Freitag in der Arena - der oekostrom AG-Talk

Freitag in der Arena - der oekostrom AG-Talk

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00:00:07: Es ist Freitag. Wir sind in der Arena.

00:00:09: Und ich sag, herzlich willkommen zu Freitag in der Arena.

00:00:13: Freitag in der Arena, das ist der Klima-, Zukunfts-

00:00:17: und Umwelt-Talk da oekostrom AG.

00:00:19: Mein Name ist Tom Rottenberg.

00:00:20: Aber ich bin nur ein bisschen Navigator durch diesen Talk,

00:00:24: denn die eigentliche Gastgeberin sitzt hier neben mir.

00:00:27: Gitsch Aichberger, Vorständin der oekostrom AG.

00:00:30: Hallo Gitsch, schön, dass wir wieder mal hier sind.

00:00:32: Hallo Tom.

00:00:34: Hallo und auch von mir herzlich Willkommen

00:00:37: zur heutigen Ausgabe von Freitag in der Arena.

00:00:40: Wir sprechen heute über zwei Themen,

00:00:43: die sich auf den ersten Blick widersprechen.

00:00:47: Nämlich die Wirtschaft und der Wohlstand

00:00:50: und Umweltschutz und Nachhaltigkeit.

00:00:52: Das wird oft gegeneinander ausgespielt.

00:00:54: Aber es sollte natürlich eines bilden.

00:00:56: Und wie das funktionieren kann?

00:00:58: Damit beschäftigt sich unser heutiger Gast Sigrid Stagl

00:01:02: seit vielen, vielen Jahren

00:01:03: auch in ihrer wissenschaftlichen Arbeit.

00:01:05: Und ich bin schon sehr gespannt,

00:01:06: zu welchen Schlüssen wir heute

00:01:09: im Gespräch kommen werden.

00:01:11: Mein Name ist Sigrid Stagl.

00:01:12: Ich bin Ökonomin

00:01:13: und arbeite im interdisziplinären Forschungsfeld

00:01:15: Ökologische Ökonomie.

00:01:16: In diesem Forschungsfeld gehen wir von der Wirtschaft

00:01:20: als eingebettet in die Gesellschaft aus.

00:01:22: Und die beiden sind wieder eingebettet

00:01:23: in den bio-physischen Kontext.

00:01:25: Das heißt, damit Wirtschaft gut gelingen kann,

00:01:27: braucht es eine intakte Gesellschaft

00:01:29: und eine intakte Natur.

00:01:31: Auch von mir ein ganz herzliches Willkommen

00:01:33: hier in der Arena, Sigrid Stagl.

00:01:37: Ich bin Nicht-Akademiker

00:01:39: und bin dann immer sehr glücklich,

00:01:40: dass ich mit meinen Gästen hier per Du sein kann.

00:01:43: Danke, dass das auch in deinem Fall,

00:01:45: obwohl du ja auch eine weltweit gereiste

00:01:48: Wissenschaftlerin bist, möglich ist.

00:01:50: Für mich ist Wirtschaft

00:01:52: viele Jahre lang etwas gewesen,

00:01:55: Ökonomie, etwas, wo ich sage:

00:01:56: Das ist mir viel zu groß,

00:01:58: da kenne ich mich nicht aus.

00:02:00: Ich erkenne Wirtschaft,

00:02:01: erkenne Wirtschaftswachstum daran,

00:02:02: das erkennt man auch hier ein bisschen,

00:02:04: dass Wien wächst. Es wird massiv gebaut.

00:02:06: Darum gibt es einige Nebengeräusche,

00:02:07: die hier ab und zu zu hören sind.

00:02:09: Ich hoffe, das stört euch beim Zuhören nicht so sehr.

00:02:12: Aber auch als Nicht-Volkswirt

00:02:14: und Nicht-Ökonom gibt es etwas,

00:02:15: was ich bei euch Wirtschaftern nie verstanden habe.

00:02:18: Wir leben auf einem kugelförmigen Planeten.

00:02:22: Da gibt es von außen keine Zulieferer,

00:02:24: die mehr Ressourcen, mehr Rohstoffe bringen können.

00:02:26: Und trotzdem ist ein Credo der Wirtschaft zu sagen:

00:02:30: Wachstum, Wachstum, Wachstum.

00:02:33: Für mich ist eine Binsenweisheit:

00:02:35: Auf einem kugelförmigen Planeten,

00:02:36: auf einem Ball, der durchs All fliegt,

00:02:38: ist irgendwann das Wachstum zu Ende,

00:02:39: weil da gibt es keine neuen Rohstoffe mehr.

00:02:42: Kann mir die Wissenschafterin erklären,

00:02:45: warum die Wirtschaft glaubt,

00:02:47: dass endloses Wachstum

00:02:49: auf einem endlichen kugelförmigen Ball möglich ist?

00:02:52: Ich werd‘s versuchen.

00:02:55: Einerseits stimmt es nicht ganz,

00:02:57: dass wir von außen nichts bekommen.

00:03:00: Weil wir bekommen Sonnenenergie.

00:03:02: Wir bekommen sehr viel Sonnenenergie.

00:03:04: Und die ernten wir derzeit noch relativ unkomplett.

00:03:09: Also insofern, da gibt es noch sehr viel Potenzial

00:03:12: um Energie aus erneuerbaren Energiequellen –

00:03:15: natürlich, wir brauchen halt Photovoltaik-Panel

00:03:17: oder Wind oder ähnliches,

00:03:18: um sie wirklich ernten zu können.

00:03:21: Aber da gibt es ja noch viel Potenzial.

00:03:23: Wo es natürlich schon stimmt, ist bezüglich Materie.

00:03:26: Weil hier und da trifft uns ein Asteroid oder Meteor…

00:03:30: und erstens einmal sind wir darüber nicht froh.

00:03:34: Und zweitens hat es keine ökonomische Signifikanz.

00:03:36: Bezüglich Materie sind wir in der Tat

00:03:38: ein geschlossenes System auf dem Planeten Erde

00:03:42: und wir müssen mit dem auskommen, was wir haben.

00:03:45: Relativ lange hat es so funktioniert,

00:03:47: dass wenn wir die Ressourcen

00:03:48: innerhalb unseres Einflussbereiches,

00:03:50: innerhalb unserer Region,

00:03:52: innerhalb unseres Landes ausgenutzt hatten,

00:03:54: dann sind wir halt woanders hingegangen

00:03:55: und haben das den Leuten abgekauft,

00:03:57: die es nicht gebraucht haben

00:03:59: oder es sich nicht leisten konnten, es zu brauchen.

00:04:02: Und dieses Konzept, dieses Modell

00:04:05: ist aber nicht mehr nachhaltig,

00:04:08: jetzt im Sinne von langfristig perpetuiertbar.

00:04:14: Weil einerseits natürlich,

00:04:16: niemand lässt sich ständig die Ressourcen wegnehmen.

00:04:18: Irgendwann einmal möchte man sich auch weiterentwickeln

00:04:21: und dafür braucht man halt Ressourcen.

00:04:23: Und andererseits haben wir so etwas wie bio-physische Grenzen.

00:04:28: Und das ist das Problem

00:04:30: innerhalb meiner Disziplin der Volkswirtschaftslehre,

00:04:33: dass ein Großteil der Analysen

00:04:35: ohne eine Konzeptualisierung von bio-physischen Grenzen auskommt.

00:04:40: Und dieses Auskommen bedeutet aber dann,

00:04:43: dass man verhaftet bleibt im Effizienzdenken.

00:04:46: Was prinzipiell schon gut ist.

00:04:48: Weil wer wäre gegen Effizienz?

00:04:49: Es wäre Verschwendung.

00:04:50: Nur immer nur effizienter zu produzieren...

00:04:55: Wir produzieren um 2 Prozent effizienter,

00:04:57: aber um 4 Prozent mehr Menge.

00:04:59: Das heißt, insgesamt verbrauchen wir wieder mehr Material

00:05:02: oder mehr Energie.

00:05:03: Ich bin kein Ökonom,

00:05:06: aber diese Rechnung verstehe sogar ich.

00:05:08: Trotzdem wird mir von jedem Unternehmer, jeder Unternehmerin,

00:05:11: jeder AG immer gepredigt: Wachstum, Wachstum, Wachstum.

00:05:14: Warum kapieren die das nicht?

00:05:16: Das ist doch eine Binsenweisheit in Wirklichkeit,

00:05:17: was du gesagt hast,

00:05:18: ohne deine wissenschaftliche Kompetenz infrage zu stellen.

00:05:21: Einerseits ist das Wachstumsstreben etwas relativ Neuartiges.

00:05:25: In den letzten 50, vielleicht 70 Jahren.

00:05:28: Davor gab es das nicht.

00:05:31: Es ist interessant, sich wirtschaftshistorisch anzuschauen,

00:05:34: wo das herkommt.

00:05:35: Da gibt es Abhandlungen dazu.

00:05:37: Es ist interessant, wer welche Players waren.

00:05:38: Aber da werden wir jetzt nicht reingehen.

00:05:40: Für den Großteil der Menschheitsgeschichte ging es darum,

00:05:43: die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen

00:05:47: und nächstes Jahr besser zu befriedigen.

00:05:50: Deswegen war der hauptsächliche Treiber Bevölkerungswachstum.

00:05:53: Das heißt, wenn man mehr Bevölkerung hat,

00:05:55: dann muss man natürlich mehr produzieren,

00:05:57: um die besser versorgen zu können.

00:05:59: Aber that’s it.

00:06:01: Was in jüngerer Zeit,

00:06:03: in den letzten Jahrzehnten dazugekommen ist,

00:06:05: sind die Erwartungen von Investoren.

00:06:07: Schneller steigende Produktivität.

00:06:10: Die Sorge, dass mit der Produktivität

00:06:12: Arbeitslosigkeit generiert wird.

00:06:14: Arbeitslosigkeit muss man sehr ernst nehmen.

00:06:16: Wenn wir die gleiche Menge an Gütern

00:06:18: mit um 3 Prozent, 5 Prozent weniger Arbeitskräfte

00:06:23: in einem Jahr herstellen können,

00:06:25: dann haben wir, wenn wir sonst nichts ändern,

00:06:28: haben wir 3 oder 5 Prozent weniger Erwerbstätige.

00:06:32: Das ist ein Problem.

00:06:33: Da kann man dann sagen:

00:06:35: Na ja, da muss man jetzt mehr produzieren,

00:06:36: um wieder die gleiche Menge von Menschen zu beschäftigen.

00:06:40: Oder man könnte auch sagen:

00:06:41: Naja, tu ma die Arbeitszeit verkürzen beispielsweise.

00:06:43: Oder wir geben Menschen eine Auszeit.

00:06:46: Das heißt, das sind zwei der wichtigen Treiber.

00:06:49: Einerseits ist es die Produktivität,

00:06:51: was eigentlich was Positives ist.

00:06:52: Aber es könnte uns, wenn wir es nicht geschickt angehen,

00:06:54: Arbeitslosigkeit produziert werden.

00:06:56: Und auf der anderen Seite die Erwartungen von Investoren.

00:06:59: Und das ist halt im System einmal drin.

00:07:01: Ich erwarte eine gewisse Rendite.

00:07:03: Und da gibt es ein bisschen ein sich nach oben schrauben.

00:07:05: Und da hat der Finanzsektor auch eine Rolle dabei.

00:07:09: Gitsch, ist es nicht schön,

00:07:11: dass für dich als Erzeugerin von nachhaltiger Energie

00:07:17: dieses ganze Ressourcen-Problem,

00:07:19: zumindest wenn es um Sonne und Wind geht,

00:07:20: nicht existiert?

00:07:21: Denn du schöpft tatsächlich

00:07:23: aus einem unendlichen Fundus an Energie.

00:07:25: Dir gehen die Ressourcen nicht aus.

00:07:27: Ja, das stimmt tatsächlich.

00:07:28: Die Natur unseres Geschäfts ist,

00:07:29: dass es eben erneuerbare Energieträger sind.

00:07:32: Und ich nehme dem Wind ja nichts weg,

00:07:33: wenn ich ein Windrad damit betreibe.

00:07:36: Aber das stimmt natürlich auch nur

00:07:37: bis zu einem gewissen Grad.

00:07:38: Man muss einfach sagen,

00:07:39: dass wenn man in den Energiebereich schaut,

00:07:41: dass auch dort es natürlich immer wieder

00:07:44: um widerstrebende Interessen geht.

00:07:46: Das ist das Interesse des Landschaftsbild,

00:07:47: das Interesse der Biodiversität,

00:07:48: das ist das Interesse,

00:07:50: wenn man jetzt nur an Wasserkraft und Biomasse denkt.

00:07:52: Das heißt auch für erneuerbare Energieträger

00:07:56: brauche ich wieder den Ressourceneinsatz.

00:07:59: Und ich bin davon überzeugt,

00:08:00: dass es in Summe eine Haltungsänderung braucht.

00:08:04: Dass wir auch mit den Erneuerbaren

00:08:06: schonend umgehen müssen.

00:08:07: Weil niemand will

00:08:08: den ganzen Planeten mit Windrädern zugepflastert haben.

00:08:10: Insofern geht es um die Haltung.

00:08:13: Und vom Produkt her gebe ich dir aber völlig recht.

00:08:16: Mich würde tatsächlich auch noch einmal

00:08:17: dieses Thema Wachstum interessieren.

00:08:19: Ich würde da gerne noch mal eine Frage daran knüpfen.

00:08:21: Weil es ja tatsächlich so etwas wie ein Dogma ist.

00:08:25: Weil man sagt, dass die Wirtschaft…

00:08:26: es bricht alles zusammen, wir haben Arbeitslose,

00:08:29: wenn das Wachstum nicht entsprechend ist.

00:08:31: Und für mich ist die Frage:

00:08:32: Wie kann man das diesen

00:08:34: Wirtschaftswissenschaftlern austreiben

00:08:35: oder den Politikern austreiben,

00:08:37: die auf diese Empfehlungen reagieren?

00:08:39: Wie schafft man es?

00:08:40: Gibt es irgendwo ein gutes Beispiel,

00:08:42: wo das gelungen ist?

00:08:43: Ein Land vielleicht oder ein Modell,

00:08:45: wo man sagt: Da ist es gelungen,

00:08:47: da ist man einen anderen Weg gegangen?

00:08:49: Also unsere Antwort ist natürlich:

00:08:51: mehr Wissen generieren, alternative Rahmungen anzubieten,

00:08:54: konstruktive alternative Analysen.

00:08:57: Und dann ist es eine Frage, so wie am Bazar, of ideas.

00:09:01: Und je nachdem, welche Ideen halt aufgegriffen werden,

00:09:05: entweder von Bürgern, Bürgerinnen

00:09:06: oder auch von Politikern

00:09:08: bzw. in den akademischen Journalen natürlich.

00:09:11: Das ist für uns als Wissenschaftler ganz klar.

00:09:13: Wir bieten eine alternative Perspektive an

00:09:16: und versuchen so produktiv zu sein.

00:09:18: Auf breiterer Ebene ist es...

00:09:20: Auf der einen Seite haben wir

00:09:22: sehr wohl positive Tendenzen,

00:09:23: vor allem in den letzten Jahren,

00:09:25: weil Institutionen - und das ist, was ganz Wichtiges.

00:09:28: Einerseits Akteure spielen eine wichtige Rolle,

00:09:31: aber es geht um die Regelwerke hauptsächlich.

00:09:33: Und auf europäischer Ebene zum Beispiel

00:09:35: gibt es nicht nur Bemühungen,

00:09:38: sondern es wird nächstes Jahr in Kraft treten,

00:09:40: zum Beispiel die EU Taxonomie.

00:09:43: Und da geht es darum,

00:09:45: dass Investitionen, Projekte, Unternehmen

00:09:48: nach vorher definierten Kriterien eingestuft werden können.

00:09:53: Sind die grün oder nicht?

00:09:54: Das ist nicht trivial.

00:09:55: Sind die umweltfreundlich oder nicht?

00:09:57: Das ist natürlich relativ komplex.

00:09:59: Aber man hat sich auf Dimensionen geeinigt.

00:10:01: Und man hat sich auf dieses Verständnis geeinigt,

00:10:04: man muss das separat bewerten.

00:10:06: Weil... außer die Märkte

00:10:08: haben völlig alle Wirkungen in der Gesellschaft

00:10:11: und in der Umwelt inkorporiert

00:10:14: und in die Regelwerke aufgenommen,

00:10:16: dann würde der Markt auch sozusagen eine gute Lösung,

00:10:20: ein optimales Ergebnis liefern.

00:10:24: Nur da sind wir weit davon entfernt.

00:10:26: Weil diese Regelwerke noch sehr stark

00:10:29: in einer alten Logik verhaftet sind.

00:10:31: Und diese alte Logik ist:

00:10:32: Es gibt zwar Umwelt-Wirkungen,

00:10:33: aber die meisten davon kann man vernachlässigen.

00:10:35: Die Natur wird sich selbst wieder heilen.

00:10:40: Das kann man vernachlässigen.

00:10:41: Das ist ein altes Denken.

00:10:43: Die Natur wird sich selbst wieder heilen.

00:10:45: Ich komme wieder als Nicht-Akademiker daher.

00:10:47: Ich höre seit Jahrzehnten

00:10:49: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die uns sagen:

00:10:51: Das geht sie nicht aus mit dem Heilen.

00:10:53: Das hast du ja auch gesagt.

00:10:54: Sind die taub? Hören die nicht zu?

00:10:57: Oder haben wir so viel Zeit,

00:10:59: dass die Natur sich wieder noch heilen darf?

00:11:01: Entschuldigung, wenn ich jetzt unterbrochen habe.

00:11:02: Aber ich höre das seit Jahrzehnten

00:11:05: und irgendwann geht mir die Geduld aus.

00:11:07: Und dann geht mir der Glaube aus.

00:11:08: Wenn man sich in der Umweltgeschichte umschaut,

00:11:10: hatten wir immer wieder Umweltprobleme.

00:11:13: Also Wasser war kontaminiert mit Fäkalien.

00:11:16: Wir hatten sauren Regen und Ähnliches.

00:11:18: Die hatten ein Charakteristikum gemeinsam,

00:11:21: nämlich dass sie relativ lokal waren.

00:11:25: Und man konnte relativ genau zuordnen, wo das herkommt.

00:11:28: Dann gab es eine technische Lösung,

00:11:29: man hat das adressiert

00:11:30: und man hat sofort die positive Wirkung gemerkt.

00:11:33: Also da sind wir relativ gut. Das merkt man schon.

00:11:36: Was bei Klimawandel so problematisch ist

00:11:38: und bei Biodiversität ist noch ein bisschen komplizierter,

00:11:41: weil wir einerseits globales Mixing haben.

00:11:44: Also ob wir hier emittieren,

00:11:46: ob in Bangladesch emittiert wird

00:11:48: oder in den USA emittiert wird,

00:11:49: ist wurscht praktisch.

00:11:51: Es gibt kleine lokale Unterschiede.

00:11:52: Aber ansonsten ist es egal.

00:11:54: Es ist wirklich ein globales Phänomen.

00:11:55: Und das heißt, wir müssen eigentlich

00:11:58: Milliarden von Menschen einschließen.

00:12:01: Und gleichzeitig sind aber

00:12:03: diese Milliarden von Menschen gar nicht ähnlich,

00:12:05: sondern haben ganz unterschiedliche Geschichten,

00:12:07: sozioökonomische Bedingungen,

00:12:09: bio-physische Kontexte und so weiter.

00:12:11: Und trotzdem hat man sich einigen müssen.

00:12:13: Das hat 25 Jahre gedauert,

00:12:15: in diesen internationalen Klimakonferenzen.

00:12:17: Denn wissenschaftlich ist es seit 50 Jahren klar,

00:12:20: was bezüglich Klima passiert.

00:12:21: Klimawissenschaftlich, von der Naturwissenschaft,

00:12:24: Klima-Ökonomie gibt es ungefähr seit 40 Jahren,

00:12:26: ist auch relativ klar.

00:12:27: Es ist ein bisschen zu viel Fokus auf Preise,

00:12:30: zu viel sich verlassen auf Preise,

00:12:31: nicht genug auf soziale Institutionen.

00:12:33: Aber gut, da können wir über die Nuancierungen sprechen.

00:12:36: Und seit 30 Jahren

00:12:37: haben wir einen sehr intensiven Klima-Diskurs.

00:12:40: Das heißt also, das ist alles gar nichts Neues.

00:12:42: Aber eben diese Institutionen,

00:12:44: die Regelwerke zu verändern,

00:12:46: das ist etwas relativ Träges,

00:12:48: weil eben sehr unterschiedliche Interessenlagen

00:12:50: dahinter stehen.

00:12:51: Reiche Länder, arme Länder.

00:12:53: Die derzeitige Generation, zukünftige Generationen.

00:12:56: Ich verstehe das alles intellektuell.

00:12:58: Und dann kriege ich wie diesen Sommer

00:13:01: Wetterphänomene auch im gemäßigten Raum Mitteleuropas mit

00:13:05: und denke mir: Schön, dass ich es verstehe.

00:13:08: Aber haben wir die Zeit,

00:13:09: das intellektuell zu verarbeiten,

00:13:11: auf Konferenzen uns da Zeit zu lassen?

00:13:13: Rennt uns nicht die Zeit davon?

00:13:14: Uns rennt absolut die Zeit davon.

00:13:16: Und es gab zum Beispiel 1972

00:13:19: ein sehr einflussreiches Werk,

00:13:22: das von einer kleinen Anzahl

00:13:24: von MIT-Forschern/Forscherinnen gemacht wurde.

00:13:28: Limits to Growth.

00:13:30: Und die haben eine heroische Herangehensweise,

00:13:33: ein Weltmodell der Wirtschaft haben die

00:13:35: mit Dynamischer System-Modellierung gemacht.

00:13:39: Was man damals wirklich als fast absurd angesehen hat,

00:13:42: das geht doch gar nicht.

00:13:43: Und sie haben es aber geschafft,

00:13:44: mit natürlich relativ primitiven Computer noch.

00:13:46: Und hatten nicht nur den ökonomischen Output drinnen,

00:13:51: sondern auch die Bevölkerungsentwicklung

00:13:53: und Umweltverschmutzung und Ernährung.

00:13:56: Und waren erstaunlich präzise,

00:14:00: fast erschreckend.

00:14:01: Dieser STANDARD RUN.

00:14:03: Auf dem haben wir uns sehr lange befunden.

00:14:05: Wobei aber eigentlich die Analyse,

00:14:07: da ist es nicht darum gegangen

00:14:09: zu prognostizieren, sondern aufzuzeigen,

00:14:11: was es denn bräuchte, um es besser zu machen.

00:14:14: Und trotzdem haben uns jahrzehntelang noch immer

00:14:17: auf diesem STANDARD RUN ihrer Modellierung befunden.

00:14:20: Obwohl klar war von der Analyse –

00:14:22: und es ist nicht, dass das Buch vergessen worden wäre,

00:14:25: das ist breit diskutiert worden.

00:14:27: Denn das Wissen zu haben ist wichtig,

00:14:30: aber es reicht leider nicht aus.

00:14:33: Gitsch. Wir wissen es seit Jahrzehnten,

00:14:36: seit 50 Jahren und wir tun nichts.

00:14:40: Ich bin da am Ende meiner Weisheit mittlerweile.

00:14:44: Wer am Ende seiner Weisheit ist,

00:14:45: wird entweder frustriert, resignativ

00:14:47: oder fängt an, Steine zu schmeißen.

00:14:48: Ich schmeiße keine Steine, sondern ich frag dich:

00:14:50: Wie gehst du damit um?

00:14:51: Ich würde es nicht so negativ sehen.

00:14:53: Weil wir sehen gerade in der Branche, in der wir sind…

00:14:56: Wir sind als oekostrom AG sicher Pionierin

00:14:59: auf dem Gebiet der nachhaltigen Energieversorgung.

00:15:02: Wir tun dasselbe schon seit über 20 Jahren.

00:15:05: Aber mittlerweile tun es sehr viele

00:15:07: und mittlerweile ist es auch Mainstream.

00:15:08: Es gibt mittlerweile eine gesetzliche Verpflichtung

00:15:11: und einen Plan, dass bis 2030 überhaupt nur mehr Strom

00:15:14: aus erneuerbaren Energien verwendet wird.

00:15:16: Also da ist tatsächlich ein Dammbruch passiert,

00:15:20: und zwar im positiven Sinn,

00:15:22: der schon wahnsinnig viel verändern wird.

00:15:24: Weil Energie ist ein ganz wesentlicher Bereich.

00:15:26: Und wenn man sich das auch international ansieht,

00:15:28: das sind schon sehr viele Rahmenbedingungen geschaffen,

00:15:31: die aus meiner Sicht auch unumkehrbar sind

00:15:34: und wo der Markt auch schon anfängt, sich zu bewegen.

00:15:37: Trotzdem hast du natürlich recht mit dem Punkt:

00:15:40: geht es schnell genug? schaffen wir‘s?

00:15:42: Wie viel könne man noch retten von der Artenvielfalt?

00:15:45: Wieviel können wir noch verhindern

00:15:47: von der Klimakatastrophe, vor der wir stehen?

00:15:49: Und da ist schon die Frage,

00:15:50: wie man die Wirtschaft am besten mit ins Boot holt.

00:15:55: Das ist auch eine Frage,

00:15:56: die mich noch nach wie vor noch

00:15:57: ein Stück weit unbefriedigt zurücklässt.

00:16:00: Weil wir sind halt immer wieder auch

00:16:02: mit Argumenten konfrontiert,

00:16:03: auch von unseren eigenen Interessenvertretern

00:16:06: oder die, die unsere Interessen vertreten sollten.

00:16:09: Ich sage jetzt keine Namen,

00:16:10: aber ich glaube, es wissen alle,

00:16:11: wer damit gemeint ist.

00:16:13: Die dann ein Klimaschutzgesetz für zu ambitioniert halten

00:16:16: und sich öffentlich dagegen aussprechen.

00:16:18: Und das ist für uns auch frustrierend.

00:16:20: Weil wir wissen,

00:16:21: es kann auch die Wirtschaft nachhaltig funktionieren.

00:16:23: Aber es gibt halt einen ganz großen Teil

00:16:25: und meiner Meinung nach den größten Teil

00:16:27: und vor allem die, die am Drücker sind,

00:16:29: die das anders sehen.

00:16:31: Und das würde mich von der Sigrid interessieren.

00:16:32: Was sagst du so jemandem?

00:16:34: Was soll ich einem Kammervertreter sagen,

00:16:38: dem das Klimaschutzgesetz zu ambitioniert ist?

00:16:41: Was kann ich für Argumente liefern,

00:16:44: die auch von der wirtschaftlichen Seite her fundiert sind?

00:16:48: Relativ lange haben wir damit gearbeitet,

00:16:50: aufzuzeigen, wie fürchterlich die Situation werden wird,

00:16:54: wenn wir jetzt nichts tun.

00:16:56: Das Problem ist nur:

00:16:57: Negative Information aktiviert nicht.

00:16:59: Also es stimmt zwar und es ist nötig, das zu sagen,

00:17:01: auch die Information zur Verfügung zu stellen,

00:17:04: aber das reicht nicht aus.

00:17:06: Sondern halt auch darauf hinzuweisen,

00:17:09: was es brauchen wird für zukunftsfähiges Wirtschaften

00:17:12: ist viel Innovation.

00:17:13: Und wo Innovation erforderlich ist,

00:17:16: da gibt es auch natürlich Akteure,

00:17:17: die halt besonders sich einsetzen

00:17:20: und die dann auch wirtschaftlich erfolgreich sein können.

00:17:22: Das heißt, es liegen auch wirtschaftliche Gelegenheiten,

00:17:25: Opportunitäten in diesem Veränderungsprozess,

00:17:27: aber halt eher für die, die sich früh bewegen,

00:17:31: die sich schnell bewegen

00:17:32: und die die Gelegenheit beim Schopf ergreifen.

00:17:34: Einerseits brauchen wir das unbedingt.

00:17:37: Ich bin davon überzeugt,

00:17:38: dass es ohne der Kraft und der Ressourcen der Unternehmen

00:17:42: diese sozial ökologische Transformation nicht gelingen kann.

00:17:45: Aber es reicht nicht, die Unternehmen zu überzeugen

00:17:48: oder die Pioniere oder die Frontrunner sozusagen

00:17:52: der Unternehmerschaft.

00:17:54: Sondern es braucht auch die entsprechende Regulierung,

00:17:57: damit nämlich der Wettbewerb zwischen den Unternehmen

00:18:02: eher in die Richtung von nachhaltigen Unternehmen gedrängt wird.

00:18:06: Derzeit ist es relativ oft so,

00:18:08: dass Nachhaltigkeit ist etwas Zusätzliches,

00:18:11: das kostet mehr.

00:18:12: Da muss man sich seine eigene Nische,

00:18:14: seine eigenen Kunden suchen.

00:18:15: Man wird fast ein bissl benachteiligt,

00:18:17: wenn man sich nachhaltig verhält.

00:18:19: Und es kann sogar

00:18:20: für Geschäftsführer ein bisschen heikel werden,

00:18:21: wenn sie zu viel tun.

00:18:22: Deswegen ist Regulierung so wichtig.

00:18:24: Die Regelwerke müssen sich verändern.

00:18:26: Das ist einerseits für Geschäftsführer wichtig,

00:18:28: das ist für Menschen, die in Unternehmen arbeiten, wichtig,

00:18:30: die alle eigentlich das Richtige tun wollen.

00:18:33: Ich gehe von einem Menschenbild aus:

00:18:35: Menschen wollen normalerweise Teil der Lösung sein

00:18:37: und nicht Teil des Problems.

00:18:38: Und ich begegne auch sehr vielen Menschen,

00:18:41: die Teil der Lösung sein wollen,

00:18:43: aber haben oft mit Regelwerken zu kämpfen,

00:18:45: die ihnen entgegenstehen,

00:18:46: wo sie drüber hüpfen müssen.

00:18:47: Und da müssen wir die Hürde für das nachhaltige Handeln

00:18:50: viel niedriger legen.

00:18:52: Zum Beispiel einen gestandenen Kohlenstoff-Preis einführen.

00:18:54: Es ist absurd,

00:18:55: dass die Emission noch immer fast nichts kostet.

00:18:57: Ein gestandener Kohlenstoff-Preis.

00:19:00: Du bist keine Politikerin, du bist Wissenschaftlerin.

00:19:03: Du hast den Vorteil, du verlierst jetzt nicht

00:19:04: 3 Prozent oder 10 Prozent deiner Wählerinnen und Wähler.

00:19:08: Gleichzeitig bist du aber auch jemand, der sagt:

00:19:10: Man kann nicht alles monetarisieren.

00:19:13: Man sagt immer: Das kostet so und so viel.

00:19:17: Das ist, sagst du, wenn ich das richtig verstanden habe,

00:19:21: ist nicht immer die Lösung,

00:19:23: mit der man Dinge erklären kann.

00:19:24: Trotzdem sagt du: ein gestandener Kohlenstoff-Preis.

00:19:27: Widersprichst du dir selber

00:19:29: oder verstehe ich es nur nicht?

00:19:31: Man muss unterscheiden.

00:19:33: Einerseits dort, wo es relativ einfach ist,

00:19:35: einen Preis festzulegen, wie z.B. beim Kohlenstoff.

00:19:38: Da haben wir schon sehr lange drüber nachgedacht.

00:19:41: Wir können es mit der Möglichkeit

00:19:43: über Technologien Emissionen entweder zu reduzieren

00:19:47: oder wieder aus der Atmosphäre rauszuholen,

00:19:48: können wir einen vernünftigen Preis identifizieren.

00:19:52: Auch wenn innerhalb der Literatur

00:19:54: die Bandbreite wahnsinnig groß ist,

00:19:56: die da als Social Cost of Carbon,

00:19:58: also die sozialen Kosten des Kohlenstoffs

00:19:59: festgeschrieben werden.

00:20:01: Auf der anderen Seite gibt es Aspekte,

00:20:03: wo es ganz schwierig ist,

00:20:04: einen Preis zu identifizieren.

00:20:06: Und da sind wir,

00:20:07: vor allem wenn es um Biodiversität geht beispielsweise

00:20:09: oder wenn es um menschliche Entwicklung geht –

00:20:12: wenn man es so breit…

00:20:13: da könnten wir in die Tiefe gehen…

00:20:15: Das heißt, ich habe nichts gegen Zahlen,

00:20:18: ganz im Gegenteil.

00:20:19: Aber ich plädiere dafür,

00:20:21: dass wir den Marktmechanismus,

00:20:23: den Preismechanismus dort einsetzen,

00:20:25: wo es keine philosophischen Sprünge braucht,

00:20:29: damit man zum Preis kommt,

00:20:31: sondern wo es sich aus unseren Modellierarbeiten

00:20:34: wirklich ergeben kann.

00:20:35: Und dort, wo das ganz schwierig wäre

00:20:38: oder wo man so starke Annahmen treffen muss,

00:20:41: dass man sich als Wissenschaftler und Wissenschaftlerin

00:20:43: die Frage stellen muss:

00:20:45: Ist das noch lauter, was ich hier tue?

00:20:47: Dann sollte man halt auf andere Maßeinheiten zurückgreifen.

00:20:50: Eine Prozess-Logik zu identifizieren,

00:20:53: wo wir wissen, das ist das Ergebnis,

00:20:56: das wir am Schluss brauchen:

00:20:57: eine Reduktion von Material

00:20:59: oder eine Reduktion von Emissionen

00:21:03: oder eine Verbesserung auf der sozioökonomischen Ebene.

00:21:07: Und wir wissen, dort müssen wir hinkommen.

00:21:11: Und dann den Prozess uns überlegen,

00:21:14: wie wir dort hinkommen können.

00:21:16: Und ich glaube, dass beides Hand in Hand gehen muss.

00:21:19: Einerseits die Preise korrigieren,

00:21:20: dort, wo wir es können.

00:21:21: Absolut, ganz klar.

00:21:23: Ich hab nichts gegen Preise,

00:21:24: hab nichts gegen Zahlen.

00:21:25: Aber nur dort, wo wir es wissenschaftlich fundiert

00:21:28: auch wirklich kommunizieren können.

00:21:30: Da tut sich ja derzeit sehr viel beim Kohlenstoffpreis.

00:21:33: Jetzt sind wir schon über 60 drüber

00:21:34: auf dem europäischen Emissionshandelssystem.

00:21:37: Wir müssen aber noch deutlich höher gehen,

00:21:39: um wirklich eine Veränderung zu haben.

00:21:41: Kannst du mir eine ganz konkrete Zahl nennen?

00:21:43: Es gibt ja auch Politiker in Österreich,

00:21:44: die sagen, 25 Euro wären fein.

00:21:47: Du sagst 60 Euro deutlich höher.

00:21:49: Was wäre denn ein gestandener Kohlenstoff-Preis?

00:21:53: Die 60, die ich genannt habe,

00:21:55: sind der derzeitige Preis für EU-Emissionshandel-Zertifikate.

00:21:59: Das heißt, das ist ein Preis,

00:22:01: der sich am Markt derzeit schon ergeben hat.

00:22:03: Und da haben wir

00:22:05: einige von Klimaschutzmaßnahmen noch nicht implementiert

00:22:08: oder die sind erst in der Diskussion.

00:22:10: Das heißt, es ist ganz klar,

00:22:12: dass der Preis noch in die Höhe gehen muss,

00:22:13: um die Verhaltensänderung zu liefern,

00:22:15: die wir brauchen.

00:22:16: Das ist eigentlich das Ziel.

00:22:18: Es gibt keinen absolut richtigen Kohlenstoff-Preis,

00:22:21: sondern es gibt einen Preis, der nötig ist,

00:22:23: um gewisse Ergebnisse zu liefern.

00:22:26: Und je mehr dieser Kohlenstoff-Markt

00:22:30: mit anderen begleitenden Maßnahmen,

00:22:32: zum Beispiel Standards bei Technologien,

00:22:36: Autos beispielsweise und so weiter,

00:22:38: begleitet wird, desto weniger braucht man

00:22:41: den Kohlenstoff-Preis in die Höhe schrauben.

00:22:43: Wenn es weniger begleitende Maßnahmen gibt,

00:22:44: dann braucht man einen höheren Kohlenstoffpreis.

00:22:47: 20, 25 ist viel zu niedrig, das ist ganz klar.

00:22:50: Das hat auch die deutsche Bundesregierung…

00:22:53: das war der Einstiegspreis - frustrierend niedrig.

00:22:56: In Schweden ist der Preis bei ungefähr 115 derzeit

00:23:01: und die schwedische Regierung floriert ganz wunderbar.

00:23:04: Gibt es überhaupt kein Problem.

00:23:05: Die haben ja schon viel früher angefangen

00:23:07: und haben das systematisch eingeführt.

00:23:09: Ich würde ausgehen davon,

00:23:11: dass man bei 200, 300 bis zu 450 –

00:23:13: gibt es die Abschätzung,

00:23:15: dass man als Kohlenstoff-Preis braucht.

00:23:17: Aber wie gesagt, es gibt keinen richtigen Preis per se,

00:23:21: sondern es kommt darauf an,

00:23:22: wie hoch der Preis gehen muss,

00:23:24: um das Ergebnis zu liefern.

00:23:25: Und das hängt davon ab,

00:23:26: welche begleitenden Maßnahmen eingesetzt werden.

00:23:28: Je mehr begleitende Maßnahmen,

00:23:30: desto weniger muss man der Preisschraube drehen.

00:23:32: Und bei der Preisschraube hat man immer das Problem,

00:23:34: dass es regressive Wirkungen

00:23:35: auf manche sozioökonomische Gruppen haben kann.

00:23:39: Ich würde ganz gern noch ins Kleine gehen,

00:23:41: ins Mikro-Ökonomische.

00:23:42: Die oekostrom AG ist ja eine AG

00:23:45: und in der AG gibt es Aktionäre, die das Geld geben,

00:23:51: damit wir überhaupt wirtschaften können.

00:23:53: Und die erwarten sich natürlich für dieses Risiko,

00:23:55: für dieses Investment, das sie machen,

00:23:56: auch einen gewissen Value, einen Shareholder Value.

00:23:59: Jetzt habe ich das Glück,

00:24:01: dass unsere Aktionäre auch sehr idealistisch sind

00:24:05: als Person.

00:24:06: Das heißt, wir haben sicher nicht die,

00:24:08: die uns am meisten peitschen,

00:24:09: dass wir das Maximum auspressen müssen.

00:24:11: Aber in Wirklichkeit funktioniert natürlich Wirtschaft so,

00:24:15: dass investiert wird

00:24:17: und für das Investment möchte man eine Rendite.

00:24:20: Und zwar eine monetäre Rendite

00:24:22: und nicht unbedingt eine volkswirtschaftliche.

00:24:24: Wohlbefinden, weniger Arbeiten -

00:24:27: für die Bevölkerung ist schön,

00:24:28: vielleicht für die Politik,

00:24:29: aber weniger für den einzelnen Investor interessant.

00:24:32: Wie kann man auf dieser Mikroebene

00:24:35: Nachhaltigkeitskriterien einführen?

00:24:38: Und wie schafft man es dort

00:24:39: auch mehr Nachhaltigkeit hineinzubringen?

00:24:42: Einerseits tut sich derzeit im Finanzmarkt sehr viel.

00:24:44: Man merkt einfach, dass viele Investoren verstanden haben,

00:24:49: dass langfristig erfolgreich sein heißt

00:24:52: eigentlich nachhaltig wirtschaften.

00:24:55: Was es noch bräuchte, wären striktere Regulierungen,

00:24:58: so dass es eben für die,

00:25:00: die mehr tun als die Gesetze derzeit erfordern,

00:25:03: dass nicht einerseits zum Wettbewerbsnachteil wird

00:25:06: und auf der anderen Seite,

00:25:07: dass sie nicht in Erklärungsnotstand kommen

00:25:08: bezüglich ihrer Eigentümer.

00:25:11: Die Eigentumsstruktur ist natürlich sehr bedeutend.

00:25:13: Ich glaube, ihr seid da in einer sehr glücklichen Lage.

00:25:15: Und es kann aber auch sein,

00:25:18: dass da viel höherer Demand sozusagen

00:25:20: von den Investoren komme,

00:25:22: wo es dann die Situation gibt,

00:25:23: dass man das letzte rausquetschen muss.

00:25:25: Vor ein paar Jahren oder Jahrzehnten war das schon.

00:25:28: Das war sehr erleuchtend für Menschen

00:25:32: im amerikanischen Kontext vor allem,

00:25:34: weil die ja hauptsächlich

00:25:36: ihre Pensionen über den Kapitalmarkt lukrieren,

00:25:39: die dann gemerkt haben, dass…

00:25:41: beispielsweise sie arbeiten in einer Branche,

00:25:44: wo es sehr hohen, sehr starken Wettbewerb derzeit gibt.

00:25:47: Und da haben sie dann gemerkt,

00:25:49: dass die, so wie die Daumenschrauben angesetzt wird,

00:25:52: immer noch mehr die Rendite in die Höhe schrauben,

00:25:54: was zu Kostenreduktionen geführt hat,

00:25:56: was zu Entlassungen geführt hat,

00:25:58: obwohl das Unternehmen eigentlich erfolgreich war.

00:26:00: Aber es hat halt vielleicht nur

00:26:02: 4 Prozent Rendite erwirtschaftet

00:26:04: und nicht die 8 Prozent, die erwartet wurden.

00:26:06: Und das sind dann manche Menschen entlassen worden.

00:26:09: Und die haben gemerkt, dass dort,

00:26:11: wo sie selbst investiert haben,

00:26:13: in den Pensionsfonds, in den sie selbst investiert haben,

00:26:15: der ihre Pension sichern sollte,

00:26:17: der war dafür verantwortlich,

00:26:18: dass sie jetzt eigentlich den Job verloren haben.

00:26:20: Und so kommt es dann schon zusammen.

00:26:22: Muss nicht in der Person sein.

00:26:25: Aber natürlich wirkt das auf Arbeitnehmer, Arbeitnehmerinnen.

00:26:29: Je nachdem, welche Investitionen getätigt werden.

00:26:33: Ich glaube, derzeit sind wir wirklich

00:26:35: in einem Veränderungsprozess,

00:26:37: dass eine relativ große Anzahl von Investoren merken,

00:26:40: die wirklich innovativeren Unternehmen setzen derzeit,

00:26:44: weil sie antizipieren,

00:26:45: weil sie die politischen Signale hören,

00:26:47: setzen wirklich ganz stark auf Nachhaltigkeit.

00:26:50: Und ich weiß nicht,

00:26:53: wie lange diese Phase andauern wird.

00:26:54: Es hängt davon ab,

00:26:55: wie stark die Politik wirklich die Versprechen,

00:26:59: die Ambitionen einlösen wird.

00:27:01: Aber derzeit gibt es eine Chance sozusagen,

00:27:04: um die Logik des Finanzmarktes zusammenzubringen

00:27:07: mit der Logik der Realwirtschaft.

00:27:08: Aber man muss sehr genau hinschauen

00:27:11: bei der institutionellen Ausgestaltung.

00:27:12: Weil es ist könnte kippen.

00:27:15: Von wegen: Ja, wir schauen, dass der Finanzmarkt

00:27:17: relativ viel aus dem Klimaschutz verdient

00:27:20: und nicht der Finanzmarkt ist der Hebel,

00:27:22: um den Klimaschutz zu ermöglichen.

00:27:24: Also die regulatorische Ausgestaltung

00:27:27: ist schon sehr, sehr wichtig.

00:27:28: Hebel ansetzen können aber auch

00:27:30: wir Normal-Verbraucherinnen, Normal-Konsumenten.

00:27:34: Unter anderem, indem wir mit gutem Beispiel vorangehen.

00:27:38: Einfach zeigen, es ist uns wichtig,

00:27:40: Verhalten nach Bewusstseinsänderung,

00:27:42: auf Verhaltensänderungen zu setzen.

00:27:44: Erstens, weil das eben,

00:27:45: wenn es viele machen, auch einen Impact hat.

00:27:48: Aber zweitens, weil auch die Politik,

00:27:50: die Institutionen, die Unternehmen ja auch merken,

00:27:54: das interessiert die Leute.

00:27:55: Also von der Bewusstseinsebene auf die Aktivitätsebene.

00:27:58: Und deswegen frage ich ja meine Gäste

00:28:00: hier auf dieser Bühne in der Arena,

00:28:02: immer gegen Ende des Gesprächs,

00:28:04: was abgesehen von der wissenschaftlichen Expertise,

00:28:07: für die ich mich sehr bedanke,

00:28:08: weil ich habe immer das Gefühl,

00:28:10: dass jetzt ein bisschen von dem verstanden habe,

00:28:13: wo ich glaube, ich verstehe es nicht.

00:28:14: Aber abgesehen von dieser Expertise

00:28:16: finde ich es immer spannend,

00:28:18: was für ganz konkrete Handlungsanleitungen hättest du denn

00:28:21: für den oder die Einzelne im Alltag?

00:28:24: Da wünsche ich mir so einen Tipp am Freitag,

00:28:26: der wirklich möglichst niederschwellig sein sollte

00:28:29: und auch relativ leicht umsetzbar.

00:28:32: Was wäre denn dein Tipp am Freitag?

00:28:35: Ich kann es leider nicht so ganz simpel beantworten.

00:28:38: Und zwar weil es meines Erachtens wichtig ist.

00:28:42: Einerseits jeder von uns und jeder von uns

00:28:45: hat ja viel in der Hand und kann viel tun.

00:28:47: Andererseits vor 15 Jahren hat

00:28:49: ein österreichischer Umweltminister gesagt:

00:28:51: Wenn endlich die Österreicher und Österreicherinnen,

00:28:54: die österreichischen Haushalte,

00:28:55: sich nachhaltig verhalten würden,

00:28:56: dann hätten wir kein Problem mehr.

00:28:57: Das hat mich so gestört.

00:28:59: Ich bin dem nachgegangen

00:29:00: und ich habe seither meine Forschungsagenda verändert,

00:29:03: weg von nachhaltigem Konsum,

00:29:05: hin zu Strukturen, die nachhaltiges Handeln ermöglichen.

00:29:10: Und insofern zwar jeder einzelne kann viel tun,

00:29:14: aber es ist ganz wichtig,

00:29:15: dass man sich da nicht alleine gelassen fühlt

00:29:17: oder versucht dann, die Heldin zu sein,

00:29:19: was schon fein ist,

00:29:20: aber das hält man nicht so ganz lange durch.

00:29:22: Deswegen ist es ganz wichtig, sich Verbündete zu suchen

00:29:25: und auch gemeinsam daran zu arbeiten,

00:29:27: Strukturen zu verändern.

00:29:29: Und Strukturen kann man entweder…

00:29:30: das können, Routinen, Praktiken im eigenen Haushalt sein,

00:29:34: das kann am Arbeitsplatz sein

00:29:35: oder man kann sich politisch engagieren.

00:29:37: Welche Form auch immer für jeden einzelnen passt.

00:29:39: Was auch immer man als Einzelner tut,

00:29:42: ich glaube, das muss man begleiten,

00:29:44: mit sich bestärken lassen, auch von anderen.

00:29:47: Deswegen würde ich mir andere suchen, die mit mir

00:29:49: zum Beispiel mit dem Fahrrad einen Arbeitsweg begehen.

00:29:53: Wenn das möglich ist.

00:29:54: Wenn man weiter weg wohnt zum Arbeitsplatz,

00:29:56: ist das natürlich nicht möglich.

00:29:57: Aber vielleicht ist es möglich,

00:29:59: mit dem Fahrrad zum nächsten Bahnhof zu fahren.

00:30:02: Und wenn man das zweimal in der Woche,

00:30:04: dreimal in der Woche macht,

00:30:05: dann ist man nicht nur weniger umweltschädlich unterwegs,

00:30:09: sondern dann ist man auch noch fitter,

00:30:10: fühlt sich wohler.

00:30:12: Also ich bin nicht die Sportskanone,

00:30:13: aber ich fahre in Wien überall mit dem Fahrrad.

00:30:16: Ich komme ursprünglich aus dem Waldviertel.

00:30:17: Dort wäre es ein bisschen schwerer.

00:30:19: Ich bin in die Schule gegangen,

00:30:20: über 25 Kilometer entfernt.

00:30:21: Das wär sich nicht ausgegangen.

00:30:23: Aber mit dem Fahrrad zum Bus

00:30:25: und der Bus fährt dann in die Schulstadt

00:30:28: oder zur Arbeitsstätte.

00:30:30: Mobilität ist derzeit noch unser großes Sorgenkind.

00:30:32: Und hier Wege zu suchen.

00:30:35: Videokonferenzen so viel wie möglich zu nutzen.

00:30:38: Gilt auch nicht für alle Bevölkerungsgruppen,

00:30:40: aber für die, für die es geht.

00:30:41: Also das wäre mein Appell.

00:30:44: Auf der einen Seite die Spielräume,

00:30:46: die man hat, auszunutzen.

00:30:47: Man fühlt sich gesünder, fitter.

00:30:50: Und die Medizin zeigt uns,

00:30:52: dass man damit wirklich Lebensjahre gewinnt.

00:30:55: Vielen herzlichen Dank Sigrid Stagl.

00:30:57: Als erstes für diesen Appell für Radfahren,

00:30:59: sanfte Mobilität dort, wo es möglich ist.

00:31:01: Aber das zweite heißt:

00:31:03: Empört euch und bildet Banden!

00:31:05: Wenn ich es ein bisschen platt zusammenfassen darf.

00:31:08: Die Wissenschafterin macht's wissenschaftlich korrekt.

00:31:11: Der Journalist verknappt es dann sehr.

00:31:13: Gitsch, was nimmst du aus diesem Gespräch heute hier mit?

00:31:19: Ja, Tom, das ist ein großes Thema,

00:31:22: das wir heute schon angerissen haben.

00:31:24: Und was mir vor allem wieder bewusst geworden ist,

00:31:27: ist, dass es, wenn wir die Wirtschaft verändern wollen,

00:31:30: wenn wir die Zukunft verändern wollen,

00:31:31: dann muss es uns gelingen,

00:31:33: dass die Rahmenbedingungen verändert werden.

00:31:36: Das ist einfach…

00:31:37: bei fast allen Punkten kommen wir

00:31:39: letztendlich zu dem Schluss,

00:31:40: dass es die Anreize braucht.

00:31:43: Es braucht auch die Regulativen,

00:31:46: damit die Menschen innerhalb des Systems vernünftig handeln.

00:31:51: Ich glaube, der Hoffnungsteil in dem Gespräch ist,

00:31:55: dass sich schon viel verändert bei den Finanzmärkten,

00:31:58: in der Wirtschaft, auch in der wissenschaftlichen Verarbeitung

00:32:01: und dass da Nachhaltigkeit eine wesentlich größere Rolle spielt.

00:32:04: Aber ich glaube, es hat schon mehr gezeigt:

00:32:06: Es muss uns gelingen.

00:32:07: Wenn wir Banden bilden, dann dazu,

00:32:10: um an den Rahmenbedingungen und den Strukturen zu arbeiten.

00:32:14: Dann bedanke mich ganz herzlich

00:32:15: bei meinen beiden Gesprächspartnerinnen.

00:32:18: Die Dreier-Bande, die heute Freitag in der Arena war,

00:32:22: verabschiedet sich, sagt Danke fürs Zuschauen, Zuhören, Mitdenken -

00:32:26: das ist auch ganz wichtig.

00:32:28: Und wir sehen, hören uns hoffentlich bald wieder.

00:32:30: Danke. Ciao und Baba.

Über diesen Podcast

Freitag in der Arena ist jetzt "Geladen". Mit Geladen starten wir in eine neue Podcast-Ära: kürzer, knackiger und vielleicht auch mal kontroversiell. Schau vorbei unter "Geladen: Hier kommt die Zukunft zu Wort" -> überall, wo es Podcasts gibt!

von und mit oekostrom AG

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