00:00:07: Es ist wieder mal Freitag.
00:00:08: Und Freitag ist der Tag, an dem die oekostrom AG
00:00:12: euch ganz herzlich bei Freitag in der Arena begrüßt.
00:00:16: Freitag in der Arena, das ist Klima-,
00:00:18: Zukunfts- und Umwelt-Talk der oekostrom AG.
00:00:22: Mein Name ist Tom Rottenberg.
00:00:23: Aber die eigentliche Gastgeberin sitzt neben mir.
00:00:25: Gitsch Aichberger.
00:00:27: Hi Gitsch, schön, dass wir da sind.
00:00:28: Hallo Tom.
00:00:30: Auch von mir ganz herzlich willkommen
00:00:32: zur heutigen Ausgabe von Freitag in der Arena.
00:00:35: Ist Klimaschutz ein Menschenrecht?
00:00:38: Und ist es legitim und ist es aussichtsreich,
00:00:41: mit Klagen gegen Umweltverschmutzung,
00:00:44: gegen Klimaerwärmung vorzugehen?
00:00:48: Darüber sprechen wir heute mit Marianne Schulze.
00:00:50: Herzlich willkommen, liebe Marianne!
00:00:53: Hallo, mein Name ist Marianne Schulze.
00:00:55: Ich bin ausgebildete Juristin
00:00:56: und bin als Menschenrechtsexpertin international tätig.
00:00:59: Mich interessiert unter anderem die Frage,
00:01:02: wie man das Recht auf Leben dazu verwenden kann,
00:01:05: um zu gewährleisten, dass möglichst alle Menschen
00:01:07: ein Recht auf eine menschenwürdige Zukunft haben.
00:01:12: Ja, Marianne, auch ich sage
00:01:14: herzlich willkommen hier in der Arena
00:01:16: und ich springe einfach bei dir als Juristin in medias res.
00:01:21: Die Vereinten Nationen haben Anfang Oktober
00:01:24: das Recht auf ein Leben in sauberer Umwelt
00:01:27: quasi als Menschenrecht anerkannt.
00:01:30: Das ist toll, steht auf Papier
00:01:32: und Papier, ist geduldig.
00:01:34: Was bringt das? Und warum ist das wichtig?
00:01:37: Ich muss es zunächst einmal konkretisieren.
00:01:39: Das waren nicht die Vereinten Nationen,
00:01:40: es war der Menschenrechtsrat.
00:01:43: Das ist ein Teil-Gremium.
00:01:44: Es ist wichtig, weil es ein großes Mosaikstück
00:01:48: ist in einer Entwicklung,
00:01:49: die sich seit den 60er, 70er Jahren
00:01:51: auf der internationalen Ebene abzeichnet.
00:01:54: Anzuerkennen, dass es,
00:01:56: um den Klimawandel aufzuhalten,
00:01:58: eine Menschenrechtspassierung braucht,
00:02:01: dass wir in den Dingen, die wir tun,
00:02:04: um sicherzustellen, dass es Zukunft gibt,
00:02:08: und zwar für alle Menschen,
00:02:09: uns auf Menschenrechte berufen müssen
00:02:12: und diese als Grundlage verwenden müssen.
00:02:14: Das heißt, es gab schon mehrere Beschlüsse
00:02:16: von anderen Gremien der Vereinten Nationen.
00:02:18: Es gab auch schon ein Urteil des Internationalen Gerichtshofs,
00:02:23: kurioserweise zu Gabčíkovo – Nagymaros,
00:02:27: dem Kraftwerksbau an der ungarischen Grenze.
00:02:30: Also sehr nahe an uns.
00:02:31: Liegt aber schon 30 Jahre zurück, 25 Jahre.
00:02:36: Und da gibt es sozusagen mehrere Mosaiksteine international,
00:02:40: die hier ein Gesamtbild bringen,
00:02:43: wonach das Menschenrecht auf Umweltschutz
00:02:47: bzw. auf eine menschenwürdige Zukunft für alle
00:02:51: menschenrechtspassiert sein muss.
00:02:53: Aber was bedeutet das konkret?
00:02:55: Ist es ein schön auf Pergament
00:02:58: mit Federkiel unterzeichnetes Dokument?
00:03:00: Oder spür ich, spürst du, spürt die Gitsch
00:03:03: da auch einen Effekt davon?
00:03:06: Man könnte einen solchen Effekt spüren,
00:03:08: wenn man eine sehr enge Verbindung hat
00:03:13: zwischen der internationalen Ebene
00:03:15: und der nationalen Ebene.
00:03:16: Das sieht man daran,
00:03:18: dass in der Zwischenzeit von den knapp 200 Staaten,
00:03:20: die es weltweit gibt,
00:03:21: gut 100 bereits Klimaschutz in der Verfassung stehen haben.
00:03:27: Österreich ist notorisch anders
00:03:30: und auch in dieser Frage etwas verhaltener
00:03:34: in der Verbindung zwischen nationaler und internationaler Ebene.
00:03:38: Gitsch, macht dich das glücklich zu wissen,
00:03:41: dass das Recht auf das Leben
00:03:43: in einer sauberen, intakten Umwelt
00:03:45: jetzt auch von einer Teilorganisation der UN
00:03:49: festgeschrieben worden ist?
00:03:50: Ich denke, das ist ein extrem wichtiger Schritt.
00:03:53: Aber die Frage, die sich tatsächlich stellt,
00:03:55: ist die der Konsequenzen.
00:03:57: Und das ist ein Thema, das mich dabei beschäftigt.
00:04:01: Wer ist verantwortlich?
00:04:04: Das ist ja letztendlich die Frage.
00:04:05: Wer sind die Verursacher?
00:04:07: Wir wissen, wir sind alle Teil des Problems.
00:04:09: Wer ist jetzt besonders Teil des Problems
00:04:11: und wer kann dafür zur Verantwortung gezogen werden?
00:04:14: Kannst du dazu noch ein bisschen genauer ausführen,
00:04:17: wie man sich das vorstellen kann?
00:04:18: Menschenrechte sind grundsätzlich ein Auftrag an die Staaten.
00:04:20: Und Staaten können dann zum Beispiel
00:04:24: Unternehmen an die Kandare nehmen
00:04:26: und in die Verantwortung ziehen und sagen:
00:04:28: So müssen die Regelungen sein,
00:04:30: damit diesen menschenrechtlichen Vorgaben Genüge getan wird.
00:04:35: Jetzt wissen wir alle,
00:04:36: dass wir sehr, sehr viel mit multilateralen
00:04:39: oder multinationalen Konzernen zu tun haben,
00:04:43: die durchaus einiges an Macht und Geld investieren
00:04:48: in die Umgehung von Regelungen bzw. in die Verhinderung,
00:04:52: dass entsprechende Regelungen auch zustande kommen.
00:04:55: Und da, denke ich, muss man vor allem ansetzen,
00:04:59: den Regierungen sehr klar zu sagen,
00:05:02: welche Verantwortung sie da für die Zukunft tragen.
00:05:05: Gerade eben auch Unternehmen in der Pflicht zu halten
00:05:11: und Regelungen zu schaffen,
00:05:13: die auch tatsächlich umgesetzt werden.
00:05:14: Das ist ja dann das nächste,
00:05:16: dass man eine Regelung zwar schafft,
00:05:17: die aber nicht angewendet wird –
00:05:19: sozusagen totes Recht ist.
00:05:21: Dass sie hier den Versprechungen,
00:05:26: die sie im Prinzip machen,
00:05:28: wenn Sie in Genf im Menschenrechtsrat
00:05:30: einer solchen Resolution zustimmen,
00:05:32: auf der nationalen Ebene auch wirkliche
00:05:34: konkrete Schritte folgen lassen.
00:05:36: Du hast vorher gesagt,
00:05:37: dass 100 Staaten dem zugestimmt haben.
00:05:40: Österreich ist notorisch ein bisschen anders.
00:05:43: Hat Österreich diesen internationalen Standard jetzt ratifiziert?
00:05:47: Gilt er auch in Österreich?
00:05:49: Oder müssen wir noch ein eigenes
00:05:51: österreichisches Klimaschutz Menschenrecht,
00:05:53: wenn man das so nennen möchte, machen?
00:05:56: Es ist in 100 Länder,
00:05:57: in denen es bereits in der Verfassung ist.
00:05:59: Und Österreich ist notorisch anders
00:06:01: und hat keinen Klimaschutz-Paragraphen
00:06:04: oder keine Bestimmung zum Recht auf Klimaschutz
00:06:07: in der Verfassung.
00:06:08: Anders als zum Beispiel Deutschland,
00:06:10: wo es ja im April ein sehr eindeutiges
00:06:12: Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes gab,
00:06:15: das sagt: die dortigen Klima-Regelungen
00:06:18: entsprechen nicht den notwendigen Maßgaben,
00:06:21: um tatsächlich nachhaltig den Klimawandel aufzuhalten.
00:06:26: In Österreich gibt es eine sehr rudimentäre
00:06:29: Grundrechtsbestimmung oder Grundrechtbestimmungen.
00:06:35: Österreich hat vor allem das Staats Grundgesetz,
00:06:39: das auf den seligen Kaiser zurückgeht,
00:06:41: in seiner großen Güte.
00:06:42: 1867 im Nachhall der Revolution.
00:06:46: Und hat aufgrund einer historischen Debatte
00:06:50: in den 50er Jahren
00:06:51: die Europäische Menschenrechtskonvention
00:06:53: in Verfassungsrang gehoben,
00:06:56: das heißt mit qualifizierter Mehrheit
00:06:57: im Parlament beschlossen.
00:06:59: Das, was Österreich fehlt,
00:07:00: ist so eine Bottom-up Geschichte sozusagen.
00:07:03: Revolutionär tatsächlich von den Menschen gefordert,
00:07:07: vor allem von den Bürgerinnen und Bürgern,
00:07:09: ein umfassender Katalog,
00:07:11: der wirklich alles an Menschenrechten erfasst
00:07:14: bzw. auch so einen Spirit zu haben.
00:07:16: Eben da kommt ein neues Thema hinzu.
00:07:18: Man kann nicht alles mit Grund- und Menschenrechten lösen.
00:07:21: Aber beim Thema Klimawandel wäre es jetzt zum Beispiel
00:07:24: ein sehr wichtiges Signal zu sagen:
00:07:26: Das heben wir in die Verfassung.
00:07:28: Aber das spielt es in der Form nicht.
00:07:31: Heißt es deswegen, dass wir da in Österreich
00:07:33: juristisch grundrechtlich nichts machen können?
00:07:36: Mitnichten.
00:07:37: Man könnte schon sehr wohl.
00:07:39: Da könnte man zum Beispiel
00:07:40: das Recht auf Leben aktivieren und sagen:
00:07:43: Das Recht auf Leben bedeutet unter anderem auch -
00:07:46: Was brauche ich für ein menschenwürdiges Dasein?
00:07:49: Und um nicht mehr und nicht weniger geht es
00:07:51: beim Aufhalten des Klimawandels.
00:07:53: Sicherzustellen, dass auch pro futuro alle,
00:07:56: also wirklich alle Menschen,
00:07:58: ein Recht auf ein lebenswürdiges Dasein,
00:08:01: auf ein menschenwürdiges Dasein haben.
00:08:03: Aber was würde es ändern,
00:08:04: wenn in Österreich, auch um ein Signal zu setzen,
00:08:07: so ein Gesetz, so eine Erweiterung
00:08:09: des Grundrechtskatalog eingeführt werden würde?
00:08:12: Dann könnte man, so wie in Deutschland
00:08:14: das passiert ist, Individuen, idealerweise
00:08:18: mit einer weiteren Erweiterung des Grundrechtskatalog,
00:08:21: mit der auch Nichtregierungsorganisationen
00:08:22: oder Vereine aktiv werden könnten,
00:08:25: hier gegen bestehende Regelungen vorgehen
00:08:29: und mit verfassungsrechtlichen Argumenten sagen:
00:08:33: Das reicht nicht. Das ist nicht genug,
00:08:36: um den notwendigen Beitrag
00:08:39: von österreichischer Seite zu leisten,
00:08:41: um den Klimawandel aufzuhalten.
00:08:43: Aber wäre es auch jetzt schon…
00:08:44: weil wenn ich dich richtig verstehe,
00:08:45: du hast doch gesagt, es wäre über dieses Recht zu leben…
00:08:50: wäre es möglich, theoretisch
00:08:53: schon mit den bestehenden Grundrechtskatalog zu klagen,
00:08:57: dass zu wenig getan wird, um den Klimawandel aufzuhalten.
00:09:01: Jein. Also theoretisch ja.
00:09:03: Faktisch ist es einfach so,
00:09:06: dass die Interpretationskultur in Österreich eine solche ist,
00:09:10: dass der überwiegende Teil der Juristinnen und Juristen
00:09:15: das brüsk von sich weisen könnte.
00:09:17: Es gibt unzählige internationale Beispiele,
00:09:19: mit denen man deutlich macht,
00:09:21: dass es sehr wohl möglich wäre,
00:09:23: ohne dass man irgendwo das Recht bricht
00:09:26: oder für politische Zwecke missbrauchen würde.
00:09:30: Was meistens das erste Argument dagegen ist,
00:09:32: dass man da zu kreativ ist.
00:09:34: Aber solche Klagen sind ja auch aufwendig.
00:09:36: Wie kann man sich vorstellen, dass sowas dann entsteht?
00:09:39: Dass jemand sich wirklich entscheidet
00:09:41: und sowas mal auf einem juristischen Weg probiert?
00:09:44: Gibt es da eine europäische Community,
00:09:46: die das diskutiert und wo man sagt:
00:09:48: Wo hakt man ein?
00:09:49: In welchem Staat strebt man mal eine Flagship-Klage an?
00:09:55: So strategische Klagsführungen gibt es mehr und mehr.
00:09:57: Gerade auch im Umweltschutz-Bereich
00:10:00: gibt es historische Beispiele,
00:10:04: möchte ich fast schon sagen.
00:10:05: Die sich nicht nur auf Abwässer von Fabriken usw. beziehen,
00:10:13: sondern auch indigene Gruppen.
00:10:16: Ich denke jetzt konkret an einen Fall aus Nigeria,
00:10:19: wo die Ogoni People vertrieben worden sind
00:10:23: und geklagt haben.
00:10:26: Und das zwar nur eine formale Feststellung
00:10:29: der damaligen Afrikanischen Kommission, war,
00:10:32: aber eben auch als eine Verletzung
00:10:35: unter anderem des Rechts auf Leben festgestellt worden ist.
00:10:39: Also da gibt es schon einiges.
00:10:41: Eben auch in Weltteilen,
00:10:44: wo man es vielleicht gar nicht so vermuten würde.
00:10:46: Aber das ist ein Potenzial,
00:10:49: das in Österreich aus verschiedensten Gründen,
00:10:51: glaube ich auch nicht gesehen wird,
00:10:53: weil eben dieser Bottom-up Approach
00:10:55: in Sachen Menschenrechte auch ein gutes Stück fehlt.
00:10:58: Dieses Selbstverständnis nicht da ist.
00:11:00: Ich höre da eine leise,
00:11:03: vielleicht sogar Art von Resignation
00:11:05: mit der österreichischen Materie,
00:11:07: mit der österreichischen Gesetzgebung.
00:11:09: Du hast schon zweimal gesagt:
00:11:10: Österreich ist notorisch anders.
00:11:12: Du hast erwähnt, dass unsere Grundrechtskataloge
00:11:16: eigentlich vom Kaiser in seiner Huld uns geschenkt wurden.
00:11:19: Ist Österreich da ein bisschen verschlafen und hinten nach?
00:11:23: Das „verschlafen“ und „hintennach“,
00:11:25: das würd mich weniger sorgen.
00:11:27: Der Verfassungsexperte Professor Wiederin hat festgestellt,
00:11:31: dass es da einen reflexhaften Ablehnungstrend gibt.
00:11:37: Und der sorgt eigentlich fast mehr.
00:11:39: Also dass da wirklich auch Energie rein geht
00:11:41: in dieses Ablehnen von einem moderneren Zugang
00:11:45: in Sachen Menschenrechte.
00:11:47: Das was mich ja sehr freut und positiv überrascht hat, ist,
00:11:51: dass es im Regierungsprogramm das Vorhaben gibt,
00:11:54: den Grundrechtskatalog zu erweitern.
00:11:56: Spannenderweise hat es ja im Rahmen des Verfassungskonvents 2005,
00:12:01: wo ja die gesamte Verfassung überarbeitet werden sollte
00:12:05: und Ländergefüge usw. in Frage war,
00:12:07: tatsächlich schon einen eigenen Katalog
00:12:11: zu Grundrechten gegeben,
00:12:12: der recht modern wäre und der recht konsensual war
00:12:15: dann zum Schluss.
00:12:17: Man müsste das eigentlich nur aufgreifen
00:12:19: und gemäß dem Regierungsprogramm umsetzen
00:12:21: und dann wären wir jetzt sicherlich
00:12:23: schon ein gutes Stück weiter.
00:12:24: Ich habe jetzt nicht mitgezählt,
00:12:25: aber das waren jetzt, glaube ich,
00:12:26: acht oder neun Konjunktive in diesem Satz.
00:12:28: Ja.
00:12:30: Also die Regierung ist jetzt ja schon länger im Amt
00:12:34: und es gibt ein paar Projekte,
00:12:36: von denen hat man noch nichts gehört.
00:12:37: Und mir fällt auf,
00:12:38: nachdem ich da doch ein bisschen fokussiert darauf bin,
00:12:42: in Reaktion auf die Resignation,
00:12:44: dass die meisten Leute noch nicht mitbekommen haben,
00:12:48: dass auf Seite 13 im Regierungsprogramm
00:12:49: unter Grund- und Menschenrechte als erstes steht:
00:12:51: Wiederaufnahme der Verhandlungen zu einem Grundrechtskatalog.
00:12:56: Hast du das mitbekommen?
00:12:57: Nein, tatsächlich nicht.
00:12:59: Aber die Beobachtung teile ich,
00:13:03: dass Österreich anders ist.
00:13:04: Und das gerade eben... dass es immer wieder nur...
00:13:07: dass manche Themen im Fokus stehen,
00:13:08: über die wird wahnsinnig viel geredet.
00:13:10: Und es ist auch das Thema Medienpolitik,
00:13:11: das mich auch beschäftigt.
00:13:13: Und über das wird auch nicht gesprochen.
00:13:14: Und es wären aber wichtige Themen,
00:13:16: auch aus Demokratiesicht extrem wichtige Themen.
00:13:18: Warum ist das so deiner Meinung nach?
00:13:20: Hast du eine Erklärung, warum Österreich anders ist?
00:13:22: Da bräuchte man jetzt gleich mehrere Podcasts.
00:13:24: Aber das was mir besonders auffällt ist,
00:13:27: dass es wenig Raum gibt,
00:13:29: in dem man in einem parteifreien Sinne
00:13:32: über Politik verhandeln kann.
00:13:34: Der Begriff der Politik ist für mich in Österreich
00:13:37: schon immer gleich mit Parteipolitik in einem gedacht.
00:13:42: Und das verhindert unglaublich viel.
00:13:44: an so Grundlagenüberlegungen.
00:13:47: Überlegen wir uns,
00:13:49: was wir für die Erhaltung von Demokratie
00:13:51: und Rechtsstaatlichkeit brauchen an Basis.
00:13:54: Reden wir darüber nicht mit einer parteipolitischen Färbung,
00:13:58: sondern als ein: Wir sind verantwortlich,
00:14:00: dass dieses Gesamtgefüge funktioniert.
00:14:03: Und da kommt die Medienpolitik genauso hinein
00:14:04: wie die Überlegung: Was braucht es,
00:14:07: um die Grundrechte für alle zu sichern?
00:14:10: Dieses gesellschaftliche Aushandeln…
00:14:12: und da kommt auch dieser Reflex rein,
00:14:14: den du zuerst angesprochen hast.
00:14:15: Nämlich dieses reflexhafte Ablehnen.
00:14:17: Es ist auch Teil dieses Musters…
00:14:19: Man muss sozusagen sofort eine Meinung dazu haben.
00:14:22: Man diskutiert es nicht,
00:14:23: sondern es gibt schon eine Meinung
00:14:25: und die muss man ganz hart pushen,
00:14:27: um alles andere niederzutrampeln
00:14:29: und ja nicht drüber diskutieren zu müssen,
00:14:30: was es noch für andere Varianten geben würde.
00:14:32: Ja, mich überfordert es ja regelmäßig,
00:14:34: weil ich in meiner Arbeit als internationale Konsulentin
00:14:38: immer Vorschläge unterbreiten muss,
00:14:40: die irgendwo anders schon vorkommen.
00:14:43: Das heißt, ich bin es gewohnt zu sagen:
00:14:45: Das gibt es in Lateinamerika, das gibt es in Zentralafrika,
00:14:47: das gibt es in der Tat.
00:14:49: Und mich überraschen dann manche Ausführungen
00:14:52: auch von österreichischen Juristen und Juristinnen.
00:14:55: Das bleibt alles innerhalb Österreichs drinnen.
00:14:58: Und es gibt so einen genialen Bericht
00:15:00: von irgendwo in Berlin,
00:15:01: es gibt so was Wunderbares, Hilfreiches,
00:15:04: um neue Überlegungen anzustellen,
00:15:07: ich weiß nicht, Irland.
00:15:09: Aber ist das nicht irgendwie auch in Klima-,
00:15:12: im Energiebereich oftmals so,
00:15:14: dass man in Österreich das Rad komplett neu erfindet,
00:15:17: auch wenn es woanders längst eine CO2-Abgabe gibt?
00:15:20: In Österreich wird sondiert, analysiert
00:15:24: und dann passiert lange, lange, lange nichts.
00:15:25: Und dann fängt man mit Preisen an,
00:15:27: die international sehr, sehr günstig sind.
00:15:30: Das passt doch ins Bild, oder?
00:15:32: Ja. Das ist ja…
00:15:34: Ich glaube, da sind wir uns da einig.
00:15:35: Und ich glaube, dass tatsächlich das größte Defizit ist,
00:15:38: um Österreich, um die Demokratie ein bisschen lebhafter zu machen,
00:15:42: ist dieses Aushandeln,
00:15:44: noch bevor es dann wirklich zu einer Entscheidung kommt.
00:15:47: Du hast die CO2-Steuer angesprochen.
00:15:49: Das kommt, das wird beschlossen
00:15:50: und nachher wird drüber gesprochen,
00:15:51: warum es so beschlossen wurde.
00:15:53: Aber es gibt nicht vorher diesen Aushandlungsprozess.
00:15:55: Und ähnlich ist es bei den Menschenrechten.
00:15:57: Die Gefahr, die man immer wieder hört,
00:15:59: gerade bei Veränderung von so grundsätzlichen Gesetzesmaterien
00:16:03: ist ja auch die,
00:16:04: dass sich Dinge zum Schlechteren verändern könnten.
00:16:06: Ist das eine Gefahr, die droht,
00:16:08: wenn man den Grundrechtekatalog anfasst,
00:16:10: dass es dann noch schlechter werden könnte?
00:16:12: Also ich glaube nicht,
00:16:14: dass man von dem, was man momentan hat,
00:16:15: weiß Gott was verlieren könnte.
00:16:16: Also ich kenne diese Grundangst
00:16:18: aus Verhandlungen bei der UNO.
00:16:19: Aber das ist jetzt nicht unbedingt eine Gefahr,
00:16:24: die mir als eine der ersten einfiele.
00:16:27: Aber das, was mir auffällt, ist so eben dieses:
00:16:30: Prävention erfordert Handlungen,
00:16:34: die auf die Zukunft gerichtet sind.
00:16:35: Zukunft ist schwer vorherzusagen.
00:16:37: Infolgedessen ist es besser, man macht besser nichts,
00:16:40: weil man könnte irgendjemand kränken.
00:16:42: Und das ist auch schon nochmal so eine
00:16:44: andere Dimension, die ich sehe.
00:16:46: Dass die Dinge wenig faktenbasiert sind in Österreich.
00:16:49: Das hat jetzt nicht mit diesen
00:16:52: neuen sozialen Medien-Entwicklungen zu tun,
00:16:54: sondern es ist alles immer so zutiefst persönlich.
00:16:57: Und man legt irgendwas auf den Tisch und sagt:
00:17:02: Da gibt es ein Problem. Machen wir was.
00:17:03: Und die Reaktion, die man erntet, ist,
00:17:06: als ob man die Person zutiefst persönlich
00:17:08: in ihrem Lebenswerk kritisiert hätte und beleidigt hätte.
00:17:11: Und da tu ich mir halt gerade auch
00:17:15: mit dem Hintergrund meiner beruflichen Tätigkeit
00:17:17: manchmal schon schwer.
00:17:18: Ich habe in den sozialen Medien
00:17:19: ein kurzes Video-Clipchen gesehen,
00:17:23: wo du auch so eine kleine Handlungsanweisung gibst,
00:17:25: mit dieser Gekränktheit umzugehen.
00:17:28: Bleib frech, aber respektvoll.
00:17:29: Allein das Wort frech ist doch in Österreich etwas,
00:17:32: was gar nicht geht.
00:17:34: Also was meinst du mit
00:17:35: „bleib frech aber respektvoll“?
00:17:37: Ist das auch ein bisschen die Erklärung
00:17:38: deiner Arbeitsweise, deine Motivation?
00:17:42: Ich denke, man hat eine gewisse Rolle.
00:17:44: Und man muss schon auch sich dessen bewusst sein,
00:17:50: dass wenn man selbst das Beispiel nicht gibt,
00:17:52: dass man den Status quo infrage stellt.
00:17:55: Das ist ein wenig andere als notwendig sehen
00:17:59: oder es möglich sehen.
00:18:00: Das Haupt-Feedback, das ich bekomme, ist…
00:18:03: gerade erst vor ein paar Tagen
00:18:05: von einem Mann mittleren Alters
00:18:08: in langjähriger Funktion im Nichtregierungsbereich…
00:18:12: so quasi: Die Art und Weise, wie ich die Dinge angeh,
00:18:13: hätte ihm Mut gemacht -
00:18:15: weil man das einfach nicht gesehen hat.
00:18:16: Und frech sein ist vielleicht
00:18:21: im österreichischen Kontext
00:18:23: mehr eine Reaktion meinerseits darauf,
00:18:27: dass eine Frau, die die Dinge auf den Punkt formuliert,
00:18:30: sehr schnell als überschießend wahrgenommen wird
00:18:34: und quasi jetzt das Selbst-Labeling
00:18:36: dem zumindest ein bisschen mehr Legitimation gibt.
00:18:40: Verquerer Weise eine Feministin,
00:18:43: die den Sexismus ein Stück weit selber etikettiert.
00:18:47: Was vielleicht ein bisschen kontraproduktiv ist,
00:18:49: aber gleichzeitig einfach versucht,
00:18:51: den Leuten jene Sicherheit zu geben,
00:18:54: die sie brauchen, um sich den neuen Ideen zu stellen.
00:18:58: Weil das ist das andere große Thema.
00:18:59: Ich sehe eine große Unsicherheit unter Menschen in Österreich,
00:19:04: tendenziell alles recht unsouverän.
00:19:07: Und da traut man sich dann eben über Veränderungen
00:19:09: noch einmal schwerer drüber,
00:19:11: sagt die Küchenpsychologie.
00:19:13: Und ja, es ist ein stimmiges Bild.
00:19:16: Ein ganz zentrales Argument,
00:19:18: wenn wir über Menschenrechte sprechen ist,
00:19:20: dass dann immer sofort auch reflexartig kommt:
00:19:22: Aha, das soll den Ausländern irgendwas gegeben werden,
00:19:26: was zugesprochen werden.
00:19:27: Wenn wir über Klimaschutz reden, Menschenrechte,
00:19:30: Ausländer, Flucht, Klima als Fluchtgrund.
00:19:34: Das ist ja auch so eine große Blase,
00:19:36: die dann nicht ganz vermeidbar ist.
00:19:38: Wenn das Recht auf eine saubere Umwelt
00:19:42: ein Menschenrecht wird,
00:19:43: dann kommen doch alle Ausländer zu uns,
00:19:45: bei denen das Klima
00:19:46: schon zur Katastrophe geführt hat.
00:19:48: Ich sage es jetzt ganz bewusst so polemisch.
00:19:51: Was antwortest du drauf?
00:19:52: Das ist vollkommen realitätsfern.
00:19:54: Also diese Idee, dass es irgendwelche Pull-Faktoren
00:19:57: im österreichischen Sozialhilferecht gäbe,
00:20:03: ist komplett absurd und rassistisch konnotiert.
00:20:06: Man muss sich vor Augen führen,
00:20:08: in den Ausführungsgesetzen jetzt in Kärnten zum Beispiel
00:20:11: gibt es aufgrund der neuen Sozialhilfe Einsparungen von 300000.
00:20:17: Aber es braucht eine Million Euro,
00:20:19: um den Verwaltungsaufwand zu bewerkstelligen,
00:20:21: um sicherzugehen, dass eben niemand da was bekommt,
00:20:24: dem es nicht zusteht.
00:20:26: Und das, was wir in der Zwischenzeit
00:20:27: einfach soziologisch wissen:
00:20:29: Es gibt immer ein paar, die das ausnutzen,
00:20:32: aber es ist billiger, damit seinen Frieden zu machen,
00:20:34: anstatt denen irgendwie nachzujagen.
00:20:37: Das heißt, ich erlebe diese Art Argumentation
00:20:41: als komplett rassistisch.
00:20:45: Und darf auch darauf hinweisen,
00:20:47: dass dieser Tage erst der Sicherheitsrat der UNO
00:20:50: über das Thema Klimawandel und Sicherheit spricht.
00:20:53: Und das ist initiiert von Vietnam,
00:20:57: unterstützt von Niger, Irland,
00:21:00: St. Vincent and the Grenadines und dann noch ein Land.
00:21:05: Das ist ein globales Thema,
00:21:07: das wir nur international
00:21:09: und vor allem mit Solidarität lösen können.
00:21:11: Und dieses Klein-Klein,
00:21:13: das auf irgendwelche Wahlergebnisse schielt
00:21:16: und mit denen wir versucht Kleingeld zu schinden,
00:21:18: indem man Othering vornimmt und auf andere hinhaut,
00:21:22: die nie, nie, nie freiwillig flüchten…
00:21:26: Also dieses Bild, dass es Leute gibt,
00:21:29: die sich zum Ziel nehmen:
00:21:30: Heute gehe ich nach Österreich,
00:21:32: weil ich will deren Sozialsystem ausbeuten.
00:21:34: Ich meine, wie kann man nur glauben,
00:21:36: dass so etwas überhaupt denkmöglich ist?
00:21:39: Aber es gibt viele Menschen,
00:21:40: die das glauben oder denen der Glaube eingeimpft wird.
00:21:43: Und Klimawandel, Migration durch das Klima,
00:21:47: durch die Klimaveränderung gibt es ja.
00:21:49: Erstens ist es etwas,
00:21:50: das nicht in der Zukunft passiert -
00:21:52: noch mehr wird es in der Zukunft passieren - ,
00:21:53: sondern schon jetzt.
00:21:54: Man weiß, dass zum Beispiel
00:21:55: der Syrienkrieg viel damit zu tun hat,
00:21:58: dass einfach die Lebensbedingungen vor Ort
00:22:00: ganz schlecht geworden sind.
00:22:02: Da geht es um Dürre, da geht es um Missernten.
00:22:05: Da geht es um ganz viel klimabezogene Probleme,
00:22:09: die die Menschen haben.
00:22:10: Und wir wissen auch,
00:22:11: dass so wie der Klimawandel im Moment voranschreitet,
00:22:14: sprechen ExpertInnen von einer Todeszone
00:22:17: rund um den Äquator.
00:22:18: Das heißt natürlich,
00:22:19: dieser Planet wird lebensfeindlicher
00:22:22: oder es wird verunmöglicht, in gewissen Gebieten zu leben.
00:22:26: Und natürlich führt das zu Migration.
00:22:28: Wenn eine Milliarde Menschen auf einmal
00:22:30: unterm Meeresspiegel wohnen würden...
00:22:32: natürlich müssen die irgendwo hin.
00:22:33: Aber das zu lösen mit Klein-Klein
00:22:37: und nationaler Politik macht eben überhaupt keinen Sinn.
00:22:39: Wir werden keine Mauern bauen können,
00:22:42: um damit umzugehen.
00:22:43: Das wird uns überhaupt nirgends hinbringen.
00:22:45: Sondern es geht eben genau um
00:22:47: erstens einmal an die Ursachen zu gehen
00:22:49: und dann ein vernünftiges Rechtssystem zu haben,
00:22:51: das dann wirklich die schützt,
00:22:53: die diesen Schutz brauchen.
00:22:54: Und ich glaube, deshalb ist es so wichtig,
00:22:56: das anzugreifen.
00:22:57: Und deshalb ist es so wichtig hier
00:22:59: auch sozusagen für uns.
00:23:00: Und unsere Demokratie wird durch diesen gesetzlichen Rahmen,
00:23:03: der auf der nationalen,
00:23:05: aber auch auf der internationalen Ebene besteht,
00:23:07: wird abgesichert.
00:23:08: Und das ist das einzige,
00:23:10: worauf ich mich verlassen würde.
00:23:11: Weil man kann sich nie darauf verlassen,
00:23:12: dass die Politik nicht einmal autoritärer wird.
00:23:14: Aber dieses Rechtssystem sozusagen,
00:23:16: an das wir uns klammern können.
00:23:17: Und umso wichtiger ist es eben das auszuhandeln
00:23:19: und weiterzuentwickeln,
00:23:21: auch bezogen auf die Probleme,
00:23:24: die jetzt auf uns zukommen.
00:23:25: Das Othering, das du vorher angesprochen hast.
00:23:27: Es wird ja immer gesagt:
00:23:29: Menschenrechte gelten für Ausländer, für andere.
00:23:32: Habe ich als Österreicher,
00:23:34: hast du als Österreicherin
00:23:35: auch etwas von einer Erweiterung des Katalogs?
00:23:37: Betreffen uns Menschenrechte?
00:23:40: Ganz platt gefragt.
00:23:41: Also das was wir hier gerade tun,
00:23:43: ist Recht auf Meinungsfreiheit.
00:23:46: Wir haben zum Glück alle unser Recht auf Kleidung
00:23:49: hier heute erfüllt -
00:23:51: und hätten ruhig ein bisschen mehr noch tun können.
00:23:55: Und Fakt ist, dass so
00:24:00: wie wir hier an einem Vormittag sitzen,
00:24:02: wir wahrscheinlich schon
00:24:04: 15 Menschenrechte implementiert haben für uns,
00:24:08: aber einfach kein Bewusstsein dafür haben,
00:24:10: dass eine Wohnung ein Menschenrecht ist,
00:24:12: dass Gesundheitsversorgung ein Menschenrecht ist,
00:24:14: dass Bildung, die wir hier vielleicht in Teilen auch erfüllen,
00:24:19: ein Menschenrecht ist.
00:24:21: Es gibt eigentlich keinen Lebensbereich,
00:24:24: in dem Menschenrechte nicht eine Relevanz haben.
00:24:26: Und zwischen dem, dass der Menschenrechtskatalog in Österreich
00:24:29: recht kurz ausfällt
00:24:31: und dem, dass Menschenrechtsbildung immer noch
00:24:35: an der Einzel-Initiative von Lehrerinnen und Lehrern liegt,
00:24:38: gibt es dieses Grundverständnis
00:24:41: und Bewusstsein in dieser Form nicht.
00:24:43: Und wenn man das auch vergleicht
00:24:45: mit Parlamentarierinnen und Parlamentariern in Deutschland,
00:24:48: die den Artikel 1 des Grundgesetzes
00:24:51: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“
00:24:53: alle mit großer Selbstverständlichkeit nicht so zitieren können,
00:24:57: sondern einfach auch als Maßstab sehen.
00:25:00: Ich würd sagen, da ist ein Kultur-Unterschied,
00:25:04: den man aufholen kann.
00:25:06: Ich würde da gerne noch was einbringen,
00:25:08: weil ich glaube,
00:25:09: dass man es da auch gut deutlich machen kann.
00:25:11: Ich finde, dieses Recht auf Zukunft
00:25:12: ist ein ganz ein relevantes.
00:25:13: Ich habe selber eine Tochter, die ist 9.
00:25:14: Und ich glaube, dass jeder, der darüber nachdenkt,
00:25:17: wie es diesen Menschen, diesen jungen Menschen
00:25:20: in 30, 40 Jahren gehen wird.
00:25:23: Da ist dann auf einmal 2050 nicht mehr weit.
00:25:25: Und wenn wir wissen, auf was wir hinsteuern,
00:25:27: dann ist ja…
00:25:29: denen eine Zukunft zu geben,
00:25:30: muss doch deren Menschenrecht…
00:25:32: Und natürlich, das ist eine Österreicherin,
00:25:33: die in einem sehr privilegierten Umfeld aufwächst.
00:25:35: Aber die wird konfrontiert sein mit diesen Problemen.
00:25:38: Und dann wird es auf einmal relevant
00:25:40: und dann wird es auf einmal schlagend
00:25:42: für jeden und jedes Kind, das hier lebt.
00:25:44: Ja. Bzw. ganz banal:
00:25:46: Wir werden alle älter, also unabhängig vom Klimawandel.
00:25:50: Und ein Alten- und Pflegeheim
00:25:53: ist für die meisten so eine Horrorvorstellung.
00:25:56: Aber dass man dort eben menschenwürdig behandelt wird
00:25:59: und nicht zu unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung kommt,
00:26:03: weil man dement ist oder ähnliches.
00:26:05: Hoch, hoch relevante Menschenrechtsfrage.
00:26:09: Marianne. Ich komm gegen Schluss dieses Podcasts
00:26:13: jetzt zurück auf das Eingangsthema.
00:26:16: Im Oktober hat die UN
00:26:19: das Menschenrecht auf saubere Umwelt verabschiedet
00:26:22: und gleich einen Klima-Sonderberichterstatter eingerichtet.
00:26:25: Das ist Herr David Boyd,
00:26:29: UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte und Umwelt.
00:26:31: Und der hat gesagt:
00:26:33: Die Zukunft der Welt sieht heute ein bisschen rosiger aus.
00:26:37: Und dann gab es minutenlange Standing Ovations dafür,
00:26:40: dass er diesen Satz gesagt hat,
00:26:41: dass eben das Menschenrecht auf saubere Umwelt
00:26:43: implementiert worden ist.
00:26:46: Siehst du die Zukunft jetzt auch ein bisschen rosiger,
00:26:49: nur weil dieses Menschenrecht
00:26:51: auf saubere Umwelt verbrieft worden ist?
00:26:55: Ja, schon.
00:26:56: Also das ist schon ein wichtiger Mosaikstein
00:26:59: in diesem internationalen Gefüge.
00:27:01: Das stärkt eine Basis,
00:27:03: die lange erarbeitet worden ist.
00:27:06: Und wird gerade in der Umsetzung
00:27:10: auf internationaler Ebene
00:27:11: definitiv hilfreich und unterstützend sein.
00:27:15: Wir sind mit so einer Diskussion sehr im theoretischen,
00:27:19: für viele Zuseher, Zuhörerinnen, abstrakten Bereich.
00:27:23: Ich bitte meine Gäste, unsere Gäste immer darum,
00:27:25: am Schluss einen Tipp am Freitag,
00:27:29: einen konkreten Tipp am Freitag zu geben.
00:27:32: Was wäre denn dein Tipp,
00:27:33: was jeder, jede tun kann?
00:27:37: Sich weiter zu vertiefen in die Frage:
00:27:39: Was kann das Recht auf Umweltschutz?
00:27:41: Was kann das Recht auf Zukunft?
00:27:43: Und da vor allem auf die Arbeit
00:27:45: meiner Kolleginnen und Kollegen in Genf zu verweisen,
00:27:47: die hier diese Resolution,
00:27:51: die da jetzt gerade beschlossen worden ist,
00:27:52: lobbiiert haben
00:27:53: und die auch für das Sonder-Mandat zum Thema Umweltschutz,
00:27:57: das nun der Herr Boyd überhaupt kampagnisiert haben.
00:28:01: Genau das ist die Geneva Environment Network.
00:28:06: Bevor ich Gitsch um Ihr Schlusswort bitte…
00:28:08: Du hast ja auch so ein kleines Menschenrecht
00:28:12: auf deinen Visitenkarten auch implementiert.
00:28:15: Das finde ich ganz wichtig.
00:28:16: Das sind so Kleinigkeiten,
00:28:17: an die man eigentlich nicht denkt.
00:28:19: Auf der zweiten Seite ist in Braille
00:28:22: mein Name, meine E-Mail-Adresse gedruckt,
00:28:25: um die Visitenkarte ein Stück weit barrierefreier zu machen.
00:28:28: Ist das auch ein Menschenrecht,
00:28:30: ein barrierefreies Leben?
00:28:31: Ein barrierefreies Leben ist auch ein Menschenrecht.
00:28:35: Und wichtigerweise eines, das uns alle betrifft.
00:28:38: Barrierefreiheit ist nicht einfach nur die Frage
00:28:41: des Zugangs für Menschen mit Behinderungen,
00:28:43: sondern zum Beispiel gerade die soziale Barrierefreiheit.
00:28:45: Dass man vorurteilsfrei auf Menschen zugeht
00:28:48: und nicht sagt: Naja, hat braune Augen,
00:28:50: quasi, mag ich nicht.
00:28:52: Auch das ist eine Dimension von Barrierefreiheit.
00:28:55: Und kommunikative Barrierefreiheit ganz grundsätzlich.
00:28:58: Man denke nur daran, der letzte Krankenhausbesuch
00:29:02: liegt wahrscheinlich länger zurück
00:29:04: aufgrund der Pandemie und hoffentlich auch,
00:29:05: weil die meisten gesund sind.
00:29:07: Aber die meisten Menschen
00:29:09: kalkulieren fünf bis zehn Minuten mehr Zeit
00:29:11: für einen Krankenhausbesuch ein,
00:29:13: einfach nur um das Zimmer zu finden.
00:29:15: Und diese Planung von größeren Institutionen,
00:29:19: die vollkommen verwirrend ist,
00:29:21: ist zum Beispiel auch ein Thema
00:29:23: der kommunikativen Barrierefreiheit.
00:29:25: Marianne, ich sage vielen herzlichen Dank,
00:29:27: dass du den Weg zu uns hier
00:29:28: in die Arena gefunden hast,
00:29:29: um über das Menschenrecht auf saubere Umwelt
00:29:32: und auf viele andere Rechte,
00:29:33: die sich daraus ergeben,
00:29:35: über die man da auch mal nachdenken sollte,
00:29:38: zu diskutieren.
00:29:40: Das Schlusswort hier hat die Gitsch mit der Frage:
00:29:43: Was nimmst du aus diesem heutigen Gespräch mit?
00:29:47: Ja, Marianne, danke, dass du da warst erstens.
00:29:48: Ich fand es extrem spannend.
00:29:51: Von den Inhalten her,
00:29:53: um die Frage von Beginn her zu beantworten:
00:29:56: Es gibt ein Menschenrecht auf den Klimaschutz.
00:29:58: Es gibt ein Recht auf eine Zukunft.
00:30:00: Und das finde ich gut.
00:30:01: Es freut mich, dass das so ist.
00:30:03: Und es freut mich vor allem,
00:30:05: dass es Menschen gibt wie du,
00:30:06: die sich darum sorgen,
00:30:08: dass sie diesen Rahmen immer wieder verbessern.
00:30:10: Was ich besonders mitnehme aus dem heutigen Gespräch,
00:30:13: ist auch die Aufforderung,
00:30:16: den rechtlichen Rahmen auch zu nutzen
00:30:19: und da weiter zu arbeiten
00:30:21: und in diesen gesellschaftlichen Aushandlungsprozess zu gehen.
00:30:23: Weil ich glaube, es bringt wenig,
00:30:25: wenn wir in unsere Nischen über diese Themen sprechen
00:30:28: und uns dessen bewusst sind,
00:30:29: sondern es geht einfach darum,
00:30:31: dass man anfängt als Gesellschaft
00:30:33: auch darüber zu reden, wie man leben will,
00:30:35: wie man auch Gesellschaft
00:30:36: und das Miteinander gestalten will.
00:30:38: Und das hat mir heute wieder
00:30:39: so ein Stück weit einen Schub gegeben,
00:30:42: da mitzuwirken.
00:30:44: Das war Freitag in der Arena.
00:30:47: Heute ging es um Rechte, um Menschenrechte,
00:30:50: um das Menschenrecht auf Klimaschutz.
00:30:54: Ich bedanke mich,
00:30:55: dass ihr diesmal wieder mit dabei wart,
00:30:57: und freue mich,
00:30:58: wenn ihr auch das nächste Mal zuhört oder zuseht.
00:31:00: Danke. Ciao und Baba.