00:00:07: Es ist Freitag. Wir sind in der Wiener Arena.
00:00:11: Das heißt, es ist Zeit für Freitag in der Arena,
00:00:15: der Klima-, Zukunfts- und Öko-Talk der oekostrom AG.
00:00:19: Mein Name ist Tom Rottenberg
00:00:20: und ich begrüße euch ganz, ganz herzlich hier
00:00:23: bei der neuen Ausgabe von Freitag in der Arena.
00:00:25: Der eigentliche Gastgeber sitzt aber neben mir.
00:00:28: Hallo Ulrich.
00:00:28: Hallo Tom.
00:00:29: Und auch ich begrüße euch wieder zu Freitag in der Arena.
00:00:32: Wir sprechen wie immer über Klimaschutz, über Nachhaltigkeit und über Zukunft.
00:00:38: Und wir haben heute einen Gast,
00:00:39: der das ganz besonders gut erklären und mit uns diskutieren kann.
00:00:42: Professor Reinhard Steurer.
00:00:44: Er ist Professor für Klimapolitik an der Universität für Bodenkultur
00:00:49: und jemand, der die Thematik der Klimakrise, Klimakatastrophe
00:00:52: aus wissenschaftlicher Sicht beleuchtet und erklären kann,
00:00:56: der aber auch politisch Stellung nimmt.
00:00:57: Und das finden wir so faszinierend an dir.
00:01:00: Reinhard, willkommen bei uns im Talk.
00:01:02: Hallo, mein Name ist Reinhard Steurer.
00:01:04: Ich bin Politikwissenschaftler an der Boku Wien
00:01:06: und beschäftige mich mit Klimapolitik
00:01:09: im Grunde seit es sie gibt, also seit mehr als 25 Jahren.
00:01:12: Ich will einsteigen mit einem Zitat, das ich von dir gelesen habe. Du sagst:
00:01:16: Weiterhin Öl und Gas zu verbrennen ist ein Verbrechen an der Menschheit,
00:01:22: das wir noch bitter bereuen werden.
00:01:25: Vielleicht erklärst du uns ein bisschen zum Hintergrund zu diesem Zitat.
00:01:29: Wie kommst du zu dieser Aussage?
00:01:31: Leider ist die Wissenschaftskommunikation zur Klimakrise oft sehr abstrakt.
00:01:35: Wir reden von 1,2 und 1,5 Grad
00:01:38: und dass wir unbedingt unter zwei Grad bleiben sollen.
00:01:41: Das klingt alles so harmlos, dass man sich denkt:
00:01:43: Wird schon nicht so schlimm werden,
00:01:45: weil gestern war es drei Grad kühler wie heute.
00:01:50: Und man muss glaube ich, schon mit Formulierungen deutlich machen,
00:01:55: wie ernst es tatsächlich ist.
00:01:57: Denn zwei Grad Erhitzung weltweit bedeutet ja,
00:01:59: dass es in Österreich fünf Grad heißer wird
00:02:02: und dass all die Extremwetterereignisse, die dranhängen,
00:02:06: nicht linear zunehmen, sondern exponentiell.
00:02:09: Wir können den Sommer hernehmen.
00:02:11: In dem Sommer hatten wir Dürre, Waldbrände, Ernteausfälle,
00:02:15: vertrocknete Flüsse, Starkregen, Vermurungen.
00:02:20: Und das bei 1,2 Grad.
00:02:22: Das kann man mit 10 multiplizieren, so ungefähr.
00:02:25: Und dann können wir uns vorstellen, wie das dann bei zwei Grad ausschaut.
00:02:29: Also wir reden da von einer Welt,
00:02:32: die irgendwann nicht mehr wiederzuerkennen ist
00:02:34: und wo man dann nicht mehr froh sein kann,
00:02:37: dass wir nicht getroffen worden sind,
00:02:38: sondern irgendwann trifft es dann jeden.
00:02:40: Und auch in Österreich.
00:02:42: Dann gibt es natürlich Weltgegenden,
00:02:43: die noch viel härter getroffen werden wie wir.
00:02:45: Aber es wird wirklich für jeden spürbar und dramatisch werden.
00:02:48: Wenn du mit einem Zitat anfängst, Ulrich,
00:02:50: dann schmeiß ich gleich noch ein zweites Zitat von dir nach:
00:02:53: die Klimakrise eskaliert so langsam,
00:02:55: dass das erst in einigen Jahren klar werden wird.
00:02:57: Dann werden unsere Kinder und Enkelkinder fragen,
00:02:59: was wir uns damals gedacht haben,
00:03:02: als wir das Schlimmste noch hätten verhindern können.
00:03:04: Das kommt jetzt, glaube ich, in dem gleichen Absatz vor.
00:03:08: Ist das Problem, dass wir es zu langsam spüren?
00:03:12: Das ist ein Problem der Klimakrise.
00:03:14: Dass sie so gutmütig ist.
00:03:16: Sprich so zeitverzögert die schlimmsten Dinge erst kommen.
00:03:20: Weswegen wir dann möglicherweise zu spät draufkommen,
00:03:24: dass wir zu lange fossile Energie verbrannt haben.
00:03:27: Also ganz konkret:
00:03:28: Wir haben jetzt knapp 420 ppm CO2 in der Atmosphäre.
00:03:32: Kein Mensch weiß, was das ist.
00:03:33: Was immer das sein mag.
00:03:35: Das sagt viel über den Diskurs aus,
00:03:37: dass wir die wichtigste Kennzahl unserer Zeit eigentlich kaum kennen.
00:03:40: Also das bedeutet,
00:03:42: die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre
00:03:44: ist so hoch wie seit 3 Millionen Jahren nicht mehr.
00:03:47: Und diese 420 ppm bedeuten zeitverzögert,
00:03:53: dass wir auf 1,7 Grad hinauslaufen, wenn wir sie da stabil halten könnten.
00:03:58: Jetzt werden wir es aber nicht auf 420 stabil halten,
00:04:01: sondern wir verbrennen ja weiterhin Kohle, Öl und Gas.
00:04:04: Das heißt wir werden es wahrscheinlich auf 440, 450 ppm rauf schrauben
00:04:08: und müssten es auf 420 runterbringen,
00:04:11: um wieder zurückzukommen auf 1,7 Grad Erhitzung.
00:04:15: Das heißt 1,7 Grad ist quasi schon in der Pipeline.
00:04:18: Von 1,5 Grad zu reden, ist eine Illusion.
00:04:22: Und es geht wirklich darum, das Allerschlimmste zu verhindern,
00:04:25: nämlich über zwei zu kommen.
00:04:27: Warum ist das so eine wichtige Schwelle?
00:04:29: Weil irgendwo zwischen dem Zustand, den wir jetzt haben
00:04:31: und zwei Grad oder über zwei Grad
00:04:33: kommen Kippmechanismen oder Verstärkungsmechanismen in Gang,
00:04:37: die dann das Problem von sich aus verstärken.
00:04:39: Ganz egal was wir tun.
00:04:41: Und das wäre dann der Punkt, wo das Problem unkontrollierbar wird.
00:04:44: Bevor wir zum Kippen kommen.
00:04:45: Ulrich, wir haben schon viele Gäste hier gehabt,
00:04:47: die über das Klima gesprochen haben.
00:04:49: Aber das Wort gutmütige Klimakrise, das ist ein First gewesen gerade.
00:04:54: Dass einer, der warnt vor dem Kippen des Klimas, sagt:
00:04:58: Das ist ein gutmütiger Prozess.
00:04:59: Hast du genau verstanden, was er mit gutmütig meint?
00:05:02: Ich glaube, ich verstehe das. Es ist ja nicht so leicht spürbar.
00:05:07: Also jetzt sind, glaube ich,
00:05:08: die ersten Jahre, in denen wir es ja wirklich spüren,
00:05:09: diesen Sommer, das haben wir gespürt.
00:05:11: Ich glaube, jetzt spürt es jeder.
00:05:12: Aber irgendwie ist ja immer noch die Einschätzung:
00:05:14: Na ja, so schlimm ist es nicht.
00:05:16: Das wird schon irgendwie wieder von selber.
00:05:19: War ein schöner Sommer, viele Badetage.
00:05:21: Aber ich glaube, es ist klar Reinhard, dass es nicht vorbeigehen wird.
00:05:26: Und du sagst ja,
00:05:27: das ist eigentlich ein Mechanismus, der jetzt am Laufen ist,
00:05:29: weil wir weiter fossile Energien nutzen, verbrennen,
00:05:32: und damit die CO2 Konzentration erhöhen.
00:05:35: Bei den Kipppunkten. Was kippt denn da?
00:05:38: Was passiert denn dann? Was tut das dann eigentlich?
00:05:40: Zuvor noch ein Satz zur Gutmütigkeit.
00:05:42: Ich erklär das oft so,
00:05:44: dass es verdrängungs- und verharmlosungs-, verleugnungsfreundlich ist.
00:05:48: Das heißt, das Ganze ist so komplex,
00:05:50: dass man einfach das mal wegschieben kann, ohne dass was Gröberes passiert.
00:05:54: Und die Konsequenzen kommen dann irgendwo.
00:05:57: Zu den Kipppunkten. Es bedeutet, dass das Klimasystem
00:06:02: eine komplexe Interaktion von sehr vielen Kräften ist
00:06:07: und dass dann eigentlich ökologische Verstärkungsmechanismen einsetzen,
00:06:12: wie zum Beispiel Waldbrände, die zusätzlich CO2 produzieren,
00:06:16: auch wenn wir aufgehört hätten, das zu tun.
00:06:19: Und von diesen Kipppunkten gibt es 15 Stück.
00:06:23: Und in etwa acht, neun davon sind bereits in Bewegung,
00:06:27: wenn auch noch nicht gekippt.
00:06:28: Aber das heißt, sie wirken bereits verstärkend,
00:06:31: ganz egal, was wir tun.
00:06:33: Und das große Problem ist halt wirklich,
00:06:35: dass dadurch die Klimakrise unkontrollierbar werden könnte.
00:06:39: Das heißt, das Gute in der jetzigen Situation ist,
00:06:41: dass wir quasi noch einen Temperatur-Regler in der Hand haben
00:06:45: und glauben, den noch zurückstellen zu können.
00:06:48: Wenn die Kipppunkte ist so richtig in Fahrt kommen,
00:06:51: dann funktioniert unser Temperatur-Regler nicht mehr,
00:06:54: dann läuft das ab und wir können eigentlich nur noch zuschauen,
00:06:56: wo das hingeht.
00:06:58: Außer es passiert irgendein technologisches Wunder,
00:07:00: von dem alle träumen.
00:07:02: Zum Beispiel, dass wir es schaffen,
00:07:04: CO2 in großen Mengen wieder zurück aus der Atmosphäre zu holen.
00:07:07: Also tatsächlich baut man fast schon auf dieses Wunder.
00:07:10: Es ist in sämtlichen Szenarien mit drinnen,
00:07:12: weil man deutlich unter zwei Grad kaum mehr bleiben kann ohne.
00:07:16: Aber das Leben würde ich nicht drauf wetten.
00:07:19: Jetzt ist es so, dass, wenn ich die politische Diskussion verfolge,
00:07:23: sehr viele Politiker Politikerinnen sagen:
00:07:25: Ja, die Klimakrise ist ein Problem,
00:07:28: aber wir haben doch eh so viele Maßnahmen schon gesetzt
00:07:31: und setzen laufend Maßnahmen.
00:07:32: Seid ruhig, seid glücklich und genießt den Sommer.
00:07:35: Ich bleibe jetzt bei dem schönen Sommer noch einmal,
00:07:36: weil es gerade schon Herbst/Winter wird.
00:07:39: Ist doch eh alles in Ordnung. Wir haben es doch im Griff.
00:07:41: Da gibt es den Temperatur-Regler, von dem du gesprochen hast,
00:07:43: und den drehen wir halt langsam wieder zurück.
00:07:45: Genau. Da gibt es einen ganz einfachen Indikator.
00:07:47: Die bereits erwähnten CO2 parts per million in der Atmosphäre.
00:07:51: Die sind ständig im Steigen begriffen.
00:07:54: Und nicht nur das,
00:07:55: die CO2-Konzentration in der Atmosphäre steigt in den letzten zehn Jahren
00:08:00: so stark und so schnell wie noch nie.
00:08:03: Und anhand dieses Indikators kann man ganz einfach sagen,
00:08:05: dass die Klimapolitik bisher Schall und Rauch war.
00:08:09: Die hat also den Eindruck erweckt,
00:08:11: als ob wir uns dem Problem annehmen, als ob wir es lösen.
00:08:14: Und wir haben es währenddessen weiter eskaliert.
00:08:16: Also die CO2 Konzentration
00:08:18: ist nicht langsamer gestiegen wegen der Klimapolitik,
00:08:21: sondern stärker gestiegen als je zuvor.
00:08:23: Trotz oder auch wegen Klimapolitik,
00:08:26: die halt so tut, als ob sie das Problem löst.
00:08:28: Die Realität spricht eine andere Sprache.
00:08:31: Es ist ja schon so, wenn ich es richtig im Kopf habe,
00:08:33: aber als Wissenschaftler kannst du das besser ausführen,
00:08:37: dass wir in den letzten 30 Jahren eigentlich überhaupt nicht geschafft haben,
00:08:41: den CO2 Ausstoß des Landes zurückzuführen.
00:08:43: Der ist ja immer gewachsen oder zumindest gleichgeblieben.
00:08:46: CO2 ist leicht gestiegen.
00:08:47: Die Treibhausgase sind seit 1990, also seit Beginn der Klimapolitik,
00:08:51: stabil geblieben trotz oder wegen dieser Klimapolitik.
00:08:55: Genau so ist es.
00:08:56: Und damit gehört Österreich zu den wenigen fünf, sechs EU-Ländern,
00:09:01: die nicht geschafft haben, die Treibhausgase zu senken.
00:09:05: Das ist eine katastrophale Bilanz.
00:09:07: Nicht überraschend, weil bisher Klimapolitik eigentlich
00:09:10: ganz gezielt und bewusst auf Freiwilligkeit ausgelegt war.
00:09:15: Das war dezidierte Aussage sämtlicher Umweltministerinnen und Bundeskanzler.
00:09:20: Wir machen Klimaschutz freiwillig.
00:09:22: Das ist das Ergebnis davon.
00:09:23: Und jeder Sozialwissenschaftler weiß,
00:09:25: dass das nicht freiwillig funktionieren kann.
00:09:27: Also das ist ganz logisch, dass das dann so verläuft.
00:09:31: Ich glaube, du hast diesen Begriff geprägt,
00:09:33: Scheinklimaschutz nennst du ihn.
00:09:35: Ich hätte es jetzt Placebo-Politik genannt.
00:09:37: Aber wenn es den Begriff gibt:
00:09:38: Scheinklimaschutz ist das, was die Politik tut, predigt.
00:09:42: Kannst du ein bisschen erklären: Was bedeutet das und was sind die Folgen?
00:09:45: Klimaschutz wird nicht nur von der Politik betrieben,
00:09:48: sondern von uns allen bzw. von einem großen Teil der Gesellschaft,
00:09:53: als Individuum, als Regierung, als Unternehmen und Konsumenten.
00:09:58: Und beim Einzelnen ist es so, dass man natürlich eher
00:10:02: auf die Dinge hinweist, die leicht fallen,
00:10:04: mit denen man sich ein gutes Gewissen verschafft.
00:10:05: Mülltrennung zum Beispiel.
00:10:07: Oder hin und wieder mit dem Rad fahren.
00:10:09: Wenn man dann über Flugreisen, Fleischkonsum und Autos redet,
00:10:14: dann wird's eng.
00:10:15: Aber da weisen wir dann auf die Dinge hin, die gut laufen für uns.
00:10:18: In der Politik gibt es unzählige Beispiele für Scheinklimaschutz.
00:10:22: Das größte in Österreich ist wohl die Ansage,
00:10:26: bis 2040 klimaneutral sein zu wollen.
00:10:29: Das ist das Ziel, der Schein.
00:10:31: Weil das Ziel wäre erreichbar,
00:10:35: aber nur mit einer dramatisch anderen Politik.
00:10:37: Zu der reicht es aber nicht.
00:10:39: Und so tut man, als ob man ganz gut unterwegs wäre,
00:10:42: zu einem Vorreiter bis 2040 werden möchte.
00:10:44: Aber man geht die notwendigen Schritte nicht.
00:10:47: Und bei Unternehmen gibt es unzählige Beispiele für das Greenwashing,
00:10:51: wo Unternehmen eben so tun, als ob sie Klimaschutz ernst nehmen,
00:10:54: damit werben.
00:10:56: Und im Endeffekt geht es den meisten nur um möglichst viel, möglichst billig.
00:11:00: Und die Konsumenten spielen mit, genauso wie die Wähler.
00:11:03: Also die Konsumenten sind froh,
00:11:04: wenn sie das Fleisch möglichst billig kriegen
00:11:06: und wenn vielleicht noch irgendein Nachhaltigkeitslogo drauf pickt.
00:11:09: Und bei den Wahlen wählen sie am ehesten auch die,
00:11:12: die ihnen sagen: Wir machen das freiwillig und das kostet nichts.
00:11:14: Und wir machen das ja ganz super und sind ein gutes Land.
00:11:18: Also wir halten uns als Gesellschaft am Schmäh.
00:11:22: Im Endeffekt kommt raus, wir machen das ganz gut
00:11:25: und die Realität sagt: Nein, ist katastrophal daneben.
00:11:27: Ich drehe es um: Wer hat's verstanden?
00:11:29: So ein Spruch von mir auf Twitter war:
00:11:32: Früher haben die Erwachsenen den Kindern Märchen erzählt.
00:11:36: Und heute erklären die Kinder und Jugendlichen,
00:11:39: die auf die Straße gehen, den Erwachsenen die Klimakrise,
00:11:41: speziell den Politiker:innen.
00:11:44: Und die erzählen sich gegenseitig Märchen von Carbon Capture Storage,
00:11:48: also von technischen Wunderlösungen, wie wir CO2 wieder zurückholen.
00:11:51: So ist es also.
00:11:52: Die Jugendlichen haben das verstanden
00:11:53: und sind deswegen auch deutlich mobilisierter und aktiver
00:11:56: wie die meisten anderen in der Bevölkerung.
00:11:59: Ulrich, ich habe keine Kinder.
00:12:00: Erklären dir deine Kinder, wie die Welt funktioniert,
00:12:03: wie die Klimakrise funktioniert?
00:12:04: Ist das so? Hat Reinhard recht?
00:12:06: Ja, es ist so. Die Kinder -
00:12:09: ich habe einen 15-jährigen, eine 12-jährige, die das schon verstehen -
00:12:11: die machen ordentlich Druck.
00:12:13: Die interessieren sich für das Thema.
00:12:14: Das wird in der Schule behandelt, die gehen auf die Straße.
00:12:16: Da kommt ordentlich Druck.
00:12:18: Jetzt ist das bei uns ja eine Situation, dass wir das sehr gut verstehen.
00:12:24: Ich habe einmal zwei Lehrjahre gemacht im Umweltbundesamt
00:12:27: mit 400 Wissenschaftlern, also Leuten wie dem Reinhard.
00:12:31: Und das war für mich eine Zäsur im Leben,
00:12:34: wie man über die Klima-Thematik nachdenken muss.
00:12:37: Ich habe auch gedacht,
00:12:38: das wird sich schon irgendwie wieder einrenken.
00:12:41: Aber wenn man dann eben tief in die Daten schaut
00:12:43: und mit den richtigen Menschen spricht, dann lernt man eben.
00:12:47: Ich habe gelernt, da renkt sich gar nichts ein.
00:12:49: Das ist ein Zug, der fährt mit voller Geschwindigkeit
00:12:54: auf eine Bergwand zu und kracht da hinein.
00:12:58: Das ist das, was wir haben, wenn wir nicht etwas tun.
00:13:01: Und jetzt die Frage: Was können wir tun?
00:13:04: Und da ist immer für mich so wenig nachvollziehbar,
00:13:07: warum die Politik dann nicht das Thema aufgreift und was tut.
00:13:11: Nehmen wir es nur mit unserer Industrie.
00:13:13: Wir haben, offensichtlich spürbar werdend, eine Klimakrise.
00:13:18: Wir haben ganz klar wahrnehmbar,
00:13:21: brauchen wir nur den Fernseher aufdrehen, einen Krieg
00:13:23: gar nicht weit von uns, 2000 Kilometer von uns.
00:13:26: Und wir haben eine Energieknappheit in Europa.
00:13:30: Also da ist ja irgendetwas am Gange, wo man sagt:
00:13:33: Wir können die Wohnung nicht mehr heizen, weil wir haben kein Gas mehr.
00:13:37: Wir können es sowieso nicht verbrennen,
00:13:39: weil dann produzieren wir eine Klimakrise.
00:13:41: Wir sollten weniger Autofahren. Wissen wir alles.
00:13:42: Passieren tut genau nix.
00:13:45: Was notwendig ist, ist, dass wir das Land erneuerbar machen.
00:13:48: Und jetzt ist es doch relativ simpel.
00:13:50: Wir haben die Technologien,
00:13:52: wir können Windräder bauen, wir können Photovoltaikanlagen bauen,
00:13:55: wir können Wasserkraftwerke bauen, wir können Netze bauen,
00:13:57: wir können Speicher bauen.
00:13:59: Also diese Technologien sind da.
00:14:00: Wir haben wahnsinnig viel Geld.
00:14:02: Österreich ist ein unglaublich reiches Land.
00:14:04: Das dürfen wir nicht vergessen,
00:14:06: als Volkswirtschaft sind wir sehr, sehr reich.
00:14:08: Wir haben ausgebildete Ingenieure, Techniker, Fachkräfte, die das tun können.
00:14:13: So. Jetzt müssten wir noch sagen,
00:14:15: vor dem Hintergrund der Klimakrise und eines Krieges müssten uns doch
00:14:17: die Gemeindepolitiker und die Landespolitiker,
00:14:20: müssten doch der Industrie, der erneuerbaren Industrie
00:14:23: wie der oekostrom AG und anderen die Türen einrennen und sagen:
00:14:26: Baut bitte Windräder, baut Photovoltaik!
00:14:29: Genau das Gegenteil passiert.
00:14:30: Speziell in der aktuellen Situation, wo wir eine fossile Energiekrise haben,
00:14:34: eine fossil getriebene Inflation
00:14:36: und erneuerbarer Strom, der billigste ist, den wir haben könnten,
00:14:39: ist es also noch überraschender, warum nach wie vor blockiert wird.
00:14:44: Ich erkläre es damit, dass da viele Politiker:innen wirklich
00:14:48: in alten Denkmustern gefangen sind
00:14:50: und die Entwicklungen, die seit wenigen Monaten passiert sind,
00:14:53: noch nicht ganz verarbeitet haben.
00:14:55: Ansonsten müsste die Wirtschaftskammer bei euch vor der Tür stehen und sagen:
00:14:57: So, jetzt sind wir auf eurer Seite, jetzt geben wir Gas.
00:15:02: Es wäre im Sinne des Wirtschaftsstandorts, der Wettbewerbsfähigkeit
00:15:05: und des billigen Stroms für jeden Haushalt.
00:15:08: Und irgendwie hat das Umdenken noch nicht stattgefunden. Warum?
00:15:12: Wenn man 30 Jahre lang das Gegenteil annimmt und predigt,
00:15:15: dann ist es halt schwer, den Schalter umzulegen.
00:15:18: Und diese gegenteilige Meinung hat ja durchaus jahrzehntelang eine Begründung
00:15:23: oder Rechtfertigung gehabt.
00:15:25: Nämlich es war der erneuerbare Strom ja nicht immer so billig wie jetzt.
00:15:28: Das Gas war mal spottbillig
00:15:30: und für die Wirtschaft eine sehr angenehme und günstige Energieform.
00:15:34: Das hat sich geändert.
00:15:35: Aber das Umdenken ist eben in der alten Denkweise.
00:15:40: Ulrich, du und deine CEOs for Future.
00:15:43: Gibt es da zumindest Spurenelemente eines Umdenkens,
00:15:46: wo nicht nur deine Kinder,
00:15:47: sondern auch die Kinder von anderen Wirtschaftskapitän:innen
00:15:49: den Eltern sagen: So geht es nicht weiter.
00:15:52: Alleine die Tatsache, dass sich in dieser privaten Vereinigung
00:15:57: CEOs for Future, dass sich da Leute zusammenfinden,
00:15:59: die sagen: Wir müssen mehr tun als andere Unternehmen.
00:16:02: Wir müssen Druck machen auf die Politik,
00:16:04: wir müssen Druck machen auf die etablierten Institutionen.
00:16:06: Du hast die Wirtschaftskammer erwähnt.
00:16:08: Die Wirtschaftskammer ist heute eine der größten Blockade-Institutionen
00:16:11: für Klima- und Umweltpolitik in diesem Land.
00:16:13: Das ist nicht verständlich.
00:16:15: Wir sind immer wieder in Diskussionen mit der Wirtschaftskammer,
00:16:17: verstehen deren Positionen überhaupt nicht.
00:16:19: Wir könnten ein Green Tech Weltmeister sein in Österreich.
00:16:23: Sind es zum Teil auch.
00:16:24: Wir haben wahnsinnig tolle Unternehmen,
00:16:26: die Technologien in der Klima und Umweltpolitik produzieren.
00:16:30: Da ist unglaublich viel Arbeit und Einkommen für die Menschen.
00:16:33: Und wir tun es nicht.
00:16:35: Ja, altes Denken, ganz offensichtlich.
00:16:38: Aber trotzdem ist für mich schwer nachvollziehbar,
00:16:41: warum jetzt gerade mit einem Krieg vor der Haustür
00:16:44: und einer Klimakrise, die wir langsam anfangen zu spüren,
00:16:47: da kein Umdenken stattfindet.
00:16:49: Warum es nicht genug Menschen gibt, die so denken.
00:16:51: Und deswegen ist CEOs for Future gut.
00:16:53: Da kommen einfach Leute hin, die das tun.
00:16:55: Wir treffen uns, wir diskutieren die Dinge.
00:16:57: Das sind auch Leute dabei,
00:16:58: die sind in Industrien, da ist das nicht so einfach.
00:17:01: In der Zementindustrie CO2 runterbringen ist echt schwer.
00:17:04: Das ist nicht so leicht.
00:17:06: Aber die stellen sich dieser Diskussion
00:17:08: und vor allem stellen wir uns alle der Diskussion mit den Jungen.
00:17:10: Also wir haben da Lehrlingsinitiativen in CEOs for future,
00:17:14: wir haben Diskussionen mit der Landjugend, mit den Fridays for future,
00:17:17: dass genau dieser Diskurs stattfindet.
00:17:19: Dass auch wir, die wir jetzt eher an den Stellhebeln sitzen,
00:17:23: zumindest in der Wirtschaft,
00:17:25: von den Jungen auch lernen und die Impulse kriegen.
00:17:28: Und das ist, glaube ich, ein gutes Format.
00:17:30: Für die Zementindustrie gäbe es auch eine einfach Empfehlung:
00:17:33: Sie muss schrumpfen.
00:17:34: Wir müssen viel mehr mit Holz bauen.
00:17:36: Weil jeder Betonbau ist klimaschädlich.
00:17:38: Währenddessen jeder Holzbau eine Kohlenstoffsenke ist
00:17:42: auf hunderte von Jahren.
00:17:44: Aber unangenehme Wahrheiten für manche Industriezweige.
00:17:47: Reinhard, ich habe noch ein Zitat von dir vorbereitet.
00:17:51: Ich glaube, es ist aus dem KURIER, da bin ich mir nicht ganz sicher.
00:17:55: In meinen Lehrveranstaltungen sage ich seit 15 Jahren,
00:17:57: dass ich diesen Druck aus der Bevölkerung,
00:17:59: der Druck, dass sich etwas ändern muss,
00:18:01: erst kommen sehe, wenn es bereits richtig kracht.
00:18:04: Da gibt es den schönen Satz:
00:18:05: Es muss erst noch schlimmer werden, bevor es besser wird.
00:18:09: Tatsächlich ist es so, dass man sich schon jetzt wünschen würde,
00:18:13: dass der Druck größer ist.
00:18:15: Er war 2019 recht gut spürbar.
00:18:18: Da haben wir auch gesehen, dass sich in einem Jahr viel bewegt hat.
00:18:21: Also 2019 hat beim Klimaschutz ein größeres Umdenken gebracht
00:18:25: wie 20 Jahre vorher.
00:18:29: Und seither ist der Druck wieder zurückgegangen,
00:18:32: obwohl die Folgen jeden Sommer und jeden Winter
00:18:36: in anderen Erdteilen doch deutlich spürbar sind.
00:18:38: Aber da hat man dann schon den Eindruck,
00:18:40: dass der Druck wirklich vor Ort
00:18:42: persönlich für jeden quasi spürbar werden muss,
00:18:46: damit man bereit ist,
00:18:48: nicht nur die Dinge zu tun, die ganz einfach gehen,
00:18:50: nämlich Mülltrennung und ein bisschen Fahrradfahren usw.
00:18:53: Und es ist wirklich ein Umdenken notwendig,
00:18:56: das auch da und dort dann vielleicht Gewohnheiten in Frage stellt.
00:19:00: Die Bereitschaft scheint erst da zu sein, wenn es da oder dort drückt.
00:19:06: Wenn wir nach Österreich schauen auf diesen Sommer,
00:19:08: das war, du hast es eingangs aufgezählt, ein Sommer der Extreme.
00:19:13: Irgendwo auch in deinen vielen Tweets, Interviews und Texten habe ich gefunden:
00:19:18: Das Extrem ist das neue Normal.
00:19:20: Daran werden wir uns gewöhnen müssen.
00:19:22: Das macht alles Angst.
00:19:25: Warum willst du den Menschen Angst machen?
00:19:26: Es ist nicht gemütlich, das zu lesen.
00:19:28: Das ist richtig.
00:19:29: Es ist mir klar, dass das nicht angenehm ist.
00:19:32: Was ich beobachte, ist,
00:19:34: dass der gesellschaftliche genauso wie der politische Diskurs
00:19:37: ganz weit weg ist vom wissenschaftlichen Diskurs.
00:19:40: Das heißt, wir leben wirklich eine Art Illusion,
00:19:43: dass das eh noch nicht so schlimm ist und wir das noch ganz gut abfangen.
00:19:47: Was ich versuche ist, dass die beiden Diskurse sich annähern.
00:19:51: Sprich Klima-Realität zu kommunizieren, möglichst so wie sie ist.
00:19:55: Damit die Illusion aufhört.
00:19:57: Weil wenn ich ein tödliches Problem habe
00:20:00: und in der Illusion lebe, es ist noch nicht so schlimm,
00:20:02: dann werde ich früher oder später daran zugrunde gehen.
00:20:04: Aber die Richtung stimmt.
00:20:06: Das Tempo stimmt nicht.
00:20:07: Da hab ich einen anderen Vergleich. Der lautet:
00:20:11: Wie positiv eingestimmt sind sie, wenn Ihr Haus brennt -
00:20:15: und unser Haus brennt, manchmal wortwörtlich -
00:20:18: sie die Feuerwehr anrufen und die sagt:
00:20:21: Wir sind in der richtigen Richtung unterwegs,
00:20:23: stehen aber leider im Stau und kommen erst morgen.
00:20:26: Morgen wird nicht mehr viel übrig sein.
00:20:28: Und so geht es uns genauso.
00:20:31: Wenn wir nicht ganz dramatisch beschleunigen und in die Gänge kommen,
00:20:34: dann wird das, was wir zusammenbringen, nicht reichen.
00:20:37: Und am Ende zählt nur das Ergebnis, wo wir dann zu liegen kommen.
00:20:43: Und da nutzt es wenig, wenn wir sagen:
00:20:45: Die Richtung hätte schon gestimmt, aber leider zu langsam.
00:20:48: Ulrich. Ich möchte jetzt nichts von dem, was der Reinhard sagt,
00:20:52: relativieren, marginalisieren, kleinreden.
00:20:54: Aber wie geht es dir, wenn du permanent
00:20:57: mit dieser Form von Alarmismus konfrontiert wirst?
00:20:59: Verliert man da nicht die Hoffnung?
00:21:01: Macht das nicht Angst?
00:21:02: Sagt man da nicht: Auch schon wurscht.
00:21:03: Da muss man unterscheiden: Alarmismus und Alarm schlagen.
00:21:06: War das Wort Alarmismus bewusst gewählt?
00:21:09: Ich passe.
00:21:11: Mir ist das bewusst. Ich habe mich viel...
00:21:14: und wir sind eine Firma, die sich grundsätzlich damit auseinandersetzt.
00:21:16: Wir sind aus dieser Klima- und Umweltschutzbewegung entstanden.
00:21:19: Wir setzen uns damit auseinander.
00:21:21: Deswegen mir ist diese Thematik sehr klar.
00:21:23: Und ich fürchte mich vor dem Nichtstun.
00:21:26: Weil dieses Nichtstun führt in eine sehr katastrophale Situation.
00:21:29: Das, was ich mich immer frage, ist: Was können wir tun?
00:21:34: Was sollen wir tun? Was müssen wir tun?
00:21:36: Und da vielleicht die Frage an Reinhard:
00:21:38: Was sind denn die großen Hebel, die wir anpacken müssen,
00:21:42: damit wir es tatsächlich doch noch schaffen,
00:21:44: irgendwie bei den 1,7 Grad oder vor den 2,0 Grad
00:21:48: dann irgendwie das Ruder umzudrehen und das Allerschlimmste zu verhindern.
00:21:52: Was müssen wir tun?
00:21:53: Um bei dem anzuknüpfen, was du vorher gesagt hast.
00:21:56: Ich fürchte mich mehr vor dem so-tun-als-ob wie vor dem Nichtstun.
00:22:01: Wenn wir nichts tun würden, dann wäre jedem klar:
00:22:04: okay, da stimmt was nicht. Da gehört was geändert.
00:22:08: Solange man so tut, als ob man Klimaschutz betreibt,
00:22:11: kriegt man eben den Druck nicht zustande.
00:22:13: Und entsteht der Eindruck, das passt schon,
00:22:16: obwohl es überhaupt nicht passt.
00:22:18: Was müsste sich ändern?
00:22:19: Ich bin mittlerweile überzeugt davon,
00:22:21: dass wir das Problem nur dann in den Griff kriegen,
00:22:24: wenn der Druck von unten wirklich ausreichend groß ist
00:22:27: und Politikerinnen, Parteien Wahlen verlieren,
00:22:30: wenn sie Schein-Klimaschutz betreiben.
00:22:32: Im Moment ist nach wie vor das Gegenteil der Fall.
00:22:34: Sie gewinnen Wahlen, indem sie Illusionen erzählen,
00:22:37: Märchen erzählen und leere Versprechungen abgeben.
00:22:40: Solange sich das nicht ändert,
00:22:41: wird es verdammt schwer, das wirklich zu lösen.
00:22:43: Dann ist das eine Scheindiskussion, ein Scheinklimaschutz,
00:22:47: der das Wohlfühl-Segment bedient, aber nicht wirklich wirkt.
00:22:52: Wie geht es dir denn mit dieser Rolle des Mahners,
00:22:56: des Alarmschlagenden, der immer darauf hinweist:
00:23:00: Ihr macht's nicht nur zu wenig, sondern ihr tut nur so, als ob.
00:23:05: Wie geht es dir damit?
00:23:07: Es ist oft irrsinnig mühsam.
00:23:09: Und sich mit dem Thema zu beschäftigen, ist Privileg und Fluch zugleich.
00:23:13: Ein Privileg,
00:23:15: weil man ganz gute Einblicke darin hat, wo es hingeht.
00:23:18: Und ein Fluch,
00:23:20: weil es natürlich eine deprimierende Angelegenheit ist.
00:23:22: Seit 25 Jahren quasi den Stillstand zu begleiten
00:23:25: und zu erforschen und zu erklären, ist nichts Schönes.
00:23:28: Vor allem, wenn man weiß, was das Endergebnis dann ist,
00:23:31: sollte sich das nicht dramatisch ändern.
00:23:33: Wie geht es mir damit?
00:23:34: Ich möchte mir am Ende meiner beruflichen Laufbahn
00:23:36: in den Spiegel schauen können und sagen können:
00:23:39: Ich habe es probiert, ich habe meinen Teil geleistet.
00:23:41: Es ist meine Aufgabe als Wissenschafter
00:23:43: von der Öffentlichkeit, von der Allgemeinheit bezahlt,
00:23:46: der Öffentlichkeit etwas zurückzugeben.
00:23:47: Und das, was ich zurückgebe ist:
00:23:49: Leute, wir haben ein Problem. Ob ihr hören wollt oder nicht.
00:23:52: Und wenn wir das nicht bald lösen, dann wird es wirklich eng.
00:23:56: Sagt hinterher bitte nicht:
00:23:57: Warum haben die Wissenschaftler nicht lauter Alarm geschlagen?
00:24:01: Wir haben laut genug Alarm geschlagen.
00:24:02: Ihr wolltet es nicht hören.
00:24:04: Das wäre dann meine Antwort darauf.
00:24:05: Also im Grunde geht es schlussendlich auch um eine gewisse Selbstgerechtigkeit.
00:24:10: Ich möchte in den Spiegel schauen können, auch mit 80
00:24:14: und meinen Kindern sagen können, wie das so gekommen ist.
00:24:18: Und die Aussichten sind im Moment tatsächlich nicht allzu optimistisch.
00:24:22: Ich höre so gerne mit positiven Botschaften auf.
00:24:26: Gibt es irgendetwas, was dir Mut macht, was uns allen Mut machen kann?
00:24:30: Die Realität hat auch positive Aspekte.
00:24:33: Und zwar ist sie nach wie vor von uns kontrollierbar.
00:24:36: Also die Kipppunkt, die Verstärkungsmechanismen
00:24:39: sind zwar in Bewegung,
00:24:41: aber Wissenschafter gehen davon aus, dass sie noch nicht so gekippt sind,
00:24:45: dass wir die Kontrolle bereits verloren haben.
00:24:47: Eine größere, positivere Botschaft gibt es eigentlich nicht,
00:24:51: als dass wir das noch kontrollieren können,
00:24:53: wenn wir zu entsprechenden Maßnahmen bereit sind.
00:24:55: Und das Zeitfenster, diese Kontrolle zu behalten,
00:24:59: wird kleiner und geht zu.
00:25:01: Also man kann davon ausgehen, dass wir die Kontrolle
00:25:04: noch die nächsten zehn, 15, wenn es gut geht, 20 Jahre haben.
00:25:06: Und wenn wir die 20 Jahre versemmeln,
00:25:08: dann geht es nur noch darum, die Katastrophen zu verzögern.
00:25:11: Verhindern werden wir es dann kaum mehr können,
00:25:13: außer es passiert das große technische Wunder.
00:25:16: Die Frage "Was tun?" kommt dann natürlich auch immer
00:25:18: hier in dieser Gesprächsrunde.
00:25:21: Wir nennen das Tipp am Freitag.
00:25:23: Ein Tipp unseres Gastes zu einer niederschwelligen Aktivität,
00:25:29: die jeder, die jede setzen kann,
00:25:31: die aber in Summe dann doch einen hoffentlich großen Impact
00:25:34: in Sachen Klimaschutz, Klimarettung hat.
00:25:37: Was wäre denn dein Tipp am Freitag?
00:25:41: Da kann man unterscheiden zwischen dem ökologischen Fußabdruck,
00:25:45: den die meisten wahrscheinlich thematisieren.
00:25:47: Das bedeutet eben, die eigenen Emissionen möglichst zu senken,
00:25:50: bis hin zu Heizungstausch
00:25:52: in Zeiten, wo Gasheizungen, Ölheizungen sehr teuer sind.
00:25:55: Als Politikwissenschafter entscheide ich mich
00:25:58: für den ökologischen Handabdruck.
00:26:00: Das bedeutet, dass wir politisch aktiv werden müssen.
00:26:04: Wir können die Klimakrise nur politisch lösen.
00:26:07: Nicht durch Verzicht des Einzelnen,
00:26:09: nicht durch kleine Maßnahmen, die jeder für sich tut.
00:26:12: Sondern es braucht politische Lösungen.
00:26:14: Und die brauchen die Bereitschaft einer Mehrheit
00:26:16: in einer Demokratie.
00:26:18: Und diese Mehrheit kann man am ehesten so gestalten,
00:26:22: indem man sich politisch äußert, indem man demonstrieren geht,
00:26:26: indem man auch anderen zivilen Ungehorsam ausübt,
00:26:29: zivilen Widerstand ausübt.
00:26:31: Leserbriefe schreibt,
00:26:33: in sozialen Medien versucht, Menschen zu überzeugen.
00:26:36: Also das ist der ökologische Handabdruck.
00:26:38: Ich zeige auf. Ich bin dafür, dass wir das anders machen.
00:26:41: Und am glaubwürdigsten ist es natürlich,
00:26:44: wenn er unterfüttert wird durch den Fußabdruck,
00:26:47: sprich durch eine möglichst klimafreundliche Lebensweise.
00:26:50: Ulrich. Das letzte Wort hier hat immer der Gastgeber.
00:26:54: Der ökologische Hand- und Fußabdruck ist das, was Reinhard Steurer fordert.
00:26:59: Was nimmst du aus diesem Gespräch mit dem Klimapolitikforscher,
00:27:05: Klimapolitikwissenschafter mit?
00:27:07: Ich nehm noch mal mit, dass es dramatisch schlimm ist,
00:27:11: was uns da bevorsteht, wenn wir nichts tun.
00:27:15: Ich nehme aber auch mit,
00:27:16: dass wir noch am Temperatur-Regler drehen können.
00:27:18: Wir haben noch Instrumente, die wir bedienen können,
00:27:21: um das zu verhindern.
00:27:23: Und ich bleibe bei der Hoffnung, dass wir das auch tun werden.
00:27:28: Ich gestehe, dass es nicht sehr viel Grund für diese Hoffnung gibt,
00:27:33: wenn ich das politische System anschaue.
00:27:35: Weil vor allem die beiden großen Parteien
00:27:38: in den letzten Jahrzehnten dort nichts bewegt haben.
00:27:42: Und ich auch im Moment von da aus keine Impulse kommen sehe.
00:27:46: Aber die Jungen machen Druck.
00:27:48: Und die werden anders wählen.
00:27:50: Und die werden dieses politische System so verändern,
00:27:53: dass es sich ausgeht.
00:27:55: Weil sie werden dafür sorgen, dass sie eine lebenswerte Zukunft haben.
00:28:00: Ich glaube, da kommt einfach Druck von unten.
00:28:03: Und die jungen Leute werden sich andere Politiker wählen.
00:28:05: Weil die, die wir jetzt hatten und noch haben, die richten es nicht.
00:28:10: Wenn ich da noch einen Satz ergänzen darf.
00:28:12: Wir müssen aufhören, Scheinklimaschutz zu belohnen und zu wählen.
00:28:15: Dann hätten wir schon mal ganz viel gewonnen.
00:28:17: Dem habe ich jetzt eigentlich nichts hinzuzufügen.
00:28:21: Ich bedanke mich bei Dir, Ulrich, dass du mit uns beiden hier gesessen bist.
00:28:25: Ich bedanke mich bei Dir, Reinhard, dass wir hier deine Alarmmeldungen
00:28:31: und deine Warnungen einmal mehr hören durften.
00:28:34: Folgen sie diesem Mann auf Twitter, folgt diesem Mann auf Twitter.
00:28:38: Aber folgt auch uns weiter.
00:28:39: Wir sehen und hören uns hoffentlich bald wieder
00:28:41: bei Freitag in der Arena.
00:28:43: Danke fürs Dabeisein. Servus und baba.