie bei einem Terroranschlag,
00:03:49: der jetzt einmal einen Klescher (Knall) macht.
00:03:51: Sondern das ist ja so die permanente Katastrophe eigentlich.
00:03:55: Das ist schwierig, da durchzukommen.
00:03:57: Und ich bin dann in Karenz gegangen, um mich um meine Tochter zu kümmern.
00:04:00: Und habe im Hintergrund überlegt:
00:04:02: Wie kann man dieses Thema jetzt aufbereiten.
00:04:04: Und hab mich mit Klimawissenschaftlern getroffen. Habe mit denen gesprochen.
00:04:10: Weil ja die ein großes Interesse gehabt haben, das Thema reinzubringen.
00:04:13: Weil die sind ja alarmiert, die haben ja jeden Tag damit zu tun.
00:04:16: Und haben sich damals auch gewundert, warum das Thema nicht öffentlicher wird.
00:04:21: Also das war so die Ausgangslage.
00:04:23: Und als ich dann ein Jahr später zurückgekommen bin,
00:04:26: war die Situation komplett anders.
00:04:28: Also ich habe jahrelang gekämpft um das Thema
00:04:32: und auf einmal habe ich Cover-Geschichten schreiben können, habe Platz bekommen.
00:04:37: Und meinen Kollegen ist es ja genau gleich gegangen.
00:04:39: Also es gibt ja Journalisten, die schon vorher diese Problematik gehabt haben
00:04:45: und die um diesen Platz gerungen haben.
00:04:48: Und auf einmal haben sich da Türen aufgetan.
00:04:50: Ich bin durch die Straßen gegangen...
00:04:51: auf einmal waren die Wahlplakate... da ist überall Klima oben gestanden.
00:04:54: Selbst auf der ÖVP Seite.
00:04:56: Und jede Partei, bis auf die Freiheitlichen, haben mit Klima geworben.
00:05:01: Das war noch nie da.
00:05:02: Die Journalisten, die Politik, aber auch die Wissenschaft hat sich extrem verändert.
00:05:06: Die sind auf einmal richtig, mehr oder weniger offensiv geworden.
00:05:11: Die haben Pressekonferenzen veranstaltet, wo sie richtig alarmierend aufgetreten sind,
00:05:16: nicht mehr in diesem nüchternen Ton.
00:05:18: Und all das hat eigentlich diese Bewegung ermöglicht.
00:05:21: Sie hat die Medienlandschaft verändert.
00:05:23: Sie hat die politische Landschaft verändert.
00:05:25: Sie hat die Wissenschaft verändert.
00:05:27: Sie hat sicher auch die Jugend politisiert.
00:05:29: Und ich merke es auch in meinem Umfeld.
00:05:31: Leute haben über das Klima zum Reden angefangen,
00:05:33: die vorher einfach nicht dran interessiert waren
00:05:36: oder waren noch einmal viel elektrisierter.
00:05:38: Eigentlich ist das Buch dann aus einer Redaktionskonferenz entstanden.
00:05:43: Ich wollt halt vor dem größten Klima-Streik im September sagen:
00:05:46: Ich will jetzt erklären, wie das passiert ist.
00:05:49: Wir haben ja vorher schon Greta Thunberg einmal kurz getroffen für ein Interview.
00:05:53: Und ich habe ein großes Portrait drüber gemacht.
00:05:55: Aber ich wollt auch die österreichische Bewegung zeigen.
00:05:58: Wie haben die das geschafft, dass 100 000 Leute am Heldenplatz stehen?
00:06:02: Wie geht so was?
00:06:03: Und wie haben sie es geschafft?
00:06:05: Das füllt ein ganzes Buch.
00:06:07: Aber grundsätzlich ist der springende Punkt,
00:06:11: dass sie das Narrativ geändert haben.
00:06:13: Also diese Erzählung, die du in der Politik und in der Öffentlichkeit brauchst.
00:06:17: Es war ja so: Der Papst hat vor dem Ding gewarnt.
00:06:21: Leonardo di Caprio hat bei der Oscar-Rede davor gewarnt.
00:06:24: Es waren ja wirkliche Promis, die schon dieses Thema massiv pushen wollten.
00:06:29: Es macht einen Unterschied, ob dann ein Mädel dort sitzt,
00:06:32: die redet wie eine 30jährige, aber ausschaut wie eine 12jährige
00:06:38: und sagt: Ihr versaut meine Zukunft.
00:06:42: Das hat Leonardo di Caprio auch schon gesagt:
00:06:44: Es geht um unsere Kinder.
00:06:45: Aber wenn das Kind aufsteht und sagt:
00:06:47: Ihr - und ich - und ihr macht mir das kaputt.
00:06:52: Dann ist diese Wirkung erstens eine andere und das Narrativ ändert sich.
00:06:57: Wir haben ganz lange über diesen traurigen Eisbären geredet,
00:07:00: der da auf dieser einsamen Scholle herumtreibt.
00:07:03: Und dieser Eisbär tänzelt und jeder ist traurig:
00:07:06: Ma, die Klimakrise tötet den Eisbären.
00:07:09: Aber eigentlich ist uns dieser Eisbär halt auch ziemlich egal.
00:07:12: Weil er ist weit weg.
00:07:14: Und ich will jetzt eigentlich trotzdem mit dem Auto fahren.
00:07:17: Aber wenn dein eigenes Kind...
00:07:18: Also ich bin jetzt Vater von zwei Töchtern.
00:07:21: Es gibt nichts Emotionaleres, als du verhaust eigentlich grad deren Leben.
00:07:26: Und im großen Stil machen wir das leider.
00:07:28: Also wenn es da nicht zu einer Trendwende kommt,
00:07:31: dann schaut es wirklich so aus.
00:07:33: Das ist ja nicht nur so dahingesagt.
00:07:36: Sondern da stehen ja wirklich ganz alarmierende Studien
00:07:38: von den renommiertesten Wissenschaftlern dahinter.
00:07:41: Und wenn die Wissenschaft das sagt, dann -
00:07:44: wenn man jetzt nicht dem Aberglauben anhängt -
00:07:49: dann muss man das ernst nehmen.
00:07:51: Und dann muss man halt sagen: Wir haben echt ein massives Problem.
00:07:53: Und diese Fridays for Future Bewegung ist einfach der Schlüssel gewesen,
00:08:00: der zu einer irrsinnig großen Änderung geführt hat.
00:08:03: Ende Mai 2019 hat es die EU-Wahlen gegeben.
00:08:06: Und ich habe da mit Wahlforschern geredet.
00:08:09: Christoph Hofinger, der immer die Hochrechnungen macht im ORF.
00:08:13: Dessen Berechnungen immer punktgenau stimmen.
00:08:15: Also der ist echt super.
00:08:17: Und der sagt: Sie haben nicht gewusst, was da los ist.
00:08:19: Sie haben es einfach nicht kommen sehen.
00:08:21: Auf einmal haben die Leute… hat es eine grüne Welle gegeben.
00:08:24: Nicht nur in Österreich.
00:08:25: Es hat die Welle gegeben in Frankreich, in Deutschland, in den nordischen Staaten.
00:08:30: Klima ist schlagartig, in kürzester Zeit,
00:08:34: zum wichtigsten Thema in sehr vielen Ländern geworden
00:08:37: und zum zweitwichtigsten insgesamt.
00:08:39: Du erzählst uns jetzt, dass irgendwie auf einmal,
00:08:41: als du mit dem Buch begonnen hast,
00:08:43: waren alle politischen Parteien, alle politischen Player, die Wirtschaft...
00:08:47: alle haben auf einmal voll auf Klima gesetzt.
00:08:50: Ulrich und ich sitzen hier und sagen jedes Mal:
00:08:54: Liebe Leute, uns rennt die Zeit davon. Wir müssen was tun.
00:08:56: Ulrich, siehst du das auch so, dass irgendwie...
00:08:58: Also da war dieses politische Bekenntnis.
00:08:59: Aber getan hat sich doch gar nicht wirklich so viel, oder?
00:09:02: Es hat sich wirklich wenig getan.
00:09:04: Ich finde auch heute, dass es viel zu langsam geht.
00:09:07: Allerdings ist da schon was passiert.
00:09:10: Und ich will nochmal das Narrativ aufgreifen,
00:09:12: dass der Benedikt erwähnt hat.
00:09:14: Greta Thunberg war ja in Wien.
00:09:17: Und sie hat gesprochen im großen Festsaal der Hofburg.
00:09:21: Und ich war dabei.
00:09:23: Und da ist erst der Generalsekretär Guterres der Vereinten Nationen.
00:09:31: Dann geht Arnold Schwarzenegger rauf.
00:09:32: Begrüßt worden ist von Alexander Van der Bellen, von unserem Bundespräsidenten.
00:09:37: Und dann geht diese junge Frau da rauf.
00:09:41: Ganz leise. Ganz ruhig. Stellt sich da oben hin.
00:09:46: Spricht ein brillantes Englisch. In klar verständlichen Sätzen.
00:09:51: Und sagt: Ihr in diesem Raum - ihr habt die Macht.
00:09:58: Ihr zerstört meine Zukunft.
00:10:00: Und ihr seid verantwortlich.
00:10:04: Und dann ist Totenstille im Raum.
00:10:06: Da waren wahrscheinlich 800 Leute. Totenstille.
00:10:10: Und dann langsam steht einer auf.
00:10:12: Dann stehen alle auf und beklatschen diese junge Frau.
00:10:17: Weil das so eine Betroffenheit ausgelöst hat bei allen.
00:10:20: So eine unglaubliche Betroffenheit.
00:10:23: Und wo immer die auftritt, geht diese Betroffenheit den Menschen unter die Haut.
00:10:29: So empfinde ich es.
00:10:30: Ich habe Greta Thunberg genau dazu gefragt.
00:10:32: Und sie hat gesagt, sie versteht nicht, warum die Leute klatschen.
00:10:36: Weil, sie tun ja nichts.
00:10:38: Und sie kommt sich dann immer sehr lächerlich vor.
00:10:42: Aber ich muss das ins Verhältnis rücken.
00:10:44: Also diese Transformation, von der wir da sprechen,
00:10:50: das passiert nicht auf Knopfdruck.
00:10:52: 2018 im Sommer ist diese Frau das erste Mal vor das Parlament gezogen.
00:10:56: Kurz vor den Parlamentswahlen in Schweden.
00:10:59: Ein Jahr später, 2019 stehen 100 000 Leute in Wien auf der Straße.
00:11:06: In einem ganz anderen Land.
00:11:07: Sie hat mit einer Person begonnen, nämlich mit Greta Thunberg, ein Schulmädchen.
00:11:11: Und 2020 haben wir jetzt den Green Deal.
00:11:15: Und 2021 - das wird jetzt dich auch betreffen -
00:11:19: haben wir jetzt das Erneuerbaren Ausbau Gesetz z.B.,
00:11:23: das jetzt kurz vor dem Beschluss steht.
00:11:26: Das heißt, erstens einmal hat es einen Regierungswechsel gegeben.
00:11:30: Die Grünen wären nie ins Parlament kommen.
00:11:32: Die waren tot. Zu dem Zeitpunkt waren sie tot.
00:11:36: Und jetzt sind sie in der Regierung.
00:11:38: Sie haben das Ziel verankert: 2040 Klimaneutralität.
00:11:43: Sie bereiten jetzt 2030 das Ziel vor: 100 Prozent erneuerbarer Strom -
00:11:49: bilanziell übers Jahr gerechnet...wir wissen es schon.
00:11:52: Aber da passiert grad sehr viel.
00:11:55: Und dass wir das jetzt nicht in einem Jahr schaffen, ist völlig klar.
00:11:59: Mir geht das auch alles zu langsam. Es stimmt.
00:12:01: Aber es ist überhaupt kein Zweifel,
00:12:04: dass da Unglaubliches in Bewegung gerät oder geraten ist.
00:12:08: Alleine, dass die Europäische Investitionsbank über den Green Deal
00:12:12: eine Billion Euro aufstellen soll für den Kampf gegen den Klimawandel.
00:12:17: Das sind tausend Milliarden, das sind zwölf Nullen, glaube ich.
00:12:21: Das ist einfach so eine irre Summe, dass man da schon etwas weiter kriegt.
00:12:26: Und auch dieser Wiederaufbau-Gedanke,
00:12:29: dass man den grün macht, ist halt höchst sinnvoll.
00:12:32: Wir dürfen nicht vergessen,
00:12:34: dass diese Klimakrise seit den Siebzigerjahren wissenschaftlich bekannt ist
00:12:39: und seit den Neunzigerjahren politisch am Tisch ist.
00:12:42: Und es war immer zu wenig Zeit.
00:12:44: Aber es hat sich noch nie so viel getan wie jetzt.
00:12:46: Natürlich ist jetzt die Zeit sehr knapp.
00:12:48: Aber das, was jetzt eingesetzt hat, in den letzten Jahren –
00:12:52: wenn das zehn Jahre vorher gekommen wäre...
00:12:55: Wir hätten es viel leichter gehabt.
00:12:57: Aber es wäre vor zehn Jahren genau schon so eine unglaubliche Dringlichkeit gewesen.
00:13:01: Ich habe mich damals auch gefragt - wir haben vorher drüber gesprochen:
00:13:03: Wie kann man da eigentlich klatschen? Was ist das?
00:13:06: Beklatsche ich da mein eigenes Unvermögen?
00:13:08: Oder klatsche ich, weil es mir peinlich ist?
00:13:10: Oder klatsche ich, weil ich die Frau so toll finde?
00:13:12: Und hoffentlich hat das ähnliches ausgelöst bei allen anderen.
00:13:17: Nämlich die Frage: Wieso klatschen wir?
00:13:19: Weil es ist ja meine Generation,
00:13:22: wahrscheinlich mit der davor, also der meiner Eltern,
00:13:25: die uns in diese Klimakrise geführt haben.
00:13:27: Deswegen haben wir eine besondere Verantwortung,
00:13:30: diese Klimakrise auch zu lösen.
00:13:32: Und das ist ja auch der Grund,
00:13:34: warum ich in meinem Leben auch durchaus einen neuen Fokus gesucht habe.
00:13:40: Ich war zwar immer in der Energiewirtschaft,
00:13:42: aber nicht immer in der Erneuerbaren.
00:13:45: Und da ist es aber ganz klar zu einem Bruch gekommen vor Greta Thunberg.
00:13:51: Aber vielleicht beschleunigt durch Greta Thunberg.
00:13:54: Einfach zu sagen: Wir müssen unsere Kraft einsetzen,
00:13:57: um die großen Dinge, die unser Leben bewegen, zu regeln.
00:14:04: Und die Klimakrise ist die allergrößte Krise, die wir haben.
00:14:09: Die vielleicht die Menschheit überhaupt jemals hatte.
00:14:12: Und wenn man da nichts tut dafür und da nicht reingeht,
00:14:15: dann glaube ich, wird man auch der eigenen sozialen Verantwortung nicht gerecht.
00:14:20: Das ist vielleicht eine Antwort, warum das so erfolgreich war.
00:14:24: Weil sie einfach so eine unglaublich super Figur ist,
00:14:28: die wie aus einem Hollywood Drehbuch stammt.
00:14:31: Sie vereint ganz viel irgendwie.
00:14:34: Sie ist ja nicht nur das Mädchen.
00:14:36: Sondern ihre ganze Geschichte ist ja so spannend.
00:14:39: Dass sie eigentlich die volle Außenseiterin war
00:14:42: und jetzt quasi bei Demonstrationen an vorderster Front steht
00:14:47: und irgendwie 10 000 Leute hinter ihr her gehen.
00:14:50: Das sind so Märchengeschichten eigentlich,
00:14:55: die auch so berühren, die seit Ewigkeiten uns berühren.
00:14:59: Eben dieses Mauerblümchen, das aufblüht.
00:15:01: Dieses Asperger-Ding...
00:15:04: da gibt's ja Hollywoodfilme vom Mercury Pastell abwärts, Rainman und so.
00:15:10: Diese begnadeten, gescheiten Typen,
00:15:12: die ganz einen starken Fokus haben und hochintelligent sind.
00:15:16: Und auch irgendwie ein bissel schrullig sind.
00:15:19: Aber so einfach... dieses junge Mädel versteht einfach die Klimakrise
00:15:26: und kann es besser auf den Punkt bringen als alle anderen vor ihr.
00:15:29: Also das ist so eine unglaubliche Gabe.
00:15:32: Sie vereint da sehr viel, finde ich.
00:15:35: Auch diese Überfahrt in die USA - das hat fast etwas Mythisches.
00:15:41: Es ist ja fast wie diese Arche Noah, diese Überfahrt, die Odyssee.
00:15:46: Das sind lauter so Dinge.
00:15:48: Die macht halt sehr viel richtig irgendwie in der Erzählung.
00:15:51: Und deswegen ist das ja so spannend, diese Frau.
00:15:55: Wenn man jemanden casten hätte müssen für diese Rolle,
00:15:59: dann wäre es einfach sie geworden eigentlich.
00:16:02: Das finde ich auch nochmal so interessant.
00:16:05: Und ich habe sie ja interviewt und das war so spannend.
00:16:10: Erstens, weil das, was du gesagt hast: dieses brillante Englisch.
00:16:13: Und ich habe mir ja wirklich quasi in die Hosen gemacht.
00:16:16: Und ich habe mir die Fragen aufgeschrieben,
00:16:18: weil ich gedacht habe, das wäre jetzt echt peinlich, wenn ich da Fehler mach.
00:16:23: Die war halt so echt interessiert am Thema.
00:16:27: Und ich habe auch gewusst,
00:16:28: dass sie am Thema interessiert ist, nicht an ihrer Person.
00:16:30: Aber die macht es echt so authentisch.
00:16:33: Die will einfach, dass wir das in den Griff kriegen.
00:16:35: Und es gibt schon immer Figuren,
00:16:38: die sich auch gesonnt haben in diesem Demonstrationsbad.
00:16:42: Und auch einmal wichtig sein wollten, auch bei den jungen Leuten.
00:16:45: Also der Großteil der Fridays
00:16:47: ist wirklich authentisch, cool, gescheit und will was bewegen.
00:16:51: Aber es gibt ja immer wieder bei so 100 000 Leuten mal die, die gerne mal...
00:16:56: die, wo es um sich selber geht ein bissel.
00:16:58: Das habe ich bei Greta Thunberg überhaupt nie gespürt.
00:17:03: Ich kann mich erinnern, die ist so mit einer Menschentraube raufgekommen.
00:17:07: Wir haben das Interview in der französischen Botschaft gehabt.
00:17:10: Gleich neben dem Schwarzenbergplatz, wo die Demo dann war.
00:17:13: Und da war es dann so, dass sie sich gleich entfernt hat
00:17:18: und eigentlich alleine sein wollte.
00:17:20: Also die will auch nicht diesen Fame haben, hat man das Gefühl.
00:17:23: Wie gesagt, sie nutzt quasi diesen Hype um ihre Person,
00:17:27: um aufs Thema aufmerksam zu machen.
00:17:29: Aber ihr ist das extrem unangenehm eigentlich.
00:17:31: Aber es war für mich so dieses starke Bild, wie sie da steht -
00:17:34: ihre Geschichte kennend –
00:17:36: da an diesem Fenster, wie sie da runter schaut,
00:17:38: wie sich der Schwarzenbergplatz so langsam füllt und ein Demo-Meer wird.
00:17:43: Und sie ist abseits gestanden von allen.
00:17:45: Und es war echt so ein ganz ein arger Gänsehaut-Moment für mich dann.
00:17:49: Dieses Mädel, das vor wenigen Jahren aus dieser Depression gekommen ist,
00:17:54: weil sie nicht gewusst hat, wie es weitergeht,
00:17:56: jetzt zu sehen, dass auf einmal durch sie
00:17:59: so viele Leute auf die Straße gehen.
00:18:01: Und grade irgendwie die EU-Wahlen gewonnen haben -
00:18:03: weil das war eine Woche später.
00:18:05: Das war echt ganz magisch. Obwohl sie total unmagisch ist.
00:18:11: Also sie ist ja sehr zerbrechlich, klein.
00:18:13: Wenn du ihr die Hand gibst, ist da überhaupt kein Druck oder so.
00:18:15: Sie ist extrem schüchtern.
00:18:17: Aber das sind diese Brüche für mich.
00:18:22: Also diese zierliche, zerbrechliche Figur,
00:18:25: die so eine unglaubliche Macht entfaltet.
00:18:27: Jetzt habe ich mich gestern auf das Gespräch vorbereitet
00:18:29: und dann kommt meine elfjährige Tochter rein.
00:18:32: Und im Zuge des Gesprächs, sagt sie dann:
00:18:35: Gibt's die Greta eigentlich noch?
00:18:39: Wo ist sie? Was tut sie?
00:18:41: Verliert die Bewegung Schwung im Moment?
00:18:45: Also Greta ist noch da.
00:18:47: Und natürlich ist sie nicht so in der Öffentlichkeit.
00:18:50: Das ist natürlich auch dem Corona-Thema geschuldet.
00:18:53: Aber ich glaube, sie hat gesagt:
00:18:54: Eigentlich sollte die Klimakonferenz von Glasgow nicht stattfinden,
00:18:58: wenn die Leute nicht durchgeimpft sind
00:19:00: und die armen Länder sich das nicht leisten können.
00:19:02: Wir sollten warten, wenn ich es richtig verstanden habe.
00:19:05: Und England ist in heller Aufregung wegen dieser Aussage einer Person.
00:19:09: Also es ist nicht so, dass sie Magie verloren hätte oder an Kraft.
00:19:14: Es ist noch immer eine unglaublich starke Stimme.
00:19:16: Die Bewegung hat massiv an Schwung verloren.
00:19:21: Liegt an mehreren Gründen.
00:19:23: Corona ist eines.
00:19:24: Aber auch schon, wie ich das Buch fertiggestellt habe, Anfang 2020,
00:19:29: da habe ich bei einem sogenannten Plenum dabei sein dürfen.
00:19:34: Da koordinieren sie diese Aktivistinnen und Aktivisten.
00:19:39: Und haben Bilanz gezogen, wie das Jahr 2019 für sie war.
00:19:44: Das war einfach auch für Österreich auch das Klimajahr.
00:19:47: Da waren sie schon sehr ernüchtert.
00:19:50: Also weil das sind ja lauter junge Leute,
00:19:55: die in die Schule gehen oder die studieren.
00:19:57: Das heißt, die haben jetzt sehr viel Zeit investiert.
00:20:01: Und wie dir, geht denen das alles viel zu wenig schnell.
00:20:06: Und dann kommen Probleme dazu, wie: Es gibt die Gegenstimmen.
00:20:12: Es ist unglaublich aufreibend.
00:20:13: Eigentlich kriegst du nichts dafür.
00:20:15: Du gehst auf die Straße und es passiert noch nicht schnell.
00:20:18: Das heißt, die Früchte des Lohns - das ist nicht da für sie.
00:20:24: Es ist nicht so greifbar.
00:20:25: Auch wenn sie wirklich irre viel erreicht haben.
00:20:27: Am meisten sind, glaube ich, die Gmundner beklatscht geworden.
00:20:31: Da hat der Bürgermeister dann das Feuerwerk verboten zu Silvester.
00:20:39: Und das war dann so eine konkrete Maßnahme.
00:20:41: Und dann hat es so einen Pakt gegeben,
00:20:43: dass die Gemeinde klimafreundlich wird.
00:20:46: Aber dann...was kommt jetzt noch?
00:20:49: Was können sie noch machen?
00:20:51: Also sie haben jetzt eh schon viel erreicht.
00:20:52: Und da gibt's einfach sehr viel diese Ermüdungserscheinungen.
00:20:56: Die machen das alles unentgeltlich.
00:20:58: Dann bröckeln so die Mitglieder weg.
00:21:02: Und das ist alles so schwierig.
00:21:05: Das findet ich jetzt nämlich auch extrem spannend.
00:21:07: Weil sogar die Aktivisten sind unzufrieden mit den wenig sichtbaren Erfolgen,
00:21:14: mit den plakativen Erfolgen nämlich.
00:21:16: Das Feuerwerk wird verboten. Super!
00:21:19: Da wäre doch eigentlich der Journalismus gefordert,
00:21:21: immer wieder Öl oder Kerosin auf diese Art des Feuers zu gießen.
00:21:25: Nämlich auf die Empörung, speziell von jungen Leuten.
00:21:28: Um da wieder Energie reinzupulvern.
00:21:30: Die Frage ist: Seid ihr nicht auch in einem Dilemma,
00:21:33: dass ihr Themen beschreibt in euren Publikationen
00:21:37: und letztlich aber nichts daraus entsteht,
00:21:40: weil ihr aufgrund der Langfristigkeit dessen, was wir da tun müssen,
00:21:43: gar nichts entstehen kann - heute, morgen, übermorgen.
00:21:46: Das geht ja gar nicht.
00:21:47: Also seid ihr da in der gleichen Situation wie die jungen Leute,
00:21:50: dass ihr schreibt, schreibt, schreibt.
00:21:51: Euch bemüht. Stellung nehmt.
00:21:54: Aber dann das Gefühl habt, dass da ja eigentlich gar nichts passiert.
00:21:57: Ich würde dem wirklich widersprechen.
00:22:00: Ich rede jetzt gar nicht einmal für den Falter.
00:22:02: Sondern es hat eine unglaubliche Sensibilisierung gegeben für das Thema,
00:22:09: auch in anderen Medien...
00:22:10: also dass der ORF jetzt mit einem Klima-Tag daherkommt...
00:22:14: was insgesamt zu wenig ist.
00:22:15: Aber ich habe mir mal vorher durchgeschaut,
00:22:17: wie viel im Zentrum da ums Klima gegangen ist.
00:22:20: Und es war nie.
00:22:21: Und mit dieser Bewegung hat auch der ORF reagiert.
00:22:26: Und das ist natürlich meinungsbildend.
00:22:28: Die Kronenzeitung, ist jetzt nicht der wahnsinnige Freund des Falters,
00:22:32: aber die haben eine Klima-Kampagne gestartet.
00:22:35: Und Helga Kromp-Kolb hat noch immer eine regelmäßige Kolumne da drinnen.
00:22:41: Also die prominenteste Klimawissenschaftlerin von Österreich.
00:22:45: Da ist schon wirklich was passiert.
00:22:47: Also es geht dann runter bis zur Tele-Zeitung vom Fernsehen,
00:22:52: wo der Inhaber so mitgenommen ist von den Worten von Greta Thunberg,
00:22:57: dass er eine eigene Klima-Kampange fährt und gar nicht mehr für sein Heft wirbt,
00:23:00: sondern prominente Schauspieler irgendwie Platz gibt,
00:23:05: um vor der Klimakrise zu warnen.
00:23:07: Also da ist viel passiert.
00:23:09: Und die Medien sind natürlich unglaublich wichtig für die Meinungsbildung.
00:23:13: Wenn in der Krone steht,
00:23:15: die ÖVP bremst beim Klima-Volksbegehren und die Verhandlungen gehen nicht weiter -
00:23:22: und es steht auf der Titelseite.
00:23:24: Und ich will jetzt keine Kronen-Werbung machen. Wirklich nicht.
00:23:27: Aber wenn das da vorne steht
00:23:28: und lustigerweise nach einem Monat, zwei Monaten Verhandlungen
00:23:34: geht auf einmal wenige Tage später was weiter
00:23:37: und das Klima-Volksbegehren wird erfolgreich im Parlament behandelt,
00:23:41: weil sogar die ÖVP zustimmt.
00:23:44: Dann muss ich sagen, der Journalismus ist da extrem wichtig.
00:23:49: Wir im Falter versuchen das ja eh laufend,
00:23:51: denen auf die Finger zu klopfen, die es verbocken.
00:23:55: Aber das machen nicht nur wir.
00:23:56: Das macht teilweise der Boulevard.
00:23:59: Teilweise fängt der ORF jetzt an.
00:24:01: Und ich glaube, das ist total wichtig.
00:24:03: Und trotzdem gibt es Umfragen,
00:24:06: in denen immer noch zweistellige Prozentzahlen der Bevölkerung sagen:
00:24:10: Klimawandel gibt es gar nicht.
00:24:12: Wo Leute sagen, das ist ein natürliches Phänomen.
00:24:15: Und auch wo sie sagen: Mehr Maßnahmen würden wir nicht mittragen.
00:24:20: Weil wir lieber mit dem Auto fahren wollen.
00:24:23: Ja, der Journalismus setzt sich ein.
00:24:26: Leute, wie der Ulrich, predigen auch regelmäßig.
00:24:29: Aber die Leute glauben es zu einem großen Teil noch immer nicht.
00:24:34: Nein, das stimmt überhaupt nicht.
00:24:35: Der Großteil der Bevölkerung, da gibt's Umfragen,
00:24:37: ist z.B. für die CO2-Steuer.
00:24:39: Da gibt's ganz mächtige Player im Hintergrund, die dagegen sind und die das bremsen.
00:24:43: Das ist mir schon bewusst, dass es die gibt.
00:24:46: Und da gibt's dieses sehr gute Buch von Daniel Kahneman,
00:24:52: der den Wirtschaftsnobelpreis als Psychologe gewonnen hat.
00:24:55: Der beschreibt: Die, die was verlieren,
00:24:59: die sind immer lauter als die, die was gewinnen.
00:25:02: Weil es ist psychologisch erwiesen,
00:25:03: wenn du 50 Euro gewinnst oder auf der Straße findest,
00:25:06: freust du dich nicht so stark drüber,
00:25:09: wie du dich ärgerst, wenn du die 50 Euro verlierst.
00:25:11: Die Verlierer sind immer die Lauteren und Stärkeren.
00:25:14: Weil die haben das schon und wollen es nicht hergeben.
00:25:17: Und oft ist ja sozusagen,
00:25:19: wenn ich jetzt an die PV denke oder Solaranlagen,
00:25:22: oft wissen ja die Installateure gar nicht,
00:25:25: was da für ein Boom entstehen könnte.
00:25:27: Bei meinem Vater hat ein Installateur das aufs Dach gehaut
00:25:31: und hat mehr oder weniger gesagt, er glaubt jetzt nicht dran.
00:25:35: Aber eigentlich ist es sein Job.
00:25:37: Also da ist teilweise das Mindset noch nicht so.
00:25:40: Aber der Großteil der Bevölkerung ist, glaube ich,
00:25:42: sich der Problematik voll bewusst.
00:25:45: Die Frage ist jetzt nur mal, wie wir diesen Wandel gestalten.
00:25:48: Das ist eigentlich die Geschichte.
00:25:51: Und dass das wahrscheinlich weh tun wird,
00:25:54: und zu einer starken Veränderungen führen wird...
00:25:56: Beim EAG sehen wir es - beim Erneuerbaren Ausbau Gesetz.
00:25:59: Wir reden da von 1200 Windrädern, die bis 2030 stehen.
00:26:03: Wir reden von umgerechnet zwei Millionen Hausdächern mit Solaranlagen.
00:26:07: Wir reden von fünf Wasserkraftwerken von Wien-Freudenau.
00:26:12: Das werden wir sehen.
00:26:14: Es werden Wälder aus Windrädern entstehen
00:26:17: und es werden die Häuserdächer schwarz werden.
00:26:19: Und irgendwo werden die Dinge stehen müssen.
00:26:21: Und da ist halt dann ein großes Konfliktpotenzial,
00:26:27: auch mit dem Naturschutz zum Beispiel.
00:26:29: Das muss man alles ausdiskutieren.
00:26:31: Aber die Richtung ist vorgegeben.
00:26:34: Und das ist die richtige Richtung.
00:26:36: Ulrich, bin ich da quasi der Reaktionäre, der sagt,
00:26:40: 15-20 Prozent der Österreicher glauben nicht an Klimawandel.
00:26:43: Naro sagt: Das ist alles irgendwie trotzdem im Fluss.
00:26:46: Und du sagst auch irgendwie,
00:26:48: die Windkraftwerke, die Photovoltaikanlagen, das wird alles kommen.
00:26:52: Bin ich der Berufspessimist?
00:26:54: Es wird kommen, weil es kommen muss.
00:26:56: Es gibt gar keine Alternative.
00:26:59: Also wenn wir uns vorstellen, das nicht zu tun,
00:27:02: dann hätten wir zum Ende des Jahrhunderts 5 Grad erhöhte Erdtemperatur.
00:27:08: Das kann man dann bei uns vielleicht grade noch aushalten.
00:27:12: Das ist dann so einer der letzten Flecken auf der Erde,
00:27:14: auf der man leben kann.
00:27:15: In den südlicheren Ländern kann man dann nimmer leben.
00:27:18: Wo gehen die dann alle hin? Zu uns.
00:27:20: Und dann werden wir soziale Verwerfungen haben, die sind unvorstellbar.
00:27:24: Das geht nicht.
00:27:24: Das killt alle wirtschaftlichen Systeme, alle Gesellschaftssysteme, alle Sozialsysteme.
00:27:28: Das geht nicht.
00:27:29: Also das muss passieren.
00:27:30: Die Frage ist: Ist es jetzt immer bei allen schon angekommen?
00:27:33: Ich weiß es nicht.
00:27:34: Ich finde, ja, es wird viel drüber gesprochen.
00:27:36: Es wird viel darüber diskutiert.
00:27:38: Es gibt vieles in den Medien, Fernsehen, in der Presse.
00:27:41: Haben es alle schon wirklich so weit akzeptiert
00:27:44: und internalisiert, dass sie handeln. Fragezeichen.
00:27:48: Weil du hast jetzt öfters das Erneuerbaren Energien Ausbau Gesetz erwähnt.
00:27:53: Wir haben ein ganz, ganz, ganz starkes Klimaministerium im Moment.
00:27:58: Wirklich.
00:27:59: Die eine hervorragende Arbeit machen und da wirklich etwas vorwärtsbringen.
00:28:06: Wir haben aber gleichzeitig in den Bundesländern nicht die gleiche Unterstützung.
00:28:12: Also ich glaube, irgendjemand muss den Landeshauptleuten sagen:
00:28:16: Es gibt die Klimakrise und es ist auch eure Verantwortung,
00:28:19: dafür etwas zu tun.
00:28:21: Da finde ich, ist der Gedanke noch nicht ausreichend durchgedrungen.
00:28:24: Und da würde ich hoffen, dass auch ihr Journalisten schreibt
00:28:27: und dafür sorgt, dass dieser Gedanke sich in die Bevölkerung hineinzieht
00:28:32: und in die lokale Politik.
00:28:34: Weil da passiert es am Ende.
00:28:35: Wenn du sagst: Die Dächer werden schwarz,
00:28:37: weil die Photovoltaik-Platten eben schwarz sind.
00:28:40: Und dort stehen Windräder.
00:28:41: Dann müssen wir alle auch sagen:
00:28:43: Ja, das müssen wir auch akzeptieren.
00:28:46: Weil eine Kröte müssen wir schlucken.
00:28:47: Und es ist immer noch besser, da stehen ein paar Windräder,
00:28:50: die vielleicht nicht sehr hübsch sind.
00:28:52: Und ein paar Photovoltaik-Anlagen,
00:28:53: die vielleicht auch nicht sehr hübsch sind.
00:28:54: Aber stellen wir uns bitte vor,
00:28:56: wie die Landschaft aussehen würde bei 5 Grad plus.
00:28:59: Dann sind alle unsere Wälder tot,
00:29:00: dann sind die Wiesen verbrannt.
00:29:02: Da schauts ganz anders aus in Österreich.
00:29:04: Also deswegen wird es passieren.
00:29:06: Du hast immer Leute, die irgendwo dagegen sein.
00:29:08: Es gibt nichts, wo du 100 Prozent kriegst. Nirgends.
00:29:11: Und eigentlich sagt die Klimawissenschaft: Lasst die reden.
00:29:16: Die wirst du nicht umdrehen.
00:29:18: Die wirst du nicht mehr kriegen.
00:29:20: Reden wir jetzt quasi vom einfachen Huber Maxl in seinem GTi
00:29:24: oder reden wir quasi von der Erdöl-Lobby und dem Konzernchef,
00:29:30: der irgendwie fett Kohle kassiert
00:29:33: und eigentlich ziemlich geil findet, dass er fett Kohle kassiert.
00:29:36: Also der eine hat natürlich ein wirtschaftliches Interesse,
00:29:39: dass sein Leben so weitergeht.
00:29:41: Da andere auch, nebenbei gesagt.
00:29:43: Aber es ist halt ein Unterschied.
00:29:45: Gibt's quasi den Ölmagnaten, der dann irgendwie Interessensverbände anlobbyiert,
00:29:52: die dann wieder Politik bestimmen.
00:29:54: Das ist einfach kalkuliert. Das ist ja logisch.
00:29:57: Oder wir reden hier von dem Huber Maxl,
00:29:59: der eine Stimme ist von acht Millionen oder neun Millionen Österreichern.
00:30:03: Da ist einmal die Frage, wen adressiert man.
00:30:05: Ich find, man sollte die Leute, die verantwortlich sind für Desinformation –
00:30:09: und da gibt's ja auch Länder, die dahinterstehen, die das vorantreiben -
00:30:12: die muss man vor den Vorhang zerren.
00:30:15: Aber den Huber Maxl würde ich jetzt einmal in Ruhe lassen.
00:30:18: Weil wahrscheinlich hat der nicht wirklich die Zeit,
00:30:20: sich damit zu beschäftigen.
00:30:22: Und wenn er so gern GTI fährt, lassen wir dem seinen GTI.
00:30:26: Es geht um die großen gesellschaftlichen Brüche.
00:30:29: Also ich habe ja nichts davon,
00:30:30: wenn man jetzt das Formel1-Rennen in Spielfeld quasi tötet.
00:30:34: Es geht eigentlich darum, dass man die Alltagswege verändert.
00:30:38: Jetzt einfach nur in Verkehr gesprochen.
00:30:40: Es geht sozusagen um den großen Wurf
00:30:42: und es geht um die ganz große Veränderung.
00:30:45: Und nicht so um dieses:
00:30:47: Die Klima-Ministerin fliegt jetzt mit dem Flugzeug. Das darf sie nicht.
00:30:52: Das sind ja oft die Debatten, die sich dann entspinnen.
00:30:54: Wobei, die fliegt, glaub ich, eh nicht.
00:30:55: Aber das sind immer so Sachen, wie man die gute Idee desavouieren kann.
00:30:59: Also die will Klimaschutz machen,
00:31:02: aber fliegt mit einem Flieger zur Klimakonferenz.
00:31:05: Es ist halt eine absurde Debatte, ganz einfach.
00:31:07: Weil die Leute müssen natürlich irgendwo hin kommen,
00:31:09: um darüber zu diskutieren, wie man die Klimakrise retten.
00:31:12: Ob der jetzt mit dem Flieger fliegt, ist wurscht.
00:31:14: Wir brauchen nur so eine Steuer aufs Fliegen,
00:31:17: sodass 99 Prozent dann nicht mal mehr möglich wird.
00:31:22: Ich finde, das Rigorose und den Optimismus,
00:31:24: wo hier sich ein bisschen jetzt irgendwie
00:31:26: auch die Rollen der sonstigen Gäste ein bisschen getauscht haben,
00:31:29: finde ich sehr faszinierend.
00:31:30: Was mich auch sehr fasziniert, ist: Ihr habt beide Kinder.
00:31:33: Ihr seid beide Väter.
00:31:34: Fridays for Future ist eine doch sehr weibliche Bewegung.
00:31:39: Jetzt reden hier trotzdem wieder drei Männer über das Klima.
00:31:42: Und trotzdem kommt bei euch beiden immer wieder raus:
00:31:45: Ihr macht das nicht für euch, sondern aus Verantwortung für eure Kinder.
00:31:51: Ist es etwas..
00:31:52: ein Familien-Ding, ein Familien-Thema, das euch dazu motiviert?
00:31:55: Schreibst du, weil du deine zwei kleinen Töchter hast, mehr über Umwelt?
00:32:01: Das Thema war mir vorher schon wichtig,
00:32:04: bevor ich fetter geworden bin. Also Vater.
00:32:07: Die Geschichte ist:
00:32:08: Eigentlich geht es immer um das Thema soziale Gerechtigkeit.
00:32:11: Also das was du angesprochen hast, ist natürlich völlig richtig.
00:32:15: Wir leben halt so einen Lebensstil und es ist unser Alltag.
00:32:20: Und es wird für die Ärmeren eigentlich schlechter.
00:32:27: Die, die am wenigsten dafürkönnen, müssen am meisten darunter leiden.
00:32:32: Und das ist auch so ein bisschen der Antrieb.
00:32:34: Das heißt, wenn man sich heute für soziale Gerechtigkeit einsetzt,
00:32:38: kommt man eigentlich nicht um das Thema herum,
00:32:41: wenn man es einmal verstanden hat.
00:32:43: Die ärmsten Bevölkerungsschichten wohnen halt nicht im Grünen, sondern im Gürtel.
00:32:48: Und da ist es halt sau-heiß.
00:32:50: Weil viele Autos, viel Beton, viel Hitze staut sich da auf.
00:32:54: Und dort leiden die Menschen.
00:32:56: In Hitze-Jahren sterben mehr Menschen an der Hitze als im Verkehr.
00:33:01: Und das sind dann eben diese alten, gebrechlichen, alleinstehenden Leute,
00:33:05: die wenig Umfeld haben,
00:33:07: die jetzt auch in der Corona-Krise geschützt sind,
00:33:09: die sozial aber nicht wahnsinnig stark abgesichert sind,
00:33:12: die darunter leiden.
00:33:13: Das heißt, eigentlich wäre es Thema für die Sozialdemokratie, das Klimathema.
00:33:17: Es ist ein Thema für die ÖVP als Familienpartei.
00:33:21: Für die Grünen ist es Kernthema.
00:33:23: Man kann es eigentlich ja für die Freiheitlichen als Thema positionieren.
00:33:26: Weil die Freiheitlichen wollen ja keine Klimaflüchtlinge haben, nehme ich mal an.
00:33:32: Da muss man halt auch mal was dagegen tun.
00:33:33: Und die NEOS haben das Thema auch stark begriffen, habe ich das Gefühl.
00:33:38: Also es gibt ja eh schon, gerade bei den jungen Politikern,
00:33:42: das Mindset, dass das ein Ding ist.
00:33:45: Ich fasse jetzt kurz zusammen:
00:33:47: Es ist ein Thema, das im Herzen der Gesellschaft,
00:33:50: sei es politisch, sei es wirtschaftlich, sei es medial,
00:33:52: sei es gesamtgesellschaftlich angekommen ist.
00:33:55: Das finde ich gut.
00:33:57: Ich finde es auch gut, dass wir so ausführlich über die Form von Journalismus,
00:34:00: wie man mit Klima umgeht, geredet haben.
00:34:04: Freitag in der Arena mit Benedikt Narodoslawsky,
00:34:08: der Inside Fridays for Future geschrieben hat,
00:34:10: beim Falter das Klima- und Umweltressort leitet.
00:34:13: Das war jetzt ein bisschen auch für mich,
00:34:15: wie Inside Benedikt Narodoslawsky.
00:34:17: Bevor ich Ulrich die allerletzte Frage stelle,
00:34:21: will ich von dir auch etwas ganz Konkretes wissen.
00:34:23: Unsere Gäste müssen immer einen Tipp am Freitag abgeben,
00:34:27: wo es nicht darum geht, quasi wie retten wir die ganze Welt,
00:34:30: sondern eine möglichst konkrete Handlungsanleitung
00:34:32: wie du, wie ich, wie Ulrich, wie jeder von uns, von euch
00:34:36: mit einem kleinen Schritt etwas für das Klima tun kann.
00:34:39: Was ist dein Tipp am Freitag?
00:34:42: Ja, ich hab mir was extrem Egoistisches und Eigennütziges überlegt.
00:34:47: Wir haben gerade im Falter das Naturressort gegründet
00:34:53: und haben da einen Natur-Newsletter.
00:34:56: Und der kommt einmal am Freitag raus.
00:34:59: Also wenn diese Sendung erscheint.
00:35:01: Und die Geschichte ist, dass wir da immer versuchen,
00:35:05: Tipps reinzupacken, die genau diese Frage beantworten.
00:35:08: Einen konkreten Tipp.
00:35:10: Eigentlich ist mein Tipp: auf die Straße gehen.
00:35:12: Weil eben genau die Fridays for Future Bewegung gezeigt hat:
00:35:15: Das Problem an dieser Frage ist ja,
00:35:18: dass das wieder an ganz individuelle Dinge appelliert.
00:35:21: Und wenn ich etwas gelernt habe von meiner Recherche vom Buch, ist,
00:35:26: dass jeder quasi die Welt verändern kann.
00:35:29: Aber nur wenn es dazu führt,
00:35:31: dass es zu einem gesellschaftlichen Wandel kommt
00:35:33: bzw. die Politik unter Druck kommt
00:35:35: und auch die Wirtschaft unter Druck kommt.
00:35:37: Also die, die an den Hebeln sitzen.
00:35:39: Da wo Ulrich eben drinnen gesessen ist,
00:35:41: bei dem Forum in der Hofburg.
00:35:44: Das sind genau die Punkte.
00:35:46: Die Leute muss man erreichen.
00:35:47: Und die kann man nur über Protest erreichen.
00:35:50: Und dass Protest Sachen bewirken kann,
00:35:52: hat eben die Fridays for Future Bewegung gezeigt.
00:35:55: Und deswegen, der Hebel ist:
00:35:58: auf die Straße gehen und Leute mobilisieren.
00:36:00: Vielen Dank.
00:36:02: Ulrich, die Frage an dich:
00:36:03: Leute mobilisieren, das versuchen wir hier auch.
00:36:06: Aber was nimmst du aus diesem Gespräch heute mit?
00:36:09: Also jetzt greife ich mal zurück
00:36:10: auf eine ganz erste Folge, die wir gemacht haben.
00:36:13: Da haben wir mit der Anita Malli, Chefin von Mutter Erde,
00:36:17: über Klima-Kommunikation gesprochen.
00:36:19: Und dann haben wir eine Reaktion eines Zusehers oder Zuhörers bekommen:
00:36:23: Ob wir total deppert sind?
00:36:25: Was soll denn das? Klima-Kommunikation.
00:36:27: Wofür ist denn das überhaupt da?
00:36:28: Das braucht überhaupt gar niemand.
00:36:30: Und ich komme ja zum Schluss, dass wir genau das brauchen.
00:36:35: Also ihr, die Presse wird ja oft auch als die vierte Macht im Staate bezeichnet.
00:36:40: Und Kommunikation hat Macht.
00:36:43: Und ihr Journalisten habt diese Macht in euren Händen.
00:36:48: Nämlich die Bevölkerung, uns, uns Menschen
00:36:53: gut, ehrlich, authentisch, sinnvoll und verständlich zu informieren.
00:36:58: Und deswegen lese ich auch gerne tatsächlich den Falter
00:37:03: inzwischen - früher nicht so, aber inzwischen.
00:37:06: Weil er genau das tut, was ich von so einem Medium erwarte.
00:37:09: Nämlich, dass er mich gut, ehrlich, authentisch und kritisch informiert.
00:37:14: Und das nehme ich heute mit, dass ich mich freue und auch dankbar bin,
00:37:20: dass es Menschen gibt wie euch.
00:37:22: Und dass ich die Chance habe, mit euch zu reden.
00:37:23: Und ich kann nur sagen: Tut die Arbeit weiter.
00:37:25: Ihr seid da unglaublich wichtig.
00:37:28: Danke.
00:37:29: Ich sag auch vielen herzlichen Dank
00:37:30: und nehme diesen Dank jetzt nicht nur an die Kollegen und Kolleginnen vom Falter,
00:37:35: sondern für alle Journalisten und Journalistinnen in diesem Land entgegen.
00:37:40: Weil ich nehme an, dass die meisten guten Willens sind und gute Absichten haben.
00:37:43: Ich bedanke mich bei dir, Naro, dass du hier warst.
00:37:45: Ich gebe noch meinen Tipp am Freitag ab.
00:37:47: Das ist dieses ziemlich toll geschriebene und sehr spannende Buch
00:37:51: von meinem lieben Kollegen und Freund Benedikt Narodoslawsky -
00:37:54: das gebe ich ganz, ganz offen zu.
00:37:56: Danke Ulrich, dass wir hier auch wieder
00:37:58: lange übers Klima und über den Umgang und Klima-Kommunikation plaudern durften.
00:38:02: Und danke an euch alle,
00:38:03: dass ihr heute auch wieder bei Freitag in der Arena mit dabei wart.
00:38:08: Wir sehen, hören, lesen uns hoffentlich bald.
00:38:12: Danke und baba.