00:00:00: So. Herzlich willkommen!
00:00:02: Mein Name ist Oliver Schnetzer.
00:00:04: Ich bin Blogger der oekostrom AG
00:00:06: und im Rahmen von einigen Interviews
00:00:09: setze ich mich mit dem Thema Klima-Kommunikation
00:00:12: und Klima-Journalismus auseinander.
00:00:14: Umso mehr freut es mich,
00:00:16: meinen heutigen Gast begrüßen zu dürfen,
00:00:18: den Leiter und Gründer
00:00:20: des SORA-Forschungsinstituts,
00:00:23: Christoph Hofinger. Hallo!
00:00:26: Hallo
00:00:28: Herr Hofinger oder Christoph
00:00:32: ist Meinungs- und Politikforscher.
00:00:34: Wie schon gesagt, 1996 hat er das bekannte
00:00:37: Forschungsinstitut SORA mitgegründet.
00:00:43: Darüber hinaus kennt man ihn vor allem
00:00:46: von den Nachrichten rund um Wahlkämpfe,
00:00:49: da er unter anderem die Hochrechnungen
00:00:52: und Wählerstromanalysen
00:00:55: regelmäßig präsentiert und analysiert.
00:00:58: Zudem berätst du, lieber Christoph, Unternehmen
00:01:02: unter anderem auch die öffentliche Hand
00:01:04: sowie generell politische Akteure
00:01:06: rund um das Thema Kommunikation.
00:01:11: Das Thema Klimakommunikation ist
00:01:14: an sich sehr breit gefächert.
00:01:16: Deswegen freut es mich auch heute wieder
00:01:18: einen bestimmten Aspekt rauspicken zu können.
00:01:20: Und zwar reden wir beide über das Thema: Framing.
00:01:23: Und da komme ich auch gleich
00:01:24: zu meiner ersten Frage vielleicht.
00:01:25: Könntest du uns in ein paar Sätzen kurz erklären:
00:01:28: Was hat es mit diesem Modewort Framing auf sich?
00:01:32: Was bedeutet Framing?
00:01:33: Und letztendlich: Warum ist es
00:01:35: auch für Klimaschützer, Klimaschützerinnen
00:01:37: wichtig, sich mit dem Thema zu beschäftigen?
00:01:41: Ja. Danke für die Einladung
00:01:43: und danke auch für diese Frage.
00:01:45: Du hast recht, es ist ein Modewort
00:01:48: und das Thema Framing ist in aller Munde.
00:01:53: Aber das wissenschaftliche Konzept
00:01:55: ist schon seit den 70er Jahren
00:01:59: jedenfalls in Ausarbeitung.
00:02:02: Ist beim politischen Framing
00:02:04: so seit 20 Jahren so richtig aufgekommen.
00:02:12: Ist aber etwas, was als Vorgang und als Phänomen
00:02:17: völlig alltäglich ist für uns alle.
00:02:19: Seit wir elf, zwölf Monate alt sind,
00:02:24: brauchen wir Frames.
00:02:26: Was sind Frames?
00:02:27: Frames sind Deutungsrahmen.
00:02:29: Und jedes Wort der Sprache ist geframed,
00:02:33: also eingerahmt von Deutungsrahmen,
00:02:35: die Menschen helfen zu verstehen,
00:02:38: was dieses Wort bedeutet.
00:02:41: Und diese Deutungsrahmen sind etwas,
00:02:45: die ständig unbewusst ablaufen
00:02:47: und uns helfen zu verstehen,
00:02:51: was z.B. ein Flügel ist.
00:02:53: Ein Flügel ist etwas, der, sagen wir jetzt,
00:02:55: wenn es ein Flugzeugflügel ist,
00:02:57: am Flugzeug dranhängt
00:02:58: und da gibt es viele Frames
00:02:59: um diesen Flügel herum.
00:03:01: Einer ist zum Beispiel, dass er uns hilft,
00:03:03: in die Luft zu kommen mit diesem Flugzeug.
00:03:05: Es kann aber auch ganz andere Dinge sein,
00:03:08: so mehr Wahrnehmungs- und emotionale Deutungen,
00:03:11: die man mit Flugzeugen und Flügeln verbindet:
00:03:14: Aufregung oder die Angst vorm Fliegen
00:03:16: oder diesen seltsamen Geruch von Kerosin.
00:03:19: Also das Framing ist nicht nur
00:03:21: ein rein sprachlicher Deutungsrahmen,
00:03:23: sondern es ist ein Deutungsrahmen,
00:03:26: der sehr vielfältig ist.
00:03:28: Und es passiert alles in unserem Gehirn.
00:03:30: Das ist ein Wunderwerk an Verknüpfungen.
00:03:33: Das heißt, jeder Frame, den wir erleben,
00:03:35: der hat mit tatsächlichen Verknüpfungen
00:03:38: im Gehirn zu tun.
00:03:40: Und der zweite Teil deiner Frage war:
00:03:42: Warum ist es für Menschen wichtig,
00:03:43: die sich mit dem Thema Kommunikation beschäftigen?
00:03:47: Im öffentlichen Diskurs und im politischen Diskurs
00:03:50: entscheiden diese Deutungsrahmen,
00:03:52: ob Menschen etwas für richtig oder falsch,
00:03:55: für moralisch richtig und moralisch falsch halten.
00:03:58: Das ist die entscheidende Frage
00:04:01: im öffentlichen und im politischen Diskurs.
00:04:03: Was ist jetzt wichtig? Was sollen wir tun?
00:04:06: Was ist das Richtige für eine Gemeinschaft,
00:04:08: für eine Gemeinde, für eine Organisation,
00:04:12: für ein Land, für die ganze Welt?
00:04:14: Und das Framing ist deswegen so spannend,
00:04:19: weil Deutungsrahmen eben, wie gesagt,
00:04:22: größtenteils unbewusst darüber entscheiden,
00:04:24: ob Menschen sagen Das ist jetzt richtig,
00:04:26: und das ist jetzt falsch,
00:04:28: wir sollen jetzt das tun,
00:04:29: wir sollen das lieber lassen.
00:04:31: Und insofern ist es für alle
00:04:36: in der öffentlichen Kommunikation
00:04:38: eine sehr lohnende Aufgabe,
00:04:40: sich mit Frames zu beschäftigen.
00:04:44: Klimaschutz ist ja ein sehr akutes Problem.
00:04:47: Die wissenschaftlichen Zahlen zeigen:
00:04:49: Wir haben nicht allzu viel Zeit.
00:04:50: Umso wichtiger ist die Klima-Kommunikation,
00:04:52: dass man die Leute erreicht
00:04:53: und die Politik zum Handeln bewegt.
00:04:56: Aber warum passiert der Klimaschutz
00:04:58: nach wie vor so stockend?
00:04:59: Ist es dann auch eine Frage falschen Framings?
00:05:03: Wie siehst du die aktuelle Klimadebatte?
00:05:04: Ist da was falsch?
00:05:07: Oder was würdest du vielleicht auch empfehlen,
00:05:09: was man anders oder besser machen könnte?
00:05:12: Ja, es muss ja vieles falsch gelaufen sein,
00:05:14: weil wir sind ja in einer Klimakrise.
00:05:17: Und offenbar, da muss ich jetzt auch
00:05:20: die eigene Branche sozusagen
00:05:21: auch kritisch ins Visier nehmen,
00:05:26: auch die Wissenschaft hat zwar
00:05:28: viele richtige Dinge gesagt,
00:05:29: die Klimaprognosen waren ja recht gut,
00:05:31: schon seit Jahrzehnten,
00:05:34: aber es ist im Wissenschaftssystem nicht gelungen,
00:05:36: das politische System da in die Gänge zu bringen.
00:05:42: Die Frage ist:
00:05:44: Nimmt eine Gesellschaft eine Aufgabe an
00:05:47: oder schiebt sie sie vor sich her?
00:05:52: Der Ökonom Walter Ötsch hat einmal gesagt,
00:05:55: dass manchmal in unserer modernen Gesellschaft,
00:05:57: da werden Probleme so wie mit einer Baggerschaufel
00:05:59: vor sich hergeschoben
00:06:00: und der Sand auf dieser Baggerschaufel
00:06:02: wird immer größer,
00:06:04: bis man dann einmal stecken bleibt.
00:06:06: Es hat natürlich damit zu tun,
00:06:08: dass Menschen sich relativ schwertun,
00:06:11: heute schon als Kollektiv Probleme anzugehen,
00:06:15: die vielleicht in 30, 40 Jahren
00:06:16: uns dann das Leben schwer machen.
00:06:21: Trotzdem denke ich,
00:06:23: auch wenn es dieses grundsätzliche Problem gibt,
00:06:26: dass Gesellschaften nicht so,
00:06:28: und vor allem die Politik,
00:06:29: die oft nur für ein paar Jahre gewählt ist,
00:06:31: nicht so leicht 40 oder 20 Jahre voraussieht,
00:06:35: hätte manches besser laufen können.
00:06:39: Und der Klima- und Energie-Diskurs
00:06:42: ist einer der voller Wortkreationen steckt,
00:06:49: voller Wörter steckt,
00:06:51: die Menschen mit einer durchschnittlichen Bildung
00:06:54: einfach nicht verstehen.
00:06:56: Meine Lieblingsbeispiele sind die Sektorkoppelung
00:07:00: oder die Worte wie Dekarbonisierung,
00:07:04: die einem Menschen in der…
00:07:09: oder einem jungen Menschen zum Beispiel,
00:07:12: vielleicht nicht jemand,
00:07:13: der demonstriert bei den Fridays for Future,
00:07:14: aber einem zum Beispiel 10-jährigen Schüler
00:07:18: oder einer Schülerin nichts sagen.
00:07:21: Und ich fände es spannend,
00:07:22: als erstes mal im Klima-Diskurs nachzuschauen:
00:07:25: Welche Begriffe würden denn jetzt auch
00:07:27: Volksschülerinnen und Volksschüler verstehen,
00:07:29: zumindest in der vierten Klasse Volksschule?
00:07:32: Das heißt, es ist eine Herausforderung,
00:07:35: dass der Diskurs voller Fremd-Wörter ist,
00:07:40: dass Zahlen und Daten und Fakten,
00:07:44: die wichtig sind, oft überhandnehmen.
00:07:47: Und im Endeffekt die, die zuhören
00:07:51: ganz erschlagen sind, weil damit dann auch
00:07:52: eine negative Botschaft transportiert wird.
00:07:58: Und insofern bin ich seit Jahren relativ kritisch,
00:08:01: was den Klima- und Energie-Diskurs betrifft
00:08:03: und sehe in vielen Punkten noch Luft nach oben.
00:08:07: Das heißt in erster Linie aber,
00:08:09: weil's zu komplex vermittelt wird,
00:08:11: weil es zu alltagsfern ist
00:08:13: für die meisten Menschen
00:08:15: oder weil die Zahlen zu erschlagend sind,
00:08:17: eben auch aus psychologischer Perspektive?
00:08:20: Da gibt es mehrere Ebenen.
00:08:22: Die eine, wie du richtig richtigerweise sagst,
00:08:27: es ist teilweise gar nicht verständlich,
00:08:29: was damit gemeint ist.
00:08:30: Es ist... bei der Sektor-Kopplung
00:08:33: glauben die Expertinnen und Experten zu wissen,
00:08:36: was damit gemeint ist.
00:08:38: Wenn sie dann darüber diskutieren,
00:08:40: was sie wirklich meinen,
00:08:41: kommen sie dann eh oft drauf,
00:08:42: sie wissen dann doch vielleicht nicht
00:08:44: oder haben unterschiedliche Bilder.
00:08:48: Die zweite Herausforderung ist,
00:08:50: dass manche Dinge verständlich scheinen,
00:08:53: aber eigentlich vom Deutungsrahmen
00:08:57: ein bisschen ungeschickt hin.
00:08:58: Es gibt ein Beispiel, das die Elisabeth Wehling,
00:09:03: die ein Buch über Framing geschrieben hat,
00:09:05: bringt und das ich auch teile:
00:09:08: Erneuerbare Energien drücken vielleicht als Wort
00:09:12: gar nicht das aus, was sie bringen.
00:09:14: Nämlich dass sie unerschöpflich sind
00:09:16: und bildlich gesprochen uns
00:09:18: von der Natur oder von Gott,
00:09:20: wie auch immer man das formulieren will,
00:09:21: quasi geschenkt werden.
00:09:23: Und die Elisabeth Wehling kritisiert:
00:09:25: Ja, das klingt aber so anstrengend
00:09:26: wie als müssten wir,
00:09:27: wie man ein Haus immer wieder erneuern muss,
00:09:29: auch dann diese Energien erneuern.
00:09:32: Ich selbst bin ein Kritiker des Wortes Klimaschutz.
00:09:36: Weil der Tierschutz etwas ist,
00:09:39: der sofort emotional verständlich ist für Menschen.
00:09:44: Wenn ich ein hilfloses, schützenswertes Tier sehe,
00:09:48: dann kriege ich Empathie mit der Schöpfung,
00:09:50: Mitgefühl mit der Schöpfung.
00:09:53: Das Klima ist aber unbelebt und steht auch
00:09:55: in einem gewissen Spannungsverhältnis,
00:09:58: wenn nicht sogar
00:09:59: in einer Feindschaft zu uns im Moment.
00:10:00: Das Klima bedroht uns, zumindest
00:10:02: weil es ja zu heiß wird unter anderem.
00:10:07: Und die Idee, eigentlich Menschen dafür zu bewegen
00:10:10: oder jetzt ganz große Änderungen in Kauf zu nehmen,
00:10:14: um das Klima zu schützen,
00:10:16: ist eigentlich nicht ganz die richtige,
00:10:18: sondern es geht um die Schöpfung
00:10:20: und um uns als Menschen.
00:10:21: Wir wollen ja uns und vor allem
00:10:24: die zukünftigen Generationen schützen.
00:10:27: Das ist wieder ein kleiner, eine Anregung von mir.
00:10:31: Das Wort Generationen
00:10:33: ist auch ungeschickt geframed.
00:10:34: Kommt aber in jedem Energieprogramm
00:10:36: jeder politischen Partei dutzende Male vor.
00:10:39: Das haben wir mal analysiert
00:10:40: für Österreichs Energie.
00:10:42: Aber bei Generationen,
00:10:44: das lässt sich leicht abtesten, der Frame:
00:10:47: Ältere Menschen auf der Parkbank sozusagen.
00:10:49: Die meisten denken an Seniorinnen und Senioren,
00:10:52: die auch wichtige Teile unserer Gesellschaft sind.
00:10:55: Aber viele wollen ja sagen:
00:10:56: Das machen wir ja für unsere Kinder.
00:10:58: Also für die, die in Zukunft
00:11:02: ihr Leben auf unserem Planeten leben wollen.
00:11:06: Also zusätzlich zu dem, was du eben gesagt hast,
00:11:09: so komplex und abstrakt,
00:11:11: das erzeugt dann oft Ärger,
00:11:12: wenn Menschen nicht verstehen,
00:11:14: was damit gemeint ist,
00:11:15: sind manche Begriffe,
00:11:16: auch zum Beispiel die Energiewende, welche,
00:11:19: über die wir ruhig diskutieren können.
00:11:21: Weil die Wende, da drehen wir irgendwie um,
00:11:24: dabei wollen wir irgendwie vorausgehen
00:11:26: und wir haben schon einen Weg begonnen.
00:11:28: Damit ist der Energiediskurs voll.
00:11:31: Da haben wir mal mit der Energie Agency
00:11:34: ein sehr schönes Kompendium formuliert,
00:11:38: das Energie-Handbuch,
00:11:39: wo viele dieser Überlegungen drin sind.
00:11:41: Das ist auch im Internet abrufbar
00:11:43: und kann ich allen
00:11:44: zur vertiefenden Lektüre auch empfehlen.
00:11:48: Bei Generationen haben wir jetzt gesagt:
00:11:50: Man könnte eben mehr von den Jungen,
00:11:52: von den eigenen Kindern,
00:11:54: wie es die Fridays for Future
00:11:55: dann auch oft gemacht haben, reden.
00:11:58: Beim Punkt Klimaschutz
00:12:00: haben Sie da auch einen Vorschlag, was man -
00:12:01: oder jetzt wird es eh noch schwer
00:12:03: den ganzen Begriff zu kippen,
00:12:04: weil er schon so verankert ist -
00:12:06: aber was da besser gewählt gewesen wäre
00:12:08: oder ist.
00:12:11: Also da gebe ich dir recht.
00:12:13: Jetzt bin ich wieder beim Du,
00:12:15: weil das haben wir uns zu Beginn ja ausgemacht.
00:12:18: Ja, der Klimaschutz, ich glaub,
00:12:22: der ist jetzt einmal etabliert.
00:12:24: Das ist ein Kampf gegen Windmühlen.
00:12:27: Also ich persönlich zum Beispiel,
00:12:30: um mal an das Beispiel zu nehmen,
00:12:33: verwende die Energiewende nicht.
00:12:36: Ich sprech dann über die Energiezukunft.
00:12:40: Das zeigt, dass man da einen Weg begeht.
00:12:44: Wir haben mit den Unternehmen der Stadt Wien
00:12:48: mal darüber nachgedacht,
00:12:50: wie man die Sektorkopplung anders nennen könnte
00:12:54: und dort in einem Workshop
00:12:56: einen Vorschlag entwickelt,
00:12:58: das Energie-Teamwork zu nennen.
00:13:03: Jetzt werden vielleicht manche beim Zuhören denken:
00:13:04: Der Begriff ist auch nicht perfekt.
00:13:07: Dann sage ich: ja, kein Begriff ist perfekt.
00:13:09: Aber zumindest habe ich das Gefühl,
00:13:13: bei Energie-Teamwork können wir uns vorstellen,
00:13:15: dass da gewisse Komponenten
00:13:17: miteinander zusammenarbeiten
00:13:20: und dass das mit Energie zu tun hat.
00:13:23: Und Teamwork kennt glaube ich jeder
00:13:24: aus der Arbeit oder aus der Bildung
00:13:27: oder aus dem Sport.
00:13:28: Das heißt, es ist gar nicht leicht,
00:13:31: Begriffe zu ersetzen.
00:13:34: Und wie gesagt, bei Klimaschutz glaube ich
00:13:36: auch da ist der Zug abgefahren
00:13:40: und wir werden mit dem Begriff leben.
00:13:43: Was ich sehr spannend finde zum Beispiel
00:13:45: ist der Begriff Klimawandel.
00:13:48: Der ist ja an sich
00:13:50: von den Republikanern eingeführt worden,
00:13:52: um die Erderwärmung auszubooten sozusagen
00:13:57: in den 90er Jahren.
00:13:59: Ist aber dann von allen übernommen worden.
00:14:01: Jetzt gibt es aber oft die Klimakrise,
00:14:03: die jetzt die Dringlichkeit
00:14:07: stärker auf den Punkt bringt.
00:14:09: Das heißt, wie wir
00:14:11: an diesen vielen Beispielen sehen,
00:14:12: es ist eine sehr schöne,
00:14:14: aber auch keine leichte Aufgabe,
00:14:15: Begriffe zu finden und zu ändern.
00:14:19: Finden Sie den Begriff Klimakrise,
00:14:21: wenn wir gerade bei Klimawandel
00:14:23: oder Klimakatastrophe waren,
00:14:25: zum Beispiel besser gewählt?
00:14:27: Es etabliert sich ja gerade vor allen Dingen,
00:14:29: in der Umwelt-, Öko-, Klima-Szene,
00:14:31: sage ich einmal,
00:14:32: dass man mehr Klimakrise betont statt Klimawandel.
00:14:36: Ja, ich denke der ist auch schlüssig,
00:14:41: der Begriff Klimakrise,
00:14:43: weil das sagt wieder die Wissenschaft:
00:14:46: Wir werden jetzt einfach immer wieder
00:14:49: mit Ereignissen konfrontiert sein,
00:14:51: die einfach wesentlich häufiger werden dadurch,
00:14:54: dass sich der Planet erhitzt.
00:14:57: Also wir haben…
00:14:58: Erd-Erhitzung ist übrigens auch so ein Versuch,
00:15:00: den Klimawandel oder die Erderwärmung
00:15:03: auch anders zu framen.
00:15:08: Das, was sehr spannend ist,
00:15:10: ist das normalerweise so die Aufmerksamkeit
00:15:12: für ökologische Themen verschwindet,
00:15:14: wenn eine neue Krise kommt.
00:15:16: Das ist aber jetzt in der Corona-Krise
00:15:18: nicht passiert.
00:15:19: Dadurch, dass es immer wieder und gehäuft
00:15:22: extreme Wetterereignisse gibt,
00:15:24: ist den Menschen klar
00:15:26: und das Bewusstsein ist geblieben,
00:15:28: das Krisen-Bewusstsein resilient geblieben,
00:15:31: dass diese Krise da ist.
00:15:34: Das, was ich aber zu bedenken gebe, ist:
00:15:40: Von einer Krise zu reden und dann Menschen
00:15:42: in einen permanenten Krisenmodus zu entlassen,
00:15:47: dann schütte ich das Kind mit dem Bade aus.
00:15:50: Das passiert uns jetzt natürlich nicht gewollt
00:15:54: mit Corona, dass wir immer wieder dachten,
00:15:56: da ist eine Krise vorbei, und sie ist es nicht.
00:16:00: In der Klimakommunikation
00:16:03: gab es einiges an Erzählungen,
00:16:09: wo das Überwinden der Krise und das Erfolghaben
00:16:14: oder zumindest das Erfolghaben
00:16:17: im Kampf gegen die Klimakrise,
00:16:18: im Kampf gegen die Krise zu weit weg war.
00:16:22: Und die Verheißung an die Zuhörerinnen
00:16:25: und Zuhörer war, eine zu sagen:
00:16:28: Ja, es kommt zwar dann nicht die Apokalypse,
00:16:31: aber es kommt quasi die Apokalypse light.
00:16:34: Also wir versinken zwar dann nicht,
00:16:38: aber das Wasser steht uns dann nur bis zum Hals.
00:16:41: Und so können wir die Menschen nicht mitnehmen,
00:16:43: wenn wir sagen:
00:16:45: Ihr müsst jetzt sehr viele Dinge umstellen
00:16:49: und die eh schon durchwachsene Belohnung
00:16:54: kommt dann vielleicht in Jahrzehnten.
00:16:56: Und es ist auch gar nicht notwendig.
00:16:57: Weil zum Beispiel am Beispiel
00:17:00: der Gestaltung von Städten sehen wir jetzt,
00:17:03: wir können auch jetzt Dinge tun,
00:17:05: die sowohl sinnvoll sind
00:17:10: im Kampf gegen die Klimakrise,
00:17:11: also zum Beispiel Baumpflanzungen.
00:17:13: Auch das ist ein Begriff,
00:17:19: den ich auch sozusagen nicht besonders mag:
00:17:22: die Klimawandel-Anpassung.
00:17:23: Weil das klingt dann so leicht:
00:17:24: Aber wir können uns schützen
00:17:26: vor den Auswirkungen.
00:17:28: Eine kluge Seminarteilnehmerin hat mal gemeint:
00:17:32: Das könnte man zum Beispiel Klimavorsorge nennen.
00:17:35: In einem Seminar wo es um Framing gegangen ist.
00:17:38: Also diese Dinge sind ja Dinge,
00:17:42: die sowohl eine Investition
00:17:43: in die weitere Zukunft sind.
00:17:45: Wo wir aber jetzt schon unmittelbar
00:17:46: Lebensqualität, zum Beispiel in Städten gewinnen,
00:17:48: wie wir an vielen Projekten sehen.
00:17:51: Das heißt… Das war eine sehr lange Antwort
00:17:54: auf eine kurze Frage. Die Klimakrise?
00:17:58: Ja, es ist richtig, davon zu reden.
00:18:00: Aber wenn ich nur kleine Erleichterungen
00:18:06: in Jahrzehnten den Menschen anbiete,
00:18:10: dann ist das, auf Englisch würde man sagen
00:18:14: „too much to stomach“.
00:18:15: Das erschlägt dann die Leute.
00:18:17: Es ist einfach zu viel.
00:18:18: Sondern es ist ganz wichtig zu sagen:
00:18:20: Wenn wir uns da aufmachen,
00:18:21: wenn wir da in die Gänge kommen -
00:18:24: was haben wir schon bei den ersten Schritten davon,
00:18:27: dass wir uns dieses Problems annehmen.
00:18:32: Eine Folgefrage vielleicht auch an dich
00:18:35: auch als Kommunikationsberater bzw. auch
00:18:37: mit Blick Richtung Klima-Journalismus, Medien:
00:18:41: das heißt in der Klima-Kommunikation
00:18:43: am besten nicht nur von den reinen Fakten,
00:18:45: von der Bedrohung sprechen,
00:18:47: sondern auch von Chancen, Möglichkeiten.
00:18:50: Bzw. fehlt es ein bisserl
00:18:52: an einer Vision vielleicht
00:18:54: auch in der Kommunikation?
00:18:56: Was würden Sie empfehlen,
00:18:58: was es da einfach für eine Veränderung braucht?
00:19:02: Ja, nicht nur ein bissl,
00:19:03: sondern da muss man sagen,
00:19:05: das ist zwar besser geworden,
00:19:07: aber diese klaren Bilder, wohin die Reise geht,
00:19:12: die entwickeln sich erst sehr langsam.
00:19:14: Und es gibt ja auch bei uns das Beispiel,
00:19:18: dass es den österreichischen Grünen gelungen ist,
00:19:20: mit dem Klimaschutz-Wahlkampf im Jahr 2017
00:19:23: aus dem Parlament zu fliegen.
00:19:25: Also, dass ich das Klimathema
00:19:29: in die Kommunikation einbaue,
00:19:32: heißt noch lange nicht,
00:19:33: dass ich dort Menschen erreichen kann.
00:19:37: Du hast schon die Fridays for Future genannt.
00:19:39: Und ich finde, wir können als Gesellschaft
00:19:44: und als Menschheit dieser Generation
00:19:47: gar nicht dankbar genug sein.
00:19:49: Weil die sind auf die Straße gegangen.
00:19:52: Das ist die Generation meiner Töchter,
00:19:54: die da auch teilweise mit waren auf der Straße.
00:19:57: Und die haben einfach
00:20:00: eine ganz klare Botschaft rausgebracht.
00:20:02: Die haben gesagt: Ja, wenn es so weitergeht,
00:20:06: dann ist der Planet hin
00:20:08: und wir haben keine Zukunft.
00:20:10: Und es gibt so ein paar wenige universelle Frames,
00:20:14: die für alle Menschen wichtig sind.
00:20:16: Und einer ist das Spannungsfeld
00:20:18: zwischen Leben und Tod
00:20:19: oder zwischen Gesundheit und Krankheit.
00:20:21: Und die Fridays for Future haben
00:20:24: diese großartige Kommunikationsleistung gebracht,
00:20:28: die eben offenbar nicht selbstverständlich ist.
00:20:32: Ja, so weiter machen, das geht nicht.
00:20:34: Und ihr - und dann haben sie mit Blick
00:20:36: auf die Verantwortungsträger -
00:20:38: ihr lebt die Werte nicht,
00:20:40: die ihr uns jetzt erfolgreich vermittelt habt.
00:20:45: Und jetzt ist Zeit, dass ihr
00:20:47: eure Verantwortung wahrnehmt sozusagen.
00:20:51: Das ist ganz wichtig.
00:20:54: Also ausgehend von der Greta Thunberg
00:20:57: und von dieser Bewegung
00:20:59: und dann auf vielen Ebenen.
00:21:01: Das hat die Medienberichterstattung
00:21:02: zum Klimathema beeinflusst.
00:21:04: Das hat Wahlen beeinflusst,
00:21:05: wie zum Beispiel als erstes
00:21:06: die Europawahlen im Mai 2019.
00:21:10: Da ist wirklich ein Dominoeffekt von diesen
00:21:13: demonstrierenden Jugendlichen ausgegangen.
00:21:16: Und was auch ganz wichtig ist:
00:21:19: Die Jugendlichen haben den Job erledigt zu sagen:
00:21:22: Da geht es um die Wurst,
00:21:23: da geht es um Leben und Tod.
00:21:26: Und das ist schon eine große Erleichterung.
00:21:29: Weil jetzt müssen die Verantwortungsträgerinnen
00:21:31: und Verantwortungsträger nicht mehr
00:21:35: seitenlang beschreiben, was uns alles droht.
00:21:38: Das machen die Jugendlichen.
00:21:40: Und die Medien im Verbund mit der Wissenschaft
00:21:44: klären uns dann schon auf, was uns alles droht,
00:21:47: wenn wir jetzt das Thema noch weiter aufschieben,
00:21:50: eben so wie der Bagger den Sand
00:21:52: immer weiter aufschiebt, bis er stecken bleibt.
00:21:55: Ich habe mal von einer Landesregierung
00:21:57: eine Broschüre in die Hand bekommen,
00:21:59: wo auf drei Seiten einmal
00:22:00: nur eben diese Apokalypse beschrieben ist.
00:22:02: Das müssen wir nicht mehr machen.
00:22:04: Weil jetzt haben wir Corona auch noch dazu bekommen.
00:22:06: Wir brauchen jetzt nicht
00:22:08: den Menschen noch länger erzählen,
00:22:10: dass wir in der Krise sind. Das wissen alle.
00:22:12: Und die Fridays for Future haben das
00:22:15: auch sehr plastisch und emotional so gebracht:
00:22:19: Ja, wer will denn diese Jugendlichen,
00:22:21: die Kinder und deren Leben sozusagen ignorieren?
00:22:27: Das heißt, und das ist wieder
00:22:29: eine lange Antwort auf eine kurze Frage:
00:22:32: Es braucht von den Verantwortungsträgern und
00:22:34: -trägerinnen nicht mehr die Apokalypse-Botschaft,
00:22:37: weil die ist durch.
00:22:39: Dort brauchen wir Lösungsbotschaften -
00:22:41: langfristige, mittelfristige, kurzfristige.
00:22:45: Und die können, übrigens Nachsatz, nicht sein:
00:22:49: Jeder muss selber sein Verhalten ändern.
00:22:51: Weil so werden wir es nicht schaffen.
00:22:52: Sondern wie ändern wir unsere Strukturen,
00:22:53: unsere Systeme, plus natürlich dann
00:22:56: damit einhergehend auch einzelnes Verhalten.
00:23:01: Das ist sehr spannend.
00:23:03: Du hast eben auch erwähnt, dass das Thema per se
00:23:06: in der Gesellschaft schon angekommen ist.
00:23:08: Es gab jetzt zuletzt eine Umfrage
00:23:10: von Gallup Institut.
00:23:11: Da haben auch 70 % der Befragten gesagt,
00:23:14: sie wünschen sich mehr Berichterstattung
00:23:18: oder nähere Infos zum Thema.
00:23:21: Gleichzeitig hat es auch geheißen,
00:23:23: man wünscht sich mehr Sachlichkeit im Thema.
00:23:26: Also dass zum einen sehr viele Leute
00:23:28: das Thema noch zu wenig
00:23:29: oder zu leicht behandelt sehen.
00:23:31: Auf der anderen Seite sehen doch einige Leute
00:23:34: das Thema eben auch übertrieben dargestellt,
00:23:37: eben mit Schreckensnachrichten.
00:23:42: Wie siehst du diese Entwicklung?
00:23:44: Der Herr Jungwirth beispielsweise
00:23:46: von der Kleinen Zeitung spricht da eben auch
00:23:49: von einer Polarisierung im Klimadiskurs.
00:23:54: Ja, die Gefahr droht.
00:23:57: Aber da muss ich sagen, da gibt es Diskurse,
00:23:59: die sind bei uns deutlich polarisierter.
00:24:03: Und in den USA sehen wir schon,
00:24:07: wohin das gehen kann.
00:24:08: Weil da wird eben auch
00:24:09: in einem Teil des politischen Spektrums
00:24:13: erstens teilweise die Klimaänderungen
00:24:19: oder auch der Faktor Mensch bei den Klimaänderungen
00:24:22: nicht akzeptiert.
00:24:24: Wir haben immer noch die Chance,
00:24:26: dass das Klimathema
00:24:28: ein durchaus verbindendes Thema ist.
00:24:32: Klar gibt es nie Themen, wo 100 % zustimmen.
00:24:36: Aber dass eine sehr, sehr große Mehrheit
00:24:38: in Österreich sagt: Das ist ein wichtiges Thema.
00:24:41: Unser Verhalten, unser Lebensstil
00:24:43: hat damit zu tun, dass sich die Erde erwärmt.
00:24:47: Also ich sehe das immer noch
00:24:50: als mögliches Konsens-Thema.
00:24:53: Wichtig ist, dass wir das Aufhetzen,
00:25:02: das Polarisieren zwischen Gruppen vermeiden.
00:25:05: Weil das Thema jetzt natürlich bei Corona
00:25:06: und Themen wie Impfen,
00:25:08: wie sehr dann sowas wie eine Kluft entstehen kann.
00:25:15: Es kann eine Kluft entstehen zwischen Menschen,
00:25:17: die unterschiedliche Lösungen sehen.
00:25:19: Natürlich wollen beide Seiten,
00:25:21: dass die Pandemie vorbei ist.
00:25:23: Aber beim Klimathema soll uns das nicht passieren.
00:25:28: Und da sehe ich auch gute Chancen,
00:25:29: dass wir das dort auch vermeiden.
00:25:32: Also die Emotionen sollen nicht
00:25:34: dazu verwendet werden, andere schlecht zu machen
00:25:37: und sozusagen die…
00:25:41: Es geht zwar schon darum,
00:25:43: manchmal auch Akteure und Akteurinnen zu benennen,
00:25:47: die da problematisch sind.
00:25:49: Also Öl-exportierende Länder.
00:25:52: Die haben dann schon eine problematische Rolle.
00:25:54: Und das dann auch unter den Tisch fallen zu lassen…
00:25:57: Aber in der eigenen Gesellschaft,
00:25:59: das finger pointing,
00:26:00: also die Schuldzuweisungen hinten anstellen.
00:26:04: Sondern zu sagen: Wie können wir,
00:26:10: ausgehend von den Werthaltungen,
00:26:12: die dieses Land zum Beispiel, wenn wir
00:26:14: eine österreichische Klima-Erzählung haben,
00:26:16: die dieses Land einen, die das Land stark machen -
00:26:19: und das hat sehr viel mit Werthaltungen zu tun -
00:26:22: wie können wir diese Werthaltungen
00:26:23: für die nächste Herausforderung verwenden?
00:26:25: Gemeinsam.
00:26:27: Und ich glaube, das ist,
00:26:28: was die öffentlichen Erzählungen
00:26:30: noch nicht so wirklich ausschöpfen.
00:26:32: Was können wir?
00:26:34: Welche Ansätze, welche Werthaltungen,
00:26:37: welche Dinge machen uns als Gemeinschaft stark?
00:26:42: Österreich ist ja eine Erfolgsgeschichte.
00:26:44: Und wir wollen ja die nicht riskieren jetzt,
00:26:46: weil die Erde zu heiß wird.
00:26:47: Wir sind natürlich verbunden mit der ganzen Welt.
00:26:52: Da ist es schon noch möglich, glaube ich,
00:26:57: wenn wir es nicht vergeigen,
00:26:59: so etwas wie eine nationale,
00:27:02: patriotische Erzählung zu haben,
00:27:05: also nicht nationalistisch,
00:27:06: sondern eine Erzählung,
00:27:09: die wirklich den Großteil der Menschen
00:27:11: in diesem Land mitnimmt.
00:27:13: Da hake ich gleich ein.
00:27:15: Momentan gibt es eine sehr aktuelle Debatte
00:27:17: zum Thema Atomstrom und Erdgas.
00:27:20: Das soll auf EU Ebene ja quasi
00:27:22: als grün verkauft werden,
00:27:23: als klimafreundliche Alternative.
00:27:26: Dabei ist weder Atomstrom sicher.
00:27:28: Man weiß noch immer nicht,
00:27:30: was man mit dem Müll macht und so weiter.
00:27:32: Erdgas ist nachgewiesenermaßen
00:27:35: auch nicht sehr klimafreundlich.
00:27:37: Um da einzuhaken bei den Werten vielleicht:
00:27:39: Österreich ist jetzt natürlich historisch gesehen
00:27:42: immer gegen Atomstrom gewesen,
00:27:45: aber international betrachtet gibt es grad,
00:27:50: ich nenne es mal
00:27:51: ein bisschen einen Greenwashing-Versuch.
00:27:53: Dass eben erzählt wird: Atomstrom sei sicher,
00:27:55: Erdgas sei klimafreundlich.
00:27:58: Da kommen wir auch ein bissl
00:28:00: ins Thema strategisches Framing, denke ich jetzt.
00:28:03: Wie könnte man gegen so einen Diskurs,
00:28:06: das klingt jetzt böse,
00:28:07: aber wie kann man dagegenhalten, dagegen vorgehen?
00:28:10: Worauf müsste man da achten?
00:28:11: Und wie beobachtest du überhaupt diese Debatte
00:28:16: jetzt aktuell, die da stattfindet?
00:28:21: Ja, das ist eine sehr, sehr spannende Frage,...
00:28:24: zumindest für die österreichische Politik
00:28:28: gibt es eine relativ starke Einheit
00:28:30: bei uns in diesem Thema.
00:28:35: Wobei wir sehen an der Karriere des Atomthemas,
00:28:39: dass eben auch eine sehr knappe Entscheidung…
00:28:42: Ich kann mich noch erinnern.
00:28:43: Ich hab als 11-jähriger
00:28:44: diese Volksabstimmung im Fernsehen verfolgt
00:28:49: und offenbar damals schon gesehen: Hoppala –
00:28:51: Hochrechner ist ein interessanter Beruf.
00:28:53: Und es war extrem spannend.
00:28:54: Für uns war es die erste politische Entscheidung,
00:28:56: die wirklich spannend war.
00:28:58: Weil sonst hat eh immer nur der Kreisky gewonnen.
00:29:00: Das war halt in den 70ern...
00:29:02: Zwentendorf 1978, die Abstimmung.
00:29:04: Soll ein fertiggebautes Atomkraftwerk
00:29:06: dann auch wirklich Atomstrom produzieren?
00:29:11: Und sehr interessant,
00:29:13: dass da wirklich ein fifty fifty,
00:29:15: es war eine ganz knappe Mehrheit, knapp über 50 %.
00:29:18: Aber dann okay, die Entscheidung wurde akzeptiert.
00:29:21: Dann kamen auch andere Dinge
00:29:23: wie Tschernobyl und Fukushima
00:29:26: und einfach auch dann die Erkenntnis:
00:29:28: Wir schaffen es auch ohne.
00:29:32: Und dann ist es natürlich leicht zu reden
00:29:34: für ein Land wie Österreich.
00:29:36: Und dann sagen: Aha, ihr Franzosen,
00:29:38: seid doch auch so wie wir.
00:29:40: Aber die haben eben eine andere Geschichte
00:29:42: und auch nicht die Wasserkraft in dem Anteil,
00:29:49: in dem wir zum Beispiel haben.
00:29:51: Die haben andere Ressourcen und ein System,
00:29:53: das jetzt mal auf die Atomkraft abgestimmt ist.
00:29:59: Das, was die Herausforderung ist, ist halt nicht
00:30:03: die österreichische nationale Einheit,
00:30:05: sondern der internationale Diskurs.
00:30:11: Da muss ich sagen, da eigentlich, denke ich,
00:30:20: aber da bin ich mir nicht ganz sicher,
00:30:22: aber da wäre meine Vermutung,
00:30:26: dass ein wirtschaftlicher Diskurs
00:30:28: die Lösung sein könnte. Wobei Zahlen…
00:30:32: das ist sozusagen, was George Lakoff,
00:30:34: der uns sehr inspiriert hat beim puncto Framing.
00:30:38: Er hat uns einmal in Wien besucht
00:30:39: vor gut zehn Jahren
00:30:41: und eine Keynote gehalten bei der Konferenz,
00:30:43: die wir veranstaltet haben.
00:30:45: Und wir haben uns damals sehr viel unterhalten
00:30:47: und dem seine zentrale Botschaft war:
00:30:49: Die Zahlen allein retten dich nicht.
00:30:51: Es glauben ja viele, gerade im Energiediskurs:
00:30:53: Ja, ich muss nur die richtigen Zahlen sagen.
00:30:55: Das gilt natürlich jetzt auch bei Kosten.
00:30:59: Aber trotzdem, ich denke…
00:31:01: ein paar Mal habe ich schon
00:31:04: eindrückliche Kommunikation gesehen,
00:31:10: wo jemand vergleicht,
00:31:11: was ich mit dem Budget für ein Atomkraftwerk,
00:31:13: was ich da eigentlich umsetzen kann.
00:31:15: Ich glaube die Planungsunsicherheiten
00:31:17: bei Atom-Kraftwerken,
00:31:18: die sind ein ganz wichtiges Thema.
00:31:20: Menschen haben ein Bedürfnis nach Sicherheit.
00:31:22: Und es geht nicht nur darum,
00:31:24: dass sie Angst haben, dass ein Atomkraftwerk
00:31:26: so wie Tschernobyl explodiert.
00:31:28: Da gibt es auch gute Argumente,
00:31:29: dass das unwahrscheinlich ist,
00:31:31: wenn auch nicht unmöglich, siehe Fukushima.
00:31:33: Sondern aber, dass es sehr wahrscheinlich ist,
00:31:36: dass es nicht so klappt,
00:31:37: wie man sich das vorgestellt hat.
00:31:38: Also dann vielleicht zu spät ans Netz geht
00:31:40: und dann zu oft ausfällt.
00:31:41: Das gibt es ja jetzt in manchen Ländern,
00:31:44: beispielsweise Frankreich,
00:31:45: die Schwierigkeiten haben,
00:31:46: da fallen dann gleichzeitig mehrere aus.
00:31:49: Also Kostenunsicherheit.
00:31:52: Und auch die Frage: was will man den nächsten,
00:31:55: den Kindern von heute anlasten an Entsorgung
00:32:00: und Atommüll etc.
00:32:04: Aber es ist auch keine leichte Aufgabe.
00:32:08: Ich glaube auch, dass man vielleicht auch
00:32:13: schlicht und einfach,
00:32:14: was das Internationale betrifft,
00:32:16: also Österreich, diesen einen Kampf
00:32:18: jetzt verlieren wird.
00:32:22: Aber dann ist halt aber doch die Frage:
00:32:29: Kann es mit guter, stichhaltiger Kommunikation
00:32:32: doch gelingen, dass Österreich
00:32:35: da eine starke Stimme für die Staaten ist,
00:32:40: die Atom ablehnen.
00:32:41: Also leicht wird diese Aufgabe nicht.
00:32:46: Ich möchte bei dem Überthema Greenwashing,
00:32:49: darunter fällt es für mich, ein bisschen bleiben.
00:32:52: Aber dabei auch nochmal auf das Thema
00:32:54: Klima-Journalismus zu sprechen kommen.
00:32:57: Wie siehst du die Rolle der Journalistinnen
00:33:00: und Journalisten oder der Medien generell
00:33:02: beim Thema Greenwashing?
00:33:04: Es ist ja auch eine Framing Frage wiederum,
00:33:06: wenn ein Mineralölkonzern erzählt,
00:33:09: er ist das nachhaltigste Unternehmen
00:33:11: und sorgt sich um die Zukunft.
00:33:14: Was faktisch gesehen eben nicht so ist.
00:33:17: siehst du da die Journalist:inen
00:33:19: eben mehr gefordert, vielleicht einerseits
00:33:21: nicht das Framing dieser Unternehmen zu übernehmen.
00:33:24: Und was könnten sie vielleicht doch besser tun?
00:33:30: Ja, das ist ein sehr spannende Frage.
00:33:32: Wie gehen die Medien damit um?
00:33:35: Mein erster Berufswunsch
00:33:37: und auch meine erste Laufbahn war ja auch
00:33:39: im Journalismus und habe dort auch
00:33:42: als 20-jähriger so mitbekommen:
00:33:46: Ja, die Redaktionen würden gern neutral berichten.
00:33:54: Das ist aber ein Mythos.
00:33:56: Weil wenn wir Framing ernst nehmen:
00:33:58: Jeder Begriff hat seine Deutungsrahmen
00:34:01: und irgendeinen Begriff muss ich verwenden,
00:34:03: ob das jetzt Erderwärmung oder Erderhitzung
00:34:05: oder Klimakrise ist oder Klimawandel.
00:34:08: Alle diese Begriffe sind nicht neutral.
00:34:10: Es hat sich der Guardian,
00:34:12: also die englische Tageszeitung,
00:34:13: auch sehr bewusst damit auseinandergesetzt
00:34:15: und gesagt: Okay, wir nehmen jetzt eben
00:34:17: diese Begriffe einfach an in der Redaktion.
00:34:23: Aber diese Naivität einfach aufzugeben.
00:34:26: Das ist natürlich, da fühle ich mich sehr daheim,
00:34:29: mit dieser Fiktion der neutralen Sprache.
00:34:32: Aber es ist einfach Zeit für die Redaktionen,
00:34:35: und viele tun das auch, die Sprache,
00:34:39: diese Fiktion aufzugeben und sagen:
00:34:41: Okay, ich muss mich damit auseinandersetzen,
00:34:43: wie Begriffe geframed sind.
00:34:45: Da war sicher einerseits
00:34:47: die Klimakrise ein Treiber,
00:34:48: andererseits Donald Trump, der einfach,
00:34:53: wie er auf Englisch sagt man:
00:34:55: Flood the zone with shit.
00:34:56: Der hat halt seine Begriffe herausgebracht.
00:35:01: Und das kann… in dem Moment,
00:35:04: wo ich die Aussagen von Trump
00:35:06: über Minderheiten übernehme,
00:35:08: habe ich ja die Framing-Aufgabe,
00:35:09: sozusagen die Drecksarbeit von Trump
00:35:11: schon erledigt und habe gewisse...
00:35:15: Weil selbst wenn ich das dann
00:35:16: drei, zwei Sätze später verneine,
00:35:18: ist der Angriff auf die Mexikaner schon passiert,
00:35:23: nur wenn ich Trump so zitiere.
00:35:27: Der George Lakoff selbst,
00:35:29: hat dann in einem Podcast sozusagen
00:35:33: eine Idee entwickelt,
00:35:37: die nennt sich Truth Sandwich.
00:35:40: Also das Wahrheitsweckerl auf Wienerisch.
00:35:42: Ich beginn mit der Wahrheit,
00:35:43: beschreibe mal die Fakten,
00:35:45: so in einer zumindest neutralen
00:35:47: oder faktentreuen Sprache.
00:35:48: Das kann ich sowohl als politisch kommunizieren
00:35:50: als auch als Journalist, Journalistin machen.
00:35:53: Dann beschreibe ich das, was jemand sagt,
00:35:56: vor allem, wenn ich weiß,
00:35:57: es ist falsch oder unmoralisch
00:36:01: und dann komme ich wieder auf die Wahrheit zurück.
00:36:04: Also das wäre der sinnvolle Ansatz,
00:36:08: Lügen oder Dinge, die eindeutig unmoralisch sind,
00:36:11: aus Sicht einer Redaktion einzubetten.
00:36:13: Wahrheit, dann das Falsche, oder das Gelogene,
00:36:19: es vielleicht zu paraphrasieren,
00:36:21: vielleicht auch die Motive davon zu beschreiben
00:36:23: und dann wieder zur Wahrheit zu kommen.
00:36:26: Das würde natürlich
00:36:28: im Wirtschaftsjournalismus schon auch
00:36:31: einen gewissen Paradigmenwechsel verlangen.
00:36:34: Weil dort werden einfach
00:36:35: die Aussagen von Unternehmen übernommen.
00:36:40: Da ändert sich aber glaube ich was.
00:36:43: Und diese Änderungen sind auch sehr wichtig.
00:36:48: Dass Unternehmen wissen:
00:36:50: Mit einer Bla-bla-Botschaft
00:36:56: komme nicht so leicht durch.
00:36:57: Sondern ich bekomme da Nachfragen.
00:37:00: Was ich denn wirklich mein Geschäftsmodell
00:37:01: zum Beispiel.
00:37:03: Da gibt es aktuell eine sehr spannende Entwicklung
00:37:06: auch in der österreichischen Medienlandschaft,
00:37:07: was Klima-Ressorts und Klimaexperten
00:37:10: in den Ressorts angeht.
00:37:13: Vielleicht noch eine abschließende Frage.
00:37:17: Was sagst du zur Aussage:
00:37:20: Die Klimakrise ist letztendlich
00:37:22: eine Kommunikationskrise.
00:37:26: Ich habe sie mal in einem Referat verwendet.
00:37:28: Also, ja, ist es.
00:37:33: Sie ist nicht nur eine Kommunikationskrise.
00:37:38: Sie ist gleichzeitig auch,…
00:37:40: wie hat Churchill gesagt:
00:37:42: Never let a crisis go to waste.
00:37:44: Also, wir sollen die Gelegenheiten nutzen,
00:37:48: die uns Krisen bieten.
00:37:50: Wie man jetzt in der letzten Frage
00:37:52: am Beispiel Journalismus gesehen haben
00:37:54: oder auch bei vielen Akteurinnen im politischen:
00:37:59: Es denken viele Medien auch
00:38:04: über Kommunikation nach
00:38:07: und sind sich jetzt viel bewusster
00:38:10: in diesen Dingen als früher.
00:38:14: Was aber ganz klar ist:
00:38:16: Wir werden die Klimakrise als Gesellschaft
00:38:20: nur dann wirklich bewältigen können,
00:38:25: wenn wir uns ganz klare Kommunikationsstrategien,
00:38:31: authentische, glaubwürdige,
00:38:34: aber eben auch die Emotionen ansprechende
00:38:37: und sinnvoll geframte Kommunikationsstrategien
00:38:40: überlegen.
00:38:42: Also einfach zu sagen:
00:38:43: Wir bringen das Gesetz X raus
00:38:45: und die Zahlen, Daten, Fakten
00:38:47: sprechen für sich alleine.
00:38:48: Da wissen wir schon aus der Vergangenheit,
00:38:50: es hat nicht funktioniert.
00:38:52: Wir brauchen gute Politik.
00:38:54: Wir brauchen gute Entscheidungen
00:38:56: von Bürgerinnen und Bürgern.
00:38:58: Und wir brauchen eine kluge
00:39:01: und verantwortungsgeframte Kommunikation,
00:39:04: die das Ganze verbindet und begleitet.
00:39:07: Das nehme ich sehr gerne als Abschluss
00:39:09: für unser Gespräch.
00:39:12: Vielen lieben Dank für deine Zeit
00:39:13: und deinen superspannenden Input.
00:39:16: Sehr gerne. Danke für die spannenden Fragen.
00:39:19: Danke.
00:39:21: Danke auch.