00:00:10: So ein herzliches Servus an alle,
00:00:13: die heute hier zu sehen und zu hören.
00:00:16: Mein Name ist Oliver Schnetzer.
00:00:18: Ich bin Blogger der oekostrom AG
00:00:21: und ich möchte heute zu einem
00:00:23: sehr aktuellen und spannenden Thema
00:00:25: mit einem tollen Gast hier sprechen,
00:00:27: mit der Frau Lea Dohm.
00:00:29: Es geht in erster Linie darum,
00:00:32: dass immer mehr Menschen,
00:00:33: vor allem junge Menschen,
00:00:34: Angst um ihre Zukunft haben.
00:00:36: Auch in Österreich gab es eine Befragung,
00:00:40: wo bei 400 repräsentativ befragten Jugendlichen
00:00:44: zwischen 11 und 18 Jahren
00:00:47: die angegeben haben, die große Mehrheit,
00:00:49: dass sie wegen der Klimakrise
00:00:51: Angst um ihre Zukunft haben.
00:00:53: Lea Dohm, hier neben mir,
00:00:55: ist diplomierte Psychologin
00:00:58: und hat unter anderem mit die
00:01:02: Psychologists for Future in Deutschland gegründet.
00:01:06: Hallo willkommen.
00:01:07: Hallo, freut mich.
00:01:10: Ganz kurz noch zum Vorstellen vielleicht.
00:01:14: Korrigier mich, falls ich was Falsches sage.
00:01:16: Du hast Psychologie und
00:01:18: Sozialwissenschaften studiert.
00:01:20: Stimmt das?
00:01:21: Ja, das stimmt.
00:01:23: Aber ich habe nur in Psychologie einen Abschluss.
00:01:25: In Psychologie...
00:01:26: und hast aktuell aber eine Praxis
00:01:30: in Stadthagen, in Niedersachsen ist das,
00:01:33: wenn ich richtig recherchiert habe.
00:01:34: Ja super.
00:01:36: Unter anderem bist du ja auch
00:01:38: Autorin und Fachjournalistin.
00:01:41: Du hast unter anderem mitgeschrieben
00:01:44: bei Climate Action - Psychologie der Klimakrise.
00:01:47: Und 2019 letztendlich hast du
00:01:51: die Psychologists for Future mitgegründet.
00:01:54: Da bin ich auch schon bei meiner ersten Frage:
00:01:56: Was hat es damit auf sich?
00:01:57: Vielleicht kannst du
00:01:58: einen kurzen Einblick geben,
00:01:59: wie und um was es da geht
00:02:01: und wie es dazu gekommen ist.
00:02:02: Ja, das mache ich gerne.
00:02:04: 2019 war das hier einfach sehr präsent,
00:02:09: dass die Schüler Proteste
00:02:11: immer größer und größer wurden
00:02:12: und die Streiks immer größer und größer wurden
00:02:14: fürs Klima.
00:02:15: Und da habe ich mich
00:02:16: mit einer Kollegin ausgetauscht,
00:02:18: mit der Mareike Schulze
00:02:19: und wir haben gemeinsam gedacht,
00:02:21: das hat doch auch was mit Psychologie zu tun.
00:02:23: Also wird da nicht irgendwie was verdrängt
00:02:26: oder verleugnet, dass es so wenig...
00:02:28: so ein gering ausgeprägtes Bewusstsein
00:02:30: in der Bevölkerung für diese riesen Krise gibt.
00:02:33: Und da waren wir ganz interessiert.
00:02:35: Und im Gespräch haben wir dann gedacht,
00:02:38: wir fragen mal nach
00:02:39: bei den Kammern und Verbänden.
00:02:41: Wir haben ja Berufsverbände und dergleichen
00:02:42: und haben die einfach mal angeschrieben
00:02:44: und gefragt, ob es da eigentlich
00:02:45: schon irgendwelche Initiativen gibt.
00:02:47: Und wenn nicht,
00:02:48: dann würden wir sie wohl gründen wollen.
00:02:49: Und es gab nix.
00:02:51: Aber ab dem Zeitpunkt sind
00:02:53: immer mehr und mehr Kolleginnen
00:02:54: dann tatsächlich aufgesprungen
00:02:56: und haben mitgemacht.
00:02:57: Und wir sind sehr schnell sehr viel gewachsen.
00:02:59: Und inzwischen,
00:03:00: im Laufe der Zeit ist mir klar geworden,
00:03:02: dass die Psychologie da
00:03:04: in ganz vielen Bereichen mit drinsteckt.
00:03:06: Also dass ich damals vielleicht auch
00:03:08: ein Stück weit naiv
00:03:09: an die Sache herangegangen bin,
00:03:10: weil es eben über das Problem der Verdrängung
00:03:13: und der Verleugnung weit hinausgeht.
00:03:14: Also im Grunde überall,
00:03:16: wo wir Menschen beteiligt sind,
00:03:17: steckt dann auch die Psychologie mit drin.
00:03:20: Du hast jetzt gesagt Verdrängung, Verleumdung.
00:03:22: Das ist eher ein Knackpunkt eigentlich,
00:03:25: worüber ich auch heute sprechen möchte.
00:03:29: Konkret möchte ich dabei mit dir
00:03:30: auf zwei Säulen, sag ich mal, eingehen.
00:03:33: Zum einen die Konfrontation
00:03:35: von jedem persönlich mit der Klimakrise.
00:03:37: So wie gesagt,
00:03:38: es ist ja ein sehr komplexes
00:03:39: und erdrückendes Thema.
00:03:41: Die Umfragen bei den Jungen
00:03:42: bestätigen das eben.
00:03:43: Das wäre die eine Säule.
00:03:46: Einmal quasi, was das in uns auslöst.
00:03:49: So ein bedrückendes Thema.
00:03:50: Und die zweite Säule,
00:03:52: wo ich dann später noch drauf eingehen möchte,
00:03:54: ist auf das Thema Klimakommunikation
00:03:55: und wie man auch in der Medienarbeit
00:03:59: bzw. wie die Medien da
00:04:01: vielleicht etwas besser machen könnten,
00:04:03: was da vielleicht aktuell noch falsch läuft.
00:04:05: Aber vielleicht mal zum Ersten Punkt.
00:04:07: Wenn wir jetzt eben dauernd
00:04:09: mit so einem Weltuntergangsthema konfrontiert werden
00:04:12: um es überspitzt zu sagen
00:04:13: also ob es jetzt Corona ist
00:04:15: oder eben die Klimakrise.
00:04:17: Was macht es mit einem Menschen?
00:04:18: Vielleicht kannst du uns kurz
00:04:19: ein bisschen was dazu sagen.
00:04:23: Ja, populär ist ja tatsächlich
00:04:25: vor allen Dingen die Klima-Angst,
00:04:28: die auch zurzeit medial durchaus
00:04:30: aufgegriffen wird.
00:04:32: Aber in der Tat sind die emotionalen Reaktionen
00:04:35: auf die Klimakrise im Grunde weitgreifender.
00:04:38: Das ist nicht nur Angst,
00:04:39: das ist oftmals im ersten Moment Angst,
00:04:42: wenn es bei uns ins Bewusstsein erst eindringt.
00:04:44: Aber es gibt auch Reaktionen von Trauer,
00:04:46: beispielsweise wenn wir
00:04:48: durch einen sterbenden Wald gehen
00:04:49: oder wenn wir an einen Urlaubsort zurückkehren,
00:04:52: der sich richtig verändert hat
00:04:53: und im Grunde nicht wiederzuerkennen ist.
00:04:55: Oder auch Wut und Ärger.
00:04:57: Wenn wir darüber nachdenken,
00:04:59: wer hier die großen Verschmutzer sind
00:05:01: oder wie wenig dagegen getan wird.
00:05:03: Also die emotionale Bandbreite
00:05:05: ist ziemlich groß
00:05:06: und ist eben nicht nur die Angst,
00:05:08: aber ja, auch die Angst.
00:05:09: Wobei sämtliche Gefühle,
00:05:12: die die Klimakrise auslöst,
00:05:14: auf keinen Fall als pathologisch
00:05:15: bewertet werden dürfen.
00:05:17: Es ist ja bei einer realen Bedrohung
00:05:18: eine Angst oder emotionale Reaktion zu haben,
00:05:21: ist gesund und normal
00:05:22: und wäre ja fast komisch,
00:05:23: wenn es nicht so wäre.
00:05:25: Das würde mich dann eher irritieren,
00:05:26: wenn es da gar keine Reaktion gibt.
00:05:28: Genau.
00:05:30: Und da ist es mir sehr wichtig,
00:05:32: das zu normalisieren -
00:05:33: die Gefühlsreaktion
00:05:34: und auf das eigentliche Problem hinzuweisen.
00:05:37: Und das ist nicht das Gefühl, das Unangenehme,
00:05:39: sondern die Klimakrise.
00:05:41: Wenn die gelöst wäre
00:05:42: und die Emissionen wirklich sinken würden,
00:05:44: dann wären die Gefühle
00:05:45: wahrscheinlich auch nicht so heftig.
00:05:47: Auf der Website von Psychologists for Future
00:05:50: hast nicht du, aber es steht
00:05:52: auf der Website der Begriff Klima-Angst,
00:05:54: weil es gerade gefallen ist,
00:05:55: wodurch ein bisschen die Bedeutung
00:05:57: der Klimakrise zu verdecken.
00:05:59: Würdest du das unterschreiben
00:06:00: oder was ist damit gemeint?
00:06:03: Ja, ich finde,
00:06:06: dass der Begriff insofern problematisch ist,
00:06:09: weil er dazu einlädt,
00:06:11: das Problem zu individualisieren.
00:06:12: So nach dem Motto
00:06:14: man müsste ja nur die Angst loswerden
00:06:15: und dann wäre es auch
00:06:16: irgendwie wieder ja okay oder so.
00:06:19: Also er ist letztlich
00:06:21: eine Diskurs-Verschiebung.
00:06:23: Er rückt den Blick auf das Individuum,
00:06:25: obwohl eigentlich auch der mediale Blick
00:06:28: unbedingt auf die Klimakrise gehören.
00:06:30: Und da ist natürlich unsere emotionale Reaktion
00:06:33: ein Thema von Hunderten.
00:06:34: Aber es müsste irgendwie
00:06:36: ins Verhältnis gerückt werden,
00:06:38: also von der Dimension des Problems.
00:06:40: Da ist Klima-Angst mini im Vergleich ist zu
00:06:43: dem riesengroßen naturwissenschaftlichen Problem,
00:06:45: das wir alle gemeinsam haben.
00:06:49: Um noch mal auf die Angst einzugehen.
00:06:52: Ich muss auch dazu sagen:
00:06:53: Ich habe in der Vergangenheit
00:06:54: viel mit dem Thema Klimaschutz zu tun gehabt -
00:06:56: beruflich, aber auch privat.
00:06:58: Und da habe ich auch gemerkt
00:06:59: für mich persönlich,
00:07:01: dass ich wie schon gesagt wurde,
00:07:02: dass ja viele verschiedene Facetten drin sind.
00:07:04: Zum einen die Angst eben vor dem:
00:07:06: Wenn man sich mit dem Thema auseinandersetzt,
00:07:08: was alles kommen könnte.
00:07:10: Dann hat man die Niedergeschlagenheit
00:07:11: halt wieder phasenweise gehabt,
00:07:13: wo man eben so ein bisschen sich ohnmächtig fühlt
00:07:15: bzw. auch Unverständnis, warum nichts passiert
00:07:19: bis hin zur Stagnation dann
00:07:21: teilweise auch wo man sich denkt:
00:07:22: Okay, was soll man noch tun?
00:07:24: Gibt es da auch einen klassischen Ablauf?
00:07:27: Oder ist es dann bei jedem verschieden?
00:07:30: Wie tickt der Mensch?
00:07:33: Ist das sehr individuell dann eben auch?
00:07:35: Es ist total individuell.
00:07:38: Wir haben alle unsere Lieblingsgefühle,
00:07:39: mit denen wir spontan am ehesten reagieren,
00:07:42: weil wir die vielleicht
00:07:43: aus unserer Biografie kennen.
00:07:45: Wir haben ein bisschen darüber diskutiert
00:07:47: bei den Psychologists,
00:07:48: ob es einen Vergleich geben könnte
00:07:50: zu den Trauerphasen,
00:07:52: also wo wir im Grunde
00:07:53: durch die verschiedenen Gefühle hindurch
00:07:55: dann am Ende bei irgendwie so was wie
00:07:57: Akzeptanz oder so landen.
00:07:59: Ähm, ich glaube, dass da auch was dran ist,
00:08:02: aber selbst das Modell ist ja grob vereinfachend.
00:08:04: Und in Wirklichkeit wäre es dann nicht so,
00:08:06: dass man praktisch von Phase eins zu zwei
00:08:09: zu drei zu vier läuft,
00:08:10: sondern eher ganz wild
00:08:12: hin und her springen kann von den Gefühlen.
00:08:14: Aber dass es tatsächlich so laufen kann,
00:08:18: dass wir durch das Hineinbegeben in die Gefühle
00:08:21: zu einem konstruktiven Umgang
00:08:23: und letztlich zu so was wie Akzeptanz
00:08:25: und Handlungsfähigkeit finden können,
00:08:27: das ist auf jeden Fall der Fall.
00:08:30: Das heißt, was würdest du jemandem empfehlen,
00:08:33: der dich anspricht:
00:08:34: Ich schaff das nicht mehr.
00:08:36: Oder: mich macht das Thema so fertig,
00:08:39: Dass man dann als erstes Mal
00:08:41: selbst zu reflektieren und zu sagen,
00:08:43: mal die Gefühle einzuordnen.
00:08:46: Oder was empfiehlst du?
00:08:47: Klingt vielleicht komisch,
00:08:48: aber das ist noch nie passiert.
00:08:50: Also obwohl ich echt viel unterwegs bin
00:08:52: in diesem Bereich
00:08:53: und auch tatsächlich viel eher
00:08:55: mit Klima-engagierten Menschen zu tun habe
00:08:57: und denen begegne an verschiedenen Orten
00:08:59: und wir ein Beratungsangebot haben,
00:09:02: taucht das nicht auf.
00:09:03: Also die aller aller allermeisten Menschen -
00:09:06: Ich würde sagen, über 99 Prozent -
00:09:08: verarbeiten das gesund und normal,
00:09:10: so wie wir ja als Menschen
00:09:12: auch dafür ausgerichtet sind,
00:09:14: letztlich Gefühle auszuhalten
00:09:15: und irgendwie zu bewältigen.
00:09:17: Und dass daraus was pathologisch wird,
00:09:19: ist einfach super, super selten
00:09:21: und hat dann oft kompliziertere Gründe.
00:09:24: Also da ist vielleicht schon
00:09:26: in der Vergangenheit eine Angst-Vorgeschichte gab
00:09:28: oder Schwierigkeiten,
00:09:29: die eigenen Gefühle zu regulieren.
00:09:31: Das es eine reine Klima-Angst
00:09:33: oder dergleichen ist,
00:09:34: die tatsächlich behandlungsbedürftig ist,
00:09:37: ist mir noch nicht untergekommen.
00:09:39: Und auch taucht auch gar nicht auf z.B.
00:09:41: in unserem psychologischen Diagnose System oder so.
00:09:45: Auf der anderen Seite
00:09:46: sind dann ja wieder die Studien da,
00:09:48: die auch eingangs erwähnt worden sind,
00:09:50: das viele, viele Jugendliche darunter leiden.
00:09:52: Gibt es da irgendwie,
00:09:54: so einen Gap da,
00:09:55: dass vielleicht das noch nicht
00:09:58: breit genug angeboten wird zu dem Thema, oder?
00:10:00: Die leiden darunter verständlicherweise.
00:10:03: Wie ich auch. Und du vielleicht auch.
00:10:05: Weil es ein unangenehmes Gefühl ist.
00:10:07: Also wer hat das schon gerne?
00:10:08: Wir haben lieber irgendwie
00:10:09: Freude im Leben und Spaß
00:10:12: und Angst ist einfach sehr unangenehm.
00:10:15: Aber sie ist berechtigt
00:10:17: und sie ist gesund und normal
00:10:19: und in aller Regel nicht behandlungsbedürftig.
00:10:22: Aber es ist letztlich eine ethische Überlegung.
00:10:25: Auch: Wie können wir
00:10:27: die Jugendlichen davon befreien,
00:10:28: dass sie diese Angst tatsächlich auch
00:10:30: in diesem hohen Ausmaß haben?
00:10:31: Dass so viele Kinder und Jugendliche
00:10:33: das empfinden?
00:10:35: Wie können wir sie befreien?
00:10:37: Hast du da einen Tipp?
00:10:39: Du hast wie gesagt auch immer...
00:10:40: Das wirksamste Mittel gegen Klima-Angst
00:10:43: ist nicht in der Psychologie zu finden,
00:10:45: sondern tatsächlich im engagierten Klimaschutz.
00:10:48: Also wenn da das Gefühl wäre,
00:10:50: unsere Regierungen sind wirklich handlungsfähig
00:10:53: und machen das, was nötig ist,
00:10:55: um diese Krise einzugrenzen,
00:10:57: dann wäre sicherlich die Klima-Angst
00:10:58: auch in dem Ausmaß nicht mehr da.
00:11:00: Da können wir Psychologen
00:11:02: letztlich nicht helfen.
00:11:03: Also wir können zwar Tipps geben,
00:11:05: wie man gut mit Gefühlen umgehen kann
00:11:08: und wie wir vielleicht ins Handeln kommen.
00:11:10: Aber das Problem gehört an eine andere Stelle,
00:11:14: also die Lösung sozusagen.
00:11:15: Das ist ein strukturelles Problem.
00:11:18: Also ins Handeln kommen...Bitte.
00:11:21: Es ist ein bisschen,
00:11:22: wie wenn wir Krankenpflegerinnen behandeln
00:11:26: irgendwie, dass sie wieder zu Kräften kommen,
00:11:29: durch Erschöpfung und so weiter
00:11:31: und wir dadurch aber letztlich bewirken,
00:11:33: dass sie weiter in die Klinik gehen
00:11:34: und dort verheizt werden
00:11:36: und das Grundsatzproblem sich gar nicht ändert.
00:11:38: Also da können wir vielleicht ein bisschen
00:11:40: eine kleine Entlastung bieten,
00:11:41: aber das Problem liegt an anderer Stelle
00:11:43: und ich glaube,
00:11:44: damit ist es ganz gut vergleichbar.
00:11:47: Sich auf die Politik zu verlassen,
00:11:49: alleine, ist in der Vergangenheit
00:11:50: etwas ernüchternd gewesen,
00:11:52: um es mal nett auszudrücken.
00:11:54: Jetzt hast du auch gesagt,
00:11:56: man könnte vielleicht ein bisschen helfen,
00:11:58: dass man vielleicht eben
00:12:00: aus diesem Zurückgezogenen, Stagnierten
00:12:02: oder Angst-Bereich,
00:12:04: wie auch immer man es nennen möchte,
00:12:05: in den Aktionismus vielleicht ein bisschen kommt,
00:12:08: dass man wieder ins Tun
00:12:08: ein bisschen kommt.
00:12:10: Hättest du da Tipps für jemanden,
00:12:13: der jetzt wirklich das Gefühl hat,
00:12:15: es bringt dir nichts mehr,
00:12:16: dass er sich wieder motivierter sich einsetzt?
00:12:21: Ich glaube,
00:12:23: dass ganz viele Menschen schon was tun.
00:12:25: Also vielleicht auch,
00:12:26: weil ganz viele Menschen diese Ängste
00:12:28: und Sorgen und Befürchtungen teilen.
00:12:30: Und es ist ja tatsächlich so,
00:12:31: dass viele schon in irgendeiner Form
00:12:34: ein bisschen ins Handeln gekommen sind.
00:12:35: Wobei das oft auf individueller Ebene verharrt.
00:12:38: Also sei es dann... keine Ahnung,
00:12:42: dass sie dienstags aufs Fleisch verzichten
00:12:44: oder einmal mehr
00:12:45: mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren und dergleichen.
00:12:47: So etwas ist durchaus weitverbreitet
00:12:49: und hilft tatsächlich auch schon
00:12:52: so eine einzelne Handlung,
00:12:54: dass wir uns irgendwie besser fühlen
00:12:55: und wirksamer fühlen
00:12:56: und den Eindruck haben, ich tu was dagegen.
00:12:57: Das Problem ist,
00:12:58: dass mit diesem individuellen Handeln
00:13:00: wir der Dimension des Problems
00:13:02: einfach gar nicht gerecht werden,
00:13:04: sondern das sogar dazu führen kann,
00:13:07: dass wir das weiter verzögern,
00:13:08: dass wir denken,
00:13:10: oft wir schon ein bisschen was
00:13:11: um mehr ging irgendwie nicht.
00:13:12: Oder wusste ich auch nicht.
00:13:13: So dass ich es für ganz bedeutsam halte.
00:13:16: Und da kommen wir dann übrigens auch
00:13:18: auf die Medien Frage,
00:13:19: dass tatsächlich Handlungsmöglichkeiten
00:13:21: in kollektiver Weise genannt werden.
00:13:23: Und da sind wir ein bisschen, äh,
00:13:25: da sind wir ein bisschen aus der Übung geraten.
00:13:27: Vielleicht in einer Kultur,
00:13:29: die sehr aufs Individuum schaut
00:13:30: und die auch so ein Versprechen bietet:
00:13:32: Wenn du dich ganz doll anstrengst,
00:13:34: dann kannst du irgendwie Geld verdienen
00:13:37: und dir damit ein schönes Leben leisten.
00:13:38: Und wir haben es ein bisschen verlernt,
00:13:40: solidarisch in Gruppen aktiv zu werden
00:13:45: und uns auch für unsere Gemeinschaft einzusetzen.
00:13:47: Und ich glaube, dass es in diese Richtung geht
00:13:49: und dass es für viele tatsächlich auch
00:13:52: ein gutes Gefühl ist.
00:13:53: Also der Eindruck bei den Psychologists ist:
00:13:56: Wer in einer Gruppe angekommen ist,
00:13:58: in der sie oder er sich wohlfühlt,
00:14:00: empfindet eine deutliche Entlastung
00:14:04: von diesen unangenehmen Gefühlen
00:14:05: und sogar so was wie Selbstwirksamkeit.
00:14:08: Also den Eindruck:
00:14:09: Ich kann wirklich was verändern.
00:14:11: Viel mehr als mit dem Schnitzel-Verzicht.
00:14:13: Ja, kann ich bestätigen.
00:14:15: Ich war 2019 auch
00:14:17: bei den Fridays aktiv
00:14:18: und da haben sich natürlich auch
00:14:20: wildfremde Menschen zusammengetan.
00:14:22: Und es war eine richtige Aufbruchsstimmung,
00:14:24: wenn man merkt, man ist auch nicht alleine,
00:14:25: dass man gemeinsam etwas mit anpacken kann.
00:14:29: Ja, du hast jetzt eh schon das Stichwort gegeben.
00:14:32: Klima-Kommunikation in den Medien.
00:14:35: Aktuell ist es ja so,
00:14:37: dass es ein recht großes Spagat noch gibt
00:14:40: zwischen den Klima-wissenschaftlichen Erkenntnissen
00:14:43: und auf der anderen Seite der öffentlichen Debatte.
00:14:47: Es gibt zwar bei den Medien
00:14:49: immer mehr Klima-Beiträge,
00:14:51: teilweise auch fachlich sehr gute Beiträge,
00:14:54: aber auf den Titelseiten ist das Thema
00:14:56: noch relativ wenig begrenzt.
00:14:59: Woran liegt das deiner Meinung nach
00:15:01: oder was ist dein Gefühl?
00:15:02: ...wo es noch ein bissl hapert
00:15:05: bei der Medienarbeit?
00:15:07: Ja. Ich denke,
00:15:08: dass die Klimakrise sehr komplex ist
00:15:10: und nur einen begrenzten Schlagzeilen Charakter hat
00:15:14: und deswegen den klassischen Journalismus
00:15:16: tatsächlich vor Herausforderungen stellt,
00:15:18: die aber sehr wichtig zu lösen sind.
00:15:20: Jetzt ist es so,
00:15:23: dass die gute Klima Berichterstattung,
00:15:26: die es ja durchaus gibt,
00:15:27: also mit wissenschaftlich fundiert
00:15:29: und so weiter und einordnet,
00:15:31: dass die üblicherweise
00:15:33: in den Wissenschaftsredaktionen stattfindet.
00:15:35: Das sind die Beiträge,
00:15:36: wo wir wirklich sagen können,
00:15:38: da ist der naturwissenschaftliche Hintergrund
00:15:40: auch abgedeckt.
00:15:41: Und das ansonsten, wenn es zum Beispiel
00:15:43: in den Bereich von Politik
00:15:45: oder Wirtschaftsjournalismus geht,
00:15:47: das leider nicht eingeordnet wird,
00:15:49: das zum Teil Aussagen von Politikerinnen
00:15:52: oder von irgendwelchen anderen Interessenvertretern
00:15:54: so wiedergegeben werden,
00:15:55: wie sie getroffen wurden,
00:15:56: ohne sie einzuordnen.
00:15:58: Was, was überhaupt die Machbarkeit...
00:16:01: Also ohne so einen Faktencheck.
00:16:03: Und da halte ich das
00:16:04: für wirklich außerordentlich wichtig,
00:16:06: dass sich der Journalismus
00:16:08: in dieser Richtung weiterentwickelt.
00:16:10: Was konkret bedeuten würde,
00:16:11: dass wir eine Aus-, Fort- und Weiterbildung
00:16:14: in allen Redaktionen brauchen,
00:16:16: also nicht nur in der Wissenschaftsredaktion,
00:16:18: sondern auch in der Politik-Redaktion
00:16:20: und Wirtschaftsredaktion und Kulturredaktion.
00:16:24: Es ist ja mit allen Themen verbunden,
00:16:26: und das es da eben mitgedacht werden muss.
00:16:28: Und das ist eine große Herausforderung.
00:16:30: Aber letztlich hat Corona gezeigt,
00:16:32: dass es möglich ist.
00:16:33: Da mussten wir das auch alle,
00:16:35: weil es, weil die mitbetroffen waren.
00:16:37: eine Ausbildung oder Weiterbildung
00:16:39: hast du jetzt erwähnt.
00:16:41: Meinst du da jetzt
00:16:42: fachlich inhaltlich zu Klimathemen,
00:16:44: dass es quasi im Basiswissen gibt zum Thema
00:16:47: oder wie stellst du dir das vor?
00:16:49: ja ein Basiswissen.
00:16:51: was dazu führt möglicherweise
00:16:54: auch in Zusammenhang mit den Wissenschaftredaktionen,
00:16:56: dass Aussagen von Interessensvertretern
00:16:59: eingeordnet werden,
00:17:00: wissenschaftlich eingeordnet werden.
00:17:01: Ist es realistisch,
00:17:03: wenn ein Politiker XY behauptet,
00:17:05: wir können diese Gas-Pipeline
00:17:07: weiter so betreiben?
00:17:08: Und das ist auch ein ganz wichtiger Schritt
00:17:10: hin zur Energiewende.
00:17:12: Oder ist es vielleicht einfach Greenwashing
00:17:13: oder mit großer Vorsicht zu betrachten
00:17:15: oder ein Verzögerungsdiskurs?
00:17:17: Und so was muss eingeordnet werden,
00:17:18: weil ansonsten wir natürlich geneigt sind,
00:17:21: so was zu glauben.
00:17:22: Es hört sich ja auch ganz toll an
00:17:23: und auch irgendwie entlastend.
00:17:26: Gerade wenn wir,
00:17:27: wenn wir mit Sorgen belastet sind.
00:17:30: Würdest du das sinnvoll sehen da vielleicht...
00:17:33: Es gibt in Österreich,
00:17:35: ich weiß es in Deutschland nicht genau
00:17:36: aber ich nehme mal an, das ist ja ähnlich,
00:17:38: eine große Debatte
00:17:39: zum Thema Klima-Journalismus,
00:17:41: wie sich Redaktionen aufstellen,
00:17:42: also immer mehr Zeitungen haben jetzt
00:17:44: zumindest die Überlegung mancher,
00:17:46: manche haben es schon gemacht,
00:17:47: eigenes Klima-Umwelt-Ressort zu machen.
00:17:48: Dann gibt es auch die Debatte
00:17:50: von eigenen Klima-Beauftragten,
00:17:52: die quasi Ansprechpersonen sind
00:17:54: für alle Ressorts.
00:17:55: Ist das auch ein Ansatz,
00:17:56: der für dich Sinn machen würde?
00:17:57: Ja, es ist ein Ansatz,
00:17:59: der für mich Sinn macht,
00:18:01: weil es auf jeden Fall ja auch
00:18:03: ein Zeichen für die Weiterentwicklung ist.
00:18:04: Übrigens auch die Klima-Ressorts
00:18:07: bin ich auch froh, dass es die gibt.
00:18:09: Wobei ich denke,
00:18:11: dass es überhaupt nicht ausreichend ist.
00:18:12: Also es kann ein guter Zwischenschritt sein,
00:18:14: ein solches Ressort einzurichten
00:18:16: und gleichzeitig ist es
00:18:19: aus psychologischer Sicht
00:18:21: sitzen wir da einem Abwehrmechanismus auf,
00:18:23: nämlich der Isolierung.
00:18:24: Also dass wir uns vorstellen,
00:18:25: ist es ein weiteres Thema neben vielen anderen.
00:18:28: Und das ist es beim Klima eben nicht,
00:18:30: weil es in alle anderen Bereiche mit hinein ragt.
00:18:33: Wir hatten da bei den Psychologists
00:18:36: hatten wir mal diese Bühnen Metapher
00:18:38: ins Spiel gebracht,
00:18:39: nämlich dass das Klima praktisch
00:18:42: kein weiteres Thema auf der Bühne ist,
00:18:44: wie das, was wir in der Zeitung lesen,
00:18:46: sondern die Bühne an sich betrifft
00:18:48: und somit anders behandelt werden muss
00:18:51: als die anderen Themen,
00:18:53: die wir sonst so medial präsentiert bekommen.
00:18:56: Aber es kann eine gute Zwischenlösung sein
00:18:58: und das mit dem Klima Beauftragten
00:19:00: finde ich auch eine gute Sache.
00:19:02: Wobei es dann natürlich wichtig wäre,
00:19:04: dass sie auch tatsächlich,
00:19:05: also vielleicht je nach Größe der Redaktion,
00:19:07: reicht da auch nicht eine Person
00:19:08: und die muss halt eben auch vielleicht
00:19:11: vorher drüber schauen dürfen
00:19:12: über die, über die Berichterstattung.
00:19:14: Das ist nicht nur so ein:
00:19:15: Ich kann hingehen, wenn ich möchte.
00:19:17: Sondern dass die tatsächlich auch
00:19:18: die Macht praktisch haben zu sagen:
00:19:21: Hey so, das stimmt so nicht
00:19:22: und so können wir das nicht veröffentlichen.
00:19:25: Aber es ist nach wie vor so,
00:19:28: dass die Klimakrise ein komplexes Thema ist,
00:19:31: wir aber de facto alle erreichen müssen,
00:19:33: um dieser Herausforderung irgendwie schaffen zu können.
00:19:36: Kurz gefragt: Wie kann das gelingen?
00:19:40: Oder braucht es auch in der Berichterstattung
00:19:42: vielleicht einen Tick weniger Fachwissen phasenweise
00:19:44: und mehr praktische Tipps?
00:19:46: Oder wie siehst du das?
00:19:48: Also erstens glaube ich nicht,
00:19:50: dass wir alle erreichen müssen,
00:19:52: weil wir das niemals
00:19:53: bei irgendeinem Thema schaffen werden.
00:19:54: Ich glaube, das Ziel ist einfach utopisch.
00:19:56: Aber es stimmt,
00:19:57: dass wir natürlich so viele wie möglich erreichen müssen.
00:19:59: Wobei die Forschung ja sagt,
00:20:03: dass für das Erreichen von Social Tipping Points,
00:20:05: also von diesen sozialen Kipp-Punkten,
00:20:07: 20 bis 25 Prozent der Bevölkerung reicht,
00:20:10: die wirklich überzeugt sind
00:20:12: und 3 Prozent, die wirklich aktiv sind.
00:20:13: Das sind also bei weitem nicht alle.
00:20:15: Und da sind wir schon ziemlich nah dran
00:20:18: und vielleicht sogar mittendrin,
00:20:20: wie einige schreiben,
00:20:21: dass sich da das Bewusstsein
00:20:23: erheblich weiterentwickelt.
00:20:25: Aber ja, der zweite Punkt war,
00:20:27: das Faktenwissen uns eben oft nicht weiterhilft,
00:20:30: also dass es sogar zu solchen
00:20:32: Reaktanz-Effekten führen kann,
00:20:34: nämlich dass wenn wir
00:20:35: mit Fakten bombardiert werden,
00:20:36: wir irgendwann dicht machen
00:20:37: und es gar nicht mehr aufnehmen können
00:20:38: und es irgendwie so an uns vorbeirauscht
00:20:40: oder sogar Widerstand in uns auslöst,
00:20:43: dass wir uns damit
00:20:44: gar nicht weiter beschäftigen mögen.
00:20:46: Und das schaffen wir besser
00:20:47: in der Klima-Kommunikation
00:20:49: durch sogenannte Storytelling,
00:20:52: also indem wir es
00:20:53: ein bisschen persönlicher machen,
00:20:54: ein bisschen mehr berichten:
00:20:55: Mein Zugang zu diesem Thema war so...
00:20:57: Erst war ich geschockt
00:20:59: und dann habe ich überlegt, das...
00:21:00: Und dass wir auch eigene Fehler einräumen.
00:21:02: Und vielleicht auch Kurven auf unserem Weg.
00:21:03: Und die haben wir alle
00:21:05: und vielleicht auch irgendwelche Fehler,
00:21:07: Interpretationen, denen wir aufgesessen sind
00:21:09: und dass wir es eben persönlicher machen.
00:21:12: Und tatsächlich einen persönlichen Bezug
00:21:15: für die Menschen ermöglichen.
00:21:17: Denn warum sollte ich mich
00:21:18: mit irgendeinem schwierigen Thema beschäftigen,
00:21:21: von dem ich gar nicht glaube,
00:21:22: dass das was mit mir zu tun hat?
00:21:24: Also ist es eben ganz entscheidend,
00:21:26: dass wir auch so eine Berichterstattung hinkriegen.
00:21:29: Wie: Was bedeutet das für meinen Wohnort?
00:21:32: Was bedeutet es für meine Kinder?
00:21:33: Für meine Altersvorsorge, für meine Berufswahl,
00:21:36: für meinen Versicherungsstatus?
00:21:39: Ja, also für alle Themen,
00:21:41: die uns vielleicht im Alltag so beschäftigen.
00:21:43: Einfach um es greifbarer,
00:21:44: um es nahbarer zu machen.
00:21:46: Und das ist herausfordernd für den Journalismus,
00:21:48: aber total wichtig.
00:21:49: Und zum Glück gibt es tolle Initiativen dazu.
00:21:53: Ich hänge da vielleicht noch etwas dran.
00:21:55: Oder vorher noch mal, weil du es gesagt hast:
00:21:56: 20 bis 25 Prozent würde reichen
00:21:59: an der Bevölkerung, diese zu erreichen,
00:22:01: um bestimmte Kipp-Punkte zu verhindern.
00:22:05: Was sind das für...
00:22:07: also ist das eine bestimmte Gruppe,
00:22:08: die man sich vorstellen kann?
00:22:09: Würde es Sinn machen
00:22:10: halt wirklich Zielgruppen-genau
00:22:12: quasi zu kontaktieren?
00:22:14: Also ich finde die Zahl spannend,
00:22:16: weil ich das das erste Mal höre.
00:22:17: Vielleicht kannst du das ausführen.
00:22:18: Ja, das ist tatsächlich aus der Bewegungsforschung.
00:22:20: Und ich kann dir gerne auch
00:22:21: die Studien da nachliefern,
00:22:23: die ich leider nicht im Kopf habe.
00:22:24: Ich merk mir Namen so schlecht.
00:22:27: aber das kann ich dir gerne hinterher
00:22:29: per Mail schicken. Wer das genau war.
00:22:31: Und ich glaube, dass wenn wir gucken,
00:22:35: wen wir überzeugen können,
00:22:36: dass es Sinn macht,
00:22:37: dass wir uns nicht zu sehr die Zähne ausbeißen
00:22:40: an den Gruppen, die zum Beispiel
00:22:42: den Klimawandel an sich leugnen oder dergleichen.
00:22:45: Also das ist einfach vergebene Liebesmüh.
00:22:48: Da können wir besser uns irgendwie
00:22:50: auf die Menschen fokussieren,
00:22:52: wo wir wissen,
00:22:52: dass es da ein grundsätzliches Verständnis
00:22:55: für Fakten gibt
00:22:56: in Anerkenntnis der Wissenschaft
00:22:57: und die uns wichtig sind.
00:23:00: Noch mal zurück zu den Medien.
00:23:04: Ich spring ein bisschen hin und her.
00:23:05: Du hast jetzt betont, dass es wichtig ist,
00:23:09: den Leuten klar zu machen,
00:23:10: dass das was vor der Haustür
00:23:11: vielleicht auch schon passiert,
00:23:13: dass das auch die Klimakrise ist,
00:23:14: quasi das Nahbare einfach am Thema.
00:23:16: Jetzt ist es so in den letzten Jahren,
00:23:18: waren immer öfter oder mehr Berichte
00:23:21: über Tornados, über Dürren,
00:23:24: über Waldbrände und so weiter.
00:23:27: Meine Frage ist jetzt:
00:23:30: Ist es vielleicht dann auch schon
00:23:32: irgendwann zu viel des Guten, wenn man so will?
00:23:34: Also quasi, wenn man das Gefühl hat,
00:23:36: die Welt geht eh schon unter...
00:23:39: braucht es da auch ein bisschen neue Ansätze
00:23:40: oder muss immer weiter darüber berichtet werden
00:23:43: mit diesen starken Bild-Messages, die man hat?
00:23:45: Oder wie siehst du das?
00:23:47: Ja, ich glaube auch,
00:23:49: dass zu viel davon auch wiederum
00:23:50: eher Reaktanz auslösen kann.
00:23:52: Es gibt aber auch dieses Sprichwort:
00:23:53: Am Abgrund werden die dicksten Partys gefeiert.
00:23:55: Daran muss ich gerade denken.
00:23:57: Ja, ist vielleicht ein bisschen
00:23:59: mit Vorsicht zu genießen.
00:24:01: Aber was ich wichtig finde, ist natürlich:
00:24:04: Diese Berichterstattung muss sein
00:24:07: und die muss weitergehen.
00:24:08: Einfach auch,
00:24:09: weil sie einen wichtigen Informationswert hat.
00:24:11: Aber ich glaube,
00:24:12: dass sie ergänzt werden muss
00:24:14: durch Handlungsmöglichkeiten,
00:24:16: denn diese Katastrophen Berichterstattung
00:24:19: kann ja potenziell die Angst eher noch mehr steigern
00:24:21: oder welche Gefühle es auch immer sind.
00:24:24: Und das kann dann auch wiederum
00:24:25: die Wahrscheinlichkeit für Abwehr vergrößern
00:24:27: und was Wahrscheinlichkeit für Abwehr aber
00:24:31: wiederum mindert -
00:24:32: das wissen wir aus der Psychologie
00:24:33: ist, wenn die Menschen Handlungsmöglichkeiten haben,
00:24:36: und zwar tatsächlich gute,
00:24:38: die greifbar sind,
00:24:39: also die, wie ich tatsächlich auch hier
00:24:41: aus meinem Alltag heraus umsetzen kann
00:24:43: und die möglich erscheinen
00:24:45: und somit eher in so eine Richtung
00:24:48: von Empowerment gehen.
00:24:49: Also wenn das dazu geliefert wird,
00:24:51: dann hat es eher so einen Effekt, dass wir denken:
00:24:53: Oh ja, schlimm,
00:24:55: aber zum Glück kann ich was tun.
00:24:56: Und das unterstützt praktisch,
00:24:59: wenn wir in diesen Trauerphase denken
00:25:01: oder überhaupt in diesen Phasen
00:25:02: der emotionalen Verarbeitung,
00:25:04: unterstützt das eher,
00:25:05: dass wir einen Schritt weiterkommen,
00:25:07: als dass wir vor lauter Schock erstarren
00:25:10: und irgendwie gar nichts mehr machen.
00:25:12: So eine Mischung aus beidem.
00:25:14: Quasi aus Bedrohung.
00:25:16: Und aus Aktionen, wie man davor wegkommt.
00:25:18: Warum klappt es bei der Politik
00:25:20: deiner Meinung nach noch nicht?
00:25:22: Die sind natürlich eine große Frage.
00:25:23: Aber letztendlich,
00:25:24: sie kennen vielleicht besser als viele von uns
00:25:26: die Fakten und die Bilder
00:25:29: und trotzdem passiert viel zu wenig.
00:25:30: Ist es eine reine Sache von Stakeholder-Geschichten
00:25:36: dass da im Hintergrund so viel Druck gemacht wird?
00:25:38: Oder wenn man eben wie du sagst,
00:25:40: am Abgrund steht?
00:25:41: Und es ist ja auch was Psychologisches.
00:25:43: Der Mensch kann an sich mit Gefahr umgehen.
00:25:45: Wenn man Löwen sieht, läuft man davon.
00:25:47: Man kann auch vorausdenken,
00:25:49: einen Blitzableiter aufs Dach setzen,
00:25:50: man weiß, da kann man die Gefahr verringern.
00:25:53: Aber bei der Klimakrise marschiert man
00:25:55: weiter mitten rein.
00:25:56: Woran liegt das
00:25:57: auf der politischen Ebene deiner Meinung?
00:25:59: Es ist eine sehr komplexe Frage,
00:26:02: wo die Antwort mit Sicherheit
00:26:03: auch sehr komplex sein müsste.
00:26:05: Und ich glaube, dass das auch ein Punkt ist,
00:26:08: wo wir uns hüten sollten,
00:26:09: fälschlich zu psychologisieren.
00:26:11: Also klar spielt da Psychologie
00:26:13: auch eine Rolle,
00:26:14: weil Politik wird von Menschen gemacht.
00:26:15: Aber da sind eben auch ganz oft
00:26:18: handfeste finanzielle und Machtinteressen
00:26:20: auch mit verstrickt
00:26:22: oder Verträge, gesetzliche Regelungen,
00:26:25: die unterschrieben wurden
00:26:26: und aus denen wir uns gar nicht so einfach
00:26:28: wieder befreien können und dergleichen.
00:26:29: Also da ist die Situation sehr komplex
00:26:34: und es würde mir sehr schwerfallen,
00:26:36: das in zwei Sätzen zu beantworten.
00:26:37: Aber es tut sich ja schon was.
00:26:40: Also ich kann es jetzt nur hier
00:26:42: für Deutschland berichten.
00:26:44: In Österreich ist es vielleicht hoffentlich ähnlich,
00:26:46: aber da ist zum Beispiel der Kohleausstieg
00:26:48: jetzt vorgezogen worden.
00:26:49: Also die Entwicklung geht durchaus
00:26:51: in die richtige Richtung,
00:26:52: nur leider viel zu langsam.
00:26:54: Also wir haben zwar die Richtung stimmt,
00:26:56: aber wir haben ein ernsthaftes
00:26:58: Geschwindigkeitsproblem
00:26:59: und deswegen müssen wir alle Gas geben.
00:27:02: Und damit meine ich
00:27:03: nicht nur die Politik,
00:27:04: sondern auch uns.
00:27:06: Was überwiegt bei dir persönlich
00:27:07: ist es mir teilweise die Angst vor der Klimakrise
00:27:10: bedrückendes Gefühl
00:27:12: oder hast du mehr Hoffnung und Motivation?
00:27:15: Das kann ziemlich schwanken bei mir.
00:27:17: Ich habe den Vorteil,
00:27:21: dass ich über das Engagement inzwischen
00:27:23: so viele nette Menschen kennengelernt habe,
00:27:26: dass je nachdem, wie es mir gerade geht,
00:27:28: ich irgendwie weiß,
00:27:30: an wen ich mich wenden kann
00:27:31: und wer welche Themen besonders gut kann und dergleichen.
00:27:35: Deswegen habe ich tatsächlich
00:27:36: neben all den unangenehmen Gefühlen
00:27:38: Gott sei Dank auch viel Freude bei der Sache.
00:27:41: Aber ja, es ist auch schwer.
00:27:43: Ich glaube, wer sich viel damit beschäftigt,
00:27:47: braucht eine gewisse Affekt-Toleranz.
00:27:50: Das heißt das aushalten können
00:27:52: von unangenehmen Gefühlen.
00:27:54: Und ich merke, dass wenn ich sehr viel,
00:27:55: zum Beispiel mich in diese
00:27:57: naturwissenschaftlichen Fakten reinkrame,
00:27:58: das mache ich manchmal für Artikel oder so,
00:28:01: dass mich das dann von der Tendenz
00:28:03: eher runterzieht
00:28:04: und dass ich es ein Stück weit begrenzen muss.
00:28:06: Was nicht heißt,
00:28:07: dass ich es ganz und gar beiseite schiebe.
00:28:08: Aber es gibt ein paar Informationen,
00:28:10: vor denen ich mich da ein Stück weit schütze
00:28:12: und gleichzeitig probiere,
00:28:14: das beizutragen, was ich beitragen kann,
00:28:17: um irgendwie Teil der Lösung zu sein
00:28:18: und um meinen Kindern später
00:28:20: in die Augen schauen zu können.
00:28:22: Aber du wirst auch sagen,
00:28:23: dass Engagement unterm Strich einfach
00:28:25: ein Teil des persönlichen Schutzes ist,
00:28:28: wenn du sagst, es hilft.
00:28:30: Es ist auf jeden Fall
00:28:31: ein guter Coping-Mechanismus
00:28:34: ja auch für unangenehme Gefühle.
00:28:36: Absolut.
00:28:37: Super.
00:28:38: Liebe Lea, vielen Dank
00:28:39: für das interessante Gespräch.
00:28:41: Sehr gerne.
00:28:42: Viel Erfolg noch auf dem weiteren Weg.
00:28:44: Es braucht mehr Leute wie euch und dich.
00:28:46: Vielen Dank für dein Interesse.
00:28:48: Gerne. Ciao.