Freitag in der Arena - der oekostrom AG-Talk

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00:00:00: So. Herzlich willkommen!

00:00:02: Mein Name ist Oliver Schnetzer.

00:00:04: Ich bin Blogger der oekostrom AG

00:00:06: und im Rahmen von einigen Interviews

00:00:09: setze ich mich mit dem Thema Klima-Kommunikation

00:00:12: und Klima-Journalismus auseinander.

00:00:14: Umso mehr freut es mich,

00:00:16: meinen heutigen Gast begrüßen zu dürfen,

00:00:18: den Leiter und Gründer

00:00:20: des SORA-Forschungsinstituts,

00:00:23: Christoph Hofinger. Hallo!

00:00:26: Hallo

00:00:28: Herr Hofinger oder Christoph

00:00:32: ist Meinungs- und Politikforscher.

00:00:34: Wie schon gesagt, 1996 hat er das bekannte

00:00:37: Forschungsinstitut SORA mitgegründet.

00:00:43: Darüber hinaus kennt man ihn vor allem

00:00:46: von den Nachrichten rund um Wahlkämpfe,

00:00:49: da er unter anderem die Hochrechnungen

00:00:52: und Wählerstromanalysen

00:00:55: regelmäßig präsentiert und analysiert.

00:00:58: Zudem berätst du, lieber Christoph, Unternehmen

00:01:02: unter anderem auch die öffentliche Hand

00:01:04: sowie generell politische Akteure

00:01:06: rund um das Thema Kommunikation.

00:01:11: Das Thema Klimakommunikation ist

00:01:14: an sich sehr breit gefächert.

00:01:16: Deswegen freut es mich auch heute wieder

00:01:18: einen bestimmten Aspekt rauspicken zu können.

00:01:20: Und zwar reden wir beide über das Thema: Framing.

00:01:23: Und da komme ich auch gleich

00:01:24: zu meiner ersten Frage vielleicht.

00:01:25: Könntest du uns in ein paar Sätzen kurz erklären:

00:01:28: Was hat es mit diesem Modewort Framing auf sich?

00:01:32: Was bedeutet Framing?

00:01:33: Und letztendlich: Warum ist es

00:01:35: auch für Klimaschützer, Klimaschützerinnen

00:01:37: wichtig, sich mit dem Thema zu beschäftigen?

00:01:41: Ja. Danke für die Einladung

00:01:43: und danke auch für diese Frage.

00:01:45: Du hast recht, es ist ein Modewort

00:01:48: und das Thema Framing ist in aller Munde.

00:01:53: Aber das wissenschaftliche Konzept

00:01:55: ist schon seit den 70er Jahren

00:01:59: jedenfalls in Ausarbeitung.

00:02:02: Ist beim politischen Framing

00:02:04: so seit 20 Jahren so richtig aufgekommen.

00:02:12: Ist aber etwas, was als Vorgang und als Phänomen

00:02:17: völlig alltäglich ist für uns alle.

00:02:19: Seit wir elf, zwölf Monate alt sind,

00:02:24: brauchen wir Frames.

00:02:26: Was sind Frames?

00:02:27: Frames sind Deutungsrahmen.

00:02:29: Und jedes Wort der Sprache ist geframed,

00:02:33: also eingerahmt von Deutungsrahmen,

00:02:35: die Menschen helfen zu verstehen,

00:02:38: was dieses Wort bedeutet.

00:02:41: Und diese Deutungsrahmen sind etwas,

00:02:45: die ständig unbewusst ablaufen

00:02:47: und uns helfen zu verstehen,

00:02:51: was z.B. ein Flügel ist.

00:02:53: Ein Flügel ist etwas, der, sagen wir jetzt,

00:02:55: wenn es ein Flugzeugflügel ist,

00:02:57: am Flugzeug dranhängt

00:02:58: und da gibt es viele Frames

00:02:59: um diesen Flügel herum.

00:03:01: Einer ist zum Beispiel, dass er uns hilft,

00:03:03: in die Luft zu kommen mit diesem Flugzeug.

00:03:05: Es kann aber auch ganz andere Dinge sein,

00:03:08: so mehr Wahrnehmungs- und emotionale Deutungen,

00:03:11: die man mit Flugzeugen und Flügeln verbindet:

00:03:14: Aufregung oder die Angst vorm Fliegen

00:03:16: oder diesen seltsamen Geruch von Kerosin.

00:03:19: Also das Framing ist nicht nur

00:03:21: ein rein sprachlicher Deutungsrahmen,

00:03:23: sondern es ist ein Deutungsrahmen,

00:03:26: der sehr vielfältig ist.

00:03:28: Und es passiert alles in unserem Gehirn.

00:03:30: Das ist ein Wunderwerk an Verknüpfungen.

00:03:33: Das heißt, jeder Frame, den wir erleben,

00:03:35: der hat mit tatsächlichen Verknüpfungen

00:03:38: im Gehirn zu tun.

00:03:40: Und der zweite Teil deiner Frage war:

00:03:42: Warum ist es für Menschen wichtig,

00:03:43: die sich mit dem Thema Kommunikation beschäftigen?

00:03:47: Im öffentlichen Diskurs und im politischen Diskurs

00:03:50: entscheiden diese Deutungsrahmen,

00:03:52: ob Menschen etwas für richtig oder falsch,

00:03:55: für moralisch richtig und moralisch falsch halten.

00:03:58: Das ist die entscheidende Frage

00:04:01: im öffentlichen und im politischen Diskurs.

00:04:03: Was ist jetzt wichtig? Was sollen wir tun?

00:04:06: Was ist das Richtige für eine Gemeinschaft,

00:04:08: für eine Gemeinde, für eine Organisation,

00:04:12: für ein Land, für die ganze Welt?

00:04:14: Und das Framing ist deswegen so spannend,

00:04:19: weil Deutungsrahmen eben, wie gesagt,

00:04:22: größtenteils unbewusst darüber entscheiden,

00:04:24: ob Menschen sagen Das ist jetzt richtig,

00:04:26: und das ist jetzt falsch,

00:04:28: wir sollen jetzt das tun,

00:04:29: wir sollen das lieber lassen.

00:04:31: Und insofern ist es für alle

00:04:36: in der öffentlichen Kommunikation

00:04:38: eine sehr lohnende Aufgabe,

00:04:40: sich mit Frames zu beschäftigen.

00:04:44: Klimaschutz ist ja ein sehr akutes Problem.

00:04:47: Die wissenschaftlichen Zahlen zeigen:

00:04:49: Wir haben nicht allzu viel Zeit.

00:04:50: Umso wichtiger ist die Klima-Kommunikation,

00:04:52: dass man die Leute erreicht

00:04:53: und die Politik zum Handeln bewegt.

00:04:56: Aber warum passiert der Klimaschutz

00:04:58: nach wie vor so stockend?

00:04:59: Ist es dann auch eine Frage falschen Framings?

00:05:03: Wie siehst du die aktuelle Klimadebatte?

00:05:04: Ist da was falsch?

00:05:07: Oder was würdest du vielleicht auch empfehlen,

00:05:09: was man anders oder besser machen könnte?

00:05:12: Ja, es muss ja vieles falsch gelaufen sein,

00:05:14: weil wir sind ja in einer Klimakrise.

00:05:17: Und offenbar, da muss ich jetzt auch

00:05:20: die eigene Branche sozusagen

00:05:21: auch kritisch ins Visier nehmen,

00:05:26: auch die Wissenschaft hat zwar

00:05:28: viele richtige Dinge gesagt,

00:05:29: die Klimaprognosen waren ja recht gut,

00:05:31: schon seit Jahrzehnten,

00:05:34: aber es ist im Wissenschaftssystem nicht gelungen,

00:05:36: das politische System da in die Gänge zu bringen.

00:05:42: Die Frage ist:

00:05:44: Nimmt eine Gesellschaft eine Aufgabe an

00:05:47: oder schiebt sie sie vor sich her?

00:05:52: Der Ökonom Walter Ötsch hat einmal gesagt,

00:05:55: dass manchmal in unserer modernen Gesellschaft,

00:05:57: da werden Probleme so wie mit einer Baggerschaufel

00:05:59: vor sich hergeschoben

00:06:00: und der Sand auf dieser Baggerschaufel

00:06:02: wird immer größer,

00:06:04: bis man dann einmal stecken bleibt.

00:06:06: Es hat natürlich damit zu tun,

00:06:08: dass Menschen sich relativ schwertun,

00:06:11: heute schon als Kollektiv Probleme anzugehen,

00:06:15: die vielleicht in 30, 40 Jahren

00:06:16: uns dann das Leben schwer machen.

00:06:21: Trotzdem denke ich,

00:06:23: auch wenn es dieses grundsätzliche Problem gibt,

00:06:26: dass Gesellschaften nicht so,

00:06:28: und vor allem die Politik,

00:06:29: die oft nur für ein paar Jahre gewählt ist,

00:06:31: nicht so leicht 40 oder 20 Jahre voraussieht,

00:06:35: hätte manches besser laufen können.

00:06:39: Und der Klima- und Energie-Diskurs

00:06:42: ist einer der voller Wortkreationen steckt,

00:06:49: voller Wörter steckt,

00:06:51: die Menschen mit einer durchschnittlichen Bildung

00:06:54: einfach nicht verstehen.

00:06:56: Meine Lieblingsbeispiele sind die Sektorkoppelung

00:07:00: oder die Worte wie Dekarbonisierung,

00:07:04: die einem Menschen in der…

00:07:09: oder einem jungen Menschen zum Beispiel,

00:07:12: vielleicht nicht jemand,

00:07:13: der demonstriert bei den Fridays for Future,

00:07:14: aber einem zum Beispiel 10-jährigen Schüler

00:07:18: oder einer Schülerin nichts sagen.

00:07:21: Und ich fände es spannend,

00:07:22: als erstes mal im Klima-Diskurs nachzuschauen:

00:07:25: Welche Begriffe würden denn jetzt auch

00:07:27: Volksschülerinnen und Volksschüler verstehen,

00:07:29: zumindest in der vierten Klasse Volksschule?

00:07:32: Das heißt, es ist eine Herausforderung,

00:07:35: dass der Diskurs voller Fremd-Wörter ist,

00:07:40: dass Zahlen und Daten und Fakten,

00:07:44: die wichtig sind, oft überhandnehmen.

00:07:47: Und im Endeffekt die, die zuhören

00:07:51: ganz erschlagen sind, weil damit dann auch

00:07:52: eine negative Botschaft transportiert wird.

00:07:58: Und insofern bin ich seit Jahren relativ kritisch,

00:08:01: was den Klima- und Energie-Diskurs betrifft

00:08:03: und sehe in vielen Punkten noch Luft nach oben.

00:08:07: Das heißt in erster Linie aber,

00:08:09: weil's zu komplex vermittelt wird,

00:08:11: weil es zu alltagsfern ist

00:08:13: für die meisten Menschen

00:08:15: oder weil die Zahlen zu erschlagend sind,

00:08:17: eben auch aus psychologischer Perspektive?

00:08:20: Da gibt es mehrere Ebenen.

00:08:22: Die eine, wie du richtig richtigerweise sagst,

00:08:27: es ist teilweise gar nicht verständlich,

00:08:29: was damit gemeint ist.

00:08:30: Es ist... bei der Sektor-Kopplung

00:08:33: glauben die Expertinnen und Experten zu wissen,

00:08:36: was damit gemeint ist.

00:08:38: Wenn sie dann darüber diskutieren,

00:08:40: was sie wirklich meinen,

00:08:41: kommen sie dann eh oft drauf,

00:08:42: sie wissen dann doch vielleicht nicht

00:08:44: oder haben unterschiedliche Bilder.

00:08:48: Die zweite Herausforderung ist,

00:08:50: dass manche Dinge verständlich scheinen,

00:08:53: aber eigentlich vom Deutungsrahmen

00:08:57: ein bisschen ungeschickt hin.

00:08:58: Es gibt ein Beispiel, das die Elisabeth Wehling,

00:09:03: die ein Buch über Framing geschrieben hat,

00:09:05: bringt und das ich auch teile:

00:09:08: Erneuerbare Energien drücken vielleicht als Wort

00:09:12: gar nicht das aus, was sie bringen.

00:09:14: Nämlich dass sie unerschöpflich sind

00:09:16: und bildlich gesprochen uns

00:09:18: von der Natur oder von Gott,

00:09:20: wie auch immer man das formulieren will,

00:09:21: quasi geschenkt werden.

00:09:23: Und die Elisabeth Wehling kritisiert:

00:09:25: Ja, das klingt aber so anstrengend

00:09:26: wie als müssten wir,

00:09:27: wie man ein Haus immer wieder erneuern muss,

00:09:29: auch dann diese Energien erneuern.

00:09:32: Ich selbst bin ein Kritiker des Wortes Klimaschutz.

00:09:36: Weil der Tierschutz etwas ist,

00:09:39: der sofort emotional verständlich ist für Menschen.

00:09:44: Wenn ich ein hilfloses, schützenswertes Tier sehe,

00:09:48: dann kriege ich Empathie mit der Schöpfung,

00:09:50: Mitgefühl mit der Schöpfung.

00:09:53: Das Klima ist aber unbelebt und steht auch

00:09:55: in einem gewissen Spannungsverhältnis,

00:09:58: wenn nicht sogar

00:09:59: in einer Feindschaft zu uns im Moment.

00:10:00: Das Klima bedroht uns, zumindest

00:10:02: weil es ja zu heiß wird unter anderem.

00:10:07: Und die Idee, eigentlich Menschen dafür zu bewegen

00:10:10: oder jetzt ganz große Änderungen in Kauf zu nehmen,

00:10:14: um das Klima zu schützen,

00:10:16: ist eigentlich nicht ganz die richtige,

00:10:18: sondern es geht um die Schöpfung

00:10:20: und um uns als Menschen.

00:10:21: Wir wollen ja uns und vor allem

00:10:24: die zukünftigen Generationen schützen.

00:10:27: Das ist wieder ein kleiner, eine Anregung von mir.

00:10:31: Das Wort Generationen

00:10:33: ist auch ungeschickt geframed.

00:10:34: Kommt aber in jedem Energieprogramm

00:10:36: jeder politischen Partei dutzende Male vor.

00:10:39: Das haben wir mal analysiert

00:10:40: für Österreichs Energie.

00:10:42: Aber bei Generationen,

00:10:44: das lässt sich leicht abtesten, der Frame:

00:10:47: Ältere Menschen auf der Parkbank sozusagen.

00:10:49: Die meisten denken an Seniorinnen und Senioren,

00:10:52: die auch wichtige Teile unserer Gesellschaft sind.

00:10:55: Aber viele wollen ja sagen:

00:10:56: Das machen wir ja für unsere Kinder.

00:10:58: Also für die, die in Zukunft

00:11:02: ihr Leben auf unserem Planeten leben wollen.

00:11:06: Also zusätzlich zu dem, was du eben gesagt hast,

00:11:09: so komplex und abstrakt,

00:11:11: das erzeugt dann oft Ärger,

00:11:12: wenn Menschen nicht verstehen,

00:11:14: was damit gemeint ist,

00:11:15: sind manche Begriffe,

00:11:16: auch zum Beispiel die Energiewende, welche,

00:11:19: über die wir ruhig diskutieren können.

00:11:21: Weil die Wende, da drehen wir irgendwie um,

00:11:24: dabei wollen wir irgendwie vorausgehen

00:11:26: und wir haben schon einen Weg begonnen.

00:11:28: Damit ist der Energiediskurs voll.

00:11:31: Da haben wir mal mit der Energie Agency

00:11:34: ein sehr schönes Kompendium formuliert,

00:11:38: das Energie-Handbuch,

00:11:39: wo viele dieser Überlegungen drin sind.

00:11:41: Das ist auch im Internet abrufbar

00:11:43: und kann ich allen

00:11:44: zur vertiefenden Lektüre auch empfehlen.

00:11:48: Bei Generationen haben wir jetzt gesagt:

00:11:50: Man könnte eben mehr von den Jungen,

00:11:52: von den eigenen Kindern,

00:11:54: wie es die Fridays for Future

00:11:55: dann auch oft gemacht haben, reden.

00:11:58: Beim Punkt Klimaschutz

00:12:00: haben Sie da auch einen Vorschlag, was man -

00:12:01: oder jetzt wird es eh noch schwer

00:12:03: den ganzen Begriff zu kippen,

00:12:04: weil er schon so verankert ist -

00:12:06: aber was da besser gewählt gewesen wäre

00:12:08: oder ist.

00:12:11: Also da gebe ich dir recht.

00:12:13: Jetzt bin ich wieder beim Du,

00:12:15: weil das haben wir uns zu Beginn ja ausgemacht.

00:12:18: Ja, der Klimaschutz, ich glaub,

00:12:22: der ist jetzt einmal etabliert.

00:12:24: Das ist ein Kampf gegen Windmühlen.

00:12:27: Also ich persönlich zum Beispiel,

00:12:30: um mal an das Beispiel zu nehmen,

00:12:33: verwende die Energiewende nicht.

00:12:36: Ich sprech dann über die Energiezukunft.

00:12:40: Das zeigt, dass man da einen Weg begeht.

00:12:44: Wir haben mit den Unternehmen der Stadt Wien

00:12:48: mal darüber nachgedacht,

00:12:50: wie man die Sektorkopplung anders nennen könnte

00:12:54: und dort in einem Workshop

00:12:56: einen Vorschlag entwickelt,

00:12:58: das Energie-Teamwork zu nennen.

00:13:03: Jetzt werden vielleicht manche beim Zuhören denken:

00:13:04: Der Begriff ist auch nicht perfekt.

00:13:07: Dann sage ich: ja, kein Begriff ist perfekt.

00:13:09: Aber zumindest habe ich das Gefühl,

00:13:13: bei Energie-Teamwork können wir uns vorstellen,

00:13:15: dass da gewisse Komponenten

00:13:17: miteinander zusammenarbeiten

00:13:20: und dass das mit Energie zu tun hat.

00:13:23: Und Teamwork kennt glaube ich jeder

00:13:24: aus der Arbeit oder aus der Bildung

00:13:27: oder aus dem Sport.

00:13:28: Das heißt, es ist gar nicht leicht,

00:13:31: Begriffe zu ersetzen.

00:13:34: Und wie gesagt, bei Klimaschutz glaube ich

00:13:36: auch da ist der Zug abgefahren

00:13:40: und wir werden mit dem Begriff leben.

00:13:43: Was ich sehr spannend finde zum Beispiel

00:13:45: ist der Begriff Klimawandel.

00:13:48: Der ist ja an sich

00:13:50: von den Republikanern eingeführt worden,

00:13:52: um die Erderwärmung auszubooten sozusagen

00:13:57: in den 90er Jahren.

00:13:59: Ist aber dann von allen übernommen worden.

00:14:01: Jetzt gibt es aber oft die Klimakrise,

00:14:03: die jetzt die Dringlichkeit

00:14:07: stärker auf den Punkt bringt.

00:14:09: Das heißt, wie wir

00:14:11: an diesen vielen Beispielen sehen,

00:14:12: es ist eine sehr schöne,

00:14:14: aber auch keine leichte Aufgabe,

00:14:15: Begriffe zu finden und zu ändern.

00:14:19: Finden Sie den Begriff Klimakrise,

00:14:21: wenn wir gerade bei Klimawandel

00:14:23: oder Klimakatastrophe waren,

00:14:25: zum Beispiel besser gewählt?

00:14:27: Es etabliert sich ja gerade vor allen Dingen,

00:14:29: in der Umwelt-, Öko-, Klima-Szene,

00:14:31: sage ich einmal,

00:14:32: dass man mehr Klimakrise betont statt Klimawandel.

00:14:36: Ja, ich denke der ist auch schlüssig,

00:14:41: der Begriff Klimakrise,

00:14:43: weil das sagt wieder die Wissenschaft:

00:14:46: Wir werden jetzt einfach immer wieder

00:14:49: mit Ereignissen konfrontiert sein,

00:14:51: die einfach wesentlich häufiger werden dadurch,

00:14:54: dass sich der Planet erhitzt.

00:14:57: Also wir haben…

00:14:58: Erd-Erhitzung ist übrigens auch so ein Versuch,

00:15:00: den Klimawandel oder die Erderwärmung

00:15:03: auch anders zu framen.

00:15:08: Das, was sehr spannend ist,

00:15:10: ist das normalerweise so die Aufmerksamkeit

00:15:12: für ökologische Themen verschwindet,

00:15:14: wenn eine neue Krise kommt.

00:15:16: Das ist aber jetzt in der Corona-Krise

00:15:18: nicht passiert.

00:15:19: Dadurch, dass es immer wieder und gehäuft

00:15:22: extreme Wetterereignisse gibt,

00:15:24: ist den Menschen klar

00:15:26: und das Bewusstsein ist geblieben,

00:15:28: das Krisen-Bewusstsein resilient geblieben,

00:15:31: dass diese Krise da ist.

00:15:34: Das, was ich aber zu bedenken gebe, ist:

00:15:40: Von einer Krise zu reden und dann Menschen

00:15:42: in einen permanenten Krisenmodus zu entlassen,

00:15:47: dann schütte ich das Kind mit dem Bade aus.

00:15:50: Das passiert uns jetzt natürlich nicht gewollt

00:15:54: mit Corona, dass wir immer wieder dachten,

00:15:56: da ist eine Krise vorbei, und sie ist es nicht.

00:16:00: In der Klimakommunikation

00:16:03: gab es einiges an Erzählungen,

00:16:09: wo das Überwinden der Krise und das Erfolghaben

00:16:14: oder zumindest das Erfolghaben

00:16:17: im Kampf gegen die Klimakrise,

00:16:18: im Kampf gegen die Krise zu weit weg war.

00:16:22: Und die Verheißung an die Zuhörerinnen

00:16:25: und Zuhörer war, eine zu sagen:

00:16:28: Ja, es kommt zwar dann nicht die Apokalypse,

00:16:31: aber es kommt quasi die Apokalypse light.

00:16:34: Also wir versinken zwar dann nicht,

00:16:38: aber das Wasser steht uns dann nur bis zum Hals.

00:16:41: Und so können wir die Menschen nicht mitnehmen,

00:16:43: wenn wir sagen:

00:16:45: Ihr müsst jetzt sehr viele Dinge umstellen

00:16:49: und die eh schon durchwachsene Belohnung

00:16:54: kommt dann vielleicht in Jahrzehnten.

00:16:56: Und es ist auch gar nicht notwendig.

00:16:57: Weil zum Beispiel am Beispiel

00:17:00: der Gestaltung von Städten sehen wir jetzt,

00:17:03: wir können auch jetzt Dinge tun,

00:17:05: die sowohl sinnvoll sind

00:17:10: im Kampf gegen die Klimakrise,

00:17:11: also zum Beispiel Baumpflanzungen.

00:17:13: Auch das ist ein Begriff,

00:17:19: den ich auch sozusagen nicht besonders mag:

00:17:22: die Klimawandel-Anpassung.

00:17:23: Weil das klingt dann so leicht:

00:17:24: Aber wir können uns schützen

00:17:26: vor den Auswirkungen.

00:17:28: Eine kluge Seminarteilnehmerin hat mal gemeint:

00:17:32: Das könnte man zum Beispiel Klimavorsorge nennen.

00:17:35: In einem Seminar wo es um Framing gegangen ist.

00:17:38: Also diese Dinge sind ja Dinge,

00:17:42: die sowohl eine Investition

00:17:43: in die weitere Zukunft sind.

00:17:45: Wo wir aber jetzt schon unmittelbar

00:17:46: Lebensqualität, zum Beispiel in Städten gewinnen,

00:17:48: wie wir an vielen Projekten sehen.

00:17:51: Das heißt… Das war eine sehr lange Antwort

00:17:54: auf eine kurze Frage. Die Klimakrise?

00:17:58: Ja, es ist richtig, davon zu reden.

00:18:00: Aber wenn ich nur kleine Erleichterungen

00:18:06: in Jahrzehnten den Menschen anbiete,

00:18:10: dann ist das, auf Englisch würde man sagen

00:18:14: „too much to stomach“.

00:18:15: Das erschlägt dann die Leute.

00:18:17: Es ist einfach zu viel.

00:18:18: Sondern es ist ganz wichtig zu sagen:

00:18:20: Wenn wir uns da aufmachen,

00:18:21: wenn wir da in die Gänge kommen -

00:18:24: was haben wir schon bei den ersten Schritten davon,

00:18:27: dass wir uns dieses Problems annehmen.

00:18:32: Eine Folgefrage vielleicht auch an dich

00:18:35: auch als Kommunikationsberater bzw. auch

00:18:37: mit Blick Richtung Klima-Journalismus, Medien:

00:18:41: das heißt in der Klima-Kommunikation

00:18:43: am besten nicht nur von den reinen Fakten,

00:18:45: von der Bedrohung sprechen,

00:18:47: sondern auch von Chancen, Möglichkeiten.

00:18:50: Bzw. fehlt es ein bisserl

00:18:52: an einer Vision vielleicht

00:18:54: auch in der Kommunikation?

00:18:56: Was würden Sie empfehlen,

00:18:58: was es da einfach für eine Veränderung braucht?

00:19:02: Ja, nicht nur ein bissl,

00:19:03: sondern da muss man sagen,

00:19:05: das ist zwar besser geworden,

00:19:07: aber diese klaren Bilder, wohin die Reise geht,

00:19:12: die entwickeln sich erst sehr langsam.

00:19:14: Und es gibt ja auch bei uns das Beispiel,

00:19:18: dass es den österreichischen Grünen gelungen ist,

00:19:20: mit dem Klimaschutz-Wahlkampf im Jahr 2017

00:19:23: aus dem Parlament zu fliegen.

00:19:25: Also, dass ich das Klimathema

00:19:29: in die Kommunikation einbaue,

00:19:32: heißt noch lange nicht,

00:19:33: dass ich dort Menschen erreichen kann.

00:19:37: Du hast schon die Fridays for Future genannt.

00:19:39: Und ich finde, wir können als Gesellschaft

00:19:44: und als Menschheit dieser Generation

00:19:47: gar nicht dankbar genug sein.

00:19:49: Weil die sind auf die Straße gegangen.

00:19:52: Das ist die Generation meiner Töchter,

00:19:54: die da auch teilweise mit waren auf der Straße.

00:19:57: Und die haben einfach

00:20:00: eine ganz klare Botschaft rausgebracht.

00:20:02: Die haben gesagt: Ja, wenn es so weitergeht,

00:20:06: dann ist der Planet hin

00:20:08: und wir haben keine Zukunft.

00:20:10: Und es gibt so ein paar wenige universelle Frames,

00:20:14: die für alle Menschen wichtig sind.

00:20:16: Und einer ist das Spannungsfeld

00:20:18: zwischen Leben und Tod

00:20:19: oder zwischen Gesundheit und Krankheit.

00:20:21: Und die Fridays for Future haben

00:20:24: diese großartige Kommunikationsleistung gebracht,

00:20:28: die eben offenbar nicht selbstverständlich ist.

00:20:32: Ja, so weiter machen, das geht nicht.

00:20:34: Und ihr - und dann haben sie mit Blick

00:20:36: auf die Verantwortungsträger -

00:20:38: ihr lebt die Werte nicht,

00:20:40: die ihr uns jetzt erfolgreich vermittelt habt.

00:20:45: Und jetzt ist Zeit, dass ihr

00:20:47: eure Verantwortung wahrnehmt sozusagen.

00:20:51: Das ist ganz wichtig.

00:20:54: Also ausgehend von der Greta Thunberg

00:20:57: und von dieser Bewegung

00:20:59: und dann auf vielen Ebenen.

00:21:01: Das hat die Medienberichterstattung

00:21:02: zum Klimathema beeinflusst.

00:21:04: Das hat Wahlen beeinflusst,

00:21:05: wie zum Beispiel als erstes

00:21:06: die Europawahlen im Mai 2019.

00:21:10: Da ist wirklich ein Dominoeffekt von diesen

00:21:13: demonstrierenden Jugendlichen ausgegangen.

00:21:16: Und was auch ganz wichtig ist:

00:21:19: Die Jugendlichen haben den Job erledigt zu sagen:

00:21:22: Da geht es um die Wurst,

00:21:23: da geht es um Leben und Tod.

00:21:26: Und das ist schon eine große Erleichterung.

00:21:29: Weil jetzt müssen die Verantwortungsträgerinnen

00:21:31: und Verantwortungsträger nicht mehr

00:21:35: seitenlang beschreiben, was uns alles droht.

00:21:38: Das machen die Jugendlichen.

00:21:40: Und die Medien im Verbund mit der Wissenschaft

00:21:44: klären uns dann schon auf, was uns alles droht,

00:21:47: wenn wir jetzt das Thema noch weiter aufschieben,

00:21:50: eben so wie der Bagger den Sand

00:21:52: immer weiter aufschiebt, bis er stecken bleibt.

00:21:55: Ich habe mal von einer Landesregierung

00:21:57: eine Broschüre in die Hand bekommen,

00:21:59: wo auf drei Seiten einmal

00:22:00: nur eben diese Apokalypse beschrieben ist.

00:22:02: Das müssen wir nicht mehr machen.

00:22:04: Weil jetzt haben wir Corona auch noch dazu bekommen.

00:22:06: Wir brauchen jetzt nicht

00:22:08: den Menschen noch länger erzählen,

00:22:10: dass wir in der Krise sind. Das wissen alle.

00:22:12: Und die Fridays for Future haben das

00:22:15: auch sehr plastisch und emotional so gebracht:

00:22:19: Ja, wer will denn diese Jugendlichen,

00:22:21: die Kinder und deren Leben sozusagen ignorieren?

00:22:27: Das heißt, und das ist wieder

00:22:29: eine lange Antwort auf eine kurze Frage:

00:22:32: Es braucht von den Verantwortungsträgern und

00:22:34: -trägerinnen nicht mehr die Apokalypse-Botschaft,

00:22:37: weil die ist durch.

00:22:39: Dort brauchen wir Lösungsbotschaften -

00:22:41: langfristige, mittelfristige, kurzfristige.

00:22:45: Und die können, übrigens Nachsatz, nicht sein:

00:22:49: Jeder muss selber sein Verhalten ändern.

00:22:51: Weil so werden wir es nicht schaffen.

00:22:52: Sondern wie ändern wir unsere Strukturen,

00:22:53: unsere Systeme, plus natürlich dann

00:22:56: damit einhergehend auch einzelnes Verhalten.

00:23:01: Das ist sehr spannend.

00:23:03: Du hast eben auch erwähnt, dass das Thema per se

00:23:06: in der Gesellschaft schon angekommen ist.

00:23:08: Es gab jetzt zuletzt eine Umfrage

00:23:10: von Gallup Institut.

00:23:11: Da haben auch 70 % der Befragten gesagt,

00:23:14: sie wünschen sich mehr Berichterstattung

00:23:18: oder nähere Infos zum Thema.

00:23:21: Gleichzeitig hat es auch geheißen,

00:23:23: man wünscht sich mehr Sachlichkeit im Thema.

00:23:26: Also dass zum einen sehr viele Leute

00:23:28: das Thema noch zu wenig

00:23:29: oder zu leicht behandelt sehen.

00:23:31: Auf der anderen Seite sehen doch einige Leute

00:23:34: das Thema eben auch übertrieben dargestellt,

00:23:37: eben mit Schreckensnachrichten.

00:23:42: Wie siehst du diese Entwicklung?

00:23:44: Der Herr Jungwirth beispielsweise

00:23:46: von der Kleinen Zeitung spricht da eben auch

00:23:49: von einer Polarisierung im Klimadiskurs.

00:23:54: Ja, die Gefahr droht.

00:23:57: Aber da muss ich sagen, da gibt es Diskurse,

00:23:59: die sind bei uns deutlich polarisierter.

00:24:03: Und in den USA sehen wir schon,

00:24:07: wohin das gehen kann.

00:24:08: Weil da wird eben auch

00:24:09: in einem Teil des politischen Spektrums

00:24:13: erstens teilweise die Klimaänderungen

00:24:19: oder auch der Faktor Mensch bei den Klimaänderungen

00:24:22: nicht akzeptiert.

00:24:24: Wir haben immer noch die Chance,

00:24:26: dass das Klimathema

00:24:28: ein durchaus verbindendes Thema ist.

00:24:32: Klar gibt es nie Themen, wo 100 % zustimmen.

00:24:36: Aber dass eine sehr, sehr große Mehrheit

00:24:38: in Österreich sagt: Das ist ein wichtiges Thema.

00:24:41: Unser Verhalten, unser Lebensstil

00:24:43: hat damit zu tun, dass sich die Erde erwärmt.

00:24:47: Also ich sehe das immer noch

00:24:50: als mögliches Konsens-Thema.

00:24:53: Wichtig ist, dass wir das Aufhetzen,

00:25:02: das Polarisieren zwischen Gruppen vermeiden.

00:25:05: Weil das Thema jetzt natürlich bei Corona

00:25:06: und Themen wie Impfen,

00:25:08: wie sehr dann sowas wie eine Kluft entstehen kann.

00:25:15: Es kann eine Kluft entstehen zwischen Menschen,

00:25:17: die unterschiedliche Lösungen sehen.

00:25:19: Natürlich wollen beide Seiten,

00:25:21: dass die Pandemie vorbei ist.

00:25:23: Aber beim Klimathema soll uns das nicht passieren.

00:25:28: Und da sehe ich auch gute Chancen,

00:25:29: dass wir das dort auch vermeiden.

00:25:32: Also die Emotionen sollen nicht

00:25:34: dazu verwendet werden, andere schlecht zu machen

00:25:37: und sozusagen die…

00:25:41: Es geht zwar schon darum,

00:25:43: manchmal auch Akteure und Akteurinnen zu benennen,

00:25:47: die da problematisch sind.

00:25:49: Also Öl-exportierende Länder.

00:25:52: Die haben dann schon eine problematische Rolle.

00:25:54: Und das dann auch unter den Tisch fallen zu lassen…

00:25:57: Aber in der eigenen Gesellschaft,

00:25:59: das finger pointing,

00:26:00: also die Schuldzuweisungen hinten anstellen.

00:26:04: Sondern zu sagen: Wie können wir,

00:26:10: ausgehend von den Werthaltungen,

00:26:12: die dieses Land zum Beispiel, wenn wir

00:26:14: eine österreichische Klima-Erzählung haben,

00:26:16: die dieses Land einen, die das Land stark machen -

00:26:19: und das hat sehr viel mit Werthaltungen zu tun -

00:26:22: wie können wir diese Werthaltungen

00:26:23: für die nächste Herausforderung verwenden?

00:26:25: Gemeinsam.

00:26:27: Und ich glaube, das ist,

00:26:28: was die öffentlichen Erzählungen

00:26:30: noch nicht so wirklich ausschöpfen.

00:26:32: Was können wir?

00:26:34: Welche Ansätze, welche Werthaltungen,

00:26:37: welche Dinge machen uns als Gemeinschaft stark?

00:26:42: Österreich ist ja eine Erfolgsgeschichte.

00:26:44: Und wir wollen ja die nicht riskieren jetzt,

00:26:46: weil die Erde zu heiß wird.

00:26:47: Wir sind natürlich verbunden mit der ganzen Welt.

00:26:52: Da ist es schon noch möglich, glaube ich,

00:26:57: wenn wir es nicht vergeigen,

00:26:59: so etwas wie eine nationale,

00:27:02: patriotische Erzählung zu haben,

00:27:05: also nicht nationalistisch,

00:27:06: sondern eine Erzählung,

00:27:09: die wirklich den Großteil der Menschen

00:27:11: in diesem Land mitnimmt.

00:27:13: Da hake ich gleich ein.

00:27:15: Momentan gibt es eine sehr aktuelle Debatte

00:27:17: zum Thema Atomstrom und Erdgas.

00:27:20: Das soll auf EU Ebene ja quasi

00:27:22: als grün verkauft werden,

00:27:23: als klimafreundliche Alternative.

00:27:26: Dabei ist weder Atomstrom sicher.

00:27:28: Man weiß noch immer nicht,

00:27:30: was man mit dem Müll macht und so weiter.

00:27:32: Erdgas ist nachgewiesenermaßen

00:27:35: auch nicht sehr klimafreundlich.

00:27:37: Um da einzuhaken bei den Werten vielleicht:

00:27:39: Österreich ist jetzt natürlich historisch gesehen

00:27:42: immer gegen Atomstrom gewesen,

00:27:45: aber international betrachtet gibt es grad,

00:27:50: ich nenne es mal

00:27:51: ein bisschen einen Greenwashing-Versuch.

00:27:53: Dass eben erzählt wird: Atomstrom sei sicher,

00:27:55: Erdgas sei klimafreundlich.

00:27:58: Da kommen wir auch ein bissl

00:28:00: ins Thema strategisches Framing, denke ich jetzt.

00:28:03: Wie könnte man gegen so einen Diskurs,

00:28:06: das klingt jetzt böse,

00:28:07: aber wie kann man dagegenhalten, dagegen vorgehen?

00:28:10: Worauf müsste man da achten?

00:28:11: Und wie beobachtest du überhaupt diese Debatte

00:28:16: jetzt aktuell, die da stattfindet?

00:28:21: Ja, das ist eine sehr, sehr spannende Frage,...

00:28:24: zumindest für die österreichische Politik

00:28:28: gibt es eine relativ starke Einheit

00:28:30: bei uns in diesem Thema.

00:28:35: Wobei wir sehen an der Karriere des Atomthemas,

00:28:39: dass eben auch eine sehr knappe Entscheidung…

00:28:42: Ich kann mich noch erinnern.

00:28:43: Ich hab als 11-jähriger

00:28:44: diese Volksabstimmung im Fernsehen verfolgt

00:28:49: und offenbar damals schon gesehen: Hoppala –

00:28:51: Hochrechner ist ein interessanter Beruf.

00:28:53: Und es war extrem spannend.

00:28:54: Für uns war es die erste politische Entscheidung,

00:28:56: die wirklich spannend war.

00:28:58: Weil sonst hat eh immer nur der Kreisky gewonnen.

00:29:00: Das war halt in den 70ern...

00:29:02: Zwentendorf 1978, die Abstimmung.

00:29:04: Soll ein fertiggebautes Atomkraftwerk

00:29:06: dann auch wirklich Atomstrom produzieren?

00:29:11: Und sehr interessant,

00:29:13: dass da wirklich ein fifty fifty,

00:29:15: es war eine ganz knappe Mehrheit, knapp über 50 %.

00:29:18: Aber dann okay, die Entscheidung wurde akzeptiert.

00:29:21: Dann kamen auch andere Dinge

00:29:23: wie Tschernobyl und Fukushima

00:29:26: und einfach auch dann die Erkenntnis:

00:29:28: Wir schaffen es auch ohne.

00:29:32: Und dann ist es natürlich leicht zu reden

00:29:34: für ein Land wie Österreich.

00:29:36: Und dann sagen: Aha, ihr Franzosen,

00:29:38: seid doch auch so wie wir.

00:29:40: Aber die haben eben eine andere Geschichte

00:29:42: und auch nicht die Wasserkraft in dem Anteil,

00:29:49: in dem wir zum Beispiel haben.

00:29:51: Die haben andere Ressourcen und ein System,

00:29:53: das jetzt mal auf die Atomkraft abgestimmt ist.

00:29:59: Das, was die Herausforderung ist, ist halt nicht

00:30:03: die österreichische nationale Einheit,

00:30:05: sondern der internationale Diskurs.

00:30:11: Da muss ich sagen, da eigentlich, denke ich,

00:30:20: aber da bin ich mir nicht ganz sicher,

00:30:22: aber da wäre meine Vermutung,

00:30:26: dass ein wirtschaftlicher Diskurs

00:30:28: die Lösung sein könnte. Wobei Zahlen…

00:30:32: das ist sozusagen, was George Lakoff,

00:30:34: der uns sehr inspiriert hat beim puncto Framing.

00:30:38: Er hat uns einmal in Wien besucht

00:30:39: vor gut zehn Jahren

00:30:41: und eine Keynote gehalten bei der Konferenz,

00:30:43: die wir veranstaltet haben.

00:30:45: Und wir haben uns damals sehr viel unterhalten

00:30:47: und dem seine zentrale Botschaft war:

00:30:49: Die Zahlen allein retten dich nicht.

00:30:51: Es glauben ja viele, gerade im Energiediskurs:

00:30:53: Ja, ich muss nur die richtigen Zahlen sagen.

00:30:55: Das gilt natürlich jetzt auch bei Kosten.

00:30:59: Aber trotzdem, ich denke…

00:31:01: ein paar Mal habe ich schon

00:31:04: eindrückliche Kommunikation gesehen,

00:31:10: wo jemand vergleicht,

00:31:11: was ich mit dem Budget für ein Atomkraftwerk,

00:31:13: was ich da eigentlich umsetzen kann.

00:31:15: Ich glaube die Planungsunsicherheiten

00:31:17: bei Atom-Kraftwerken,

00:31:18: die sind ein ganz wichtiges Thema.

00:31:20: Menschen haben ein Bedürfnis nach Sicherheit.

00:31:22: Und es geht nicht nur darum,

00:31:24: dass sie Angst haben, dass ein Atomkraftwerk

00:31:26: so wie Tschernobyl explodiert.

00:31:28: Da gibt es auch gute Argumente,

00:31:29: dass das unwahrscheinlich ist,

00:31:31: wenn auch nicht unmöglich, siehe Fukushima.

00:31:33: Sondern aber, dass es sehr wahrscheinlich ist,

00:31:36: dass es nicht so klappt,

00:31:37: wie man sich das vorgestellt hat.

00:31:38: Also dann vielleicht zu spät ans Netz geht

00:31:40: und dann zu oft ausfällt.

00:31:41: Das gibt es ja jetzt in manchen Ländern,

00:31:44: beispielsweise Frankreich,

00:31:45: die Schwierigkeiten haben,

00:31:46: da fallen dann gleichzeitig mehrere aus.

00:31:49: Also Kostenunsicherheit.

00:31:52: Und auch die Frage: was will man den nächsten,

00:31:55: den Kindern von heute anlasten an Entsorgung

00:32:00: und Atommüll etc.

00:32:04: Aber es ist auch keine leichte Aufgabe.

00:32:08: Ich glaube auch, dass man vielleicht auch

00:32:13: schlicht und einfach,

00:32:14: was das Internationale betrifft,

00:32:16: also Österreich, diesen einen Kampf

00:32:18: jetzt verlieren wird.

00:32:22: Aber dann ist halt aber doch die Frage:

00:32:29: Kann es mit guter, stichhaltiger Kommunikation

00:32:32: doch gelingen, dass Österreich

00:32:35: da eine starke Stimme für die Staaten ist,

00:32:40: die Atom ablehnen.

00:32:41: Also leicht wird diese Aufgabe nicht.

00:32:46: Ich möchte bei dem Überthema Greenwashing,

00:32:49: darunter fällt es für mich, ein bisschen bleiben.

00:32:52: Aber dabei auch nochmal auf das Thema

00:32:54: Klima-Journalismus zu sprechen kommen.

00:32:57: Wie siehst du die Rolle der Journalistinnen

00:33:00: und Journalisten oder der Medien generell

00:33:02: beim Thema Greenwashing?

00:33:04: Es ist ja auch eine Framing Frage wiederum,

00:33:06: wenn ein Mineralölkonzern erzählt,

00:33:09: er ist das nachhaltigste Unternehmen

00:33:11: und sorgt sich um die Zukunft.

00:33:14: Was faktisch gesehen eben nicht so ist.

00:33:17: siehst du da die Journalist:inen

00:33:19: eben mehr gefordert, vielleicht einerseits

00:33:21: nicht das Framing dieser Unternehmen zu übernehmen.

00:33:24: Und was könnten sie vielleicht doch besser tun?

00:33:30: Ja, das ist ein sehr spannende Frage.

00:33:32: Wie gehen die Medien damit um?

00:33:35: Mein erster Berufswunsch

00:33:37: und auch meine erste Laufbahn war ja auch

00:33:39: im Journalismus und habe dort auch

00:33:42: als 20-jähriger so mitbekommen:

00:33:46: Ja, die Redaktionen würden gern neutral berichten.

00:33:54: Das ist aber ein Mythos.

00:33:56: Weil wenn wir Framing ernst nehmen:

00:33:58: Jeder Begriff hat seine Deutungsrahmen

00:34:01: und irgendeinen Begriff muss ich verwenden,

00:34:03: ob das jetzt Erderwärmung oder Erderhitzung

00:34:05: oder Klimakrise ist oder Klimawandel.

00:34:08: Alle diese Begriffe sind nicht neutral.

00:34:10: Es hat sich der Guardian,

00:34:12: also die englische Tageszeitung,

00:34:13: auch sehr bewusst damit auseinandergesetzt

00:34:15: und gesagt: Okay, wir nehmen jetzt eben

00:34:17: diese Begriffe einfach an in der Redaktion.

00:34:23: Aber diese Naivität einfach aufzugeben.

00:34:26: Das ist natürlich, da fühle ich mich sehr daheim,

00:34:29: mit dieser Fiktion der neutralen Sprache.

00:34:32: Aber es ist einfach Zeit für die Redaktionen,

00:34:35: und viele tun das auch, die Sprache,

00:34:39: diese Fiktion aufzugeben und sagen:

00:34:41: Okay, ich muss mich damit auseinandersetzen,

00:34:43: wie Begriffe geframed sind.

00:34:45: Da war sicher einerseits

00:34:47: die Klimakrise ein Treiber,

00:34:48: andererseits Donald Trump, der einfach,

00:34:53: wie er auf Englisch sagt man:

00:34:55: Flood the zone with shit.

00:34:56: Der hat halt seine Begriffe herausgebracht.

00:35:01: Und das kann… in dem Moment,

00:35:04: wo ich die Aussagen von Trump

00:35:06: über Minderheiten übernehme,

00:35:08: habe ich ja die Framing-Aufgabe,

00:35:09: sozusagen die Drecksarbeit von Trump

00:35:11: schon erledigt und habe gewisse...

00:35:15: Weil selbst wenn ich das dann

00:35:16: drei, zwei Sätze später verneine,

00:35:18: ist der Angriff auf die Mexikaner schon passiert,

00:35:23: nur wenn ich Trump so zitiere.

00:35:27: Der George Lakoff selbst,

00:35:29: hat dann in einem Podcast sozusagen

00:35:33: eine Idee entwickelt,

00:35:37: die nennt sich Truth Sandwich.

00:35:40: Also das Wahrheitsweckerl auf Wienerisch.

00:35:42: Ich beginn mit der Wahrheit,

00:35:43: beschreibe mal die Fakten,

00:35:45: so in einer zumindest neutralen

00:35:47: oder faktentreuen Sprache.

00:35:48: Das kann ich sowohl als politisch kommunizieren

00:35:50: als auch als Journalist, Journalistin machen.

00:35:53: Dann beschreibe ich das, was jemand sagt,

00:35:56: vor allem, wenn ich weiß,

00:35:57: es ist falsch oder unmoralisch

00:36:01: und dann komme ich wieder auf die Wahrheit zurück.

00:36:04: Also das wäre der sinnvolle Ansatz,

00:36:08: Lügen oder Dinge, die eindeutig unmoralisch sind,

00:36:11: aus Sicht einer Redaktion einzubetten.

00:36:13: Wahrheit, dann das Falsche, oder das Gelogene,

00:36:19: es vielleicht zu paraphrasieren,

00:36:21: vielleicht auch die Motive davon zu beschreiben

00:36:23: und dann wieder zur Wahrheit zu kommen.

00:36:26: Das würde natürlich

00:36:28: im Wirtschaftsjournalismus schon auch

00:36:31: einen gewissen Paradigmenwechsel verlangen.

00:36:34: Weil dort werden einfach

00:36:35: die Aussagen von Unternehmen übernommen.

00:36:40: Da ändert sich aber glaube ich was.

00:36:43: Und diese Änderungen sind auch sehr wichtig.

00:36:48: Dass Unternehmen wissen:

00:36:50: Mit einer Bla-bla-Botschaft

00:36:56: komme nicht so leicht durch.

00:36:57: Sondern ich bekomme da Nachfragen.

00:37:00: Was ich denn wirklich mein Geschäftsmodell

00:37:01: zum Beispiel.

00:37:03: Da gibt es aktuell eine sehr spannende Entwicklung

00:37:06: auch in der österreichischen Medienlandschaft,

00:37:07: was Klima-Ressorts und Klimaexperten

00:37:10: in den Ressorts angeht.

00:37:13: Vielleicht noch eine abschließende Frage.

00:37:17: Was sagst du zur Aussage:

00:37:20: Die Klimakrise ist letztendlich

00:37:22: eine Kommunikationskrise.

00:37:26: Ich habe sie mal in einem Referat verwendet.

00:37:28: Also, ja, ist es.

00:37:33: Sie ist nicht nur eine Kommunikationskrise.

00:37:38: Sie ist gleichzeitig auch,…

00:37:40: wie hat Churchill gesagt:

00:37:42: Never let a crisis go to waste.

00:37:44: Also, wir sollen die Gelegenheiten nutzen,

00:37:48: die uns Krisen bieten.

00:37:50: Wie man jetzt in der letzten Frage

00:37:52: am Beispiel Journalismus gesehen haben

00:37:54: oder auch bei vielen Akteurinnen im politischen:

00:37:59: Es denken viele Medien auch

00:38:04: über Kommunikation nach

00:38:07: und sind sich jetzt viel bewusster

00:38:10: in diesen Dingen als früher.

00:38:14: Was aber ganz klar ist:

00:38:16: Wir werden die Klimakrise als Gesellschaft

00:38:20: nur dann wirklich bewältigen können,

00:38:25: wenn wir uns ganz klare Kommunikationsstrategien,

00:38:31: authentische, glaubwürdige,

00:38:34: aber eben auch die Emotionen ansprechende

00:38:37: und sinnvoll geframte Kommunikationsstrategien

00:38:40: überlegen.

00:38:42: Also einfach zu sagen:

00:38:43: Wir bringen das Gesetz X raus

00:38:45: und die Zahlen, Daten, Fakten

00:38:47: sprechen für sich alleine.

00:38:48: Da wissen wir schon aus der Vergangenheit,

00:38:50: es hat nicht funktioniert.

00:38:52: Wir brauchen gute Politik.

00:38:54: Wir brauchen gute Entscheidungen

00:38:56: von Bürgerinnen und Bürgern.

00:38:58: Und wir brauchen eine kluge

00:39:01: und verantwortungsgeframte Kommunikation,

00:39:04: die das Ganze verbindet und begleitet.

00:39:07: Das nehme ich sehr gerne als Abschluss

00:39:09: für unser Gespräch.

00:39:12: Vielen lieben Dank für deine Zeit

00:39:13: und deinen superspannenden Input.

00:39:16: Sehr gerne. Danke für die spannenden Fragen.

00:39:19: Danke.

00:39:21: Danke auch.

Über diesen Podcast

Wie können wir die Klimakrise bewältigen, ökologisch nachhaltig leben und die erneuerbare Energiezukunft vorantreiben?
Mit dieser Frage beschäftigt sich oekostrom AG-Vorstand Ulrich Streibl in diesem Podcast. Jeden Monat spricht er in der Arena Wien mit jeweils einer/einem Gesprächspartner:in über neue Ideen und Lösungsansätze rund um Klimaschutz und Nachhaltigkeit.
Die oekostrom AG setzt sich als Anbieterin und Produzentin von Strom aus erneuerbaren Energiequellen aktiv für eine ökologische, zukunftsfähige Energieversorgung ein und treibt den Energiewandel voran. Durch den Dialog mit Expert:innen und Entscheidungsträger:innen der Energiewirtschaft wird laufend ein Blick über den Tellerrand geworfen.

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