Freitag in der Arena - der oekostrom AG-Talk

Freitag in der Arena - der oekostrom AG-Talk

Transkript

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00:00:07: Herzlich willkommen in der Wiener Arena.

00:00:09: Es ist wieder einmal Freitag.

00:00:11: Und Freitag, das ist der Tag,

00:00:14: an dem ich euch ganz herzlich

00:00:16: beim Talk der oekostrom AG,

00:00:19: beim Nachhaltigkeits- und Zukunftstalk

00:00:21: der oekostrom AG begrüße.

00:00:23: Ich mache das nicht alleine,

00:00:25: sondern ich habe kompetente und charmante Unterstützung.

00:00:29: Eigentlich meine Chefin, die bei mir sitzt.

00:00:30: Hildegard genannt „Gitsch“ Aichberger.

00:00:32: Vorständin der oekostrom.

00:00:33: Hallo Gitsch.

00:00:34: Ja. Hallo Tom.

00:00:36: Hallo und herzlich willkommen auch von meiner Seite.

00:00:39: Heute ist wieder Freitag. Freitag in der Arena.

00:00:41: Und es ist der Tag, an dem wir

00:00:44: über Klima, Umwelt, Nachhaltigkeit und die Zukunft sprechen.

00:00:48: Das heutige Thema betrifft jeden und jede von uns.

00:00:52: Es geht um das Essen.

00:00:54: Und wir haben eine Pionierin

00:00:56: der nachhaltigen Gastronomie bei mir.

00:00:57: Andrea Vaz-König. Herzlich willkommen Andrea!

00:01:01: Ich bin Andrea Vaz-König.

00:01:02: Ich bin Unternehmensberaterin für Nachhaltigkeit

00:01:04: mit Schwerpunkt auf Lebensmittel und Ernährung.

00:01:07: Ganz besonders interessiere ich mich für das Thema

00:01:09: an Schulen, in Spitälern, in der Gemeinschaftsverpflegung,

00:01:12: weil ich daran glaube, dass wir durch unser Essen

00:01:15: unser Klima schützen können.

00:01:18: Andrea, ich begrüße dich auch ganz herzlich

00:01:20: hier auf der Bühne der Arena,

00:01:23: wo wir vor Jahren alle unten gestanden sind

00:01:26: und raufgejubelt haben.

00:01:28: Du kommst doch eigentlich aus dem Bankgeschäft.

00:01:33: Jetzt bist du Wirtin gewesen

00:01:36: und bist jetzt Beraterin zum Thema Nachhaltigkeit und Ernährung.

00:01:39: Wie konnte es so weit kommen?

00:01:42: Was bringt die Bankerin an den Küchen-, an den Kochtisch?

00:01:47: Es war eigentlich umgekehrt.

00:01:48: Ich habe schon auf der Uni mich immer total interessiert

00:01:51: für das Thema Nord-Süd-Konflikt

00:01:53: und für diese globalen Zusammenhänge,

00:01:57: die auf unserer Welt herrschen.

00:01:59: Und Wirtschaft hat mich fasziniert.

00:02:02: Ich habe immer gefunden: Wieso muss Wirtschaft und -

00:02:05: wie soll ich sagen - soziale Gerechtigkeit...

00:02:06: von Klima haben wir damals noch nicht so viel gesprochen,

00:02:08: aber von Umwelt schon.

00:02:09: Die Umwelt-Szene war damals schon da.

00:02:11: Und das hat mich damals schon extrem beschäftigt.

00:02:13: Ich war mit dem Thema auf der WU

00:02:15: in den 80er Jahren ein totaler Nerd.

00:02:17: So…hm, Wirtschaft und Ökologie?

00:02:20: Also es gab nicht das Angebot, dass es heute schon gibt.

00:02:23: Aber ich durfte die Diplomarbeit zu dem Thema schreiben.

00:02:25: Es gab überhaupt keine Vorträge oder Pro-Seminare.

00:02:29: Aber meine Diplomarbeit konnte ich zu dem Thema schreiben.

00:02:32: Und ich habe geschrieben über die Rolle

00:02:33: von politischen Institutionen

00:02:35: zur Förderung von wirtschaftlicher Nachhaltigkeit.

00:02:37: Und habe mich im Rahmen der Recherche

00:02:40: ganz tief beschäftigt mit der Frage:

00:02:43: Was heißt Nachhaltigkeit?

00:02:44: Was können politische Institutionen dazu beitragen?

00:02:48: Und das war damals noch sehr wenig die Rede davon:

00:02:51: Was kann der Einzelne dazu beitragen?

00:02:53: Es war eigentlich ein Gefühl von Ausgeliefertsein

00:02:55: der Großindustrie und den politischen -

00:02:59: ja, wie soll ich sagen - Institutionen.

00:03:02: Und es gab wenig Angriffsmöglichkeiten zu sagen:

00:03:06: Ja, und was kann ich eigentlich ganz konkret dazu tun?

00:03:09: Und Jahre später, da war ich schon in der Bank.

00:03:11: Und in die Bank bin ich gegangen,

00:03:13: weil du sehr wohl auch in einer Bank schauen kannst:

00:03:18: Wie gibst du Kredite, wie machst du Finanzierungen?

00:03:21: Also auch da schließt sich Nachhaltigkeit und Finanzen,

00:03:24: wie wir heute ja auch wissen, nicht aus.

00:03:26: Und vor allem kann man da unfassbar viel lernen.

00:03:29: Und während dieser Zeit in der Bank,

00:03:31: die mir auch sehr viel Spaß gemacht hat,

00:03:33: bin ich auf das Thema Ernährung gestoßen.

00:03:34: Und zwar aus dem eigenen Bedürfnis.

00:03:37: Wie kann ich mit der Ernährung meines Sohnes umgehen?

00:03:40: Ich war schwanger. Dann bist du eine junge Mutter.

00:03:42: Und dann stehst du natürlich ganz viele Fragen,

00:03:43: die vorher nicht so relevant waren.

00:03:45: Und das hat mich zum Thema Ernährung gebracht.

00:03:47: Und durch das viele Beschäftigen mit Ernährung -

00:03:50: also ich habe in Richtung traditionelle chinesische Medizin

00:03:52: und Ayurveda mich vertieft -

00:03:54: irgendwann kam da ein Buch auf meinen Tisch,

00:03:56: das hieß „Die Heilung der Mitte“ vom Dr. Georg Weidinger.

00:04:00: Und der setzt sich ein für eine vornehmlich pflanzliche Ernährung.

00:04:05: Andrea. Warum ist das Thema Fleisch so ein wichtiges,

00:04:09: wenn es um nachhaltige Ernährung geht?

00:04:11: Das interessante beim Fleisch ist,

00:04:13: wenn man sich einmal bewusst macht,

00:04:15: wie viel Futter ein Tier essen muss,

00:04:19: damit es selber zum Futter wird.

00:04:21: Wie viele Kilo Gras, Heu,

00:04:25: leider immer öfter oder eigentlich fast ausschließlich

00:04:28: heute Sojabohnen, Mais, also eiweißhaltige Produkte,

00:04:34: wie viel davon muss ein Tier essen,

00:04:37: damit ich ein Kilo Fleisch bekomme?

00:04:39: Da sieht man, dass das so unverhältnismäßig ist.

00:04:43: Ich könnte einfach auch direkt

00:04:46: das pflanzliche Lebensmittel essen

00:04:48: und mit diesen Umweg sozusagen ersparen,

00:04:52: der wahnsinnig viel Boden kostet,

00:04:55: wahnsinnig viel Bioenergie kostet,

00:04:57: Ressourcen kostet.

00:04:58: Und das ist der Fleischabdruck.

00:05:01: Und zwar nicht nur in Bezug auf das Tierfutter,

00:05:04: sondern auch in Bezug auf das damit verbundene Wasser,

00:05:07: das damit verbraucht wird.

00:05:08: Das heißt, es geht um die Effizienz letztendlich

00:05:11: in der Ernährung und um den Flächenverbrauch,

00:05:13: um den Wasserverbrauch und den Pestizidverbrauch,

00:05:15: letztendlich den Fußabdruck,

00:05:17: den die Landwirtschaft hinterlässt.

00:05:19: So ist es.

00:05:20: Wie ich meine Diplomarbeit damals geschrieben habe,

00:05:22: hatte ich eine große Bubble.

00:05:24: Wer ist schuld an der nachhaltigen

00:05:28: und an den Problemen, die wir heute haben?

00:05:30: Eine ganz große Blase hieß Landwirtschaft.

00:05:33: Das war vor bald 30 Jahren.

00:05:35: Ich war vor zwei Jahren auf einer Tagung.

00:05:37: Da stand auch wieder ein Vertreter von den Vereinten Nationen.

00:05:40: Und auf seinem Powerpoint

00:05:42: stand auch wieder die große Blase:

00:05:44: Ja, wir müssen in der Landwirtschaft etwas ändern.

00:05:47: Und ich habe mich so geärgert

00:05:48: und musste dann eben auch sprechen

00:05:51: und zum Mikrofon greifen, um zu sagen:

00:05:53: Warum nennen wir das Kind nicht beim Namen.

00:05:56: Es ist nicht die Landwirtschaft böse,

00:05:58: sondern unsere Art zu konsumieren.

00:06:01: Die meisten Bauern würden gerne auch anders arbeiten können.

00:06:04: Ich glaube, es macht keinen Bauern Spaß,

00:06:06: mit so viel Pestizid umgeben zu sein.

00:06:08: Und es macht doch keinen Bauern Spaß,

00:06:10: in einem riesen Stall mit Massentierhaltung zu arbeiten.

00:06:15: Aber sie können nicht anders.

00:06:16: Sie können nicht anders mit den heutigen Gefügen,

00:06:19: wirtschaftlichen Gefügen ist es eine Überlebensfrage.

00:06:21: Und auf der Seite der Konsumentin und des Konsumenten

00:06:25: dann ja auch eine Gesundheitsfragen.

00:06:26: Wir wissen auch, wir essen zu viel Fleisch.

00:06:28: Wir essen auch zu viel Zucker.

00:06:29: Wir ernähren uns ja nicht gesund.

00:06:31: Mit all den Folgen, die das hat für die Volksgesundheit.

00:06:34: Insofern auch von der Seite grünes Licht.

00:06:39: Wir sollten da in Summe etwas umstellen.

00:06:41: Und wir werden halt auch falsch verführt.

00:06:43: Wir werden verführt mit Dingen wie Zucker und Fett.

00:06:46: Und wir sind so geprägt. Wir sind so programmiert.

00:06:48: Der Mensch muss diese Dinge zu sich nehmen,

00:06:51: damit er für schlechte Zeiten vorgesorgt hat.

00:06:54: Und dieses Programm haben wir leider noch immer im Hirn.

00:06:56: Gitsch, bist du eigentlich Veganerin?

00:06:58: Nein, ich bin auch keine Vegetarierin.

00:07:00: Das überrascht vielleicht.

00:07:01: Ich bin schon lange unterhalb der Ernährungsempfehlungen

00:07:05: von zwei bis dreimal die Woche Fleisch.

00:07:07: Und insofern spüre ich innerlich den Antrieb gar nicht.

00:07:09: Ich esse allerdings wirklich nur handgestreicheltes Tier.

00:07:12: Das war nämlich der Punkt, auf den ich kommen wollte.

00:07:13: Du hast nicht einfach nur angefangen zu kochen,

00:07:15: sondern du hast, glaube ich, 2013 den Entschluss gefasst,

00:07:18: auch ein veganes Restaurant aufzumachen.

00:07:20: Ja, weil das Problem war:

00:07:22: Ich habe dann eben zu Hause so gekocht,

00:07:23: zum großen Missfallen meines Mannes.

00:07:26: Weil ich plötzlich all die leckeren Sachen,

00:07:29: die er gekocht hat, dann immer so:

00:07:31: Hmmm, das passt jetzt irgendwie nimmer.

00:07:34: Aber zu Hause ging es ja noch.

00:07:35: Aber Fortgehen war eine Katastrophe.

00:07:38: Und vor allem ich wollte nicht

00:07:40: in irgendeinem komischen Laden sitzen.

00:07:42: Ich gehe gerne in den Bioladen.

00:07:44: Aber das ist kein Ort, wo ich jetzt ein Date habe.

00:07:46: Oder wo ich mit einer Freundin zwei Stunden sitz.

00:07:48: Naja, echt, oder?

00:07:50: Und das war eigentlich der Ort,

00:07:52: den ich erschaffen wollte.

00:07:53: Weil ich eben auch nicht Ernährungsberaterin sein wollte,

00:07:56: sondern ich steh darauf, dass man sagt,

00:07:57: man muss zeigen, was möglich ist,

00:08:00: statt mit dem Finger zu predigen, was man soll.

00:08:02: So die Fülle, den Reichtum von Gemüse, Getreide...

00:08:07: einfach zeigen, was ist alles möglich.

00:08:09: Und damit wollte ich begeistern.

00:08:11: Und damit wollte ich überzeugen.

00:08:12: Und das war die Idee hinter dem Lokal.

00:08:13: Weniger, dass ich jetzt unbedingt Gastronomin sein wollte.

00:08:16: Für mich ist auch wirklich spannend, was du beschreibst,

00:08:18: wie uncool damals noch das Thema Bio war und vegan war.

00:08:24: Ich kann mich selbst erinnern:

00:08:25: Ich stamme aus Linz. Und da war es wirklich so,

00:08:28: da gab es einen Bioladen.

00:08:30: Und es war wirklich eher verpönt, dort hinzugehen.

00:08:31: Weil da waren die Äpfel...die haben Flecken gehabt.

00:08:33: Mittlerweile hat sich

00:08:34: auch mein ästhetisches Empfinden komplett verändert.

00:08:37: Und das ist auch die Frage an dich.

00:08:39: Weil damals war für mich der Apfel mit dem Fleck

00:08:41: eher etwas nicht ansprechendes.

00:08:43: Mittlerweile ist es eher umgekehrt,

00:08:45: dass für mich ein glatter Apfel einer ist,

00:08:47: der potenziell Pestizid-behaftet ist.

00:08:51: Hat sich da etwas verändert

00:08:53: in den letzten 10, 15 Jahren?

00:08:56: Wie siehst du das?

00:08:57: Ich denke, ganz sicher.

00:08:58: Und das zeigen die großen Einkaufsketten.

00:09:00: Wenn die Nachfrage nicht so groß wäre,

00:09:02: dann hätten wir noch immer nur wenige Bioläden.

00:09:03: Und unsere Einkaufsketten,

00:09:05: ob das jetzt Spar, Rewe, Hofer ist, ganz wurscht wohin,

00:09:08: spielt Bio ja einen immer, immer größeren Anteil.

00:09:11: Und ich finde es persönlich auch gut so.

00:09:14: Natürlich finde ich es gescheiter,

00:09:16: wenn man beim Bauern oder in der Direktvermarktung einkauft.

00:09:18: Aber letztlich leben wir in großen Städten,

00:09:20: in Ballungszentren und ich selber in Niederösterreich.

00:09:22: Wenn ich den Hofer nicht irgendwie zumindest

00:09:24: eine Viertelstunde weit hätte,

00:09:26: hätte ich echt keine Chance,

00:09:27: im Umfeld von 30 Kilometern in Bio einzukaufen,

00:09:30: in Bioqualität.

00:09:32: Da schaut es in der Stadt ganz anders aus.

00:09:33: Du sagst irgendwie, besser zum Direktvermarkter zu fahren.

00:09:36: Wenn jeder von uns, der in den Supermarkt marschiert

00:09:37: rausfährt zum Bauernhof,

00:09:39: um sich das eine Ei selbst zu kaufen,

00:09:41: wo er weiß, das Hühnchen heißt so oder so,

00:09:43: dann haben wir Verkehrsströme,

00:09:45: wo uns die Klimakatastrophe

00:09:47: noch rascher um die Ohren schnalzt.

00:09:50: Also ist es nicht einfach sinnvoller, böse gesagt,

00:09:52: eine Ananas mit dem Flugzeug nach Europa zu bringen

00:09:55: und dann gehen alle zum Supermarkt,

00:09:57: als jeder marschiert hinaus irgendwie

00:09:58: auf den Bauernhof und geht sein Gemüse abholen?

00:10:01: Ich bin total bei dir.

00:10:02: Und deswegen möchte ich auch sagen, dass diese...

00:10:04: Ich finde es nicht verwerflich, zu sagen,

00:10:06: es braucht Supermärkte.

00:10:08: Ja, die brauchen wir.

00:10:09: Aber natürlich ist es, wenn man die Möglichkeit hat,

00:10:13: in seinem näheren Umfeld Bio einzukaufen,

00:10:17: das wäre natürlich das Schönste.

00:10:18: Ich wohne selber in Niederösterreich.

00:10:20: Ich bin jetzt gerade dabei,

00:10:21: eine Initiative irgendwie zu versuchen, zu kreieren.

00:10:23: Dass wir schauen, dass der nächste Bauer,

00:10:25: der eh auf Bio umstellen will,

00:10:27: dass der dann auch in irgendeiner Form

00:10:28: eine Plattform bekommt für die Vermarktung.

00:10:30: Weil das ist ein Problem vieler Bauern.

00:10:32: Die Direktvermarktung ist jetzt nicht

00:10:35: unbedingt jedermanns Sache.

00:10:36: Das ist eine Sache, die man lernen muss.

00:10:37: Aber ich gebe dir absolut recht,

00:10:39: das macht überhaupt keinen Sinn.

00:10:40: Man braucht natürlich in irgendeiner Form Plattformen,

00:10:43: wo die Lebensmittel zusammenkommen,

00:10:45: die Verfügbarkeit gegeben ist.

00:10:47: Und trotzdem ist es legitim und wichtig zu fragen:

00:10:50: Wie wurden diese Lebensmittel erzeugt

00:10:51: und wurden sie auch transportiert?

00:10:54: Jetzt haben wir in Österreich ja,

00:10:55: weil du die Landwirte ansprichst,

00:10:57: schon einen sehr hohen Anteil an Fläche,

00:11:00: die biologisch bewirtschaftet wird.

00:11:01: Und das wird hoffentlich auch noch mehr werden.

00:11:03: Trotzdem stagniert der Anteil von Bio im Supermarkt.

00:11:06: Was können wir tun, dass Bio und nachhaltige Ernährung,

00:11:10: vielleicht auch vegane Ernährung,

00:11:11: dass das vom Nischenprodukt zum Massenprodukt,

00:11:15: zum Normal wird?

00:11:16: Also meine ganz persönliche Meinung -

00:11:18: ja, Gott sei Dank bin ich kein Politiker,

00:11:19: der jetzt wiedergewählt werden muss.

00:11:21: Ich glaube, ganz wichtig ist der Preis. Natürlich.

00:11:26: Und wie schaut unser Warenkorb aus?

00:11:28: Und ich bin übrigens nicht vegan im klassischen Sinne.

00:11:31: Ich setze mich ein...

00:11:32: Ich habe natürlich mein Lokal,

00:11:34: das wird immer gerne als vegan gelabelt.

00:11:35: Tatsächlich setze ich mich ein

00:11:37: für eine Verstärkung unserer pflanzlichen Nahrungsmittelquellen.

00:11:40: Und da vornehmlich zu schauen,

00:11:42: was wächst denn alles bei uns.

00:11:44: Und da sieht man schon, das Thema ist so breit.

00:11:47: Weil wenn ich im Supermarkt bei mir in Niederösterreich

00:11:50: wieder nur Paprika, Gurken und Paradeiser seh

00:11:54: und zwar das ganze Jahr lang,

00:11:56: dann braucht man sich nicht wundern,

00:11:58: dass auch der Klima-Beauftragte der Region nicht weiß,

00:12:00: dass im November keine Gurken in Österreich wachsen.

00:12:04: Das ist echt ein Problem.

00:12:05: Und wir müssten eigentlich dort beginnen zu verstehen,

00:12:09: wie schaut denn eigentlich eine heimische Ernährung aus.

00:12:13: Wann esse ich was?

00:12:14: Dann ist es nämlich auch billiger.

00:12:16: Und natürlich ist Fleisch viel zu billig.

00:12:19: Und wenn das Fleisch nicht so unfassbar billig wäre

00:12:21: und wir nicht wüssten,

00:12:23: was könnte ich denn sonst noch essen?

00:12:25: Wenn ich mir denke,

00:12:26: ich esse immer gern Schnitzel mit Salat-Garnitur.

00:12:29: Und dann nehme ich jemanden das Schnitzel weg

00:12:30: und es bleibt nur die Salat-Garnitur übrig.

00:12:32: Da gibt's natürlich ein Problem.

00:12:35: Deswegen so wichtig zu zeigen:

00:12:37: Was gibt's da für Möglichkeiten?

00:12:39: Was gibt's denn da für eine tolle,

00:12:40: reichhaltige Gemüse-, Getreide-Küche?

00:12:43: Und dann finden wir auch den Weg dorthin zu mehr Bio.

00:12:46: Weil dann ist Bio auch leistbar.

00:12:47: Du hast jetzt ein paarmal gesagt,

00:12:49: es muss auch transportabel sein.

00:12:51: Eingangs hast du gesagt, sehr zur Nicht-Freude,

00:12:55: zum Widerstands deines Mannes, deiner Familie

00:12:58: hast du gesagt, weniger Fleisch, gar kein Fleisch.

00:13:01: War das nicht irgendwie ein Bürgerkrieg,

00:13:02: der in der Familie ausgebrochen ist,

00:13:04: wie du gesagt hast:

00:13:05: Wir leben jetzt Fleisch-los.

00:13:06: Wie kriegt man die liebsten Menschen in seinem Leben

00:13:08: dazu zu sagen: Schmeckt auch super!

00:13:11: Ich verzichte auf mein Schnitzel.

00:13:12: Ich muss schon sagen,

00:13:13: ich habe einen sehr großartigen Mann.

00:13:15: Und ich kann schon nachvollziehen,

00:13:17: dass das echt schwierig ist.

00:13:19: Aber Toleranz und Respekt ist in unserer Familie

00:13:24: wirklich sehr, sehr großgeschrieben.

00:13:26: Und ja, er akzeptiert das, dass mir das wichtig ist.

00:13:31: Und gleichzeitig findet er es auch gut, dass dadurch,

00:13:34: dass mir das so wichtig ist,

00:13:36: wir halt viel, viel weniger Fleisch essen.

00:13:38: Und damit hat er kein Problem.

00:13:40: Also er hätte ein Problem damit, wenn ich jetzt sag:

00:13:41: Du darfst in deinem Leben kein Fleisch mehr essen.

00:13:44: Das wäre ein Problem.

00:13:46: Aber das wäre auch übergriffig, finde ich.

00:13:48: Aber er hat null Probleme damit,

00:13:50: dass man Fleisch vielleicht, keine Ahnung,

00:13:53: einmal im Monat essen.

00:13:54: Und ich selber kaufe ihm zu Weihnachten

00:13:57: ein handgestreicheltes Fleisch von einem...

00:14:00: Und das kostet ein Vermögen!

00:14:02: Ja, zu Recht.

00:14:03: Der Bauer verdient dieses Geld auch.

00:14:06: Nämlich verdient es wirklich.

00:14:08: In der Familie kriegt man es mit Respekt,

00:14:10: mit Augenhöhe kommunizieren gut rüber.

00:14:11: In einer Großküche?

00:14:13: In einer Großküche denke ich genauso.

00:14:16: In einer Großküche hat man noch ganz andere Möglichkeiten.

00:14:18: Die Spitzengastronomie macht es manchmal teilweise vor

00:14:21: mit der Verwertung des ganzen Tieres.

00:14:24: Ein großes Problem, das wir in der Gastronomie

00:14:26: und auch in der Gemeinschaftsverpflegung haben ist,

00:14:29: dass wir verlernt haben zu kochen.

00:14:30: Dass sehr viel Convenience Produkte gekauft werden.

00:14:33: Dass wir aufgrund einer Ernährungspyramide,

00:14:36: die nur sagt Fisch und Fleisch,

00:14:39: statt zu sagen, Proteine und Omega 3 Säuren,

00:14:42: haben wir ein Angebot, wo dann Spitäler sagen:

00:14:45: Ja, aber ich brauch einen grätenlosen Fisch,

00:14:48: weil sonst kriege ich meine Bilanz nicht hin,

00:14:50: die ich für die Patienten brauch.

00:14:52: Und gerade in einer Großküche, glaub ich,

00:14:54: hat man ein Riesenpotenzial.

00:14:56: Und das hat auch die Stadt Wien erkannt.

00:14:57: Und die machen auch unfassbar viele Projekte

00:15:00: und große Bemühungen, dass sich da etwas ändert.

00:15:03: Um da einzuhaken.

00:15:04: Ich hab ja eine Tochter, die ist jetzt acht.

00:15:06: Das heißt, ich kenn das Essen,

00:15:08: das es im Kindergarten gibt, aber auch in der Schule.

00:15:10: Die geht auch in Wien zur Schule.

00:15:13: Und auch wenn in Wien ja der Bio-Anteil

00:15:15: z.B. schon sehr hoch ist,

00:15:17: dann stolpere ich immer wieder über die Menü-Pläne.

00:15:20: Weil da doch noch sehr, sehr viel Fleisch mit dabei ist.

00:15:23: Jetzt ist die Empfehlung zwei bis dreimal die Woche Fleisch.

00:15:25: Das ist oft schon abgefrühstückt in der Schule.

00:15:28: Das heißt, darüber hinaus dürfte man eigentlich nur,

00:15:30: wenn man sich an die Ernährungsempfehlungen haltet -

00:15:32: und da rede ich gar nicht von Klimaschutz-Ambitionen,

00:15:35: ich rede wirklich von den Ernährungsempfehlungen -

00:15:36: dürfte man eigentlich gar nicht noch mehr Fleisch geben.

00:15:40: Wie siehst du das? Braucht es Verbote?

00:15:42: Wie können wir hier mehr bewegen?

00:15:44: Weil da sind wir ja ganz offensichtlich zu langsam.

00:15:46: Also von Verboten halte ich grundsätzlich nix.

00:15:49: Ich halte sehr viel von Anreiz schaffen.

00:15:52: Und gerade beim Essen, das muss Spaß machen,

00:15:55: das muss cool ausschauen.

00:15:56: Und gerade für Kinder immer ein Elend.

00:15:59: Wie gesagt, wie Elend ist es dann,

00:16:01: wenn ich dann mit dem, keine Ahnung,

00:16:03: harten Brot oder nur mit der Karotte ungeschält

00:16:06: da in die Schule gehen muss.

00:16:08: Das fördert den Tauschhandel unter den Kindern.

00:16:09: Ja, voll. Das war ja früher auch schon so.

00:16:11: Genau. Der Stärkste hat die Schokolade gekriegt.

00:16:13: Aber nicht das Schnitzel.

00:16:15: Ich glaube, das hat auch jeder schon erlebt.

00:16:18: Was passiert, wenn man eine Karotte in Stifterl schneidet

00:16:21: und einfach auf den Tisch stellt kommentarlos.

00:16:23: Die verschwindet.

00:16:24: Oder einen Apfel aufschneidet und verteilt.

00:16:27: Oder irgendein Obst. Vollkommen wurscht.

00:16:29: Die Kinder greifen sehr wohl danach. Sehr wohl.

00:16:32: Eigentlich, bevor ich eine Lokal eröffnet habe,

00:16:35: habe ich, inspiriert von Jamie Olivers Food Revolution,

00:16:38: einen Tag in der Schule meines Sohnes,

00:16:41: da war er damals noch in der Volksschule,

00:16:42: genutzt und habe so einen Tag dieser Elternjause genutzt,

00:16:46: um ein Obst- und Gemüse-Quiz zu machen.

00:16:48: Ich habe eine Kiste gekauft...

00:16:49: von allem was ich im Supermarkt gefunden habe,

00:16:51: habe ich ein Ding gekauft.

00:16:53: Also einen Apfel, ein Packerl Trauben,

00:16:54: eine Mango, eine Ananas.

00:16:56: Jedes Kind durfte sich dann eine Sache nehmen und sagen:

00:16:58: Was ist das? Wo wächst es? Wann wächst es?

00:17:03: Und was könnte ich daraus machen? Und dann...

00:17:05: ich hätte endlich nur zwei Stunden dort bleiben sollen.

00:17:07: Die Lehrerin hat mir dann den ganzen Vormittag geschenkt.

00:17:09: Ich durfte dann bis 13 Uhr mit den Kindern...

00:17:11: Wir haben dann alles geschnitten.

00:17:13: Wir haben Smoothies gemacht.

00:17:14: Und mein Sohn hat mir nachher noch erzählt,

00:17:16: die fanden das alles so cool.

00:17:18: Und es hat überhaupt keiner drüber geredet,

00:17:20: dass wir da jetzt „nur vegan“ gegessen haben.

00:17:22: Es war ein cooles Erlebnis.

00:17:24: Und es hat viele Kinder inspiriert zu sagen:

00:17:27: Mama, können wir sowas auch mal zuhause machen.

00:17:30: Und natürlich haben wir auch drüber geredet:

00:17:32: Ist es gescheiter einen Apfel zu essen regelmäßig

00:17:35: oder gescheiter jeden Tag Mango zu essen?

00:17:37: Und was macht das?

00:17:38: Also wir haben uns schon beschäftigt mit:

00:17:39: Okay, wo kommt die jetzt eigentlich her?

00:17:41: Und daraus ist entstandenen ein Verein.

00:17:42: Der heißt „Da-nach-da - Bildung für Nachhaltigkeit“.

00:17:45: Ich darf jetzt verraten,

00:17:46: dieser Verein „Da-nach-da - Bildung für Nachhaltigkeit“

00:17:49: hat mit der Stadt Wien gemeinsam

00:17:51: und einem Konsortium von verschiedenen Städten

00:17:56: in ganz Europa und Institutionen ähnlich wie dieser Verein

00:17:59: eine Zusage bekommen für ein Projekt,

00:18:02: das sich nennt „School Food for Change“.

00:18:05: Für das die Säulen sind, zum einen Bildung.

00:18:08: Also im Sinne von einem Whole Food Approach

00:18:11: den Kindern zu zeigen: Wo kommt das Essen her.

00:18:12: Wie könnte ich es verarbeiten?

00:18:14: Was macht es in meinem Körper?

00:18:16: Zweite Säule: Die Köche ausbilden.

00:18:19: Wenn die Köche nur lernen, Fleisch und Fisch und Stärke.

00:18:24: Na, dann ist das auf unserem Teller.

00:18:25: Wenn die Köche wissen:

00:18:27: Wie kriege ich einen Brokkoli knackig hin?

00:18:28: Das erleuchtet.

00:18:30: Und wenn das lustig und schön ausschaut,

00:18:32: dann werden es auch die Kinder gerne essen.

00:18:34: Und die dritte Säule ist das Einkaufsverhalten

00:18:37: und die Einkaufsrichtlinien der Städte.

00:18:39: Und ich erwarte mir da große Veränderungen.

00:18:41: Das ist ein spannendes Projekt.

00:18:43: Und du hast jetzt ein Thema angesprochen,

00:18:44: das interessiert mich sehr.

00:18:46: Weil ja, die österreichische Küche ist

00:18:48: eine eher nicht gerade vegetarische Küche.

00:18:50: Wenn man in vielen Gasthäusern nachschaut,

00:18:51: dann gibt's da als einzig vegetarisches Gericht,

00:18:53: vielleicht gerade noch einen gebackenen Emmentaler.

00:18:55: Müssen wir alte Rezepte wiederfinden?

00:18:58: Gibt's in der österreichischen Küche oder –

00:19:01: was ist österreichische Küche? -

00:19:02: in dem was sich als österreichische Küche bezeichnet,

00:19:05: gibt's da ausreichend vegetarische Alternativen?

00:19:08: Kann man...oder braucht es internationale Fusion,

00:19:12: um hier wirklich auf Nachhaltigkeit umzustellen?

00:19:15: Also ich denke beides.

00:19:17: Weil Kochen...und es macht ja Spaß...

00:19:20: Und heute sind wir, also das ist halt auch ein Fakt,

00:19:22: ja, wir sind in einer internationalen globalen Welt.

00:19:25: Und ich glaube, es spricht überhaupt nichts dagegen,

00:19:27: ein Thai Curry zu machen.

00:19:28: Aber ich kann da genauso mit heimischen Karotten arbeiten.

00:19:31: Das muss jetzt nicht unbedingt alles super exotisch sein.

00:19:34: Ich kann mir viele exotische Elemente über Gewürze reinbringen.

00:19:39: Also ich denke nicht, dass wir jetzt auf alles verzichten müssen,

00:19:42: was uns jetzt sozusagen unsere Wirtschaftsentwicklung

00:19:45: der letzten 100 Jahre gebracht hat.

00:19:48: Aber wir sollten halt schon reflektieren und sagen,

00:19:50: wie viel davon, in welchem Ausmaß ist es sinnvoll

00:19:53: und wichtig und richtig.

00:19:56: Ich hab da auf Bali mal was Lustiges erlebt.

00:19:58: Da war ich bei einer österreichischen Expat,

00:20:00: die dort ein Resort betreibt.

00:20:02: Und die hat Kaiserschmarrn gemacht und gesagt:

00:20:04: Es gibt alles dort, nur keinen Zwetschgen-Röster.

00:20:06: Dann hat sie einfach Kaiserschmarrn mit Drachenfrucht angerichtet.

00:20:10: Hat großartig geschmeckt.

00:20:11: Und hat zur Folge gehabt, dass alle, mit denen ich dort war,

00:20:13: in Österreich Drachenfrucht zum Kaiserschmarrn haben wollten.

00:20:15: Aber egal.

00:20:16: Die Idee dabei ist, es funktioniert,

00:20:19: wenn man ein bisschen mitdenkt.

00:20:21: Und das bringt mich schon zu dem Punkt, wo ich sage:

00:20:23: So wie du das erzählst, wäre es so einfach.

00:20:25: Ich sehe auch Staunen und Zustimmung Gitsch,

00:20:28: bei dir in deinem Gesicht.

00:20:30: Wenn es so einfach ist,

00:20:32: warum passiert es dann nicht?

00:20:33: Ich fürchte, wir sind Gewohnheitstiere, wir Menschen.

00:20:37: Und ich glaube, wir brauchen Zeit

00:20:39: und wir brauchen Vorbildfunktion.

00:20:41: Wir brauchen nur Vorbilder.

00:20:42: Und das war auch die Idee hinter meinem Lokal.

00:20:43: Ich wollte nie Gastronomin in dem Sinn sein.

00:20:46: Ich wollte das zeigen.

00:20:48: Mittlerweile gibt's gottseidank schon immer mehr Lokale,

00:20:51: die nicht nur jetzt dieses Angebot machen,

00:20:54: sondern innerhalb ihrer Speisekarte mehr und mehr

00:20:58: vegane, vegetarische Alternativen bringen.

00:21:00: Dort war man ja vor zehn Jahren gar nicht.

00:21:02: Insofern, ich muss sagen, ich finde,

00:21:04: es hat sich viel getan.

00:21:05: Natürlich muss sich noch viel mehr tun.

00:21:07: Also eines der Dinge,

00:21:08: die mir wirklich so unter den Fingern brennen,

00:21:10: ist in den Spitälern und in den Schulen,

00:21:14: in der Gemeinschaftsverpflegung.

00:21:16: Da muss einfach wirklich noch deutlich mehr passieren.

00:21:19: Warum? Weil ich dort keine Wahl habe.

00:21:22: Wenn ich ins Restaurant gehe:

00:21:24: Ich kann frei auswählen, in welches Restaurant gehe ich

00:21:27: und was esse ich.

00:21:28: Ich möchte nur eine Geschichte erzählen

00:21:30: von meiner lieben Freundin Elisabeth Kolarik von der Luftburg,

00:21:33: die übrigens heute 100 Prozent biologisch wirtschaftet,

00:21:36: auch alle Getränke umgestellt hat,

00:21:38: sogar das Budweiser aufgegeben hat,

00:21:40: weil die nicht Bio werden wollten.

00:21:41: Für die Nicht-Wiener: Kolarik, Luftburg -

00:21:44: das ist eine Institution im Prater, die für mich –

00:21:46: bis du es jetzt gerade gesagt hast -

00:21:48: immer ganz massiv im Stelzen, Bier

00:21:50: und triefend vor Fett Umfeld zu Hause war.

00:21:53: Das zeigt dann schon einen ganz gewaltigen Umstieg.

00:21:56: Entschuldige, ich hab unterbrochen...

00:21:58: Und übrigens kann man noch immer Bio-Stelzen dort essen,

00:22:01: aber auch ein veganes Pilz-Gröstel.

00:22:04: Und so geht's dann auch.

00:22:07: Also den Leuten die Stelze wegnehmen, sondern sagen:

00:22:11: Okay, Alternativen schaffen.

00:22:12: Und dann bestellt plötzlich ein Eingefleischter

00:22:15: auch mal ein Pilz-Gröstel.

00:22:17: Und diese Freundin von mir war im Spital.

00:22:21: Und sie wollte gerne, weil sie gewusst hat,

00:22:25: für ihren Körper ist es besser,

00:22:27: sie wollte gerne etwas Pflanzliches essen.

00:22:29: Und sie hat daraufhin ein faschiertes Fleisch bekommen.

00:22:32: Und auf die Aussage: „Ich wollt gern was vegetarisches,

00:22:36: eigentlich Veganes haben“,

00:22:37: haben die gesagt: „Aber es ist ja eh faschiert,

00:22:39: es ist ja eh so klein verarbeitet,

00:22:41: dass es für den Magen nicht problematisch ist.“

00:22:44: Und das...

00:22:46: Ich sag jetzt nicht, dass jedes Spital so arbeitet

00:22:48: oder jede Krankenschwester das nicht weiß.

00:22:50: Aber wir haben schon wirklich dort noch viel Arbeit vor uns.

00:22:54: Und ich denke mir gerade im Spital,

00:22:56: wo man eine Verweildauer hat von 3 oder 10 Tagen,

00:23:00: da wäre es so toll, wenn man hier

00:23:03: den Moment für eine mögliche Intervention nutzt.

00:23:06: Weil es geht ja nicht nur um die Ökologie,

00:23:08: es geht auch um unsere Gesundheit.

00:23:10: Ja, ich gebe dir da zu hundert Prozent Recht.

00:23:12: Aber für mich führt das schon zu der Frage.

00:23:14: Wir sehen, du setzt sehr stark auf Freiwilligkeit.

00:23:17: Du setzt sehr stark auf Information und Bewusstsein schaffen.

00:23:20: Und ich glaube, das ist extrem wichtig.

00:23:22: Auf der anderen Seite ist die Realität halt die,

00:23:25: dass man oft gar nicht weiß,

00:23:26: was man da zu essen bekommt.

00:23:28: Ich habe da ein Beispiel,

00:23:29: das mich persönlich eigentlich sehr erschrocken hat.

00:23:32: Es ist das Thema Eier.

00:23:34: Weil, wir wissen, Österreich war ein Vorreiter

00:23:38: im Lebensmitteleinzelhandel zum Thema Eier.

00:23:42: Also da ist ja sehr früh schon

00:23:43: die Käfighaltung verboten worden.

00:23:46: Und da schaut man drauf.

00:23:48: Da ist auch ein extrem hoher Bio-Anteil

00:23:49: im Lebensmitteleinzelhandel.

00:23:52: Was wir aber sehen ist,

00:23:53: dass es in der Gastronomie komplett anders aussieht.

00:23:55: Und es ist den Menschen einfach auch nicht bewusst.

00:23:57: Geht es ohne eine Pflicht, ohne eine Verpflichtung

00:24:00: und ohne eine Kennzeichnungsverpflichtung?

00:24:02: Ist es dem Konsumenten oder der Konsumentin

00:24:04: wirklich zumutbar, das selber zu recherchieren,

00:24:07: zu wissen, was man da bekommt?

00:24:09: Ist ihnen das zumutbar?

00:24:11: Oder müsste man nicht eigentlich

00:24:12: am System etwas ändern

00:24:13: und eine Verpflichtung einführen?

00:24:15: Also für eine Kennzeichnungspflicht bin ich zu 100 Prozent.

00:24:19: Da bin ich komplett deiner Meinung.

00:24:20: Das sehe ich auch nicht als einen Zwang.

00:24:22: Da verbietet mir ja jetzt keiner,

00:24:24: das Käfig-Ei aus dem Tetrapack

00:24:27: in der alpinen Skihütte zur Eierspeise zu verarbeiten.

00:24:31: Aber ich möchte mir anschauen, was dann passiert,

00:24:34: wenn die Leute beim Eierspeise essen oben am Dachstein,

00:24:37: wenn sie dann lesen: Eierspeise mit Ei aus der Ukraine.

00:24:43: Weil dann gibt's ein interessantes Tischgespräch.

00:24:46: Ist doch großartig.

00:24:47: Aber auszeichnen sollte man es müssen.

00:24:49: Weil dann versteht auch der Kunde:

00:24:51: Warum ist das so billig?

00:24:53: Und beim anderen Lokal, da zahlt man einen Euro mehr.

00:24:57: Warum zahlt er den Euro mehr?

00:24:59: Na, weil ich das Huhn dazu ein Leben hatte

00:25:01: und möglicherweise auch eine andere Spur

00:25:03: in seinen Körperzellen hinterlassen wird.

00:25:05: Und deswegen ist der Preis.

00:25:06: Ich bin ja froh, dass ich Wirtschaft studiert habe.

00:25:08: Der Preis ist schon wichtig,

00:25:10: aber nur dann, wenn ich weiß,

00:25:11: was ich für meinen Preis bekomme.

00:25:12: Und deswegen 100 Prozent muss eine Kennzeichnungspflicht kommen.

00:25:16: Und zweitens, es muss auch eine Verpflichtung da sein

00:25:19: für Bio-Zertifizierungen in der Gastronomie.

00:25:22: Das ist heute nämlich auch nicht da.

00:25:24: Ich darf momentan Bio hinschreiben,

00:25:27: ohne Bio zertifiziert zu sein.

00:25:28: Ich darf es eigentlich nicht,

00:25:29: aber es wird nicht geahndet.

00:25:30: Ich komme jetzt zum eigentlich

00:25:33: fast schon letzten Aspekt dieses Gesprächs.

00:25:35: Einfach weil uns die Zeit davonrennt.

00:25:37: Wir könnten über Lebensmittel, Lebensmittelqualität,

00:25:40: Veganismus, Carnivoren oder Flexitarier

00:25:43: noch stundenlang reden.

00:25:45: In diesem Talk, in Freitag in der Arena

00:25:47: soll es auch immer um Klimafragen gehen,

00:25:49: um die Nachhaltigkeitsdiskussion

00:25:51: in Bezug auf die Klimakatastrophe,

00:25:53: auf die Pariser Ziele.

00:25:56: Von Menschen wie dir kommt dann immer irgendwie:

00:25:58: weniger Fleisch essen ist auch gelebter Klimaschutz.

00:26:02: Ich als gestandener Wiener sage jetzt:

00:26:04: Wie kommt das Klima in mein Schnitzel?

00:26:07: Was hat das miteinander zu tun?

00:26:08: Es gibt Menschen, die wissen das nicht.

00:26:11: Ja, das verstehe ich, dass sie es nicht wissen.

00:26:13: Ich habs auch nicht gewusst.

00:26:14: Und zwar nachdem ich mich ein Jahr lang

00:26:15: mit dem Thema über meine Diplomarbeit beschäftigt habe,

00:26:18: wusste ich es auch nicht.

00:26:19: Und umso schockierter war ich,

00:26:21: wie ich dann Jahre später,

00:26:23: nachdem ich viele Bücher gelesen habe

00:26:25: und viele Dokus angeschaut habe,

00:26:27: habe ich dann zum ersten Mal verstanden,

00:26:30: dass der Zusammenhang zwischen unserem Fleischkonsum

00:26:34: und der Regenwald-Zerstörung,

00:26:36: dass der überhaupt da ist.

00:26:38: Ich mein, auf die Idee kommt ja keiner.

00:26:40: Da sind wir wieder beim Konsumenten.

00:26:41: Ist das überhaupt zumutbar für den Konsumenten,

00:26:43: dass er das wissen muss?

00:26:44: Die Realität ist die:

00:26:46: unser Fleischkonsum heute in Österreich bedeutet,

00:26:50: dass wir so viel Tierfutter, Eiweiß-reiches Soja,

00:26:54: damit die Tiere schnell gemästet werden und schnell wachsen -

00:26:57: was übrigens auch nicht artgerecht ist -

00:27:00: diese Soja-Menge können wir weder in Österreich

00:27:03: noch in Europa anbauen,

00:27:05: wenn wir weiterhin diese Menge an Fleisch essen.

00:27:07: Das heißt, wir sind angewiesen darauf.

00:27:09: Und da gab es sogar eine Eiweiß-Konferenz

00:27:11: vor zwei Jahren in Wien, der EU...

00:27:13: eine Eiweiß-Konferenz.

00:27:15: Ich war so schockiert.

00:27:16: Wo man mehr oder weniger gesagt hat:

00:27:17: Wir brauchen das Eiweiß aus Übersee.

00:27:21: Wir brauchen es.

00:27:22: Und ich mit meiner Nord-Süd-Gefälle Geschichte habe mir gedacht:

00:27:28: Das ist unfassbar. Ja.

00:27:31: Nachdem wir also wirklich die Dritte Welt ausgeräumt haben

00:27:34: auf der Ebene von Metallen, auf so vielen Ebenen,

00:27:37: gehen wir jetzt her und wir sagen:

00:27:39: Wir müssen dort unten den Boden zerstören, auslaugen,

00:27:43: damit wir hier billig Fleisch essen können.

00:27:45: Es ist eine Katastrophe.

00:27:47: Das ist eine echte, echte Katastrophe.

00:27:49: Und es ist auch eine Katastrophe,

00:27:50: dass wir das nicht wissen.

00:27:51: Langsam hören wir es. Lernen wir es.

00:27:52: Aber mir ist es genauso gegangen.

00:27:54: Ich hatte keine Ahnung.

00:27:55: Also knapp formuliert:

00:27:57: Der Amazonas brennt, damit ich mein Schnitzel krieg.

00:27:58: So ist das. Damit es billig ist.

00:28:00: Du kannst schon weiter Schnitzel essen,

00:28:01: aber vielleicht nicht so oft.

00:28:03: Und vielleicht schaust du dir an, wo es herkommt.

00:28:05: Gitsch, wie geht es dir,

00:28:06: wenn du solche Horrorszenarien erzählt bekommst?

00:28:10: Wir haben heute eh gesehen,

00:28:11: wir sind wirklich von einem zum anderen gekommen.

00:28:13: Man sieht einfach, dass Essen wirklich

00:28:15: ein Umwelt- und Nachhaltigkeitsthema ist.

00:28:17: Das ist es eben nicht nur bei uns,

00:28:19: sondern es hat Einfluss aufs Klima,

00:28:20: es hat Einfluss auf die Artenvielfalt,

00:28:23: in anderen Erdteilen sogar.

00:28:25: Das ist einfach ein Thema,

00:28:26: das wirklich wahrscheinlich von allen Konsumthemen das ist,

00:28:28: das den größten Impact hat.

00:28:30: Und was ich an Andrea immer wieder faszinierend finde, ist,

00:28:33: dass sie einfach mit Freude

00:28:35: und mit positiver Energie an das Thema rangeht.

00:28:37: Und ich glaube, auch das kann man

00:28:38: über das Essen wieder sehr gut vermitteln,

00:28:40: nämlich die Lust am Leben

00:28:41: und die Lust an Qualität zu vermitteln.

00:28:45: Du sagst, mit Freude an das Thema Herangehen ist das,

00:28:48: was die Andrea für dich auszeichnet.

00:28:50: Ich sehe dich heute zum ersten Mal

00:28:51: hier auf der Couch sitzen

00:28:52: und kann das nur voll unterschreiben.

00:28:54: Ich habe trotzdem noch eine knifflige Aufgabe an dich.

00:28:56: Wir haben in diesem Podcast, in diesem Videocast

00:29:00: immer die Aufgabe, unsere Gäste und Gästinnen

00:29:02: einen Tipp am Freitag abzugeben.

00:29:04: Wie man mit eigenen kleinen Aktivitäten

00:29:07: einen doch nachhaltigen Impact

00:29:10: auf den Nicht-Klimawandel machen kann.

00:29:13: Und sage jetzt bitte nicht „esst vegan“,

00:29:15: sondern ich hätte gern etwas ganz Konkretes.

00:29:16: Was ist dein Tipp am Freitag

00:29:18: für unsere Seher, Seherinnen, Hörer und Hörerinnen.

00:29:22: Also ich würde mich sehr freuen,

00:29:24: wenn ihr entweder schaut auf die Website von

00:29:28: „natürlich gut essen“ oder auf die Website „GenussRegionen.at“.

00:29:34: Auf beiden Webseiten findet ihr Restaurants und Lokale,

00:29:39: die entweder bei „natürlich gut essen“

00:29:40: mit dem Projekt der Stadt Wien mitgemacht haben

00:29:42: und Bio zertifiziert sind

00:29:44: und darüber hinaus noch sich bemühen,

00:29:46: das vegetarische und vegane Angebot

00:29:48: auf ihrer Speisekarte zu erhöhen.

00:29:50: Und für alle, die in den Bundesländern leben,

00:29:52: auf GenussRegionen.at kann ich hier Restaurants,

00:29:57: Manufakturen und Direktvermarkter sehen,

00:29:59: die auf jeden Fall regional -

00:30:02: und über einen Filter, wo ich auch auf Bio anklicken kann,

00:30:05: kann ich mir auch alle Biobetriebe anschauen.

00:30:07: Und bitte kauft dort.

00:30:08: Eure Geldbörse ist eure Wahlkarte.

00:30:12: Vielen Dank, Andrea.

00:30:14: Gitsch. Wir haben jetzt ungefähr 250 Themen,

00:30:17: die ich auf diesen Zetteln hier habe, nicht angeschnitten.

00:30:20: Von der Leistbarkeit von gesundem Essen,

00:30:23: von den Gesundheitsaspekten,

00:30:25: die veganes oder fleischarmes Essen auf uns alle hätte.

00:30:28: Ich frage dich jetzt als Chefin:

00:30:30: Können wir die Andrea ein andermal auch noch einladen,

00:30:32: um genau über diese Themen zu reden?

00:30:34: Und die zweite Frage ist:

00:30:35: Was nimmst du denn aus diesem Gespräch heute mit?

00:30:37: Ja Tom, ich gebe dir absolut recht.

00:30:39: Ich glaube, wir haben beide noch viel mit im Gepäck.

00:30:42: Und insofern, ja, ich würde mich freuen,

00:30:44: wenn die Andrea wiederkommt.

00:30:45: Ich glaube, dass einfach dieses Thema auch so wichtig ist,

00:30:47: und auch so wahnsinnig viele Facetten hat.

00:30:49: Was ich von heute mitnehme,

00:30:51: ist erstens die Freude und die Lust.

00:30:53: Und das kann man wahrscheinlich über unser Produkt,

00:30:57: wenn ich mir jetzt den Strom anschau,

00:30:58: dann ist das nicht so ein Lustprodukt.

00:30:59: Und Essen ist es schon.

00:31:00: Und deshalb muss ich sagen, ich breche eine Lanze für Essen,

00:31:03: auch als Sinnbild des Konsums.

00:31:05: Das finde ich toll.

00:31:06: Und das zweite ist schon das Thema bei allem,

00:31:08: was wir jetzt gehört haben,

00:31:09: über Freiwilligkeit und Bewusstsein schaffen.

00:31:12: Es braucht dann doch auch die Möglichkeit,

00:31:14: sich rauszusehenn für die Konsumentinnen.

00:31:16: Also diese Kennzeichnungspflicht.

00:31:18: Das ist einfach was, das gibt's im Strombereich.

00:31:20: Aber das braucht es auch im Lebensmittelbereich.

00:31:23: Danke, Gitsch. Ich schließe mich dem,

00:31:25: was diese beiden tollen Frauen hier gesagt haben,

00:31:28: vollinhaltlich an.

00:31:30: Das Leben lustbetont und mit offenen Augen leben

00:31:33: ist genau das, womit wir einen ganz, ganz

00:31:35: großen Unterschied machen können.

00:31:37: Das war Freitag in der Arena.

00:31:40: Ich bedanke mich bei euch allen,

00:31:42: dass ihr wieder mit dabei wart.

00:31:44: Und freue mich darauf, euch wieder hier zu sehen

00:31:45: oder wieder mit euch plaudern zu dürfen.

00:31:47: Sei es mit Gitsch heute oder mit Ulrich.

00:31:50: Auf alle Fälle, wir sind für euch da.

00:31:52: Danke.

00:31:53: Ciao und baba.

Über diesen Podcast

Freitag in der Arena ist jetzt "Geladen". Mit Geladen starten wir in eine neue Podcast-Ära: kürzer, knackiger und vielleicht auch mal kontroversiell. Schau vorbei unter "Geladen: Hier kommt die Zukunft zu Wort" -> überall, wo es Podcasts gibt!

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